Diejenigen, die mehr haben, können auch zur Entlastung der Lohnnebenkosten und damit letztendlich zur Entlastung des Arbeitsmarkts – darum geht es doch – eine höhere Mehrwertsteuer bezahlen. Dazu kann ich nur sagen, meine Damen und Herren: Das halte ich für vertretbar. Das ist die Grundrichtung.
Deshalb: Isoliert betrachtet – dazu stehe ich, auch wenn ich das Programm nicht geschrieben habe – hätte ich im Zweifel die Mehrwertsteuer zum jetzigen Zeitpunkt nicht erhöht. Im Zuge eines Gesamtkonzepts aber, wenn auf der anderen Seite entlastet wird – das ist Bedingung – und im Übrigen, um das auch gleich zu sagen, das Geld bei den Ländern nicht irgendwie im Haushalt versickert, sondern entweder investiv oder zur Absenkung der Schulden verwendet wird, halte ich eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für machbar, für richtig und für konsequent.
Jetzt zum Thema Ökosteuer. Wir stehen dazu: Die Ökosteuer kann in dieser Höhe nicht bestehen bleiben. Nur, Herr Drexler, was uns von Rot-Grün unterscheidet, ist einfach Folgendes: Es wäre viel einfacher gewesen, wenn wir es so gemacht hätten, wie ihr es 1998 getan habt: das Blaue
Aber ich glaube, es spricht doch für die Kultur dieses Landes, das, was unpopulär ist – und da werden Sie mir Recht geben: eine Mehrwertsteuererhöhung ist mit Sicherheit nicht populär –,
vor der Wahl anzukündigen. Es wäre noch populärer, wenn wir die Ökosteuer – so, wie wir es wollen – gleich absenken. Es wäre aber unehrlich, das jetzt sofort zu machen, weil es nicht finanzierbar ist.
Das wäre unehrlich. Deshalb machen wir es nicht und sagen vielmehr: „Die höhere Mehrwertsteuer kommt, und die Absenkung der Ökosteuer muss so bald wie möglich kommen; sie kann aber nicht gleich kommen, weil das nicht finanzierbar wäre.“ Das ist ehrliche Politik, meine Damen und Herren, das ist ein Konzept.
Sie tun immer so, als ob die Ökosteuer die Lohnnebenkosten so wahnsinnig niedrig halte. Herr Drexler, Sie wissen aber ganz genau: 60 % der Ökosteuer fließen in die Rentenversicherung, 40 % jedoch versickern im regulären Haushalt von Eichel.
Schauen Sie einmal, wie da argumentiert wird. Mein absoluter Lieblingsminister dieser Bundesregierung, Trittin, hat am Anfang dieses Jahres einmal gesagt: „Die Ökosteuer sorgt dafür, dass in Deutschland weniger Auto gefahren wird.“ Das ist völliger Blödsinn. Die Ökosteuer sorgt dafür, dass, obwohl sogar mehr Auto gefahren wird, in Deutschland weniger getankt wird. Das ist das Problem.
(Unruhe bei der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist so schwach! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)
Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland haben wir ein Absinken des Mineralölsteueraufkommens. Das liegt aber nicht daran, dass weniger getankt würde, sondern daran, dass direkt jenseits der Grenze der Treibstoffumsatz nach oben, bei uns jedoch nach unten geht. Insofern ist die Ökosteuer auch ordnungspolitisch unsinnig.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Hofer FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Marianne Wonnay SPD – Glocke des Präsidenten)
Herr Kollege Mappus, wissen Sie denn noch, auf welche Höhe die Rentenversicherungsbeiträge gestiegen wären – jetzt liegen sie bei 19,5 % –, wenn wir die Ökosteuer nicht eingeführt hätten?
(Abg. Alfred Haas CDU: Sie wissen doch die Ant- wort, warum fragen Sie noch? – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Nur Sprechblasen! – Abg. Alfred Haas CDU: Blasen für die Rente!)
Das weiß ich. Aber es geht doch um die Frage, wie ich das ordnungspolitisch in den Griff bekomme. Wenn ich auf der einen Seite etwas gutmache, auf der anderen Seite aber doppelt und dreifach soviel kaputtmache, Herr Drexler, dann kann das nicht die geeignete Strategie sein, die das Heil bringt. Deshalb, meine Damen und Herren, wäre ich mit dem Begriff „Desaster“ und der Kritik an unserem Wahlprogramm etwas vorsichtiger, zumal wenn ich mit meinem eigenen Wahlprogramm eine solche Kehrtwende hinlegte wie Sie. Sie haben sich gerade hier hingestellt und gesagt, die große Errungenschaft dieser Bundesregierung sei, dass die Steuern abgesenkt wurden.
Das ist in der Tat richtig. Dann ist aber schon die Frage, warum Sie zuerst den Spitzensteuersatz über Jahre hinweg absenken – was ich für richtig halte –, um kurz vor der Wahl plötzlich eine so genannte Reichensteuer einzuführen und damit wieder eine Kehrtwende hinzulegen.
besonders CDU-nah zu sein –, der mit Blick auf Ihre Forderung nach einer Reichensteuer gesagt hat, sie sei reine Symbolpolitik ohne ökonomischen Sinn. Er hat Recht. Wir machen ehrliche Politik und legen deshalb die Fakten vor den Wahlen auf den Tisch.
(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Ursula Haußmann: So groß können die Koffer gar nicht sein, dass die ganze Ehrlichkeit da reingeht! – Unruhe)
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal meine Eingangsbemerkung von vorhin: Es liegen zwei unterschiedliche Konzepte vor, und man hat schon das Gefühl, Sie bereiten sich auf die Opposition vor.
Anhebung beim Arbeitslosengeld II. Das mag ja alles schön sein. Aber die Gegenfinanzierung besteht in der Tat in dieser „symbolischen“ Reichensteuer, die Sie schon jetzt an drei Stellen verbraten, nämlich für die Senkung der Lohnnebenkosten, für mehr Innovation bei Forschung und Bildung und für mehr Innovation bei der Betreuung.
Das habe ich alles Ihren Ausführungen entnommen. Da ist gerade einmal 1 Milliarde € prognostiziert, von der wir auch noch nicht wissen, ob sie überhaupt kommt. Über Ihre Konzepte brauchen wir uns Gott sei Dank gar nicht zu unterhalten, denn die bringen uns mit Sicherheit nicht weiter.
Darum wende ich mich jetzt noch einmal dem Konzept zu, das jetzt seitens der CDU auf dem Tisch liegt. Sie gehen ja wohl davon aus, dass es eine Koalition zwischen CDU und FDP geben wird.
Dazu sage ich Ihnen gleich etwas. – Es gibt sehr viele Gemeinsamkeiten. Wir sollten einmal gemeinsam an einer radikalen Vereinfachung des Steuersystems arbeiten. Das ist es doch, was die Bürgerinnen und Bürger erwarten.
Ich bin fest davon überzeugt: Wenn diejenigen, die Steuern zahlen, zwar einen nominal niedrigeren Steuersatz zahlen, wir aber den Subventionsabbau konsequent betreiben, ohne dass es irgendwelche so genannten Schlupflöcher gibt, dann wird am Ende – das zeigen Beispiele aus anderen Ländern – mehr Steuergeld in der Kasse sein – auf Basis eines niedrigeren Steuersatzes und eines einfacheren und gerechteren Steuersystems.
(Abg. Drexler SPD: Machen Sie jetzt bei der Mehrwertsteuererhöhung mit oder nicht? – Glocke des Präsidenten)