Ulrich Noll
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Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Gerechtigkeit wird mir in letzter Zeit ein bisschen zu häufig und in allen Politikfeldern genannt,
ein bisschen mit der Suggestion, Gerechtigkeit hieße: Alles kann man gleichermaßen gestalten. Ich bin dankbar, dass Sie so formuliert haben, dass es nicht um Gleichheit für alle geht, sondern um Chancengerechtigkeit für alle. Ich bin in der Tat der Meinung, dass sich Freiheitschancen für Menschen, insbesondere für junge Menschen, sehr, sehr viel früher entscheiden, dass sich sehr viel früher entscheidet, ob es diese Chance auf ein freies selbstbestimmtes Leben geben wird, als viele der Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker, die ich gerade hier links im Blickfeld habe, in der Vergangenheit diskutiert haben.
Ich sage Ihnen: Ich habe es satt, diese ewig rückwärts gewandten Diskussionen über Stundenzahlen usw. zu führen,
sondern ich sage: Ich bin froh, dass wir es inzwischen schaffen, Bildungspolitik als integralen Bestandteil zusammen mit Familienpolitik zu betrachten, denn die Chancen entstehen da, wo Kinder in unterschiedliche familiäre Situationen hineingeboren werden. Da sind in der Tat unterschiedliche Situationen vorhanden. Deswegen glaube ich, dass wir diese beiden Politikbereiche in Zukunft sehr viel stärker gemeinsam bedenken müssen.
Schon vor Eintritt in den Kindergarten ist das, denke ich, ganz entscheidend wichtig, übrigens nicht nur was die intellektuelle Entwicklung von Kindern betrifft, sondern auch was die gesundheitliche Entwicklung von Kindern betrifft.
Wir wissen, dass Kinder, die schon in ihrer Babyphase falsch ernährt werden, lebenslang ein Problem haben werden, nicht nur zum Beispiel mit dem Thema Übergewicht. Deswegen ist es zwar richtig, in der bildungspolitischen Debatte das Thema „Sprachfähigkeit und Lernfähigkeit“ zu betonen, aber manchmal kommt mir das Thema „Mehr Bewegung, andere, gesündere Ernährung“ ein bisschen zu kurz.
Dies alles gemeinsam zu bedenken wird zukünftig unsere Aufgabe sein. Deshalb gilt es, Familien von Anfang an zu stärken. Das betrifft natürlich die finanziellen Rahmenbe
dingungen. Da bekleckert sich die große Koalition nicht gerade mit Ruhm, wenn sie versucht, alle möglichen Ziele durch familienpolitische Neuorientierung bis hin zur Umerziehung zu erreichen. Wenn man das Bundeserziehungsgeld bekommen will, müssen beide Elternteile nachweislich für eine bestimmte Zeit aus dem Berufsleben ausscheiden. Das halte ich für ein klassisches Umerziehungsprogramm, das im Grunde genommen den Familien keine wirkliche Wahlfreiheit bietet, sondern neue Gängelung bedeutet.
Aber für uns als Land wird es gemeinsam mit den Kommunen wichtig sein, Familien in der Erziehungsfähigkeit zu stärken. Das beginnt natürlich spätestens dann, wenn es darum geht, Wahlfreiheit für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen. Da gibt es nicht den einen einzigen Königsweg, aber ein ganz wichtiges Element – das zeigt uns auch der Blick in die Nachbarländer – ist eben die Bereitstellung eines qualitativ und quantitativ ausreichenden Betreuungsangebots, und dies über alle Altersstufen hinweg.
Da hat es in der Tat ein Defizit gegeben. Wir haben zusammen mit den Kommunen – insbesondere die Kommunen haben das getan – für 100 % der Drei- bis Sechsjährigen Angebote – quantitativ gesehen – zur Verfügung gestellt. Aber dann kam der Bruch beim Übergang auf die Schulen. Deswegen ist diese Intention, den Anteil von Ganztagsschulen über alle Altersstufen hinweg – übrigens auch über alle Schularten hinweg – auszubauen, der richtige Ansatz.
Wenn Sie sagen, wir hätten überhaupt nichts getan, dann darf ich schon einmal daran erinnern, dass während der großen Koalition hier im Land nicht eine einzige Ganztagsschule dazugekommen ist,
während wir seit 1996 massiv ausgebaut haben. Wenn Sie sagen, wir hätten im Kindergartenbereich nichts erreicht, dann darf ich Sie schon einmal daran erinnern, dass wir, was Ihnen zwar nie so ganz gefällt, worüber wir aber sehr froh sind, aus Landesmitteln massiv in zusätzliche Sprachförderungen einsteigen konnten,
die – zugegebenermaßen – zu wenig waren, die aber einmal ein Anfang waren. Aber jetzt haben wir eine integrierte Sprachförderung, die nicht erst im letzten Kindergartenjahr erfolgt,
sondern in die gesamte Kindergartenerziehungszeit integriert wird. Diese Sprachförderung wird übrigens auch dadurch unterstützt, dass wir die HSL-Maßnahmen – die Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfen –
nicht nur in den Grundschulen, sondern künftig auch in den Kindergärten möglich machen.
Wir sind auf dem richtigen Weg. Es gilt aber in der Tat, diese Angebote weiter auszubauen, und zwar nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ.
Dem dient unser Orientierungsplan, den wir jetzt gemeinsam mit den Kommunen umsetzen müssen
und nicht immer schlechtreden dürfen. Wir müssen wirklich daran gehen, die Frage zu lösen: Wie können wir neue Chancen für Menschen – für junge Menschen, Kinder und die Familien – in unserem Land schaffen? Das wird bedeuten, dass wir nach dem Kindergartenalter neue Möglichkeiten eröffnen, sodass es auch beim Schuleintritt mehr Wahlmöglichkeiten gibt. Dazu werde ich in der zweiten Runde gern noch etwas ausführen.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie zuhören, kann ich versuchen, das eine oder andere zu beantworten.
Ich komme noch einmal auf die Frage zurück: Was heißt denn „gerechte Chancen“ bei diesem Thema? Das heißt, dass natürlich nicht alle den gleichen Weg einschlagen können, aber dass jeder die maximale Chance haben soll, seine individuelle Begabung zu entwickeln. Dafür ist es notwendig, unterschiedliche Wege zu ermöglichen. Über allem steht dabei für uns ganz zentral: kein Abschluss ohne Anschluss.
Das heißt, es gibt auch „Spätzünder“, die zunächst einmal eine berufliche Ausbildung absolviert haben und anschließend weiterkommen können.
Da sind wir im Land vorbildlich. Wir haben mit unserer Novellierung des Landeshochschulgesetzes bezüglich des Hochschulzugangs sogar noch eine Vervollkommnung dieses Konzepts erreicht, behaupte ich einmal. Danach kann man über die duale Ausbildung jetzt auch leichter ein Hochschulstudium aufnehmen. Also letztlich herrscht Durchgängigkeit an allen Stellen.
Ihr zweiter Vorwurf war, Herr Kretschmann: kein klares Konzept. Wir haben ein klares Konzept.
Nein, jetzt gestatte ich keine Zwischenfrage. Ich will die Fragen einmal beantworten.
Unser klares Konzept ist – im Gegensatz zu dem, was ich von Ihnen höre –, dass wir den Schulen, den Lehrern, den Schulleitern, den Kommunen als Schulträgern vor Ort mehr zutrauen als Sie. Denn Sie tun so,
als würden die Geld für Blumentöpfe ausgeben, anstatt es in etwas Sinnvolles zu investieren.
Nein, jetzt nicht.
Nächste Frage: Lehrerstellen. Ich bin froh, dass wir über die k.w.-Vermerke die Möglichkeit haben, statt Stellen zu finanzieren, Geld zu geben. Denn ich bin in der Tat der Meinung, dass es je nach den unterschiedlichen Bedürfnissen vor Ort möglich sein muss, zu sagen: Ich brauche nicht den Englischlehrer, sondern ich brauche einen Schulsozialarbeiter. Das heißt, wir wollen insgesamt auf Schulbudgets übergehen.
Das kann ich eben nur so machen, indem ich statt Lehrerstellen, die k.w.-Vermerke haben, das Geld herübergebe. Es ist die klare Botschaft, dass wir die Ressourcen im Bildungswesen erhalten wollen.
Wenn sich dann vor Ort Chancen bieten, dass man mit diesem Geld nicht eine Lehrerstelle, sondern ein Vielfaches an bürgerschaftlichem Engagement zusätzlich gewinnen kann – und die Rückmeldungen sind ja in der Tat positiv,
die IHK garantiert 5 000 Betreuungsstunden –, dann ist es, sage ich, fast unverschämt, dies ständig zu diskreditieren
und zu sagen: Sie können das nicht. Sie können es sehr wohl.
Es ist ein Wert an sich, wenn sich Schule künftig für die Gesellschaft öffnen kann, übrigens auch für die Eltern, da, wo sie es können und wollen.
Damit kann man vielleicht ein Stück weit an die Elternhäuser herankommen, um die es letztlich geht.
Ich weiß nicht, von welchem Antrag Sie reden.
Es geht jetzt darum, dass wir die klare Botschaft ausgesandt haben, dass wir vor Ort bedarfsgerechte Lösungen möglich machen. Es geht darum, dass wir an den Schulen mit besonderem sozialpädagogischem Bedarf eine klare Zusage bezüglich mehr Lehrerstellen je nach Schulart haben.
Herr Kretschmann, Sie sollten auch einmal zur Kenntnis nehmen, dass jede Schule und jede Schulart die Möglichkeit haben wird, jahrgangsübergreifende Klassen zu bilden, Schüler unterschiedlicher Jahrgangsstufen je nach individueller Möglichkeit gemeinsam lernen zu lassen und damit eine individuelle Förderung möglich zu machen. Das alles sind Elemente, die wir jetzt eher ermöglichen als in der Vergangenheit. Das sollten Sie einfach einmal akzeptieren.
Im Gegensatz zu Ihnen schnüren wir nicht ein Einheitskorsett für alle, sondern lassen mehr Freiheit zu.
Das sollten Sie nicht ständig madig machen.
Sie diskutieren Bildung immer nur anhand der Zahlen von Lehrerstellen.
Ich würde mir wünschen, dass wir einmal darüber reden, wie wir mehr Bildung für das gleiche Geld bekommen. Da lohnt es sich doch, eine Qualitätssteigerung anzustreben.
Letzte kleine Anmerkung: Wir werden nachher auf unser langes, langes Drängen hin das so genannte Bruttokostenmodell im Privatschulbereich umsetzen.
Es gefällt Ihnen nicht, dass wir diesen Fortschritt erzielt haben. Sie sollten ihn beklatschen, weil damit auch in der Ganztagsbetreuung die für einen Schüler an einer öffentlichen Schule zu veranschlagenden Kosten steigen und damit eine Grundlage für die bessere Bezuschussung gegeben ist.
Das heißt, dass wir – übrigens haben private Schulträger häufig schon vorbildliche Konzepte entwickelt – mehr Wettbewerb um die besten Lösungen bekommen. Genau das wollen wir.
Sie sollten also nicht immer nur dumpf über die Zahl von Deputaten und Lehrerstellen diskutieren. Vor der letzten Wahl haben wir bezüglich Lehrerstellen Aussagen gemacht, die eingehalten wurden. Jetzt sagen wir: Nicht nur Lehrerstellen, sondern das Geld wird für Bildung zur Verfügung stehen. Das muss nicht ausschließlich in Lehrerstellen investiert werden.
Wir wissen alle – Herr Kretschmann, Sie sollten es nicht immer wiederholen –, dass wir selbstverständlich die pädagogische Konzeption brauchen, dass wir Profis brauchen und dass der Einsatz der Profis durch bürgerschaftliches Engagement nur ergänzt und bereichert werden kann.
Lesen Sie doch einmal nach, was wir bezüglich zusätzlicher Lehrerstellen oder auch Geld in den unterschiedlichen Schulformen, auch an Grundschulen, beschlossen haben. Je nach Schulform werden zusätzliche Deputate – –
Nein. – Entweder wissen Sie es nicht, oder Sie wollen es nicht zur Kenntnis nehmen.
Jedenfalls sollten Sie aufhören, das alles madig zu machen, sondern mit uns gemeinsam vor Ort da, wo Sie Einfluss haben, als Schulträger, als kommunale Mandatsträger, darangehen,
das zu befördern, was die Eltern wirklich haben wollen: mehr und bessere Bildungs- und Betreuungschancen für ihre Kinder.
Ich möchte noch einmal darauf zurückkommen: Es ist immer das Gleiche: Sie machen aus einer bildungspolitischen Debatte, in der es um Chancen geht, eine reine Debatte über die Zahl von Lehrerstellen.
Das greift einfach zu kurz.
Jetzt will ich Ihnen noch etwas sagen: Sie sind ziemlich nervös. Warum? Weil der Ministerpräsident zu Recht nicht ständig irgendwelche Konzepte am grünen Tisch entwickeln lässt, sondern sich mit denen, die für den Betreuungsteil zuständig sind – und zwar im Kindergarten und in der Schule –, nämlich Vertretern der Kommunen, zusammengesetzt und gesagt hat: Lasst uns nicht ständig schwarze Peter hin- und herschieben, sondern lasst uns einmal gemeinsam eine langfristige Perspektive entwickeln, bei der man sich über die Finanzierung klar ist und bei der man sich, zum Beispiel bei der Fort- und Weiterbildung von Erzieherinnen, einigt. Dazu gab es ja am Anfang völlig unterschiedliche Vorstellungen, und dann hat man sich geeinigt.
Ich finde, es ist schon ein Wert an sich, dass wir nicht gegeneinander, sondern miteinander
und unter Beachtung des Konnexitätsprinzips – auch darüber sollte man einmal nachdenken – vorgehen
und nicht wie der Bund irgendwelche Programme machen und dann sagen: „Schaut einmal, wie ihr damit zurechtkommt“, sondern eine langfristige Perspektive aufzeigen,
damit alle, die gemeinsam Verantwortung tragen, auch gemeinsam Konzepte entwickeln können.
Punkt 2: Was Sie gerne Chaos nennen, heißt für mich schlicht und einfach: mehr ermöglichen, mehr Vielfalt zulassen.
Ich weiß schon, dass Sie in allen Bereichen gern alles planwirtschaftlich vorgeben, damit es überall gleich geregelt werden soll.
Nein: Ganztagsschule wird in Biberach möglicherweise anders funktionieren müssen als in Stuttgart-Mitte.
Das müssen Sie halt einmal zur Kenntnis nehmen. Verantwortlich vor Ort ist der Schulträger – das ist nun einmal die Kommune –, sowohl was das Raumprogramm anbetrifft als auch das pädagogische Konzept. Der Leiter der Schule entscheidet unter Einbeziehung der Eltern, wie das pädagogische Konzept entwickelt und umgesetzt wird. Das ist für mich kein Chaos, sondern endlich einmal Freiheit für eigenverantwortliche Entscheidungen der Schulen vor Ort.
Wenn Sie fordern, Strukturen seien zu verändern, sage ich Ihnen einmal, was ich letzthin von einem Lehrer gehört habe. Nach der Bildungsplanreform und allem, was wir da gemacht haben, meinte er: „Jetzt hört endlich einmal mit den strukturellen Änderungen auf, und lasst uns auf dieser Basis einmal etwas entwickeln!“ Denn wer einen Acker ständig umpflügt, wird nicht irgendwann einmal ernten können. Jetzt müssen wir uns einmal die Zeit nehmen, das wachsen und sich entwickeln zu lassen.
Letzter Punkt: Es ist wieder typisch, dass Ihnen die Phase, in der sich Bildungschancen entscheiden – nämlich schon lange vor dem Schuleintritt –,
heute offensichtlich kein Thema wert ist. Ich finde, dass es richtig ist, wenn wir der Implementierung des Orientierungsplans in die Kindergartenarbeit jetzt gemeinsam mit den Kommunen verstärkt Aufmerksamkeit widmen. Auch da bitte ich Sie, einmal zur Kenntnis zu nehmen: Nicht nur die Erzieherinnen, die einen wissenschaftlichen Begleiter an ihrer Seite haben, setzen den Orientierungsplan um. Damit diskreditieren Sie eine ganz große Zahl hoch motivierter Erzieherinnen und Erzieher.
Wenn Sie im Wahlkreis unterwegs sind, Kollege Kretschmann, werden Sie feststellen, dass zum Beispiel in Neckartailfingen der Bürgermeister zusammen mit den Eltern und der Verwaltung externe Beraterinnen vom KVJS geholt hat und die Umsetzung des Orientierungsplans bei der Bedarfsentwicklung mit beschleunigt hat. Sie sehen: Da passiert sehr viel mehr, als Sie mit Ihren immer nur auf bestimmte Zahlen fixierten Diskussionen hier erreicht haben.
Ich bin froh, dass wir die Familienpolitik und die Bildungspolitik vor Ort sehr viel besser gestalten können, als Sie es sich in der Vergangenheit vielleicht vorgestellt haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der Kollege Klenk den Inhalt des Gesetzes so wunderschön dargestellt hat, will ich das nicht wiederholen. Ich schließe mich dem an, dass es eine sinnvolle Nachvollziehung der Verwaltungsstrukturreform ist mit Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände und Errichtung des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales. Es geht um die personelle Besetzung der Fachausschüsse in den Werkstätten für behinderte Menschen. Dies erscheint uns allen sachgerecht und ist übrigens auch zwischen den Trägern völlig unstrittig. Deswegen freue ich mich, dass wir an dieser Stelle eine Folge der Verwaltungsstrukturreform positiv beschließen können. Offensichtlich sind sich da alle einig.
Ich schließe mich dem an, was der Kollege Staiger gesagt hat: dass wir im Bereich der Eingliederungshilfe den Kommunalverband für Jugend und Soziales als einen der originären Ansprechpartner ansehen, wenn es um konzeptionelle Weiterentwicklungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen geht. Es ist ein Teil dieses Gesetzentwurfes, den Kommunalverband zur Durchführung von Landesprogrammen zur Förderung kommunaler Aufgaben zu ermächtigen, die im fachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben stehen, die das Gesetz definiert.
Deshalb stimmt die FDP/DVP-Landtagsfraktion dem Gesetzentwurf uneingeschränkt zu.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will auch nicht wieder die Kritik an der Kritik, die wir jetzt schon mehrfach in der ersten Lesung und im Ausschuss geäußert haben, wiederholen, sondern sagen: Lasst uns nach vorne schauen und sagen: Jetzt haben wir endlich das, was wir angestrebt haben.
Den einen ging es zu langsam, anderen geht es zu schnell. Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft hat gesagt, man hätte sich noch mehr Zeit lassen sollen. Ich behaupte einmal: Dann lagen wir wohl richtig. Das Ministerium, die Experten, alle Beteiligten haben zusammengearbeitet und im Einzelfall natürlich auch Bedenken an der einen oder anderen Stelle zu Recht angemeldet, die aber insgesamt doch hinter dem gemeinsamen Ziel zurückgestellt worden sind, das da lautet: Zunächst einmal Verbesserungen für die Menschen in unserem Land.
Ich behaupte, das Landesregister bringt eine Verbesserung, weil es eben alles das enthält, was zur Krebsentstehung und Krebstherapie an zusätzlichen Möglichkeiten in der Forschung, in der Rückmeldung an die behandelnden Ärzte notwendig ist und einen echten Mehrwert für die Menschen in unserem Land, die von solchen Krankheiten betroffen sind, bringen wird.
Bei einem solch sensiblen Thema ist selbstverständlich extrem wichtig, dass Menschen, die mit einer solchen Krankheit zu kämpfen haben, sicher sein müssen, dass man mit
ihren Daten sehr, sehr sensibel umgeht. Es ist halt nun einmal noch so, dass man doch das eine oder andere an Vorbehalten hat. Deswegen halte ich auch die Bürokratie, die aufgrund des Datenschutzes und damit des Patientenschutzes notwendig ist, an dieser Stelle, auch wenn man sonst Bürokratie ablehnt, für noch vertretbar. Ich glaube, dass wir einen guten Kompromiss gefunden haben zwischen bürokratischen Lasten, die natürlich denen, die damit umzugehen haben, auferlegt werden, und dem Schutz der Daten von Versicherten, um die es ja letztendlich geht.
Ganz am Schluss möchte ich eine kleine Kritik anbringen, die aber nicht wirklich ernst gemeint ist, weil ich weiß, dass es nicht anders möglich war. Ich meine den letzten Satz des Berichts über die Ausschussberatung, der die Kostenaufteilung betrifft. Üblicherweise haben wir uns immer vorgenommen, wenn wir Gesetze beschließen, dass wir ganz klar Kosten benennen und auch sagen, wer sie zu bezahlen hat. Das war hier in dieser Form nicht möglich. Es wird weiterer Verhandlungen bedürfen, wobei klar ist, dass die Kostenträger, also Krankenkassen, Selbstverwaltung, Ärzteschaft, natürlich ihren Teil beizutragen haben, vor allem da, wo es um den klinischen Teil, also um den Behandlungsteil, geht, dass aber selbstverständlich das Land in der Pflicht ist, wo es um den rein epidemiologischen Teil dieses Gesetzes geht. Wie immer, wenn es sich um Mischfinanzierungen handelt, ist die Aufteilung schwierig. Jeder versucht, einen Teil der Kosten auf den anderen abzuwälzen.
Aber ich glaube, auch da dürfen wir optimistisch sein und unserer Ministerin Vertrauen schenken, dass sie moderierend eine faire Kostenaufteilung auf der Grundlage des jetzt gefundenen Gesetzentwurfs finden wird und damit den Weg frei macht, damit das Ziel wirklich erreicht wird, das wir erreichen wollen, nämlich eine Verbesserung für alle, die mit dem Thema Krebserkrankung zu tun haben: die Betroffenen, die Ärzte, die Krankenkassen und letztendlich wir alle, die wir für die gesundheitlichen Strukturen in diesem Land verantwortlich sind.
Wir werden selbstverständlich zustimmen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dankbar, dass wir, nachdem wir gestern eher den wirtschaftlichen Aspekt einer alternden
Gesellschaft beleuchtet hatten, heute mehr den gesellschaftspolitischen Aspekt gemeinsam beleuchten können.
Ich darf sagen: Älter werden in Baden-Württemberg macht Spaß. Ich gehöre ja seit kurzem auch zu denen, lieber Kollege Seimetz, die über 60 Jahre alt sind.
Wir sind in Baden-Württemberg auch Spitze, was die demografische Entwicklung anbetrifft. Baden-Württemberg ist das jüngste Bundesland, aber auch das Bundesland mit der höchsten Lebenserwartung. Das sollte man schon einmal zur Kenntnis nehmen. Das reklamiere ich nicht für die gute Politik der Koalition.
Aber das spricht natürlich dafür, dass in Baden-Württemberg zunächst einmal nicht so furchtbar schlechte Bedingungen für das Älterwerden bestehen.
Wir sollten bei diesem Thema die Chance sehen, nicht einfach nur mehr Lebensjahre, sondern auch mehr positives Leben in diesen Jahren zu gewinnen, und nicht nur, wie dies häufig geschieht, die Defizite und die Risiken diskutieren.
Das klassische Beispiel ist die von Müntefering geforderte Erhöhung der Lebensarbeitszeit, wofür es auch Zustimmung gibt. Ich sage Ihnen einmal eines: Selbstverständlich muss man bei der demografischen Entwicklung die Relation von Ausbildungszeit, Erwerbslebenszeit und Rentenlaufzeit neu austarieren. Aber wir müssen künftig von der unseligen Diskussion, bei der alles immer nur an Altersgrenzen festgemacht wird, wegkommen. Ich stehe wirklich dazu: Wer 45 Jahre lang gearbeitet hat, muss die Möglichkeit haben, seine Rente in Anspruch zu nehmen, und zwar unabhängig von einer Altersgrenze. Das heißt, wenn jemand mit 15 Jahren schon angefangen hat, zu arbeiten, kann er die Rente eben schon mit 60 Jahren in Anspruch nehmen, und wenn er mit 20 Jahren angefangen hat zu arbeiten, kann er sie mit 65 Jahren in Anspruch nehmen. Es sollte aber nicht diese fallbeilartigen Altersgrenzen geben.
Wir sollten künftig einmal darauf schauen. Jemandem, der nach einem Studium erst mit 30 Jahren in das Berufsleben eintritt, ist etwas anderes zuzumuten – das müssen wir auch mit Blick auf die Landesverwaltung sagen – als jemandem, der zum Beispiel mit 16 Jahren nach der beruflichen Ausbildung ins Berufsleben eingestiegen ist. Letzterem können wir doch nicht erzählen, dass er bis zum Alter von 67 Jahren arbeiten soll.
Trotzdem müssen wir, glaube ich, den Menschen ehrlich sagen, dass da Veränderungen auf sie zukommen werden.
Nächster Punkt: Auch in der landespolitischen Diskussion neigen wir dazu, zunächst einmal die Defizite, die selbstverständlich mit dem Alter auf jeden zukommen, zu thematisieren. Dabei appelliere ich an uns alle, auch in der Wortwahl ein bisschen aufzupassen. Zwar ist es in der Tat so, dass sich bestimmte Merkmale der Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter verändern, aber doch nicht so, dass man in der Summe sagen muss, dass man dann nichts mehr wert sei und zum alten Eisen gehöre. Gerade dann entstehen doch Kompetenzen: Lebenserfahrung, Gelassenheit im Umgang mit Problemen und die aufgrund langer Lebenserfahrung gewonnene Fähigkeit, das Wichtige vom Unwichtigen vielleicht schneller unterscheiden zu können, als junge Menschen dies können. Das darf man nicht gegeneinander ausspielen. Vielmehr müssen wir die positiven Aspekte, die ältere Menschen in unsere Gesellschaft, übrigens auch in die Wirtschaft, einbringen können, sehr viel stärker in den Vordergrund stellen. Da ist schon etwas dran. Das ist häufig noch nicht in den Köpfen angekommen.
Zu dem Thema, das wir gestern besprochen hatten: Frau Altpeter, es ist halt nicht so, dass sich die Landesregierung diesem Thema nicht stellen würde.
Selbstverständlich stellt sich die Frage, ob man als Arbeitnehmer ab 50 Jahren zum alten Eisen geworfen wird, zunächst einmal in den Betrieben. Da stehen wir auch zu dem, was die Kollegin Berroth gestern gesagt hat: Nicht alles auf den Staat abdrücken, sondern da sind natürlich auch die Betriebe gefordert.
Trotzdem hat unser Wirtschaftsminister schon seit längerem die Programme zur Fort- und Weiterbildung „50 plus“ für Männer und „45 plus“ für Frauen in Millionenhöhe, teilweise finanziert aus Stiftungsmitteln, aufgelegt. Wir tun also etwas. Es ist nicht so, dass wir dieser Entwicklung tatenlos zusähen.
Zweitens darf ich das Thema Chancen, das in der Wirtschaft vielleicht noch nicht wirklich wahrgenommen worden ist, stärker in den Blickpunkt rücken. Wenn man zum Beispiel weiß, dass die älteren Menschen natürlich auch ein hohes Kundenpotenzial darstellen, muss man doch seine gesamten Dienstleistungen, seine Angebote so gestalten, dass sie künftig auch für ältere Menschen attraktiv sind. Ich darf sie nicht „Seniorenangebote“ nennen. Dann geht keiner hin. Aber das beginnt mit Fragen wie: Wie breit sind die Gänge? Biete ich zwischendurch in einem Supermarkt oder in einem Einkaufsladen einen Platz, wo man sich hinsetzen kann? Dies alles sind konkrete Beispiele, bei denen wir gemeinsam darauf hinwirken müssen, die Chancen, die da an Kaufkraft vorhanden sind, herauszukitzeln, indem wir uns diesen neuen Bedingungen stellen.
Übrigens haben von all diesen Veränderungen im Denken nicht nur ältere Menschen, sondern auch jüngere Menschen, zum Beispiel natürlich auch Familien, einen Vorteil. Denn wenn wir im öffentlichen Personennahverkehr und im Wohnungsbau an das Thema Barrierefreiheit denken, ist festzustellen, dass wir auch da gehandelt haben. Frau Altpeter,
Sie wissen, dass wir auch im privaten Wohnungsbau in Zukunft zumindest den barrierefreien Zugang vorschreiben. Dies kommt langfristig allen zugute; denn wenn jemand ein Haus gebaut hat und später aus dem Grund nicht ausziehen und in ein Pflegeheim gehen muss, weil er rechtzeitig an die Barrierefreiheit gedacht hat,
sind die vielleicht zunächst einmal höheren Kosten sehr, sehr schnell wieder hereingeholt.
Was die Frage „Einbinden von bürgerschaftlichem Engagement Älterer“ betrifft, tut es mir manchmal schon weh, wenn ich die Diskussionen in der letzten Zeit zum bürgerschaftlichen Engagement in der Betreuung und in der schulischen Bildung verfolge und sehe, wie beispielsweise der Vorschlag lächerlich gemacht wird, dass auch Großeltern ihre Bereitschaft erklären könnten, im Mensaverein mitzumachen. Da wird das „schöne“ Bild aufgebaut, da solle das alte Mütterchen noch gezwungen werden, für die Kinder zu kochen. So ein Quatsch!
Wenn Sie in so einen Mensaverein einmal hineinsehen, können Sie manchmal nicht unterscheiden, welches eine Großmutter und welches eine Mutter ist. Daher ist an vielen Stellen neues Denken gefragt.
In der zweiten Runde werde ich dazu nochmals Beispiele geben.
Danke schön.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Altpeter, Sie zeichnen hier das Bild von einem schwarzen Loch. Ich will Ihnen den gelben Horizont aufzeigen.
Ich darf am bürgerlichen Engagement anknüpfen. Ich merke zurzeit, dass Sie dabei sind, alle Bemühungen, Bedingungen einerseits für die Betreuung von Kindern, andererseits für die Betreuung von Seniorenanlagen zu schaffen, madig zu machen und zu behaupten, dazu bräuchte man ausschließlich professionelle Kräfte.
Es ist doch hinderlich, den Leuten das Gefühl zu vermitteln, sie seien nicht qualifiziert genug, sich bürgerschaftlich zu engagieren.
Lassen Sie uns das doch gemeinsam vernünftig regeln. Selbstverständlich brauchen wir Professionalität in der Pädagogik und bei der Betreuung von alten Menschen. Aber das kann doch ergänzt werden,
und zwar positiv ergänzt werden durch bürgerschaftliches Engagement.
Demotivieren wir doch die Leute nicht.
Kollege Seimetz hat gesagt: Jeder Zweite – und das sind insbesondere die älteren Menschen – ist bereit, sich bürgerschaftlich zu engagieren.
Jetzt zum nächsten Thema: Wo können wir etwas tun? Wo können wir Strukturen schaffen? Hier wurde gesagt, wir sorgten uns nicht um eine wohnortnahe Versorgung. Aber was machen wir denn im Rahmen des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum? Was machen wir denn im Rahmen der Städtebausanierung?
Wir machen genau das: Wir setzen Mittel gezielt ein, um zum Beispiel Ortskerne wieder aufzuwerten und zu stärken, damit es für alle – für Junge und Ältere – wieder attraktiv ist, mittendrin im Ortskern statt außen vor zu leben und miteinander umzugehen.
Nächstes Thema: Wenn wir sagen – das ist von allen gesagt worden –, tendenziell sei es der Wunsch der älteren Menschen, so lange wie möglich im häuslichen Umfeld zu verbleiben –
das gelingt immer mehr –, dann muss es doch legitim sein, bisherige Regelungen, zum Beispiel in der Pflegeversicherung, aber auch bei dem, was das Land tut, einmal zu überprüfen: Kommen sie diesem Wunsch entgegen? Da ist das Erste, dass die Pflegeversicherung so, wie sie heute existiert, tendenziell in der Tat die stationäre Unterbringung bevorzugt. Deshalb müssen wir doch einmal darüber nachdenken, ob wir nicht da, wo zu Hause gepflegt wird – durch Angehörige oder durch Ehrenamtliche –, Leistungen umschichten. Da ist der Bund gefragt.
Nächstes Thema: Im Land haben wir die Pflegeheimförderung. Das ist ja das Reizthema für Sie, bei dem Sie von vornherein sagen, daran dürfe man gar nichts ändern. Jetzt sind wir aber alle der Meinung, dass die Menschen künftig zunehmend in ihrer eigenen Wohnung oder in neuen Wohnformen – in gemeinsamen Formen wie Wohngemeinschaften – betreut werden wollen.
Warum halten Sie dann so starr an einem Programm fest, das ausschließlich auf die klassischen Pflegeheime zugeschnitten ist? Es muss doch möglich sein, einmal darüber nachzudenken, ob wir damit nicht auch einseitig stationäre Strukturen, also Heime, unterstützen, anstatt ein bisschen mehr Hirnschmalz und dann auch Geld für die Entwicklung neuer Strukturen aufzuwenden.
Deswegen sind wir uns einig, dass wir da selbstverständlich nicht radikal aussteigen können, sondern einen Übergang brauchen, und dass es da auch noch bestimmte Zusagen gibt, dass wir aber mittelfristig – die Zahlen sind ja genannt worden – selbstverständlich auch über den Neuansatz von Mitteln da, wo andere möglicherweise entfallen können, gemeinsam nachdenken sollten. Das ist für mich ein sehr viel größeres Thema.
Das betrifft ja jetzt immer nur die baulichen Substanzen. Wenn es um die Pflegeheimförderung geht, dann meinen die Leute immer, wir würden irgendwelche Zuschüsse des Landes für die Betreuung zahlen. Das ist ja gar nicht so. Da geht es ausschließlich um den Bau von Häusern. Das muss man den Leuten einmal klar machen.
Ich glaube, wir im Land haben noch sehr viel stärker die Pflicht, gerade unter demografischen Gesichtspunkten zu fragen: Wo werden denn die jungen Leute herkommen, die bereit sind, künftig in der Betreuung von älteren Menschen, von Kranken und von behinderten Menschen zu arbeiten, wenn es immer weniger werden? Dafür müssen wir auch ein bisschen Hirnschmalz verwenden, wenn zum Beispiel der Zivildienst eine immer geringere Rolle spielt. Wir müssen dafür sorgen, dass junge Menschen überhaupt einmal mit sozialen Berufen in Kontakt kommen und überhaupt einmal sehen: Es kann vielleicht auch ein Beruf für mich sein, mich mit Menschen zu beschäftigen, anstatt meinen Arbeitsplatz am Computer zu suchen. Damit will ich nichts diskriminieren. Aber das Thema „Soziale Dienstleistung“ muss dazu führen, dass das attraktive Berufe für junge Menschen sind.
Das können sie nur erkennen, wenn sie überhaupt einmal in Kontakt damit kommen. Deswegen haben wir ganz bewusst – das wissen Sie – in solchen Bereichen wie dem freiwilligen sozialen Jahr eben nicht gekürzt. Das ist eine ideale Chance für junge Menschen, einmal erleben zu können: Wäre das etwas für mich, diesen beruflichen Weg einzuschlagen? Das wird nicht jeder und nicht jede machen; das ist überhaupt keine Frage. Aber dann hätten wir wirklich diejenigen sensibilisiert und herangeführt, die wir in Zukunft brauchen werden. Das Thema lautet also: Wie geht es weiter mit der Gewinnung von jungen Menschen, die dann auch bereit sind, diese Aufgaben zu übernehmen?
Die entstehenden Lücken können wir nicht durch Zuwanderung oder was auch immer auffangen. Es kann nicht sein, dass wir sagen: Dann holen wir uns das Personal aus irgendwelchen Ländern hierher.
Nein, dafür müssen wir gemeinsam hier im Land etwas tun.
Ich denke, wir haben da schon in der Vergangenheit – –
Ein Beispiel ist, dass wir entgegen dem, was Frau Altpeter immer behauptet, die Mittel für das freiwillige soziale Jahr nicht gekürzt, sondern sogar aufgestockt haben.
Sie sind doch diejenigen, die von der Bundesebene her den Zivildienst immer weiter zurückgedrängt und keinen Ausgleich dafür geschaffen haben.
Also noch einmal: Es gibt eine Vielzahl positiver Ansätze. Das Allerwichtigste ist meiner Meinung nach, dass man nicht ständig mit gegenseitigen Vorwürfen arbeitet, sondern wirklich einmal die positiven Seiten dieser Entwicklung herausstellt, dass wir alle – Gott sei Dank – immer älter werden und meistens ziemlich leistungsfähig und gesund älter werden können. Wir sollten nicht immer nur von den Problemen her diskutieren, sondern an alle, ob Jung oder Alt, appellieren – denn auch die Jungen werden irgendwann einmal alt;
sie denken häufig bloß noch nicht so daran –, dass wir gemeinsam miteinander eine neue Gesellschaft eines generationenübergreifenden Zusammenlebens und des sich gegenseitig Helfens anstreben. Wir sollten nicht immer nur nach dem Staat rufen, aber der Staat muss die Strukturen dafür bereithalten.
Dann werden wir, glaube ich, in Baden-Württemberg den positiven Trend bei der demografischen Entwicklung, den es hier bereits gibt, gemeinsam bewältigen können.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine typisch deutsche Diskussion, zunächst einmal immer die Probleme zu thematisieren, anstatt zu sagen, wo wir richtig gehandelt haben.
Wir haben richtig gehandelt, indem wir das Konnexitätsprinzip ernst genommen haben. Derjenige, der Aufgaben zu erfüllen hat, muss auch die Finanzmittel dafür bekommen. Deswegen sind wir von der Gruppenzuweisung – ursprünglich einmal Spitzabrechnung, an Personalkosten gebunden; dann pauschal an Gruppen gebunden – abgerückt und haben gesagt: Wir stellen jetzt um und geben die Gelder pauschal – insgesamt 400 Millionen € – an die Kommunen und übertragen denen, die ja ganz konkret die Verantwortung für die Familien in ihrem Ort haben, die Aufgabe, mit diesem Geld am örtlichen Bedarf entlang die notwendigen Angebote zur Verfügung zu stellen.
Das war damals pauschaliert, nur bezogen auf die Drei- bis Sechsjährigen – das war ja Historie –, aber es war immer klar, dass das nichts mehr mit der Zahl der Kinder zu tun hat, sondern dass das eine Pauschalzuweisung ist, die bei zurückgehenden Kinderzahlen – wenn vielleicht nicht mehr so viele klassische Kindergartenplätze für Drei- bis Sechsjährige benötigt werden, sondern für unter Dreijährige zusätzliche Angebote gemacht werden müssen – flexibel und je nach örtlichem Bedarf auch umgeschichtet werden kann, zum Beispiel für altersgemischte Gruppen, für Gruppen in Ganztagsbetreuung oder für andere mögliche Formen.
Dieser Schritt war also richtig: Konnexität beachten und Bedürfnisse vor Ort flexibler befriedigen können, und zwar durch die, die näher dran sind als jeder hier im Land, nämlich durch die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, denen die Eltern es auch direkt sagen können, wenn sie etwas tun, was nicht ihren Bedürfnissen entspricht. Das hat in vielen Fällen wunderbar und geradezu vorbildlich funktioniert, überhaupt keine Frage.
Nun gab es einen kleinen Bereich, nämlich den Teil, wo eben eine Einrichtung und deren Träger in einer anderen Stadt oder in einer anderen Gemeinde ansässig ist als in der, in der das Kind wohnt, das diese Einrichtung besucht. Auch da gab es in vielen Fällen das, was wir immer als eine Intention des Gesetzes genannt haben, nämlich dass man freiwillig zu einer Vereinbarung kommt und sagt: Wenn wir für dieses Kind bei uns in der Stadt keinen Platz vorhalten müssen, ist es doch ganz selbstverständlich, dass wir dafür der anderen Kommune, die den Platz mitfinanziert, einen Ausgleich bezahlen.
Auch das hat wunderbar und an vielen Orten funktioniert.
Nun gab es einen ganz kleinen Rest von Leuten – die Bezeichnung „störrisch“ ist für sie vielleicht ein bisschen übertrieben –, die aus Prinzip gesagt haben: Das lässt sich aber juristisch aus dem Gesetz nicht definitiv so ableiten, und solange ich nicht dazu gezwungen werde, werde ich keinen Ausgleich bezahlen. Das war der Punkt, an dem wir in der Tat sehr lange zugewartet haben, irgendwann aber doch gesagt haben: Wenn man offensichtlich gegen den Geist des Gesetzes handelt, vor allem auch gegen Wunschund Wahlrecht der Eltern und gegen das Gebot der Pluralität des Angebots – das natürlich immer schwierig zu konkretisieren ist, aber dem Sinn nach auch im Kinder- und Jugendhilfegesetz festgeschrieben ist –, müssen wir jetzt eben doch gesetzlich nachsteuern.
Das haben wir uns wirklich nicht leicht gemacht, weil wir das Grundprinzip der pauschalen Zuweisung, der Bedarfsplanung vor Ort und damit der Bündelung von Verantwortung und Finanzierung in einer Hand nicht durchbrechen wollten. Deswegen haben wir jetzt einen Kompromiss gefunden,
der zugegebenermaßen beiden Seiten nicht furchtbar schmeckt. Das ist überhaupt keine Frage. Auch die Träger müssen wirklich einmal zur Kenntnis nehmen, dass wir zumindest einen gesetzlichen Anspruch hineingeschrieben haben, der bisher eben nicht so konkret abzulesen war. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass es sich, was die Beträge, die man sich gegenseitig überweist, anbetrifft, um eine Verordnung handelt, bei der ausdrücklich gesagt wird, dass auch andere Vereinbarungen möglich sein müssen – das heißt höhere Beträge –, damit dies den tatsächlichen Kosten eher entspricht. Auch da kann man nur appellieren, dies auch ernst zu nehmen. Aber wenigstens ein Minimum an Anspruch muss es geben. Daher glaube ich, es ist ein Fortschritt, auch wenn er, wie dies bei allen Kompromissen der Fall ist, nicht alle voll befriedigen kann.
Ich bitte noch einmal sehr darum, zur Kenntnis zu nehmen, dass 99 % aller Fälle in der Regel völlig problemlos laufen
und wir durch diese Novellierung für das eine Prozent eine klare gesetzliche Pflicht eines wechselseitigen Ausgleichs definiert haben. Damit werden hoffentlich viele Probleme – sicherlich nicht alle, aber viele – bereinigt werden können.
Ich rufe alle auf, die vor Ort kommunale Verantwortung tragen, anzuerkennen, dass der über allem stehende Grundsatz, dass wir ein plurales Angebot wollen, selbstverständlich auch bedeutet: Subsidiarität hat zu gelten, wo ein freier Träger ein Angebot macht. Wenn er nachweisen kann, dass Bedarf da ist – es ist keine Frage: es muss verhältnismäßig sein –, muss der freie Träger natürlich Vorrang vor staatlicher, kommunaler Erledigung haben, weil nur damit das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern in Bezug auf unterschiedliche Betreuungsformen garantiert werden kann.
Insbesondere wichtig war uns das Problem – gerade an diesem Beispiel hat es sich ja entzündet –, dass die Stadt Stuttgart gesagt hat: „Wie kämen wir dazu, für Eltern aus der Umgebung, die ihr Kind in betriebsnahe Einrichtungen in Stuttgart bringen, die Kosten mitzutragen?“ Dabei wurde ein bisschen unterschlagen – auch das muss man der Ehrlichkeit halber sagen –, dass in den pauschalen Zuweisungen auf Basis des Jahres 2002 auch für Kinder, die schon damals von außerhalb nach Stuttgart kamen, bereits Geld in der Pauschale enthalten war.
Sie sehen daran: Das ist so diffizil, dass da eine Einzelfallgerechtigkeit nie erreicht werden kann. Vielmehr müssen wir darauf vertrauen, dass man mit diesen Regelungen verantwortungsvoll umgeht: Subsidiarität, sprich wenn ein freier Träger ein Angebot macht – sei es ein betriebsnaher, sei es ein Waldorf-, sei es ein Waldkindergarten –, hat Vorrang; und damit berücksichtigt man selbstverständlich auch das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern, soweit es verhältnismäßig ist. „Verhältnismäßig“ heißt eben: Wenn ich als Mutter oder Vater in meinem Wohnort keine Ganztagsbetreuung, keine Ganztagsgruppe vorfinde, die für mein Kind einen Platz anbietet, wenn ich meiner beruflichen Tätigkeit nachgehen muss, dann ist es mein Anspruch, dass ich in der Gemeinde, in der ich arbeite, sofern es dort ein solches An
gebot gibt, einen Platz zur Verfügung gestellt bekomme, und dass man sich da gegenseitig einen Ausgleich bezahlt.
Wer jetzt von kommunaler Seite behauptet, das würde die ganze Systematik völlig aus den Angeln heben, der sieht die Realitäten nicht mehr. Wie viele Eltern haben denn ein originäres Interesse daran, ihre Kinder in einen Kindergarten außerhalb ihrer Wohnortgemeinde zu bringen? Das sind doch wirklich die Ausnahmen, die jedoch, wenn – ob aus Arbeitsgründen oder sonstigen Gründen – Bedarf besteht, selbstverständlich möglich sein müssen.
Aber das wird doch nicht die ganze Systematik völlig über den Haufen werfen.
Also noch einmal: Wir haben eine Regelung gefunden, die wie immer, wenn man nachsteuert, kritisch hinterfragt werden kann.
Ich glaube aber, dass wir mit diesem Kompromiss eine vertretbare Lösung für beide Seiten, nämlich die Trägerseite und die kommunale Seite, gefunden haben, die nichts aus den Angeln heben wird, die aber insbesondere – und das ist uns eben wichtig – den Eltern nützt. Denn was nützen den Eltern die Diskussionen zwischen den kommunalen und den freien Trägern, wenn sie letztlich nicht die Angebote erhalten, die sie brauchen? Darum ging es uns; und hier konnten wir nicht mehr länger warten.
Damit darf ich, glaube ich, diesen Teil abschließen. Wir haben es uns ja wirklich nicht leicht gemacht.
Übrigens – auch darauf darf man schon auch noch einmal hinweisen – sind die Beträge in einer früheren Runde zwischen dem Paritätischen Wohlfahrtsverband als Vertreter der freien Träger und den kommunalen Landesverbänden schon einmal als Richtbeträge so vereinbart worden. Wenn man also jetzt wieder kommt und sagt: „Das ist aber völlig unzureichend“, sage ich: Klar, das war auch damals schon ein Kompromiss.
Ich glaube, wir haben die Basis dafür gelegt – ich habe ein positives Menschenbild, auch was die Gemeinderätinnen, Gemeinderäte und Bürgermeister anbetrifft –, dass, wenn man gutwillig ist, man endlich, Herr Kübler, da, wo es noch Probleme gibt, mit diesem gesetzlichen Druck jetzt noch ein bisschen mehr Rückenwind geben kann, damit konkret anstehende Probleme gelöst werden.
Es ist wichtig, darüber hinaus nicht aus den Augen zu verlieren, dass Bedarfsplanung nicht heißt, dass man 1 : 1 pro Kopf planen muss, sondern dass man das selbstverständlich flexibel handhabt. Das geht doch jedem Bürgermeister so:
Er weiß doch nicht, wie viele Kinder zuziehen. Ich kann doch nicht aufs einzelne Kind genau eine Bedarfsplanung machen. Wir wissen doch, dass das immer mit einer gewissen Pauschalierung verbunden ist. In diese Pauschalierung kann man dann einberechnen, wenn Kinder in einen auswärtigen Kindergarten oder eine auswärtige Einrichtung gehen. Diese Kinder kann man natürlich dann aus der kommunalen Bedarfsplanung herauslassen; das ist überhaupt keine Frage. Ich betone das, weil da immer wieder gefordert wird, die Kommunen müssten dann trotzdem auch für diese Kinder einen Platz vorhalten. Das ist nicht so. Das geht natürlich in die Bedarfsplanung ein. Ich rate da also zu etwas mehr Gelassenheit.
Wenn ich, was die finanziellen Dimensionen betrifft, einen Bürgermeister aus meinem Wahlkreis frage, wie viele Kinder es bei ihm betrifft, und wenn ich mir von ihm ausrechnen lasse, wie viel dies in der Summe bei ihm ausmacht, dann sagt er, bei ihm sei dies natürlich kein Problem.
„Bei mir stellt es natürlich finanziell und quantitativ kein Problem dar“, das sagen fast alle. Also sollte man das Thema auch nicht so aufbauschen, sondern es da, wo es gut läuft, positiv sehen.
Lassen Sie mich noch kurz auf den zweiten Teil, zur Frage „Soll Erzieherinnen generell das Tragen eines Kopftuchs untersagt werden?“, zu sprechen kommen. Ich konnte die Debatte jetzt leider nicht verfolgen.
Das wurde noch nicht behandelt? Dann machen wir eine zweite Runde.
Danke schön erst einmal.
Frau Präsidentin! Ich schicke voraus: Ich bin kein Jurist. Wir haben drei juristische Meinungen: Grün sagt: „Ihr könnt es überhaupt nicht verbieten.“ Rot bringt ein Gutachten und sagt: „Ihr könnt es verbieten, aber es müssen Ausnahmen möglich sein.“ Unser Gutachter sagt: „Wenn ihr es verbietet, müsst ihr es generell verbieten.“ Wir haben also drei verschiedene Meinungen. Da kann ich noch so viele Experten einladen – sie werden sich gegenseitig nicht überzeugen. Spätestens dann muss ich mit dem gesunden Menschenverstand herangehen und fragen: Was wollen wir eigentlich?
Wir wollen, wie im Schulgesetz, den Kindern – wenn wir den Kindergarten als Bildungseinrichtung betrachten – möglichst ein Gesellschaftsbild vermitteln, das sie nachher zur Integration befähigt,
beispielsweise zur Teilnahme am Schwimm- oder Turnunterricht oder an Schulausflügen. Weil wir nicht möchten, dass die Kinder möglicherweise in einem falschen Sinne beeinflusst werden – das war ja der Hintergrund –, wollen wir das Kopftuch, weil es Ausdruck einer falsch verstandenen Stellung der Frau in unserer Gesellschaft sein kann, in dieser sensiblen Phase generell nicht in einer Bildungseinrichtung haben.
Wenn wir das schon aufgrund eines Einzelfalls, bei dem es offensichtlich tatsächlich zu Streitereien gekommen ist, regeln müssen, dann wollen wir es generell regeln, sonst wird der Streit nämlich letztendlich immer wieder vor Ort ausgetragen.
Das war der Grund, weshalb man das auch beim Schulgesetz so gemacht hat. Man hat gesagt, es stört den Schulfrieden, wenn dieser Konflikt jeweils wieder neu ausgetragen wird.
Dann kann man das Verbot gleich lassen und kann die Entscheidung jedem Einzelnen überlassen.
Noch einmal: Schön finde ich es nicht. Mir wäre es lieber gewesen, das wäre ganz selbstverständlich geregelt worden. Es gab einen Einzelfall – so entstehen ja Regelungsbedarfe –, in dem uns die Kommune gesagt hat: „Ihr müsst etwas tun.“ Dann mussten wir uns damit beschäftigen. Jetzt haben wir unterschiedliche Standpunkte.
Der politische Wille ist klar: Wir wollen ein klares Signal für Integration und gegen integrationsfeindliche Symbole in unseren Kindergärten setzen. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Ich bin halt auch sozial- und gesundheitspolitischer Sprecher, nicht nur Fraktionsvorsitzender. Ich mache dies auch gerne, aber ich versuche es jetzt kurz zu machen.
Wenn man weiß, wie der Entwicklungsprozess dieses Gesetzes war, und wenn man berücksichtigt, welche Mühe sich die Damen und Herren, von denen einige hier sitzen, wahrhaftig gemacht haben – die Bedenken der ATO, die Sie zitiert haben, stammen aus einer Zeit, bevor das zum Teil in das Gesetz übernommen wurde –,
dann schmerzt es schon. Ich finde das, was Sie tun, Frau Kollegin Haußmann, ein bisschen unfair. Lassen Sie mich jedenfalls sagen: Das sind mit Sicherheit selbst für einen Fachabgeordneten nicht ganz einfach zu überblickende gesetzliche Regelungen – das ist einfach so –, umso weniger für diejenigen, denen Sie jetzt möglicherweise vormachen wollen, wir würden ein falsches Gesetz verabschieden.
Ich erinnere mich noch gut daran, dass Sie, obwohl das vormalige epidemiologische Krebsregister seine Aufgaben nicht erfüllen konnte – weil die Meldequote nicht ausreichend war und, und, und –, Zeter und Mordio geschrien haben. Jetzt hat man sich Zeit gelassen, ein epidemiologisches und ein klinisches Krebsregister zusammenzuführen und damit sozusagen einen Mehrwert zu schaffen. Epidemiologisch heißt, ich schaue nur: Wo ist etwas passiert? Klinisch heißt, ich frage noch: Warum ist etwas passiert? Was hat man ge
macht? Wie hat das, was ich gemacht habe, gewirkt? Es macht doch Sinn, dass man das einmal zusammenfasst.
Dass da eine Menge Daten zusammengeführt werden müssen, und zwar sehr sensible Daten, das leuchtet auch jedem ein. Dass die eine Seite gern einen besseren und problemloseren Zugriff auf Daten gehabt hätte, kann ich nachvollziehen. Es ist aber auch nachvollziehbar, dass man auf der anderen Seite bei einem so sensiblen Thema, bei dem es um eine Krankheit geht, die in Teilen manchmal immer noch etwas tabuisiert wird, das Interesse des Patienten am Recht auf seine Daten und einen möglichen Widerspruch mit vorsehen musste, dass man eine unabhängige zentrale Vertrauensstelle zwischenschalten musste, dass dazwischen Verschlüsselungen und nachher wieder Entschlüsselungen sein müssen, auch wenn das bürokratisch klingen mag.
Ich bin der Letzte, der nicht darauf schaut, dass möglichst wenig Bürokratie passiert. Aber ich muss denen, die es jetzt mit allen Beteiligten geschafft haben, diesen Gesetzentwurf hinzukriegen, ein großes Kompliment machen. Wir werden dem Gesetz zustimmen; denn ich glaube in der Tat, dass es die berechtigten Interessen der Patienten und deren Angehörigen respektiert, dass es einen Mehrwert bringt – genau das, was die ATO gefordert hat: dass sie selber über Verlauf und Qualität Rückmeldungen bekommt und damit Verbesserungsmöglichkeiten in ihrer Therapie gewährleistet sind – und dass wir damit letztendlich das regeln, was wir schon mit dem früheren Krebsregister erreichen wollten. Ich bin sicher, dass wir auf dieser Basis dem Ziel deutlich näher kommen. Wenn es im Handling noch Probleme geben sollte, wird man das eine oder andere immer noch einmal verändern können.
Ich danke jedenfalls allen denen, nicht nur aus dem Ministerium, sondern auch aus allen Organisationen, die an dieser komplizierten, sensiblen Materie mitgewirkt haben. Ich bin sicher, das Gesetz kommt den Patientinnen und Patienten im Land und denen, die Therapie betreiben müssen, zugute. Insbesondere wird es dazu führen, dass wir auf dem Gebiet der Ursachenforschung und der Erforschung neuer Therapiemöglichkeiten ein ganzes Stück besser vorankommen, als es ohne dieses Gesetz möglich wäre. Ich glaube, wenn man das sagen kann, dann ist es gut, wenn wir dieses Gesetz heute so verabschieden.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Ende einer Legislaturperiode führt manchmal zu solch merkwürdigen Artikelgesetzen, bei denen zwei Dinge, die völlig unabhängig voneinander sind, zusammenkommen und dann gemeinsam beraten werden.
Ja, man darf es nicht verwechseln. Ich werde es versuchen. Wir haben uns erspart, das personell aufzuteilen; der Kollege Drautz war natürlich bei der Beratung dabei.
Erster Teil: Änderung des Jagdgesetzes. Minister Hauk hat ja wunderschön dargestellt, dass es hier in klassischer Weise um Privatisierung geht, um Verschlankung, um Entbürokratisierung und um Übertragung von Aufgaben an Dritte, an zu Beleihende, mit Steigerung der Dienstleistungsqualität für diejenigen, die die Dienstleistung nachsuchen. Mehr kann man eigentlich nicht erwarten. Deswegen sind wir sehr froh darüber.
Wir haben natürlich Vertrauen in die Kompetenz der Regierung, aber auch in die Kompetenz der bisher Beteiligten, nämlich in erster Linie des Landesjagdverbands. Ich durfte noch lernen, dass dazu auch die Organisation der Schulung zur Trichinenprobenentnahme und zum Aufbau eines eigenständigen Messsystems zur Überwachung der radioaktiven Belastung von Wildschweinen gehört. Das beruhigt mich
sehr – das ist jetzt kein Spaß –, weil seit dem Reaktorunfall in Tschernobyl Wild belastet war und ist. Auch das ist also geregelt. Das wird künftig für diejenigen, die die Prüfung ablegen wollen, in hervorragender Weise vom Landesjagdverband angeboten werden können. Daher signalisiere ich unsere volle Zustimmung zu diesem Teil des Gesetzes.
Nun zum zweiten Teil des Gesetzes, auch dies ein wirklich sehr ernst zu nehmendes Thema. Wenn offensichtlich bei Regelungen, die einerseits die Therapie und die Wiedereingliederung von Straftätern betreffen, bei denen wir andererseits aber auch den Sicherheitsaspekt für die Bevölkerung sehr im Auge haben müssen, bisher sozusagen eine Lücke vorhanden war oder man dies jedenfalls meint, dann müssen diese Regelungen geändert werden. Daher halten wir es für richtig, jetzt klare gesetzliche Vorgaben für den Maßregelvollzug festzulegen, und zwar immer für den Fall, dass es sich um Täter handelt, die sich – so wird es sehr technisch formuliert – gegen die sexuelle Selbstbestimmung vergangen – das sind in aller Regel Vergewaltiger oder ähnliche Straftäter – oder überhaupt schwere Straftaten begangen haben. Durch die klaren Vorgaben soll geregelt werden, wie lange überhaupt Urlaub gewährt werden kann: im geschlossenen Vollzug maximal eine Woche; im offenen Vollzug jährlich maximal sechs Wochen.
Das besonders Strittige – Kollege Lasotta hat ja noch einmal darauf hingewiesen – ist: Was ist mit denen, bei denen man weiß, dass sie möglicherweise die Strafe auf Bewährung bekommen werden? Sie sollen wieder an das normale Leben herangeführt werden. Das nennt man dann technisch „extramurale Belastungserprobung“; so steht es in dem Gesetzestext. Also außerhalb der Mauern der Anstalt sollen sich die Straftäter wieder an das normale Leben gewöhnen. Dass das natürlich eine kritische Phase ist, ist völlig klar.
Darum sage ich ja, „extramurale Belastungserprobung“ ist der technische Begriff, so wie er eben im Gesetzestext steht, aber darum geht es. – Es ist ja klar, dass genau das eine hochsensible Phase ist, in der man wirklich vorher genau überprüfen muss, ob eine Gefährdung für die Bevölkerung besteht.
Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Staatsanwaltschaft gesagt hat: „Zwei Möglichkeiten: Entweder ihr nehmt es auf eure eigene Kappe im Maßregelvollzug; dann haben wir gar nichts mehr damit zu tun. Oder aber ihr wollt weiter daran festhalten“ – und das wollen wir – „dass die Staatsanwaltschaft, die damals die Verurteilung des Täters gefordert hat, das überprüfen können
und ihre Zustimmung geben soll; dann muss es natürlich möglich sein, dass sie sich nicht einfach auf das verlässt, was im Maßregelvollzug von den dortigen Therapeuten in einem Gutachten festgestellt wird, sondern dass sie ein unabhängiges Gutachten verlangt.“
Das ist jetzt definitiv geregelt. Das war ja auch der Streitpunkt, warum es noch ein bisschen hin und her ging in der
Frage: Wer bezahlt die Kosten? Da hat natürlich die Justiz gesagt: Da muss man sich einigen, was man denn will.
Also noch einmal: Wir sind auch da zu der guten Regelung gekommen, dass diese Belastungserprobungen bei Vollzugslockerungen auf sechs Monate begrenzt sind. Da war es offenbar teilweise üblich, dass die weit über ein Jahr gedauert haben. Jetzt ist klargestellt, dass im Zweifelsfall ein Zweitgutachten eingeholt werden muss und dass immer die Staatsanwaltschaft zustimmen muss. Ich halte das für einen vernünftigen Kompromiss zwischen den Belangen der Sicherheit unserer Bevölkerung und der Möglichkeit, einen zu therapierenden Straftäter wieder an das normale Leben heranzuführen.
Deswegen stimmen wir zu.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Ministerpräsidenten sehr dankbar dafür, dass er das Thema Integration in einen sehr breiten Kontext gestellt hat.
Häufig reden wir in der Sozialpolitik über dieses Thema, wenn es um behinderte Menschen geht. Deswegen finde ich es sehr gut, dass Sie Integration zunächst einmal als Teilhabe zwischen jungen und alten, zwischen gesunden und behinderten sowie zwischen starken und schwachen Menschen und natürlich auch zwischen Einheimischen und Zuwanderern definiert haben.
Schön wäre es gewesen, wenn das, was dabei jetzt auch an Richtigstellungen erfolgt ist, vielleicht am Anfang dieses ganzen Prozesses gestanden hätte.
Ich muss schon sagen: Manchmal kam es einem so vor, als wäre das Ganze sozusagen als geheime Kommandosache behandelt worden.
Ich kann nachvollziehen, warum man gesagt hat: „Wir wollen das Ganze nicht öffentlich diskutieren.“ Aber ob man die Intention – Herausfiltern von potenziellen Terroristen und Fundamentalisten – überhaupt mit einem Fragebogen erreichen kann
ja, ein Gesprächsleitfaden –, darf man füglich bezweifeln.
Es ist ja interessant, dass der bayerische Innenminister Beckstein gesagt hat: „Wir versuchen, eine Klärung auf anderem Weg herbeizuführen, nämlich über die Nähe zu extremistischen Organisationen.“
Das kann also eigentlich nicht der Grund sein. Denn es wäre ein bisschen naiv gewesen, zu meinen, diese Fragen würden geheim bleiben.
Trotzdem ist es wichtig, dass jetzt eine Klarstellung erfolgt ist. Das ist eben nicht erst am Dreikönigstag geschehen. Vielmehr habe ich mich in einem Brief an den Innenminister gewandt. Durch die Antwort habe ich zwei wesentliche Klarstellungen erreicht: zum einen, dass es sich eben nicht um einen Fragebogen handelt, der Punkt für Punkt sklavisch abzuarbeiten wäre,
sondern – das hören Sie heute von allen – um einen Gesprächsleitfaden. Alle Zuständigen bei den Ausländerämtern sind selbstverständlich aufgerufen,
einigermaßen einheitlich über das ganze Land hinweg zu verfahren – wir geben an vielen Stellen Leitfäden für einheitliches Verwaltungshandeln heraus –, aber nicht sklavisch all die Fragen abzuarbeiten, die in diesem Katalog genannt sind.
Das Zweite, was uns extrem wichtig war – das ist heute auch klargestellt worden –, ist, dass eben nicht gegen Angehörige einer bestimmten Religionszugehörigkeit möglicherweise ein Generalverdacht hineininterpretiert wird. Allerdings muss man sagen, dass in der Presse leider immer wieder der Eindruck erweckt wird,
als sei es zu Beginn der Diskussion möglicherweise anders gedacht gewesen, als es jetzt definitiv klargestellt worden ist.
Es ist halt so. Leider müssen wir häufig zur Kenntnis nehmen, dass, wenn im politischen Leben hinterher etwas richtig gestellt wird, diese Korrektur nicht mehr so wahrgenommen wird wie das, was sich in den Köpfen zunächst festgesetzt hat.
Von daher bedauere ich, und zwar gegenüber beiden Seiten, nachdem klargestellt ist, dass es sich um einen Gesprächsleitfaden handelt und man sich an alle Einbürgerungswilligen wendet, dass Sie immer noch behaupten, es sei ein Fragebogen.
Ich finde, gerade wenn wir bei der WM die Welt einladen wollen,
zu Gast bei Freunden zu sein, müssen wir bei all diesen Diskussionen darauf achten, dass wir zum Standort BadenWürttemberg und zu seinem Image nicht die falschen Signale nach außen geben.