Nein. Den Armutsbericht gibt es erst, seit wir im Bund an die Regierung gekommen sind, weil wir sagen, dass das veröffentlicht werden muss. Das ist der Unterschied.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Teßmer SPD – Abg. Wieser CDU: Schämt ihr euch nicht?)
Ich komme jetzt zu der erwähnten Veröffentlichung der „Süddeutschen Zeitung“. Das Ergebnis fällt für BadenWürttemberg niederschmetternd aus: 2,8 % der Gesamtausgaben des Landes und der Kommunen entfallen auf Kinderbetreuung, Herr Wieser. 2,8 %! In Nordrhein-Westfalen beträgt der Anteil 4,6 %.
In Hessen beträgt der Anteil immerhin 3,4%. Dass der Anteil in Baden-Württemberg so gering ist, liegt nicht daran, Herr Kollege Wieser, dass die Kommunen zu wenig täten, sondern daran, dass das Land seit Jahren zu wenig tut.
(Beifall bei der SPD und der Abg. Theresia Bauer GRÜNE – Zuruf des Abg. Röhm CDU – Gegenruf des Abg. Capezzuto SPD: Oh Jesses!)
Wenn wir nicht mehr machen, Herr Kollege, braucht Baden-Württemberg 160 Jahre, um den Stand der Betreuung in Kinderbetreuungseinrichtungen, wie er in den neuen Bundesländern besteht, zu erreichen,
und wir würden 304 Jahre brauchen, um das Niveau von Dänemark zu erreichen – damit Sie einmal sehen, wie weit dieses tolle Land Baden-Württemberg in diesem Bereich zurück ist.
Ich nenne Ihnen nur noch ein paar Zahlen: Die Erhöhung des Kindergelds durch die Bundesregierung um 37 % habe ich schon genannt.
Der Herr Ministerpräsident hat gesagt, wir müssten uns jetzt darum kümmern, dass Familie und Beruf vereinbart werden könnten.
Das sind alles ganz tolle Sätze. Jetzt sage ich Ihnen einmal, wie es aussieht: Im Kleinkinderbereich haben wir pro 1 000 Kinder 23 Betreuungsplätze.
Für die 6- bis 14-Jährigen gibt es in Baden-Württemberg gerade einmal 23 Betreuungsplätze pro 1 000 Kinder, und bundesweit sind es 58.
Bundesweit sind fast drei Viertel der Kinderkrippen – 71 % – ganztags geöffnet, in Baden-Württemberg sind es gerade einmal 44 %.
Noch eine Zahl, die veröffentlicht wurde: Nicht einmal ein Zehntel der Kindergärten in Baden-Württemberg – 7,1 % – bieten eine Ganztagsbetreuung mit Mittagessen an. Bundesweit sind es immerhin 36 %, also etwa ein Drittel.
wie weit wir hintendran stehen. Deswegen ist es ja gut, dass man das jetzt einmal formal anspricht. Auch der Ministerpräsident hat es angesprochen. Aber daraus muss doch etwas folgen. Es gibt kein konkretes Angebot. Seit Jahren machen wir konkrete, auch finanzielle Angebote, zusammen mit den Kommunen etwas zu machen. Da brauchen wir zusätzliche Plätze. Denn das Familienbild, das Sie vorhin gezeichnet haben, Herr Mappus, ist schon eigenartig. Was haben Sie gesagt? Intakte Familie bedeutet, dass die Mutter zu Hause ist.
(Abg. Mappus CDU: Das habe ich nicht gesagt! – Abg. Wieser CDU: Sie sind doch ein Falschmün- zer! Sie sind ein politischer Falschmünzer! Das ist ein Lügenbeutel! – Abg. Mappus CDU: Das habe ich nicht gesagt, das wissen Sie ganz genau! – Leb- hafte Zurufe von der SPD)
Dass die Mutter zu Hause ist und sich um die Kinder kümmert. Wir lesen das nachher nach. Aber Sie haben gesagt, dass die Mutter zu Hause ist und sich um das Kind kümmert.
Unser Familienbild – um das einmal deutlich zu sagen, Herr Mappus – ist: Es ist sehr schön, wenn die Mutter zu Hause
Aber für uns ist eine Familie genauso intakt und ist die Familienmutter genauso gut, wenn sie, weil sie arbeiten muss, versucht, ihr Kind halbtags unterzubringen, und sich den restlichen Halbtag um das Kind kümmert.
(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie des Abg. Dr. Birk CDU – Abg. Mappus CDU: Voll vertreten! – Zurufe von der SPD)
Im Übrigen, Herr Kollege: Den Auftrag für Bildung und Erziehung haben unsere Schulen. Sie haben vorhin gesagt, Sie wollten den Erziehungsauftrag nicht delegieren.
Im Schulgesetz steht drin: Bildung und Erziehung. Das steht im baden-württembergischen Schulgesetz drin. Der Erziehungsauftrag muss doch an der Schule mit erfolgen, wenn ein Kind sechs, sieben oder acht Stunden am Tag in der Schule ist.
Und Sie erzählen, Sie wollten den Erziehungsauftrag nicht delegieren! Er ist bereits delegiert, und wir wollen, dass in der Schule erzogen wird.