Protokoll der Sitzung vom 07.10.2004

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Wirtschaftliche Beziehungen zwischen Baden-Württemberg und den Vereinigten Staaten von Amerika – Drucksache 13/2269

Für die Begründung hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Minuten, für die Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion, gestaffelt, festgelegt.

Das Wort erhält Frau Abg. Netzhammer.

Herr Vizepräsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Stütze der baden-württembergischen Wirtschaft ist der Export. Dem Export verdanken wir in Baden-Württemberg die mit derzeit 6,1 % bundesweit niedrigste Arbeitslosenquote, und ihm

verdanken die Menschen in unserem Lande einen Teil ihres Wohlstands.

Beim Export spielen einerseits der europäische Wirtschaftsraum sowie andererseits die USA eine wichtige Rolle. Als einzelnes Land sind die Vereinigten Staaten von Amerika seit 1997 das wichtigste Exportland für die heimische baden-württembergische Wirtschaft mit rund 14 Milliarden € Umsatz und einem Anteil von über 13 % an der Gesamtausfuhr Baden-Württembergs. Der USA-Export Baden-Württembergs trägt darüber hinaus 20 % zum gesamtdeutschen Export in die USA bei.

Für die Kernindustrie in Baden-Württemberg wie die Automobilindustrie, den Maschinenbau und die elektrotechnische Industrie sind die USA ein wichtiger Vertragspartner. Insofern ist die amerikanische Wirtschaft für unser Land eine Konjunkturlokomotive. Wächst die amerikanische Wirtschaft, dann stärkt dieses Wachstum auch bei uns den Export und legt die Basis für das dringend benötigte und herbeigesehnte Wirtschaftswachstum auch bei uns.

Auch in diesem Jahr wächst die US-Wirtschaft deutlich schneller als die Wirtschaft der restlichen industrialisierten Welt, nämlich um 4,5 % im ersten Quartal und 2,8 % im zweiten Quartal. Das sind Werte, von denen wir nur träumen können; wir in Deutschland feiern schon einen halben Prozentpunkt als Wachstumserfolg.

Hätten wir diesen Export in die USA nicht, dann müssten wir uns auch in Baden-Württemberg angesichts der seit Jahren schwächelnden Binnenkonjunktur mit ganz anderen Arbeitslosenzahlen herumplagen und dann wäre auch die Steuerkraft der heimischen Wirtschaft und des Landes Baden-Württemberg deutlich schwächer. Wir alle leben gut vom Export – direkt und indirekt.

Weil dies so ist, kann es uns auch nicht gleichgültig sein, wie gut oder wie schlecht die Beziehungen auf der politischen Ebene sind. Selbstverständlich kann und wird es immer Meinungsunterschiede zwischen der amerikanischen und der deutschen Politik geben. Aber auch hier gilt: Der Ton macht die Musik. Selbst in der Hitze von Wahlkämpfen sollte man einen kühlen Kopf bewahren und nicht ohne Not außenpolitisches Porzellan zerschlagen, wie es im Bundestagswahlkampf 2002 vonseiten des Bundeskanzlers mehrfach der Fall war.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lebhafter Widerspruch bei der SPD – Abg. Fischer SPD: 2001!)

Ich bin noch nicht fertig.

Wenn die „Financial Times Deutschland“ in diesen Tagen schreibt, die deutsche Außenpolitik sei auf eine zweite Amtszeit von Präsident Bush

(Unruhe)

hören Sie noch zu! – so wenig vorbereitet, wie sie auf seine erste Amtszeit vorbereitet war, obwohl eine Wiederwahl sehr wohl im Bereich des Möglichen liegt, und wenn dieselbe Zeitung die Außenpolitik Fischers mit den Worten bewertet, es werde sich zum Schluss herausstellen, dass sie

nicht im nationalen Interesse war, sondern höchstens im Interesse des eitlen Außenministers selbst,

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Wie war das mit dem kühlen Kopf? Bewahren Sie ihn doch einmal!)

dann heißt dies, von der Außenpolitik des Bundes ist keine substanzielle Unterstützung für das Verhältnis der USA zu Deutschland bzw. zu Baden-Württemberg zu erwarten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD – Abg. Fischer SPD: Wer hat Ihnen denn einen solchen Blödsinn aufgeschrieben?)

Lesen Sie Zeitung! Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. „Financial Times Deutschland“, ich kann sie Ihnen geben. Herr Fischer, ich pflege selber zu lesen.

(Abg. Capezzuto SPD: Sie müssen die „Frankfurter Allgemeine“ lesen!)

Es geht sicher auch auf diese Außenpolitik der Bundesregierung zurück, dass der Truppenabzug aus Europa in besonderem Maße deutsche Kommunen trifft – mit allen wirtschaftlichen Folgen.

(Abg. Capezzuto SPD: Ammenmärchen! – Abg. Ruth Weckenmann SPD: Hätten wir mitlaufen sol- len? Was wollen Sie denn?)

Da gehen auf einen Schlag Arbeitsplätze und Kaufkraft in nicht unerheblichem Maße verloren. Es spricht aber für die Stabilität der Demokratie in den USA, dass sich die deutsch-amerikanischen Differenzen im Zusammenhang mit dem Irak-Konflikt letztlich nicht auf die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen ausgewirkt haben

(Abg. Dr. Caroli SPD: Ungeheuerlich, was Sie er- zählen!)

und Boykottaufrufe einzelner Kongressabgeordneter im Nichts versandet sind.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Wir Abgeordnete des Wirtschaftsausschusses waren schon beeindruckt, als wir auf unserer Reise im Oktober letzten Jahres miterleben durften,

(Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

mit welcher Ernsthaftigkeit und Anteilnahme die deutschamerikanischen Wirtschaftskammern den Tag der Deutschen Einheit begingen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, man hört die Rednerin kaum. Bitte bewahren Sie mehr Ruhe.

Sie dokumentierten damit, dass sie die Wiedervereinigung Deutschlands als gemeinsames Projekt der USA und Deutschlands begreifen.

(Unruhe)

Gemeinsam erlebte Geschichte – 40 Millionen US-Amerikaner bekennen sich zu ihrer deutschen Herkunft – und jahrelange Aufenthalte von Amerikanern in Deutschland als Mitglieder der amerikanischen Streitkräfte haben einen Boden bereitet, auf dem wir säen und den wir nicht mutwillig zertrampeln sollten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der SPD)

Wir sind deshalb gut beraten, die Beziehungen zwischen den USA und Baden-Württemberg direkt von Landesseite aus zu knüpfen und auszubauen. Deswegen unterstützen wir die vielfältigen Kontakte, die die Landesregierung mit den politischen Vertretern der Vereinigten Staaten pflegt, die Unternehmerreisen, die von der GWZ bzw. deren Nachfolgeorganisation organisiert und vom Wirtschaftsministerium politisch begleitet werden, sowie auch Messebeteiligungen in den USA,

(Abg. Fischer SPD: Sie tun gerade so, als wenn die Bundesregierung zum Boykott aufgerufen hätte!)

die zum Teil vom Land finanziell unterstützt werden, sei es im Bereich der Biotech-Branche oder der Verlage.

Dass die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und Baden-Württemberg stimmen, beweisen auch die seit Jahren kontinuierlich ansteigenden gegenseitigen Investitionen in den jeweiligen Ländern. Von den Unternehmen aller Länder investieren baden-württembergische Unternehmen am meisten in den USA; auf dieses Land entfallen 41 % der gesamten Auslandsinvestitionen.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Es freut uns, dass auch die Hochschulen durch zahlreiche Partnerschaftsabkommen sowie mit Studienaufenthalten von Dozenten und Studierenden zeigen, dass wir in Wissenschaft und Forschung den Anschluss an die Weltspitze halten, von der Mikrosystemtechnik bis zur Brennstoffzellentechnologie.

(Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

Angesichts der steigenden Ölpreise, die nach Meinung von Experten die deutsche Konjunktur dämpfen, sollten wir gerade im Bereich der Brennstoffzellentechnologie alle Anstrengungen unternehmen und die Zusammenarbeit stärken, um hier bald zu marktfähigen Ergebnissen, zum Beispiel im Bereich des Automobils, zu kommen. Denn die neuen Wachstumsmärkte, wie zum Beispiel China, werden dauerhaft einen wachsenden Energieverbrauch haben.

(Unruhe)

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass die USA für Baden-Württemberg als Wirtschaftspartner und Partner in Wissenschaft und Forschung von größter Bedeutung und nicht ersetzbar sind.

(Abg. Capezzuto SPD: Wahlrede für Bush!)

Wirtschaft, Hochschulen und Landespolitik sind hier gut aufgestellt.

Die CDU-Fraktion unterstützt die Landesregierung in ihren Bemühungen, auch in Zukunft die guten Beziehungen zu den USA auf allen Ebenen zur Sicherung des Wohlstands der Baden-Württemberger zu festigen und weiter auszubauen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)