Protokoll der Sitzung vom 02.06.2005

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Boris Palmer.

(Abg. Mappus CDU: Der neue Bundestagsabgeord- nete!)

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Heike!

(Heiterkeit)

Vor eineinhalb Jahren hat die Kollegin Dederer hier im Landtag eine Rede mit einem Zitat von Karl Simrock begonnen. Sie sagte nämlich, man solle Ämter mit Leuten versehen und nicht Leute mit Ämtern versehen.

(Abg. Heike Dederer CDU: Sehr gut! – Beifall der Abg. Heike Dederer CDU)

Da hat sie Recht, unabhängig von der Zugehörigkeit zur Fraktion. Aber wenn wir die Kabinettsreform betrachten, die hier vollzogen worden ist, dann muss man sagen: Den Anforderungen der Abg. Dederer wurde dabei nicht entsprochen. Denn, Herr Ministerpräsident, Sie haben hier ein mutloses Konzept vorgelegt. Zu einer Kabinettsreform hat es nicht gereicht. Sie haben Personalpolitik betrieben und nach den Personen die Ressorts zugeschnitten. Es ist ja wohl wirklich ein offenes Geheimnis, dass es keinen Grund gab, das Umwelt- und Verkehrsministerium auseinander zu dividieren. Herr Mappus ist ja so erfolgreich in seinem Ministeramt gewesen, dass er danach Fraktionsvorsitzender werden konnte. Das Ministerium war also so schlecht nicht.

Der Grund, warum dieses Ministerium zerstückelt werden musste, war, dass Sie einen Strafposten für Frau Gönner gesucht haben. Die Frage dabei war nur: Was ist eigentlich härter: die Zumutung, ihr dieses zerstückelte Restressort zuzuschieben, oder die Tatsache, dass sie das nachher auch noch angenommen hat? Wahrscheinlich wollten Sie das gar nicht. Diese Art von Ressortzuschneidung, meine Damen und Herren, entspricht nicht einem guten Neuanfang.

Sie haben nicht den Mut zur Kabinettsverkleinerung gehabt. Das war wohl ein Zugeständnis an die Ära Teufel. Es ist wirklich nicht einsichtig, warum ein Staatsrat Beyreuther, eine Staatssekretärin Gurr-Hirsch und ein Minister Hauk, warum alle drei für das Thema Ernährung zuständig sein sollen. Hier hätte eine Verschlankung an der Spitze wirklich gut getan.

(Zuruf des Abg. Mack CDU)

Sie haben immer noch keine Antwort darauf gefunden, warum – wenn jetzt hoch qualifiziertes Personal in die Landesvertretung einrückt – zusätzlich ein Herr Freudenberg in Berlin sitzen muss.

(Abg. Herrmann CDU: Das ist ja kein Regierungs- mitglied!)

Herr Ministerpräsident, wir wollen Ihnen einmal zugestehen, dass Sie aus Rücksicht auf die Mehrheit in Ihrer Partei – weil Sie die alte Gefolgschaft Ihres Vorgängers nicht vergrätzen wollten – diesmal keine Chance hatten, einen vernünftigen Schritt zu tun und eine echte Kabinettsreform anzugehen. So viel konzedieren wir. Aber sollten Sie nach der nächsten Landtagswahl noch einmal die Chance haben, ein Kabinett zu bilden,

(Abg. Blenke CDU: Davon gehen wir aus!)

dann erhoffen wir uns doch etwas mehr Mut von Ihnen. Andernfalls machen wir es besser, und das Kabinett wird kleiner.

(Lachen des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Abg. Herr- mann CDU: Wie in Berlin, oder? – Abg. Blenke CDU: Wie in Berlin! – Abg. Dr. Birk CDU: Wer kandidiert bei Ihnen denn für das Amt des Minis- terpräsidenten? – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Mit Ih- nen wird es kein Kabinett geben!)

Zum Ressortzuschnitt sind zwei kritische Punkte schon genannt worden. Bei der Betreuung der Kinder bis zu drei Jahren sind Sie inkonsequent geblieben. Wenn Sie schon den Kindergartenbereich im Kultusministerium ressortieren lassen – und wir sind uns ja einig, dass es da einen Bildungsauftrag zu erfüllen gibt –, dann hätten Sie auch eine Entscheidung für die gesamte Phase treffen müssen, anstatt einen erneuten Schnitt mit Schwierigkeiten und einer Schnittstellenproblematik zu schaffen.

Die Zerlegung des Umwelt- und Verkehrsministeriums gibt nun aber wirklich Anlass zur Sorge. Zum einen gibt es Anlass zur Sorge, weil die Person, die diesen Strafposten im Umweltministerium ausfüllen muss, ganz offensichtlich nur um Profilierung bemüht ist, um sich in die Zukunft zu retten. Während der Ministerpräsident noch von einer Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken um fünf Jahre spricht und wenigstens noch überprüfen will, ob die Sicherheit dann gewährleistet bleibt, prescht die Ministerin erst einmal vor. Offenbar geht das nach dem Motto „Mehr fordern bringt mehr Schlagzeilen“. Sie will gleich 18 Jahre draufsatteln,

(Zuruf des Abg. Rückert CDU)

noch über die technische Laufzeit der Atomkraftwerke hinaus. Das hat nun wirklich nichts mit sicherheitsorientierter Politik zu tun und sollte selbst denjenigen unter Ihnen, die der Atomkraft freundlich gesinnt gegenüberstehen, die Haare zu Berge stehen lassen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Im Übrigen ist es schlicht und ergreifend völlig sachfremd, die Einheit „Umwelt und Verkehr“ zu zerstückeln. Das will ich Ihnen zum Schluss noch anhand der Feinstaubproblematik deutlich machen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Oh Gott!)

Zunächst müssen Verkehrserhebungen durchgeführt werden; Feinstaub ist ein Verkehrsproblem. Dafür ist das Innenministerium zuständig. Sind diese Daten einmal erhoben, muss gefragt werden: Wo misst man? Die Messungen muss das Umweltministerium anordnen, weil es für die Umweltmessgesellschaft zuständig ist – also vom Innenministerium zum Umweltministerium zur Umweltmessgesellschaft. Hat Letztere die Daten vorgelegt, muss man über die Maßnahmen nachdenken. Die Zuständigkeit für die entsprechenden Maßnahmen ressortiert teilweise im Verkehrsbereich, teilweise im Umweltministerium. Sie reden immer von Bürokratieabbau! Da haben Sie wieder viele, viele zusätzliche und unnötige Konferenzen, weil Sie dieses Ressort zerlegen.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Schnittstellen wird es immer geben, egal, wie Sie das sortieren!)

Hat man sich irgendwann auf einen Maßnahmenplan geeinigt, folgt die Frage: Wie wird das überwacht? Die technische Überwachung außerhalb des Verkehrs muss das Umweltministerium gewährleisten, beim Straßenverkehr muss die Umweltmessgesellschaft über die UMEG wirken. Wenn es aber um die Wirksamkeit der Maßnahmen und um Verkehrserhebungen geht, muss wieder das Innenministerium die Daten zusammentragen. Wenn man diese Daten hat, wird schließlich wieder alles in Konferenzen beratschlagt. Ganz am Ende müssen Sie das fortschreiben, und dann geht alles wieder von vorne los. Da müssen Umweltministerium und Innenministerium zusammensitzen und fragen: Wer ist wofür zuständig? Wer beauftragt wen? Wie geht es weiter?

Meine Damen und Herren, wer in einer Zeit, in der Umwelt und Verkehr so sehr zusammengehören, diese beiden Bereiche trennt, ist nicht auf der Höhe der Zeit. Ich hoffe, dass Sie diesen Fehler möglichst bald wieder rückgängig machen. Eine Trennung trägt nur zu Bürokratie, aber nicht zu einer besseren Regierung und nicht zu einer besseren Verwaltung bei.

Ihre Kabinettsreform ist erstens mutlos, zweitens sachfremd und drittens einer falschen Personalpolitik geschuldet. Deswegen können wir dem nicht zustimmen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das wundert uns nicht! – Abg. Mappus CDU: Das überrascht mich jetzt aber! – Abg. Mack CDU: Pal- mer als UVM-Fan! Dass ich das noch erleben darf!)

Das Wort erhält Herr Minister Stächele.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Motto „Ämter mit Leuten statt Leute mit Ämtern“ sollte auch für manche Parlamentsredner gelten, lieber Kollege Palmer.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Manchmal überlegt man sich schon – ich kann mir vorstellen, dass das auch für viele gilt, die hier auf der Zuhörertribüne sitzen –: Was haben die für Sorgen? Natürlich machen Sie von einem Parlamentsrecht Gebrauch, wenn Sie Regierungsmitglieder herbeizitieren. Aber jeder, der hier sitzt, weiß, dass das nichts anderes ist als Kinkerlitzchen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: So ist es! Sehr richtig!)

Ich bin nicht mehr bereit, den Eindruck hinzunehmen, den die Leute mitnehmen, die hierher gekommen sind, um den Landtag zu besuchen und über die Landtagsarbeit informiert zu werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Drexler SPD: Aber diese Oberlehrerhaftigkeit der Regie- rung geht einem jetzt schon auf die Nerven!)

Diese „Oberlehrerhaftigkeit“, Kollege Drexler, besteht nur darin, dass Ihnen einmal gesagt wird, was Sache ist,

(Abg. Drexler SPD: Das machen Sie die ganze Zeit! Im Präsidium machen Sie es auch!)

damit Sie einmal wissen, dass es eine andere Meinung gibt.

(Abg. Drexler SPD: Die Dringlichkeit von Anträ- gen! Nehmen Sie mal die Hand aus der Hosenta- sche!)

Sie müssen sich daran gewöhnen, dass Ihnen eine andere Meinung entgegengesetzt wird.

Jetzt aber zu dem Thema, um das es hier geht, die Abgrenzung der Geschäftsbereiche. Das können wir ganz ruhig abhandeln.

Kollege Stickelberger, ein Ansatz, den man ernsthaft diskutieren muss, ist immer die Frage, wie man sparen kann.

(Abg. Stickelberger SPD: Den sehe ich nicht!)

Sie haben ausgeführt: Jetzt machen wir eine Verwaltungsreform und setzen diese in der obersten Etage nicht fort. Das war der Gedankengang.

(Abg. Stickelberger SPD: Ja!)

Nun muss man allerdings wissen: Verwaltungsreform heißt, dass wir eine Effizienzrendite von 20 % erbringen – nicht nur im nachgelagerten Bereich, der auf der Kreisebene einbezogen wird, sondern gleichermaßen bei den Ministerien. Der Spargedanke wird also gleichermaßen unten wie oben in der Ministeriumsspitze verwirklicht.

(Minister Stächele)

Das andere ist die inhaltliche Frage, wie man ein Kabinett zuschneidet, wie man Ressortzuschnitte macht.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Das haben wir jetzt gerade erlebt! Sehr interessant!)