Protokoll der Sitzung vom 17.03.2005

(Abg. Herrmann CDU: Richtig!)

Solange in Berlin keine andere Politik gemacht wird, werden wir nicht in der Lage sein, bessere Haushalte zu haben.

(Beifall bei der CDU)

Das beste Konjunkturprogramm wäre eine neue Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Oh-Rufe von der SPD)

Doch, das wäre das beste Konjunkturprogramm.

(Abg. Fischer SPD: Das ist so billig, Herr Stratt- haus! – Abg. Schmiedel SPD: Diese Erblast! Deren Beseitigung dauert halt eine Weile! – Abg. Schmid SPD: Sie haben in 16 Jahren auch Schulden ge- macht!)

Ihr Bundeskanzler hat doch schon mindestens beim fünften Gipfel verkündet, demnächst werde es besser werden. Selbst auf dem „Spiegel“ stand vorne drauf, er wolle nicht mehr gewählt werden, wenn er die Arbeitslosigkeit nicht abbaue.

(Abg. Herrmann CDU: Und die Maastricht-Kriteri- en setzt er außer Kraft, die Herr Schmid hier ein- führen will!)

Die Maastricht-Kriterien will er aussetzen. Sie können doch nicht alles auf die Erblast vor 1989 zurückführen.

Wir können im Augenblick nicht mehr machen, als dafür zu sorgen, dass wir unsere hohe Verschuldung durch eine ganz harte und auch unpopuläre Arbeit zurückführen. Die Hoffnung auf einen Automatismus, der irgendwie in der Verfassung steht, wird trügen. Deshalb können wir den Vorschlag so, wie er heute lautet, nicht annehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Reaktionen auf unseren Vorschlag haben mich etwas überrascht, da Sie ja noch bis vor kurzem selbst für Vorschläge eingetreten sind, die Nullverschuldung in die Verfassung aufzunehmen. Da darf ich nur Sie von der FDP/DVP anschauen. Ich finde, dass das Thema von den Rednern doch etwas verfehlt wurde.

Worum geht es eigentlich? Der Ländervergleich ist hier einmal hilfreich, Herr Finanzminister. Wenn wir feststellen, dass wir seit 30 Jahren systematisch über unsere Verhältnisse leben, wenn wir feststellen, dass das in anderen Bundesländern und im Bund auch der Fall ist, völlig egal, wer regiert, dann stellt sich die Frage, ob das Fundament, auf dem wir Tagespolitik machen, ausreicht, um zu einer nachhaltigen Finanzpolitik zu kommen. Offensichtlich nicht. Gerade das ist ein systematisches Argument für eine Verfassungs

änderung, dass wir, egal wohin wir schauen, egal wer die Regierung führt, auf einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren feststellen, dass nachhaltige Finanzpolitik nirgendwo stattfindet. Wenn das so ist, stimmt das Fundament der politischen Ordnung nicht. Das heißt, es gibt nicht den richtigen Rahmen für tagespolitische Entscheidungen. Es ist genau der Sinn einer Verfassungsänderung, diesen Rahmen verbindlich – hoch angesiedelt bei einer Zweidrittelmehrheit – zu geben, damit sich die Tagespolitik endlich in diesem Rahmen bewegt.

(Beifall bei den Grünen)

Zweitens: Ein Argument von Ihnen ist systematisch falsch. Noch einmal zu betonen, dass Sie auf der Einnahmeseite nichts ändern können, ist genau ein Argument für eine solche Schuldenbremse. Deswegen braucht man sie umso mehr. Gerade weil wir an der Einnahmeseite nichts ändern können und da auf andere angewiesen sind, müssen wir uns bei den Ausgaben solch einen Rahmen setzen. Sonst sind wir gar nicht in der Lage, zu ausgeglichenen Haushalten zu kommen.

(Abg. Schmid SPD: Das ist richtig, ja!)

Das Argument, dass uns die Einnahmeseite verschlossen ist, ist gerade ein zusätzlicher Grund für solch eine Schuldenbremse, die ja ausschließlich die Ausgabenseite betrifft.

Drittens: Was ist an dieser Verfassungsformulierung eigentlich das Entscheidende? Das Entscheidende ist der Nachhaltigkeitsplan, der – so heißt es – für die Folgejahre die erhöhten Ausgaben kompensieren muss. Das heißt, wir müssen einen Plan vorlegen, wie wir die Ausgaben zukünftig kompensieren.

(Abg. Schmid SPD: Das ist wie in der Mifrifi!)

Das ist in der Mifrifi überhaupt nicht enthalten. Die mittelfristige Finanzplanung ist eine reine Prognose ohne einen dahinter stehenden Maßnahmenkatalog.

(Abg. Schmid SPD: Aber die Verbindlichkeit ist genauso schwach!)

Darum taugt sie auch nichts.

(Zuruf des Abg. Schmid SPD)

Was hier steht, nämlich „kompensieren“, bedeutet, verbindlich eine Feststellung zu treffen, mit welchen sächlichen und personalpolitischen Maßnahmen die erhöhten Ausgaben in Zukunft kompensiert werden. Wir können das in den ersten Berichten aus der Schweiz sehen. Genau das tut die Schweiz: Sie stellt solche Maßnahmenkataloge auf, mit denen die Ausgaben kompensiert werden.

(Abg. Schmid SPD: Wolkenkuckucksheim!)

Zu Ihrer Kritik, dass da nicht ausgeführt sei, was der Parameter ist, möchte ich sagen: Das könnte zum Beispiel die Zinssteuerquote sein als ein recht verlässliches Instrument, was das wirtschaftliche Wachstum und den Ausgabenpfad betrifft, das das Bruttoinlandsprodukt einbezieht. Ich erinnere daran, dass unsere Schulden ja stärker steigen als das Bruttoinlandsprodukt.

Das gehört in die Landeshaushaltsordnung. Sich über die Instrumente im Einzelnen zu verständigen und diese zu regeln – das steht in Artikel 1 Abs. 5 – muss dann natürlich in der Haushaltsordnung geschehen. Erst sie macht ein Grundgesetz oder einen Artikel in der Landesverfassung lebendig.

(Abg. Schmid SPD: Aber die anderen Verfassungs- begrenzungen stehen auch in der Verfassung!)

Das ist doch völlig klar. Es ist doch der Sinn der Verfassung, den Rahmen zu geben. Wir müssen dann die Gesetze machen, die den Rahmen ausfüllen. Es gibt doch kein Land der Welt, das nur eine Verfassung hat und keine Gesetze macht.

(Abg. Schmid SPD: Aber die Kreditgrenzen stehen in der Verfassung! – Zuruf des Abg. Moser SPD)

Die Landeshaushaltsordnung ist genau das richtige Instrument, um das, was Sie vorgeschlagen haben – darüber müssen wir dann im Einzelnen reden –, zu regeln. Dann haben wir präzise Mechanismen, die das, was in der Verfassung verbindlich steht, auch umsetzen. Das ist doch gar keine Frage.

(Abg. Schmid SPD: Da muss man erst mal wissen, was man will!)

Aber wir können doch nicht einen Vorschlag zur Änderung der Landeshaushaltsordnung vorlegen, bevor wir die Verfassung geändert und diesen Rahmen vorgegeben haben.

(Abg. Schmid SPD: In der Verfassung steht schon genug!)

Ich finde, Herr Finanzminister, was Sie zum Schluss gesagt haben, ist genau das Argument, das für eine solche Änderung der Verfassung spricht. Wieder darauf zu hoffen, dass sich irgendetwas ändert, weil man eine neue Bundesregierung erwartet, weil man auf Wachstum hofft oder was auch immer: Das ist genau der Grund, weshalb wir seit 30 Jahren über unsere Verhältnisse leben, hier und in anderen Bundesländern.

Wir gehen jedenfalls so an die Politik heran – 25 Jahre Grüne, das ist genau der Weg –, dass wir den Karren ziehen und hier Vorschläge machen, die uns und das Land voranbringen. Wir machen Vorschläge, an denen andere sich ein Beispiel nehmen. Wir hängen uns nicht an den Karren an und warten, bis andere etwas tun.

Nein, das Land Baden-Württemberg als eine der reichsten Regionen der Welt kann mit einer solchen Verfassungsänderung mit gutem Beispiel vorangehen. Ich bin davon überzeugt, wenn wir das erfolgreich tun, werden es andere nachmachen. Darum hätte ich mir gewünscht, dass Sie den Mut für diese Verfassungsänderung haben. Ich bedauere, dass Sie diese Weitsicht nicht besessen haben.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist nun über das Verfahren zu befinden.

Da es sich in erster Linie um finanzpolitische Gesichtspunkte handelt, wird die Überweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen. –

(Abg. Schmid SPD: Das ist in Ordnung!)

Sie sind damit einverstanden. Dann ist der Gesetzentwurf zur Weiterberatung an den Finanzausschuss überwiesen.

Damit ist Punkt 5 der Tagesordnung beendet.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14:00 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:40 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:00 Uhr)

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf: