Protokoll der Sitzung vom 07.10.2010

(Lachen der Abg. Christine Rudolf SPD)

Aber an diesem Punkt gilt das, was wir gesagt haben: Für uns ist die Frage, wie ein Konzept aussieht.

Herr Schmiedel, Rot-Grün hat damals, als der Atomausstieg beschlossen wurde, eines nicht gemacht: Sie haben kein Ener giekonzept für die Zukunft aufgestellt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Sie haben den Atomausstieg beschlossen, und das war es dann. Sie haben nicht die Frage gestellt: Wie müssen wir eigentlich vorangehen, und wie müssen wir uns für die Zukunft aufstel len? Das, was die Regierung dieses Mal vorlegt, ist ein Kon zept, in dem wir Stück für Stück den Übergang aufzeigen. Ich glaube, dass in vielen Fragen, selbst wenn es so weit kommen sollte – – Bis 2013 ist noch weit hin. Lassen Sie uns erst ein mal den Wahlkampf 2011 in Baden-Württemberg machen; auf ihn freuen wir uns. Dann sehen wir weiter, würde ich sagen.

Jetzt will ich aber noch etwas sagen, was das Thema Konzept angeht. Herr Untersteller, ich verstehe, dass Sie über das Gut achten des Sachverständigenrats für Umweltfragen nicht re den wollen. Denn die Gutachter sagen erstens selbst, dass Pro gnosen umso schwieriger sind, je weiter sie in die Zukunft ge hen.

Zum Zweiten aber ist eine Grundvoraussetzung des Gutach tens, dass wir eine große Anzahl von Speicherkapazitäten in Norwegen bekommen. Das heißt, wir müssten Leitungen nach Norwegen bauen, und die Norweger müssten im Übrigen zu nächst einmal bereit sein, unseren Strom bei sich zwischen zuspeichern, ohne ihn selbst zu benötigen. Ich bitte dann schon um Verständnis, dass ich es etwas seltsam finde, ein Konzept aufzubauen, nach dem man zunächst und zuvörderst Zwischenspeicherungen in anderen Ländern benötigt.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das halte ich nicht für besonders hilfreich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Zum Thema Stadtwerke: Es gibt eine Pressemitteilung des BDEW, die die Laufzeitverlängerung positiv begleitet. Herr Knapp, wissen Sie, in welchem der Energieverbände mehr Stadtwerke organisiert sind, im VKU oder im BDEW?

(Abg. Thomas Knapp SPD: Ich nehme an, im BDEW!)

So ist es, Herr Knapp. Am 2. Oktober 2009 spricht sich der BDEW, im Übrigen durch ein weiteres Papier jüngeren Da tums noch einmal unterstützt,

aus volks- und gesamtwirtschaftlichen Gründen für eine Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken in

Deutschland aus. Vereinbarungen über Rahmenbedingun gen einer Laufzeitverlängerung...

So geht es weiter. Da waren die Stadtwerke mit dabei.

(Zuruf des Abg. Thomas Knapp SPD)

Entscheidend ist: Die Stadtwerke waren mit dabei. Gerade die Großen unter den Stadtwerken waren bei dem Beschluss des BDEW mit dabei, der aus volkswirtschaftlichen Gründen gefasst wurde. Deswegen sollten Sie mit der Aussage vorsich tig sein, die Stadtwerke seien nicht dabei.

Ich habe Verständnis, dass sich die Stadtwerke dann in der Öf fentlichkeit so aufstellen, weil es auch um die Frage geht, wer bei der Verteilung welche Mittel bekommt. Aber ich glaube, es gehört zur Ehrlichkeit dazu – das ist im Übrigen auch bei der Argumentation, die jetzt wieder aufgebaut wird, bemer kenswert –, zu sagen: Erneuerbare Energien werden weiter hin zugebaut, erneuerbare Energien haben weiterhin Vorrang in der Einspeisung, erneuerbare Energien haben Investitions sicherheit durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Was sagen Sie dann zu den Äußerungen von Herrn Villis?)

Das machen Sie mit Herrn Villis aus. Herr Untersteller, wir können uns gern einmal über Volkswirtschaft und Betriebs wirtschaft unterhalten. Aus volks- und betriebswirtschaftli chen Gründen sind die Äußerungen zunächst einmal nachvoll ziehbar.

Ich halte sie für nicht glücklich; das sage ich jetzt auch ein mal in aller Deutlichkeit. Aber betriebswirtschaftlich betrach tet ist klar: Wenn ich kein Geld für Investitionen habe, dann muss ich schauen. Wenn ich hauptsächlich Investitionen in er neuerbare Energien vornehme, was die EnBW im Übrigen vorhat, dann ist klar, dass an diesem Punkt entsprechend vor gegangen werden muss. Ich bitte also auch insofern, immer wieder einmal zu überlegen, unter welchem Gesichtspunkt man debattiert.

Jetzt will ich ein Weiteres zum Thema Abschöpfung sagen. Sie haben in diesem Haus schon einmal die LBBW zitiert und haben das vorhin in einem Zwischenruf noch einmal gemacht. Die LBBW ist diejenige, die sagt, es würden mehr als 60 % abgeschöpft. Wenn Sie sich einmal darauf beziehen, sollten Sie beim nächsten Mal auch die Zahlen gelten lassen. Wir schöpfen mehr als 50 % ab. Ich glaube, dass man das immer wieder deutlich sagen muss.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Untersteller?

Ja.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Unglaublich sym pathisch, die Frau Ministerin!)

Frau Ministerin, kennen Sie das Papier der LBBW vom 16. September? Darin werden zwei Szenarien vorgestellt: eines mit gleichbleibender und ei nes mit leicht steigender Strompreisentwicklung. Die LBBW selbst sagt, das Letztere sei wahrscheinlich, nämlich dass die Strompreise leicht steigen. Sie kommt dann für dieses Szena

rio zu dem Ergebnis – ich nenne die Zahlen noch einmal –: Gesamtzusatzgewinne der EnBW 22,1 Milliarden €, Abschöp fung für die Kernbrennstoffsteuer 2,6 Milliarden €, Abschöp fung für die Zahlungen in den Fonds zur Förderung regene rativer Energien 5,9 Milliarden €. Das ergibt insgesamt Ab schöpfungen von 8,8 Milliarden €. Unter dem Strich bleiben der EnBW 13,3 Milliarden € und errechnet sich eine Abschöp fungsquote von 39,7 %. Kennen Sie das Papier, oder kennen Sie es nicht?

Ich kenne diese Zahlen. Allerdings ist darin nur das beinhaltet, was im Moment vertraglich festgelegt ist. Es ist klar, dass wir bei dem Thema „Weitere Abschöpfungen über 2016 hinaus“ auch entsprechend vorgehen werden.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Im Übrigen haben Sie, Herr Untersteller, nicht die Frage be rücksichtigt, wie viel in Sicherheit investiert werden muss. Genau das ist noch nicht gegengerechnet.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Jetzt komme ich zum Thema Sicherheit. Ich wiederhole das, was Kollege Nemeth vorhin bereits gesagt hat. Ich finde es spannend, dass Sie immer Wert auf Sicherheit legen. Ich zi tiere aus der Energiekonsensvereinbarung 2000 zwischen der Bundesregierung und der Industrie:

... die Bundesregierung wird keine Initiative ergreifen, um diesen Sicherheitsstandard

den bestehenden –

und die diesem zugrunde liegende Sicherheitsphilosophie zu ändern.

Das haben Sie vereinbart. Sie haben damals festgelegt: für 20 Jahre keine Veränderung mehr an den Sicherheitsstandards.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist doch klar, wenn man aussteigt!)

Ja, ja. Aber im Jahr 2000 gültig für die Anlagen, die noch 22 Jahre laufen, Herr Schmiedel.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das sind die neuesten!)

Wir hingegen sagen, Herr Schmiedel: Es wird eine dynami sche Sicherheitsverbesserung geben, das heißt, auch bei de nen – –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Neckarwestheim I muss man nicht nachrüsten, wenn man es ausschaltet! Das ist doch klar!)

Nein. Neckarwestheim I hat von internationalen Experten mit das beste Urteil weltweit erhalten. Aber ich freue mich, dass Sie glauben, Sie seien besser als Experten. Herzlichen Glückwunsch! Genau das ist immer das Problem, das wir ha ben.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Und wenn ein Flieger draufstürzt? – Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Auch zu einem möglichen Flugzeugabsturz können Ihnen die Experten das Notwendige sagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun zu der Frage: Wie sieht es mit den Preisen und Kosten aus? Es geht darum, stabile Preise zu haben. Es gibt Menschen in diesem Land, die nicht so viel verdienen wie Sie und ich. Es gibt Menschen, die wissen müssen, dass Energiepreise stabil bleiben können.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Vattenfall-Chef!)

Ich spreche von stabilen Preisen.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Was hat das mit der Laufzeitverlängerung zu tun?)

Ich sage nur: Wir haben in diesem Jahr über die EEG-Vergü tung eine Umlage von 8 Milliarden €. Wir werden im nächs ten Jahr – da freue ich mich auf die Debatte – eine EEG-Um lage von 13 Milliarden € haben. Das heißt, wir werden den Menschen erklären müssen, dass der schnelle Zubau von er neuerbaren Energien eine deutliche Preissteigerung mit sich bringt.

Ich bin bereit, das zu machen. Aber es gehört zur Ehrlichkeit, auch zu sagen, dass wir tatsächlich Preissteigerungen haben werden. Denn es gibt in diesem Land Menschen, die sich nicht ohne Probleme Mehrausgaben von 3,5 Cent pro Kilowattstun de leisten können.