Protokoll der Sitzung vom 29.06.2005

Meine Damen und Herren, auch die Kooperation zwischen Schule und Kindergarten einerseits und den Sportvereinen andererseits kann nur gut sein, wenn wir gut ausgebildete Übungsleiter haben. Deswegen müssen wir uns fragen: Wie können wir mehr Menschen dafür begeistern, Übungsleiter zu werden, und was können wir dazu beitragen, dass diese Übungsleiter gut ausgebildet sind, damit sie den pädagogischen und sportlichen Anforderungen nachkommen?

Außerdem, meine Damen und Herren, höre ich immer wieder die Klage von den Sportvereinen, dass die DIN-Hallen den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Das heißt, insbesondere die beiden Regierungsfraktionen

sollten sich einmal die Frage stellen, welche Art von Förderung es künftig geben wird. Sind die Hallen, die wir fördern, heute noch zeitgemäß, oder müssen wir da etwas umstellen? Ich empfehle Ihnen die Diskussion mit den entsprechenden Sportverbänden.

Bei der Finanzierung, meine Damen und Herren, wären Sie gut beraten gewesen, wenn Sie den von uns vorgeschlagenen Weg gegangen wären. Dann hätten Sie erst einmal gefragt: Was wollen wir fördern? Warum wollen wir das fördern? Wie soll die zukünftige Struktur der Sportverbände sein? Ich glaube, wir alle in diesem Haus sind uns einig, dass an den Strukturen etwas geändert werden muss. Schade, dass Herr Kollege Fleischer nicht da ist. Ich höre immer von den Sportverbänden, dass er eine wenig rühmliche Rolle in dieser Frage spielt.

(Abg. Alfred Haas CDU: Blödsinn! – Abg. Seimetz CDU: Auch das stimmt nicht!)

Also müssen wir einmal darüber diskutieren: Wie sind die Strukturen? Erst danach, Kollege Seimetz, hätten wir entscheiden sollen: Wo kürzen wir? Wie stark kürzen wir, oder kürzen wir gar nicht?

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Teßmer SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP: Wo bringen Sie denn das Geld her?)

Sie haben ein „Konzept“ zur Kürzung vorgelegt bzw. das Ministerium, und Sie haben etwas nachgebessert, nachdem Proteste gekommen sind. Aber die Frage, wie es mit den Strukturen weitergeht, und alle anderen wichtigen Fragen haben Sie nach hinten geschoben. Da erwarten wir jetzt von Ihnen allmählich eine Antwort. Keine der beiden Rednerinnen der beiden Regierungsfraktionen hat darauf wirklich eine Antwort gegeben.

Meine Damen und Herren, der Sport braucht Verlässlichkeit wie andere Bereiche auch. Wir haben deshalb vorgeschlagen, dass es einen Solidarpakt über viele Jahre geben soll.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das müssen Sie die Bundesregierung fragen!)

Jetzt hören Sie doch einmal mit der Bundesregierung auf! Das ist doch alles Kokolores. Hätten Sie die Sparvorschläge, die Rot-Grün im Bundesrat vorgelegt hat, beispielsweise bei der Eigenheimzulage, nicht immer boykottiert, dann wäre mehr Geld für andere Dinge da.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Seimetz CDU: So ein Krampf!)

Herr Westerwelle hat zwar eine große Klappe, aber über eine Gelddruckmaschine verfügt auch er nicht. Deswegen kann ich Ihnen nur raten: Legen Sie Sparvorschläge auf den Tisch. Sagen Sie wie wir: Der Sport gehört zu den Prioritäten, wo wir nicht oder nur mäßig sparen wollen.

(Abg. Seimetz CDU: Das haben wir doch ge- macht!)

Aber dann muss man auch gleichzeitig sagen, wo man spart. Genau das haben Sie bisher nicht getan, und dazu fordere ich Sie auf.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Das Wort erhält Herr Staatssekretär Rau.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind der SPD-Fraktion dankbar, dass sie uns die Gelegenheit gegeben hat, unsere erfolgreiche Sportpolitik darzustellen, Optionen für die künftige Entwicklung deutlich zu machen und damit das Profil des Landes BadenWürttemberg als Sportland aufzuzeigen.

Ich glaube, dass die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion die Arbeit der Vereine so ausführlich darstellt und würdigt, dass ich die Gelegenheit heute dazu nutzen kann, um auch ein paar Problemfelder für die Sportpolitik aufzuzeigen und damit gleichzeitig deutlich zu machen, in welche Richtung unsere Überlegungen zielen müssen.

Voranstellen will aber auch ich meinen ausdrücklichen Dank an diejenigen, die in den Sportvereinen Verantwortung übernehmen – Verantwortung als Trainerinnen und Trainer, als Übungsleiterinnen und Übungsleiter, aber genauso Verantwortung in der Organisation von Vereinen.

Frau Rudolf hat es angesprochen: Wir haben Vereine, die ab einer bestimmten Größe mit den wachsenden Aufgaben einen Strukturwandel erfahren, der es ihnen erschwert, mit den Aufgaben umzugehen. Sie brauchen das hauptamtliche Element, um mit vielen bürokratischen Aufgaben fertig zu werden. Ich komme nachher noch darauf zu sprechen, dass uns hier eine besondere Herausforderung ins Haus steht.

Am 12. Mai hat die Landesregierung bei einer zentralen Ehrung im Neuen Schloss in Stuttgart die herausragenden Leistungen derjenigen baden-württembergischen Sportlerinnen und Sportler gewürdigt, die bei großen internationalen Ereignissen Medaillen errungen haben.

(Abg. Capezzuto SPD: Und zwei Monate vorher die Fördermittel gekürzt!)

Im Rückblick auf die Olympischen Spiele und die Paralympics 2004 in Athen konnten wir feststellen, dass die badenwürttembergischen Sportlerinnen und Sportler unser Land mit hervorragenden Leistungen vertreten haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Trotzdem ist nicht alles Gold, was glänzt, und es gilt, Verbesserungen zu erreichen.

Immer wieder stellen wir fest, dass in den verschiedensten Sportarten nicht nur baden-württembergische Sportlerinnen und Sportler, sondern auch Sportlerinnen und Sportler aus anderen Bundesländern sehr erfolgreich abschneiden. Nur: Wer von diesen hervorragenden Juniorensportlerinnen und -sportlern schafft die Qualifikation für internationale Meisterschaften, den Sprung in die Weltelite im aktiven Bereich? Woran liegt es, dass es gerade bei uns so oft zu Brüchen in der Biografie von Sportlerinnen und Sportlern, die auf dem Weg in den Leistungs- und den Hochleistungssport sind, kommt?

(Staatssekretär Rau)

(Abg. Christine Rudolf SPD: Ich gebe Ihnen gern eine Antwort darauf!)

Lassen Sie doch mich versuchen, eine Antwort zu geben. Sie haben ja vorhin auch die Chance gehabt, hier etwas zu entwickeln.

(Abg. Fischer SPD: Sie haben es als Frage vorge- tragen! Wir haben gemeint, Sie fragen uns, Herr Staatssekretär! – Weitere Zurufe von der SPD – Gegenruf des Abg. Seimetz CDU – Unruhe)

Ein Beispiel: Das Abschneiden der deutschen Leichtathleten in den letzten Jahren war nicht sehr erfolgreich. Nur ein einziger deutscher Athlet hat in Athen für wirklich positive Schlagzeilen gesorgt: Tobias Unger von Salamander Kornwestheim.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Und jetzt erst wieder!)

Als er vor fünf Jahren noch in der Jugendklasse angetreten ist, haben Athleten aus Baden-Württemberg bei den deutschen Jugendmeisterschaften mit Abstand am besten abgeschnitten. Wie viele von diesen damaligen Jugendmeistern haben den Sprung ganz nach oben geschafft und haben Perspektiven für kommende internationale Meisterschaften? Woran liegt es, dass nur wenige Athletinnen und Athleten auch in der Seniorenklasse diesen Sprung schaffen?

(Abg. Zeller SPD: Jetzt sind wir aber gespannt!)

Das liegt daran, dass die Strukturen im Leistungssport, die Kooperation mit weiterführenden Ausbildungsstätten für diese Sportlerinnen und Sportler offensichtlich Probleme mit sich bringen. Die Debatte über den Leistungssport und künftige Strukturen desselben

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

ist auf allen Ebenen zu führen. Der Deutsche Sportbund und das NOK haben erhebliche Veränderungen angekündigt. Wenn ich heute die Zeitung richtig gelesen habe, haben sie jetzt auch Vorschläge vorgelegt, wie sie

(Abg. Capezzuto SPD: Das ist auch in den Nach- richten schon gekommen, Herr Staatssekretär!)

bei sich selbst anfangen können.

(Abg. Capezzuto SPD: Sie sind spät dran!)

Herr Capezzuto, Sie müssen eben immer ein bisschen dazwischenschwätzen, damit man merkt, dass Sie auch diesem Haus angehören. Machen Sie sich einmal ein paar rechte Gedanken, dann dürfen Sie hier vorn reden.

(Abg. Capezzuto SPD: Sie können ja einmal mit mir über Sport diskutieren, Herr Kollege! Sie ha- ben nämlich keine Ahnung!)

Manches zeichnet sich ab, aber konkret ist noch fast gar nichts.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Wir werden uns an der Debatte intensiv beteiligen, weil wir in bewährter Partnerschaft mit dem LSV mitgestalten wol

len. Wir haben uns gegenseitig zugesagt, dabei keine Schonbereiche einzurichten.

Neben der Frage der sozialen Sicherheit der Spitzensportler und der Analyse der bestehenden Leistungszentren und Olympiastützpunkte wird die Trainerproblematik zu betrachten sein. Wir haben die Zahl der Lehrertrainer erhöht. Der Sport wird dazu kommen müssen, mehr Flexibilität in die Struktur der Trainerlandschaft zu bringen. Heimtrainer spielen für Spitzenathleten eine immer wichtigere Rolle. Dem muss entsprochen werden. Das kostet nicht mehr Geld, sondern es erfordert die Bereitschaft zu Strukturveränderungen.

Der Landessportverband und das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport haben eine Arbeitsgruppe gebildet, um alle Bereiche des Leistungssports unter die Lupe zu nehmen, um so zu einer neuen Konzeption des Leistungssports, insbesondere der Nachwuchsförderung und der Nachwuchserhaltung, zu kommen.

Wir wollen schließlich, dass bei den anstehenden weltweit bedeutsamen Sportereignissen in unserem Land nicht nur unsere erstklassige Eignung als Veranstalter unter Beweis gestellt wird, sondern dass auch Athletinnen und Athleten aus unserem Land mit von der Partie sind. Die Fußball-WM im nächsten Jahr, die Rad-WM 2007, die Turn-WM 2007, Teile der Handball-Weltmeisterschaft 2007 stehen in Baden-Württemberg an. Darüber hinaus haben wir den Zuschlag für die Eishockey-Weltmeisterschaft 2010 erhalten. Es lohnt die Anstrengung, dass wir in Baden-Württemberg auch Siege eigener Athletinnen und Athleten feiern dürfen.

Der Leistungssport bringt die Vorbilder für den Breitensport hervor.