Protokoll der Sitzung vom 19.07.2001

dann hätte ich Sie einmal jubeln hören wollen! Dann hätten Sie doch überhaupt keine Grenze mehr gekannt.

(Abg. Rech CDU: Aber wir hätten immer noch un- terschieden zwischen einstweiliger Anordnung und Hauptsacheverfahren!)

Ach, Herr Rech, ich kenne Sie doch. Sie hätten den Mund am weitesten aufgemacht.

(Beifall bei der SPD – Abg. Rech CDU: Oje!)

Die Reaktion ist hier doch noch relativ besonnen und ruhig und, wenn man so will, angesichts des wahrscheinlichen Sieges sehr gelassen.

Sie hätten doch gesagt: „Wenn das BVG im Anordnungsverfahren eine entsprechende Entscheidung trifft, wird im Hauptsacheverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach genau nichts anderes herauskommen. Das ist die Erfahrung.“

(Abg. Rech CDU: Das sind zwei völlig verschiede- ne Gegenstände!)

Entschuldigung! Das ist ja nicht so ohne.

(Abg. Rech CDU: Das sind zwei völlig verschiede- ne Gegenstände, über die entschieden wird!)

In der Praxis ist es dennoch so, weil die Vorprüfung ein gewisses Indiz dafür abgibt, wie in der Hauptsache entschieden wird.

(Zuruf des Abg. Wacker CDU)

Sie werden ja sehen, wie entschieden wird. Ich weiß das ja auch nicht.

Ich will nur sagen: So hätten Sie argumentiert und damit schon jetzt Ihren Sieg gefeiert.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Wir wissen schon selbst zu argumentieren!)

Ich will Sie einmal daran erinnern, was Sie gemacht haben. Der Justizminister wagt sich heute nicht auf die Regierungsbank.

(Abg. Rech CDU: Er hat Angst vor dir!)

Er hat nämlich im November vorigen Jahres hier in der Debatte erklärt, er sei hundertprozentig sicher, dass das Gesetz verfassungswidrig sei und kassiert werde. Übrigens wollte er damals noch selbst klagen.

(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Noch ist nicht aller Tage Abend!)

Und es war der Herr Innenminister – ich zitiere das gerne, wenn das noch zusätzliche Redezeit gibt; aber der Herr Innenminister erinnert sich, er ist seriös, er weiß, was er gesagt hat –, der von „Verfassungswidrigkeit in zweierlei Hinsicht“ sprach.

(Minister Dr. Schäuble: Wann?)

(Glocke der Präsidentin)

Am 22. November 2000.

(Abg. Zeller SPD: Das ist noch gar nicht so lange her!)

Ich kann Ihnen den Text zur Verfügung stellen, wenn Sie das als Erinnerungsstütze brauchen.

Herr Abg. Bebber, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Reinhart?

(Abg. Rech CDU: Er ist jetzt so in Fahrt, der ist nicht mehr zu bremsen!)

Herr Rech, wenn das so aussieht, wenn Sie in Fahrt sind, wie ich das gerade mache, sind Sie ja recht gemütlich.

(Abg. Döpper CDU: Das ist aber ein langsamer Zug!)

Merken Sie nicht selbst, dass Sie in einer, wie von Herrn Reinhart gesagt worden ist, sehr ernsten Frage polemisieren?

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Aber wissen Sie, dass Herr Schily die größten verfassungsmäßigen Be- denken geäußert hat? Ihr Innenminister auf Bun- desebene!)

Das Wort hat Herr Abg. Bebber.

Hören Sie auf Ihre Präsidentin.

Ich zitiere Ihnen jetzt einmal etwas aus diesem BVG-Urteil. Da sind die Nachteile bei Inkrafttreten und bei Nichtinkrafttreten abgewogen worden. Es heißt hier:

Die genannten Nachteile wiegen umso schwerer,

also wenn das Gesetz nicht in Kraft treten, sondern einstweilen aufgehalten würde –

als der Gesetzgeber Personen erstmals Rechte zuerkennt, die ihnen zu einer besseren Entfaltung ihrer Persönlichkeit verhelfen und die zum Abbau lang dauernder Diskriminierungen führen sollen. Ein zumindest vorläufiger Entzug dieser gesetzlich eingeräumten Rechte im Wege einer einstweiligen Anordnung rechtfertigte sich nur bei anderenfalls eintretenden schwerwiegenderen Nachteilen für das gemeine Wohl. Solche sind hier nicht zu erkennen.

In diesem Urteil ist auch festgestellt worden, dass das rechtliche Fundament – ich zitiere das; ich werde mir von Ihnen nicht nachsagen lassen, dass ich etwas erfunden hätte – der Ehe nicht verändert wird.

(Zuruf des Ministers Dr. Christoph Palmer)

Sämtliche Rechtsfolgen der Ehe bleiben unberührt. Das Institut der Ehe wird überhaupt nicht angetastet.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Zeller SPD: So ist es!)

Alles andere, was Sie hier verbreiten, ist parteipolitisch orientierte Ideologie.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Zeller SPD: So ist es! Reinhart, der Ideologe!)

In der Debatte im November ist auch gesagt worden – und die war ja so angelegt –, dass Nachteile für die Familienund Sozialpolitik entstehen würden. Das stimmt nicht.

(Abg. Zeller SPD zur CDU: Wo denn? Belegen!)

Das sind auch nur vorgeschobene Gründe von Ihrer Seite, um zu verhindern, dass eine solche Beendigung der Diskriminierung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft ins Werk gesetzt wird. Das sind reine polemische und parteipolitische Überlegungen und Formulierungen, die Sie verwenden, um hier negative Schlagzeilen zu machen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Bundesverfassungsgericht hat Ihnen jetzt im ersten Schritt eine Grenze gesetzt, übrigens auch bezüglich der Aufteilung der Gesetze. Vom Bundesverfassungsgericht ist auch nicht einmal ansatzweise in Erwägung gezogen worden, dass diese Aufteilung der Gesetze verfassungswidrig sein könnte. Das ist sowohl vom Innenminister als auch vom Justizminister seinerzeit noch alles als gewissermaßen gefahrenträchtig, gefahrenschwanger in die parlamentarische Luft gesetzt worden. Das stimmt nicht. Das BVG hat im Gegenteil festgestellt, dass es Sache der Länder ist, das Verfahren zu regeln, und Sie haben versucht, gewissermaßen über das Verfahren das ganze Gesetz verfassungsmäßig zu kippen. Geht nicht! Wird nie gehen! Auch im Hauptsacheverfahren nicht. Das kann ich Ihnen vorhersagen, weil das so sicher ist wie das Amen in der Kirche.

Wenn Sie, Herr Innenminister, jetzt im Verordnungswege – die Zeit läuft mir davon – eine Regelung treffen wollen, wonach die Landkreise und die kreisfreien Städte zuständig sein sollen, dann haben Sie das Problem

(Abg. Hillebrand CDU: Stadtkreise!)