Ebenso gibt es weitere etwas eigenartige Argumente, wie bei spielsweise den Juchtenkäfer. Ich bin durchaus dafür, dass der Juchtenkäfer nicht ausstirbt, meine Damen und Herren, aber ich bin auch der festen Überzeugung, dass all die Baumfäll arbeiten nicht einmal ansatzweise so viele Juchtenkäfer das Leben kosten wie die sogenannten Parkschützer, wenn sie durch den Park trampeln, um ihn zu besetzen.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und Abge ordneten der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bodenverdichtung! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Sie sind ein niveauloser Kerl! Ab ins Bierzelt! – Ge genruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das habt ihr ja zerstört!)
K 21 ist Ihre Alternative. Keine Planung, kein Geld, Strecken führung durch dicht besiedeltes Gebiet im Neckartal mit ent sprechenden Bürgerprotesten. Meine Damen und Herren, wie soll das in der Praxis gehen? Wie soll dieses Projekt K 21 in der Praxis umgesetzt werden?
Da müssten wir – das wäre dann ein vielleicht ansatzweise re alistischer Weg – zunächst einmal erklären: Wir stoppen das Projekt Stuttgart 21. Wir müssten die Bauruine stehen lassen und dem Bund und der Bahn mitteilen: Wir verzichten auf die se ganzen Zuschüsse, die uns bewilligt wurden. Ich erinnere mich noch gut, welch harte Verhandlungen das waren
und wie viele erklärt haben: „Bekommt unser Ministerpräsi dent Günther Oettinger das hin? Er wird es wahrscheinlich gar nicht schaffen, die Bahn und den Bund dazu zu veranlas sen, diese Verträge zu unterschreiben und so viel Geld in den deutschen Südwesten zu bringen. Die Baden-Württemberger kennen wir doch nur als Zahler; das Geld fließt nämlich in die anderen Bundesländer. Das schafft er nicht, dass wir auch ein mal etwas bekommen.“ Doch, er hat es geschafft. Doch, die Verträge wurden unterschrieben. Aber jetzt wollen Sie das al les zurückgeben, meine Damen und Herren. Das ist Ihre Po litik.
Wer soll denn das verhandeln? Wollen Sie dann ernsthaft der Bahn und dem Bund erklären?: „Jetzt geben wir die Milliar den zurück, weil wir es nicht hinbekommen. Aber für das Al ternativprojekt K 21 dürft ihr uns bitte schön wieder auf die Warteliste setzen.“ Glauben Sie, Bahn und Bund sagen dann?: „Jawohl, ihr seid ja so zuverlässige Verhandlungspartner. Das machen wir gern.“
Dann würden wieder der Planungsprozess und die politischen Prozesse beginnen. Dann hätten wir wieder die ganzen Pro zesse durchzufechten, Bürgerprotest inklusive, und irgend wann würde es dann gebaut. Nein, meine Damen und Herren: Wenn Sie ehrlich sind, dann geben Sie diesem Projekt den Na men, den es auch verdient: nicht K 21, sondern K 22. Das ist nämlich der frühestmögliche Zeitpunkt, zu dem Sie es umset zen könnten.
Was heißt denn das in der Praxis? Zwischen Bad Cannstatt und dem Hauptbahnhof gäbe es unter dem Rosensteinpark zwei neue Gleise für den Regionalverkehr. Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, wie viele Bäume im Rosen steinpark gefällt werden müssten, wenn Sie das umsetzten?
(Heiterkeit des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Albrecht Fischer CDU: Hört, hört! – Abg. Thomas Blenke CDU: Da sind wohl keine Juch tenkäfer!)
Sind nur die Bäume im Schlosspark wertvoll, die im Rosen steinpark aber nicht? Was sagen Sie denn dazu? Sie behaup ten immer, wir würden uns mit Ihren Argumenten nicht aus einandersetzen. Sie sind nur immer in Ihrem eigenen herme neutischen Zirkel eines Argumentationsstrangs verwoben, wo bei Sie sich ständig im Kreis drehen und nicht mehr heraus finden, anstatt dass Sie sich einmal mit diesen Argumenten auseinandersetzen.
Vorgeschlagen ist ein sechsgleisiger Ausbau zwischen Bad Cannstatt und Obertürkheim, bei dem die Strecke teilweise aufgeständert verläuft. Da wünsche ich Ihnen viel Vergnügen, das der Bevölkerung zu erklären.
Ich würde Ihnen auch empfehlen, dass Sie Vieregg-Rößler einmal beauftragen, die Kosten hierfür auszurechnen.
(Lachen des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Jür gen Walter GRÜNE: Rechnen wir einmal die Kosten für 300 Kleine Anfragen aus!)
Da würden Sie Ihr Geld wahrscheinlich besser anlegen, als wenn Sie immer neue Gutachten zu Stuttgart 21 in Auftrag geben.
Meine Damen und Herren von der SPD, nach Ihrer Ansicht soll also eine Volksabstimmung den Ausweg bringen. Es ist, glaube ich, hinreichend deutlich geworden, wie schwierig und wie problematisch es wäre, die Verfassung so zu beugen, dass ein solcher Prozess möglich wäre.
Wir müssen uns das schon einmal auf der Zunge zergehen las sen: Da haben eine Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen – übrigens mit Ihrer Unterstützung – ein Projekt parlamentarisch beschlossen, zu dem diese Landesregierung nach wie vor steht. Dann soll dieselbe Landesregierung ein Gesetz gegen dieses Projekt, für das sie ja ist, ins Parlament einbringen,
Wollen Sie das der Bevölkerung ernsthaft erklären? Glauben Sie ernsthaft, das würde einer Verfassungsklage standhalten?
Meine Damen und Herren, ich bin gern bereit, mit Ihnen da rüber zu reden, wie wir die Hürden für Volksabstimmungen niedriger setzen.
Wir werden in dieser Legislaturperiode zu keiner anderen Lö sung kommen als zu der, die auf dem Tisch liegt. Da würde es auch nichts nützen, meine Damen und Herren, wenn wir bereit wären, mit wechselnden Mehrheiten mit Ihnen zusam men dieses Gesetz zu machen: Es geht nun einmal – das ist der Wille des Wählers – nicht, ohne dass die CDU-Fraktion zustimmt. Ohne deren Zustimmung können Sie die Verfas sung des Landes Baden-Württemberg nicht ändern.
Wir werden vorschlagen, das Quorum für die Unterschriften sammlung auf 10 % abzusenken. Wir werden auch vorschla gen, dass ein Fünftel der Stimmberechtigten zur Annahme ei nes zur Volksabstimmung gestellten Gesetzes genügen wird. Das wird in unserem Wahlprogramm stehen. Dafür werden wir bei der Landtagswahl werben.
Nach der Landtagswahl wird man sehen, wer mit wem regiert, und dann wird man über diese Dinge verhandeln können.
Was wir aber ablehnen, ist, mitten in einem Prozess die Spiel regeln zu ändern, so, wie Sie das auch vorgeschlagen haben, und zu sagen: Die Landesverfassung taugt im Moment nicht für diese Form der Volksabstimmung, die wir wollen, also än dern wir schnell einmal die Landesverfassung, um für Stutt gart 21 noch die Lösung zu bekommen, die wir wollen. Das, meine Damen und Herren, machen wir nicht mit; das ist nicht im Geiste der Verfassung dieses Landes.
Ein Letztes, meine Damen und Herren von der SPD: Sie sind ziemlich zuversichtlich, dass ein Volksentscheid, wenn er denn zustände käme, die Gräben zuschüttet, dass dadurch eine Lö sung gefunden wird und diejenigen, die dabei unterliegen, sich damit abfinden.
Was macht Sie denn aber so sicher, meine Damen und Her ren? Wir haben doch 15 Jahre lang erlebt, wie das geht. In die sen 15 Jahren gab es immer wieder demokratische Entschei dungen für dieses Projekt. Diese demokratischen Entschei dungen wurden immer wieder mit der Begründung infrage ge stellt, die Mehrheit habe nicht gewusst, was sie macht, die Mehrheit sei schlecht informiert,
deshalb brauche man diese Mehrheitsentscheidungen nicht zu akzeptieren. Aber es würde doch dasselbe stattfinden; die Rä delsführer des Protests würden doch wieder genauso argumen tieren. Wenn dieser Volksentscheid gewonnen würde, würden sie behaupten, die Mehrheit der Bevölkerung wisse nicht, was sie tut. Sie würden sagen: „Wir akzeptieren diese Entschei dung nicht, der Kampf geht weiter.“