85 % aller pharmazeutischen Tierschutzexperimente sind gesetzlich vorgeschrieben. Die Gründe, die sowohl die Landwirtschaft als auch die Forschung vortragen, heißen erstens Verzögerung von Investitionen, zweitens Abwanderung ins Ausland mit weniger Tierschutz und drittens natürlich: Es ist nicht nötig, denn sie haben selbst den Tierschutz zu berücksichtigen.
Wir brauchen weniger Bürokratie. Das ist das Gebot der Stunde. Der Tierschutz ist in Deutschland auf außerordentlich hohem Niveau. Wenn Sie meinen, dass wir noch etwas mehr tun sollten, dann reden wir über materielle Fragen, aber bitte nicht über formelle.
Übrigens: Die Legehennengeschichte wäre mit dem Verbandsklagerecht natürlich auch nicht anders ausgegangen, weil das materielle Recht damals noch nicht so weit war. Aber bitte keine zusätzlichen Verfahrenshürden in der deutschen Verwaltung!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! „Der Tierschutz genießt unbestritten in Deutschland einen hohen Stellenwert“, so steht es im Tierschutzbericht der Bundesregierung. Seit dem Jahr 2002 ist der Tierschutz im Grundgesetz als Staatsziel verankert. Seit 2000 haben wir die verfassungsrechtliche Verankerung des Tierschutzes in der Landesverfassung, und dies, meine Damen und Herren, auf Druck der FDP/DVPLandtagsfraktion.
Während dieses Thema früheren Regierungen im Land offensichtlich nicht so wichtig war, hat der Tierschutz bei unseren Koalitionsverhandlungen eine angemessene Bedeutung erhalten.
Die Aufnahme des Tierschutzes in die Landesverfassung ist mit vielfältigen Maßnahmen einhergegangen. So haben wir im Bereich der Landwirtschaft, etwa bei der Betriebsförderung oder auch beim MEKA-Programm, wie kein anderes Bundesland die artgerechte Tierhaltung gefördert. Über das
(Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE – Abg. Teßmer SPD: Das hat aber mit der Verbandsklage nichts zu tun!)
Baden-Württemberg kontrolliert in diesem Bereich besonders streng. Wir haben die Haltungsbedingungen der Tiere kontinuierlich verbessert, und, meine Damen und Herren, das Land pflegt einen ausgesprochen guten Kontakt zu verschiedenen Tierschutzorganisationen.
An dieser Stelle möchte ich allen im Tierschutz engagierten Personen meinen Dank für die geleistete Arbeit aussprechen.
Ohne dieses bürgerliche Engagement hätte der Tierschutz in Deutschland nicht einen so hervorragenden Stellenwert.
Dies gelingt uns aber nur, wenn wir gemeinsam mit den Landesregierungen, dem Bund und der EU auf einheitliche Standards drängen.
Wie Sie wissen – Herr Kollege Müller hat es gerade ausgeführt –, hat das Land Schleswig-Holstein im letzten Jahr unter der damaligen rot-grünen Regierung im Bundesrat den Vorschlag, ein Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände einzuführen, eingebracht und ist nicht nur an den Stimmen der unionsregierten Länder deutlich gescheitert.
Der von den Grünen jetzt eingebrachte Gesetzentwurf ist nicht geeignet, dem Tierschutz größere Bedeutung zuzumessen
oder ihn auch nur ansatzweise zu verbessern. Zu Recht weist das Ministerium in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf auf die zahlreichen Mitwirkungsmöglichkeiten der tierschutzrelevanten Interessengruppen hin. Vertreter von Tierschutzverbänden sind im Bund und im Land bereits in einer Vielzahl von Gremien eingebunden.
Ein Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände wäre aber nicht nur von der Sache, sondern auch von der praktischen Durchführung her völlig überzogen.
Anders als beim Verbandsklagerecht der Naturschutzverbände, das wir als FDP bundesweit unterstützt haben, sehen
wir doch erhebliche Probleme bei der Auswahl der klageberechtigten Tierschutzverbände. Dies hat die rot-grüne Bundesregierung bei der Einführung der Verbandsklage auf Bundesebene offensichtlich genauso gesehen. Denn sie hat sich bei der Einführung des Verbandsklagerechts zu Recht auf die Naturschutzverbände beschränkt.
Die Frage ist: Welche Tierschutzverbände oder welche Vereine sollen überhaupt klageberechtigt sein, ohne dass irgendwelche Gruppen ausgegrenzt werden? Um ein nur annähernd gerechtes Ergebnis zu erzielen, müssten eine Vielzahl von Klageberechtigten definiert werden. Dies würde den Rahmen des Möglichen sprengen.
Was bedeutet dies für die Gerichte in Baden-Württemberg? Im Gegensatz zu den Grünen, die nur wenige Klagen voraussagen und keine Kosten sehen, befürchten wir doch eine Vielzahl von Klagen und damit eine deutliche Verzögerung von Genehmigungsverfahren und letztlich auch entscheidende wirtschaftliche Verwerfungen im bundesweiten Vergleich.
(Abg. Teßmer SPD: Eine unbewiesene Annahme! – Abg. Dr. Caroli SPD: Was verstehen Sie unter „wirtschaftlichen Verwerfungen“?)
Folgt man aber den Argumenten der Grünen, die nur wenige Klagen voraussehen, stellt sich mir die Frage nach dem Sinn einer Verbandsklage für Tierschutzverbände. Ziel der Klagen wären – auch das wurde ausgeführt – in der Regel Einzelfallentscheidungen. Anders als bei den Naturschutzverbänden, wo es regelmäßig um generelle Entscheidungen geht, entwickelt das Klagerecht im Tierschutz keine vorbeugende Wirkung. Wir lehnen deshalb den Gesetzentwurf der Grünen ab.
Der Antrag der SPD spricht sich dafür aus, ein Verbandsklagerecht auf Bundesebene einzuführen und dem Gesetzentwurf des Landes Schleswig-Holstein zuzustimmen. Ich denke, wir sollten abwarten, wie sich die neue Regierung von Schleswig-Holstein, in der die SPD vertreten ist, entscheiden wird. Alle Informationen deuten darauf hin, dass die SPD in Schleswig-Holstein
den Gesetzentwurf nicht weiterverfolgen wird. So sollten, denke ich, auch wir hier im Land verfahren.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Tierschutz in Baden-Württemberg genießt zu Recht einen
hohen Stellenwert. Ich freue mich, liebe Frau Kollegin Lösch, dass ich den heutigen Tagesordnungspunkt zum Thema Tierschutz zum Anlass nehmen kann, auch hierzu eine Grundsatzrede zu halten.
Ich spreche schon konkret zu den beiden Initiativen, dem Gesetzentwurf der Grünen auf Einführung einer tierschutzrechtlichen Verbandsklage in Baden-Württemberg und dem Antrag der SPD.
Es wurde schon mehrfach erwähnt: Wir haben in unsere baden-württembergische Landesverfassung die Staatszielbestimmung Tierschutz aufgenommen. In Artikel 3 b der Landesverfassung heißt es jetzt:
Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung geachtet und geschützt.
Die Landesregierung ist an einem konstruktiven Dialog mit allen Akteuren im Tierschutz interessiert. Deshalb wurde bereits vor 14 Jahren der Landesbeirat für Tierschutz eingerichtet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dabei geht es nicht darum, dass wir ein Gremium zur Beruhigung einrichten. Vielmehr geht es darum, mit dem Landesbeirat für alle Seiten und alle Akteure, die im Bereich des Tierschutzes miteinander in Berührung kommen, ein konstruktives Forum zu schaffen. Ich habe den Eindruck – zumindest nach den wenigen Wochen, seit ich das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum leiten darf –, dass in dem Landesbeirat für Tierschutz sehr konstruktiv gearbeitet wird.