Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie etwas zu besprechen haben, dann machen Sie das bitte außerhalb des Plenarsaals. Sie können nicht während einer solchen Debatte zu fünft hier einen Pulk bilden, um ein Gespräch zu führen.
Diese Rahmenbedingungen werden von der Politik falsch gesetzt. Wenn die Politik hier Veränderungen durchführen würde, müssten wir uns nicht über eine zweite Start- und Landebahn unterhalten. Ich habe Ihnen die Subventionierung aus dem Landeshaushalt genannt. Wir subventionieren den Flughafen Söllingen mit 78 Millionen €. Wir zahlen die Sicherheitskosten. Lahr wird unseren Haushalt wiederum mit 500 000 bis 1 Million € pro Jahr belasten.
Natürlich. Die Sicherheitskosten bleiben, wenn das Ding funktioniert, alle bei uns im Landeshaushalt hängen. Wir subventionieren den Flugverkehr und klagen dann mit Krokodilstränen über die Konsequenzen des Ganzen.
Rechnen Sie den Billigflugverkehr heraus. Der gesamte Zuwachs am Flughafen Stuttgart kommt allein durch das Dreh
kreuz des Billigflugverkehrs zustande. Der Flughafen Stuttgart hat, um seine leeren Kapazitäten auszulasten, gezielt dieses Drehkreuz hier installiert. Was haben wir davon, dass Leute mit Billigfliegern in Stuttgart landen, umsteigen und wieder weiterfliegen? Müssen wir dafür unseren Landesflughafen zur Verfügung stellen? Was gibt es dafür für Gründe?
Also bitte schön, sagen Sie, was Sie machen wollen. Wir können Ihnen unsere Konzeption klar benennen. Für die Notwendigkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung der Region Stuttgart, die nicht im Billigfliegen stecken, ist die eine Start- und Landebahn ausreichend. Wenn wir aufhören, Regionalflughäfen zu subventionieren und unsere knappen Steuergelder in diese unsinnigen Subventionen zu stecken, hat die Wirtschaft, hat der Flugverkehr eine adäquate Zukunft hier in Baden-Württemberg. Unser Landeshaushalt wird davon ebenfalls profitieren. Vor allem aber tun wir etwas für das Klima.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Herr Scheuermann, als Berater gehöre auch ich dem Haus schon sehr lange an. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als wir um den Ausbau, um die Modernisierung des Flughafens Stuttgart gerungen haben. Das war damals tatsächlich ein „Flughäfele“. Zwischenzeitlich ist das ein moderner, ein hervorragender Flughafen. Dort kann man das, was eine moderne Verkehrspolitik braucht, wirklich praktizieren.
Da darf ich hier noch eines anmerken. Ich teile Ihre Meinung dahin gehend, dass wir zunächst einmal das Geschaffene effektiv nutzen, das wir oben auf den Fildern haben. Da gibt es noch freie Kapazitäten. Da kann man das eine oder andere durch innere Strukturveränderungen und durch Effizienzsteigerung im Wartebereich, in der Abfertigung durchaus noch verbessern. Dann sind die Zahlen, die so schnell gewachsen sind, durchaus noch erweiterbar.
Deshalb bin ich derselben Auffassung wie unser Fraktionsvorsitzender, dass wir aufgrund der tollen Messe, die wir nun dort oben haben, nach dem Ausbau dieses Flughafens und – das sage ich auch – mit den durch Stuttgart 21 verbesserten Verkehrsverbindungen dorthin ein zukunftsträchtiges Gesamtkonzept haben, sodass wir heute das Thema Erweiterung und zweite Startbahn überhaupt nicht diskutieren müssen. Meiner Ansicht nach gibt es für die Bevölkerung irgendwo auch eine Belastungsgrenze. Auch da stehen wir im Wort.
Eines muss man klar und deutlich sehen: Wie wäre das überhaupt möglich, und wie würde es in der Landschaft ausschauen? Das ist doch eigentlich von der Geografie her, was Esslingen und die Anrainergemeinden und -städte angeht, überhaupt nicht sinnvoll.
Trotzdem sind die Gedanken frei. Wir hatten Anfang April oder Mai bei der IHK eine Tagung, bei der sehr deutlich wurde, dass man diese Gedanken ruhig haben kann, aber nachweisen muss, dass es tatsächlich erforderlich ist. Wenn man sich im ganzen Land umschaut, dann haben wir auch Söllingen. Wenn wir 15 Jahre weiter denken – vor Ablauf dieses Zeitraums wäre das nach meiner Einschätzung ohnehin kein Thema –, stellt sich die Frage: Was kostet es dann? Die Energie wird nicht billiger, sondern teurer. Man sieht, was die EU in diesem Bereich vorhat, und stellt derzeit eine Wettbewerbsverzerrung zwischen Schiene und Flug fest. Irgendwann wird aber auch das Fliegen teurer werden. Diese Billigflüge – im Augenblick gibt es an die 3 Millionen Flüge von Stuttgart aus in diesem Segment –, das kann es nicht sein. In erster Linie muss für mich bedient werden, was der Wirtschaftsraum braucht, was der Normalbetrieb in dieser Raumschaft braucht. Ich sage ganz deutlich: Wer meint, er müsse für 39 € oder für 99 € in der Welt herumfliegen, der kann auch nach Söllingen fahren und dort für eine bessere Auslastung sorgen. Das ist durchaus zumutbar, meine Damen und Herren.
Herr Scheuermann, Sie haben darauf hingewiesen – und da sind wir uns völlig einig –, dass der Generalverkehrsplan das entscheidende Kriterium ist, mit dem man auch das abdeckt.
Herr Haller, wenn Sie gestern etwas dazugelernt hätten, dann hätten Sie heute den Antrag schlicht und einfach zurückgezogen.
Denn in diesem Generalverkehrsplan wird gerade auf die Vernetzung zwischen Schiene, Flugverkehr und Straßenbau als integrierte Gesamtheit eingegangen. Deshalb brauchen wir das nicht wieder einzeln herauszupflücken.
Herr Köberle und Herr Innenminister, mich plagt im Vorfeld der Fortschreibung des Generalverkehrsplans ein bisschen das Thema Friedrichshafen. Ich frage deshalb, weil ich die Nähe zum Flughafen Kempten jenseits der bayerischen Grenze sehe. Meines Erachtens muss man länderübergreifend Gespräche führen, damit dort nicht noch einmal etwas entsteht, was nach meiner Einschätzung wenig Sinn macht. Das wäre für mich wichtig.
Ansonsten freue ich mich auf eine zügige Bearbeitung. Ich habe ja den Wunsch geäußert, einen solchen Entwurf nicht in drei Jahren, sondern möglichst schnell, in zwei Jahren, zu bekommen.
Dann kann man, glaube ich, in diesem Haus darüber diskutieren, was im Einzelnen wirklich noch erforderlich ist.
Vielleicht noch ein Punkt zu Lahr. Ich freue mich – und da waren Sie, Herr Wirtschaftsminister, immer auf der richtigen Seite –, dass die Klage gestern zurückgezogen wurde. Da lag die Landesregierung, das Wirtschaftsministerium, auch im Nachhinein gesehen völlig richtig.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Haller, es ist schon unterhaltsam, mit Ihnen auf Abenteuerreise durch BadenWürttemberg zu gehen.
Gestern waren wir auf den Straßen unterwegs – Sie als Geisterfahrer –, heute heben Sie in die Lüfte ab.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Jetzt sind es Luftpiraten!)
Wir begegnen in der Luft vielen Billigfliegern, auch grünen Billigfliegern. Ich hoffe, dass wir trotzdem wieder auf den Boden der Realität zurückkehren. Dann werden Sie ganz schnell feststellen, dass in Baden-Württemberg die Verkehrsinfrastruktur und auch die Verkehrspolitik nicht schlechter, sondern in vielen Bereichen besser ist als dort, wo Sie politischen Einfluss haben – nicht Sie persönlich, aber Ihre Partei.
Der Generalverkehrsplan Baden-Württembergs, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ist Richtschnur der Verkehrspolitik der Landesregierung. Die grundlegenden Festlegungen im Generalverkehrsplan haben sich bewährt und bewahrheitet. Der Flughafen Stuttgart und die Regionalflughäfen Söllingen und Friedrichshafen haben sich sehr gut entwickelt, wie Sie den statistischen Angaben, die in der Stellungnahme zu dem Antrag abgedruckt sind, entnehmen können.
Es gab und es gibt aber Sonderentwicklungen – und es wird sie auch in Zukunft geben –, die so nicht vorauszusehen waren oder vorauszusehen sind. In der Stellungnahme der Landesregierung werden sie angesprochen. Ich will drei Elemente herausgreifen; sie sind schon angesprochen worden.
Das erste Element sind die Billigflieger. Die Billigflieger drängen seit einigen Jahren auf den Luftverkehrsmarkt und werden diesen Markt nach Ansicht der Fachleute dauerhaft verändern. So hat die Zahl der Passagiere auf den 19 Verkehrsflughäfen in Deutschland seit 1995 jedes Jahr um durchschnittlich 4,2 % zugenommen, vor allem durch die Billigflüge. Im Jahr 2005 wurde ein Passagieraufkommen von bundesweit 165 Millionen erreicht. Davon wurden auf den drei baden-württembergischen Flughäfen Stuttgart, Söllingen und Friedrichshafen rund 10,7 Millionen Passagiere abgefertigt. 1995 waren es noch rund 6 Millionen Passagiere in Stuttgart und rund 315 000 Passagiere in Fried
Das ist also ein Thema, an das wir bei der Überarbeitung des Generalverkehrsplans herangehen müssen. Aber die Vorstellung, die immer wieder im politischen Raum geäußert wird, dass man Passagiere bestimmten Flughäfen zuordnen könne, sie einplanen könne, ist ein großer Irrtum, genauso wie die Vorstellung, dass sich Fluganbieter mit ihren Flugangeboten auf bestimmte Flughäfen festlegen ließen.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Aber begrenzt ist es schon durch das, was an Kapazitäten vorhanden ist!)
Das zweite Thema ist die Auslastung des Flughafens Stuttgart. Ich will da auf potenzielle Kapazitätsengpässe, Kapazitätsprobleme am Landesflughafen hinweisen. Ich halte es für richtig, dass momentan das Management der Flughafen Stuttgart GmbH die Notwendigkeit und die Machbarkeit einer zweiten Piste prüfen lässt. Mit einer zweiten Piste könnte die Kapazität um 20 bis 30 % erhöht werden. Wir wissen, dass die Machbarkeitsstudie bis Mitte 2007 vorliegen soll. Dann steht der Zeitpunkt der Entscheidung an. Das ist nicht irgendwann in zehn Jahren, sondern früh genug, damit man so oder so entscheiden kann.
Vorhin ist gegeneinander ausgespielt worden, ob dann eine sachliche oder aber eine politische Entscheidung getroffen werde. Dieses Begriffspaar gefällt mir überhaupt nicht. Vielmehr stellt sich die Frage: Wird eine betriebswirtschaftliche Entscheidung am Flughafen Stuttgart möglich, oder sind in einer politischen Abwägung andere Gesichtspunkte als nur betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte eines Flughafens mit einzubeziehen?
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Davon gehen wir schon aus, dass das nicht nur betriebswirtschaftli- che sind!)