Protokoll der Sitzung vom 17.03.2005

nalkosten bestehen. Das sind Fakten, die man nicht wegdiskutieren kann. Die Steuern sind total zusammengebrochen, und im Augenblick ist nirgendwo am Horizont ein Lichtschein zu sehen.

Ich habe vorhin in der Rede des Bundeskanzlers gehört, dass er die Körperschaftsteuer auf 19 % senken will. Dies ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, wird aber letzten Endes natürlich auch wieder dazu führen, dass wir weniger Steuereinnahmen haben werden.

Wenn Sie einmal schauen, wie die anderen Bundesländer dastehen – ich weiß, dass Sie das nicht hören wollen und immer sagen, wir seien hier in Baden-Württemberg; dennoch muss ich es Ihnen sagen –, stellen Sie fest, dass Baden-Württemberg zumindest im Verhältnis zu 14 anderen Bundesländern immer noch gut dasteht. Eine Ausnahme macht lediglich Bayern.

Gerade die SPD-regierten Länder stehen schlecht da: Nordrhein-Westfalen macht in diesem Jahr 7 Milliarden € Schulden, Bremen wird 25 % seines Haushalts mit Schulden finanzieren. Ich will jetzt nicht mit dem Finger auf diese Länder zeigen,

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das wäre auch schlecht, weil in Bremen die CDU mitregiert!)

sondern ich will Ihnen zeigen, dass diese Problematik in allen Bundesländern und nicht nur in Baden-Württemberg besteht.

Wir haben viel gespart. Schauen Sie einmal, wo wir gespart haben und wer zugestimmt hat.

(Abg. Schmiedel SPD: Sie haben auch viele Schul- den gemacht!)

Ich muss dabei leider feststellen, dass die SPD fast in jedem Fall unsere Sparvorschläge abgelehnt hat.

(Abg. Schmid SPD: Sie haben unsere auch abge- lehnt!)

Wir haben das Weihnachtsgeld für Beamte gekürzt; Sie waren dagegen. Wir haben das Urlaubsgeld für Beamte abgeschafft; Sie waren dagegen. Sie wollten noch die Altersteilzeit einführen, und das in einer Zeit, in der jeder weiß, wie es mit der Demografie aussieht.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Fischer SPD: Jetzt lassen Sie es aber sein!)

All dies wollten Sie. Wenn Sie an der Regierung wären – das wird aber in den nächsten 10, 20, 30 Jahren nicht der Fall sein –,

(Abg. Dr. Caroli SPD: Na, langsam! – Abg. Schmiedel SPD: Nicht so überheblich!)

dann wären die Schulden noch viel höher. Das muss man einmal in aller Deutlichkeit feststellen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Schmid SPD: Sie haben unsere Sparvorschläge alle abgelehnt!)

(Minister Stratthaus)

Wir haben ein Riesendefizit – und jetzt komme ich zur Auseinandersetzung mit dem Vorschlag, den die Grünen gemacht haben – in diesem Jahr – ich gebe das gerne zu –,

(Abg. Schmiedel SPD: Was heißt „gerne“?)

und in den beiden Jahren nach dem jetzt verabschiedeten Haushalt, also in den Jahren 2007 und 2008, werden die Finanzierungsdefizite 2,5 bis 3 Milliarden € betragen – nach dem, was wir heute wissen.

Der Schweizer Vorschlag bedeutet ja letzten Endes, dass man zumindest im Zeitraum eines Konjunkturzyklus um die Nullverschuldung herum oszilliert, dass also in den Jahren, in denen die Steuereinnahmen schlechter fließen, weil die Konjunktur schlechter ist, Defizite finanziert werden dürfen, während umgekehrt Überschüsse dann angehäuft werden müssen, wenn die Konjunktur besonders gut läuft.

Übrigens ist hochinteressant: Sie fordern heute, wir sollten dies einführen. Ihre Bundesregierung macht im Augenblick genau das Gegenteil. Herr Eichel ist bei nichts so aktiv wie bei der Erweiterung des 3-%-Defizit-Kriteriums.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig! – Abg. Schmiedel SPD: Der macht auch nicht so viele Tricks wie Sie!)

Ach Gott! Um Gottes willen!

(Abg. Schmiedel SPD: Ja!)

Er hat gemeint, Eichel mache nicht so viele Tricks wie wir.

(Abg. Schmiedel SPD: Ja!)

Der Bundeshaushalt ist äußerst unseriös. Was da alles gemacht worden ist! Das zeigt sich doch jedes Jahr. Am Ende jedes Jahres fehlen immer einige Milliarden. Das war bei uns bisher nicht der Fall.

Während die Schweizer um die Nullverschuldung herum oszillieren, meint die Bundesregierung offensichtlich, sie solle um das 3-%-Kriterium herum oszillieren. Das 3-%Kriterium ist aber doch so gemeint, dass man in der allerschlechtesten Situation höchstens 3 % Schulden machen darf, während man in einer guten Situation Überschüsse machen muss. Aber Herr Eichel ist offensichtlich der Meinung, die 3 % seien der Normalfall und man müsse diese 3 % auf einen höheren Prozentsatz erhöhen. Das ist meines Erachtens aber genau das Gegenteil dessen, was Sie hier für Baden-Württemberg fordern.

Ich muss noch einmal sagen: Ich halte den Gedanken für richtig. Im richtigen Zeitpunkt sollten wir uns damit auch auseinander setzen. Wenn wir unser Defizit einmal abgebaut haben, könnte man so etwas einführen.

Zunächst geht es aber einmal darum, wenn Sie so wollen, in Handarbeit und nicht durch einen Automatismus in den nächsten Jahren unser Defizit zurückzuführen.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Schwer genug!)

Das wird übrigens nur gelingen, wenn die Wirtschaft wieder besser läuft, wenn die Konjunktur anspringt.

Ich bin – Herr Kretschmann, wir haben uns schon oft darüber unterhalten – durchaus der Meinung, dass höchstens ein Drittel unseres Defizits konjunkturell bedingt ist, während zwei Drittel strukturell bedingt sind.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es! – Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Die müssen echt eingespart werden. Es wäre zu einfach, nur auf den Wirtschaftsaufschwung zu hoffen. Aber der Wirtschaftsaufschwung muss dazukommen.

Wir können deswegen im Augenblick dem, was Sie vorgeschlagen haben, nicht zustimmen. In einigen Jahren ist das denkbar.

Eine weitere Sache: Wir müssen natürlich verlangen, dass die anderen Länder und auch der Bund ein ähnliches Kriterium einführen.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Ja!)

Sie sagen immer, wir seien für Baden-Württemberg zuständig. Das ist richtig. Aber wir zahlen halt im Finanzausgleich jedes Jahr Milliarden. Insofern sind wir offensichtlich auch für die anderen mit zuständig.

Zweitens: Die Einnahmen sind von uns praktisch nicht beeinflussbar. Selbst die Kommunen können noch die Gewerbesteuer und die Grundsteuer, zumindest zu einem Teil, festlegen. Wir sind einzig und allein von der Bundespolitik abhängig, die wir über den Bundesrat mitgestalten können. Wir haben überhaupt keine Einnahmehoheit. Deswegen – das ist vorhin schon einmal gesagt worden – wäre die Föderalismusreform notwendig.

Wir verlangen auf jeden Fall, wenn wir die von Ihnen vorgeschlagene Regelung einführen, dass auch der Bund und die anderen Länder so etwas einführen. Da sieht es, darf ich Ihnen sagen, im Augenblick nicht sehr gut aus. Ich habe schon zweimal bei meinen Finanzministerkollegen versucht, zumindest die Länder für so etwas zu gewinnen, und habe leider bisher keine einzige Zustimmung erfahren.

Deswegen: Der Gedanke ist richtig, im Augenblick ist er allerdings nicht brauchbar. Ich möchte deswegen vorschlagen – –

(Abg. Schmid SPD: Was ist mit der Koalitionsver- einbarung?)

Welche Koalitionsvereinbarung?

(Abg. Schmid SPD: Ihre! Da steht drin, Sie wollten in der Landeshaushaltsordnung eine Sollvorschrift über den ausgeglichenen Haushalt einführen!)

Vorhin ist ja mit aller Deutlichkeit gesagt worden, dass selbst die sehr solide Schweiz das Problem hat, dass sie ihre Schuldengrenze praktisch ausgesetzt hat. Das wissen Sie, wenn Sie sich wirklich einmal eingehend damit beschäftigen.

(Abg. Herrmann CDU: Richtig!)

(Minister Stratthaus)

Die Schweizer haben die Schuldengrenze durch eine Volksbefragung eingeführt, haben sie aber anschließend durch einen Parlamentsbeschluss wieder für einige Jahre ausgesetzt.

(Abg. Herrmann CDU: Richtig!)