Da sind vielleicht bei uns beiden die Sympathiewerte bezüg lich der Persönlichkeit gleich verteilt. Das möchte ich uns bei den jetzt nicht antun. Ich will nur darauf hinweisen, dass er natürlich mit Blick auf das, was ich gerade darzustellen ver suche, damals genau das kritisiert hat, was Erwin Teufel in seiner Regierungserklärung dargestellt hat und was ich in mei ner Argumentation mit Blick auf die Übernahme ein Stück weit anführe und wogegen Sie jetzt plötzlich auch sind.
Meine Damen und Herren, eines ist doch klar: Wenn Sie glau ben, Sie könnten sich in Stuttgart – ob ober- oder unterirdisch, ist egal –
in den Zug setzen und nach Paris fahren und mit Herrn Prog lio einen Kaffee trinken gehen, und Sie könnten dabei, egal zu welcher Tages- oder Jahreszeit, einmal schnell ein Unter nehmen kaufen, ist das – mit Verlaub – ein bisschen naiv.
Diese Transaktion war nur deshalb möglich, weil insbesonde re zwei Tatbestände, ohne dass sie für uns beeinflussbar wa ren, zusammengetroffen sind. Das eine ist die Finanzierungs möglichkeit am Kapitalmarkt. Da werden Sie mir jetzt ver mutlich nicht unterstellen oder zugestehen – je nach Sichtwei se –, dass ich beeinflussen kann, wie es gerade am Kapital markt aussieht. Deshalb noch einmal: Diese Transaktion war j e t z t möglich. Sie wird in einem halben oder Dreiviertel jahr – da bin ich gern bereit, lieber Herr Dr. Schmid, Wetten anzunehmen – nicht mehr möglich sein, weil jeder sehen kann, dass das Zinsniveau nach oben geht, und das aus makroöko nomisch relativ einfach nachvollziehbaren Gründen.
Der zweite Punkt war aber, dass Herr Proglio, nachdem er er kannt hat, dass er keine Mehrheit erwerben kann, und deshalb das strategische Interesse verloren hat, nicht gesagt hat: Ich warte jetzt einmal ein oder zwei oder drei Jahre, bis es in Ba den-Württemberg einmal legitim ist, eine Entscheidung zu treffen. Dieses schmale zeitliche Fenster tat sich, ohne dass ich es beeinflussen konnte, jetzt auf.
Da hat sich einfach die Frage gestellt: Greift man zu oder nicht? Wenn Sie jetzt argumentiert hätten, es sei aus dem und dem Grund falsch gewesen, zuzugreifen, dann hätte ich ge sagt: Respekt; wir sind zwar anderer Meinung, aber immer hin gibt es eine sachliche Begründung. Nur: Sie machen ei
nen Eiertanz, so etwas gibt es gar nicht. Zuerst sagen Sie: „Es ist richtig, was er gemacht hat“, dann sagen Sie: „Es ist falsch, was er gemacht hat“, und danach sagen Sie: „Es hätte richtig sein können, wenn er die und die Dinge berücksichtigt hätte.“
Herr Kretschmann, ich kann nur sagen, die Situation ist jetzt, zu diesem Zeitpunkt, eingetroffen. Wenn man das Wohl des Landes mehren will, dann muss man sich zu diesem Zeitpunkt entscheiden: Mache ich es, oder mache ich es nicht? So führt man ein Land, und nicht mit einem Eiertanz, wie Sie ihn heu te aufführen.
Herr Rust, immerhin ein Mann aus Ihrer Fraktion, der von Ih nen unterstützte und – nebenbei – von uns mitgewählte Vor sitzende des Finanzausschusses
ein exzellenter Mann –, hat am 11. Dezember, also vor sa ge und schreibe vier Tagen, Folgendes gesagt – ich zitiere –:
Entschuldigung, Herr Schmiedel, ich korrigiere mich: Der Parteivorsitzende stellt sich heute hin und argumentiert genau gegenteilig.
Wissen Sie, Herr Dr. Schmid, wie ich gerade feststellen darf, ist es mit der Beratung eine etwas gefährliche Sache. Aber ich erlaube mir trotzdem, Ihnen einen Rat zu geben: Egal, ob bei Stuttgart 21, Hartz IV, EnBW oder wobei auch immer, Sie sollten nicht in Rekordzeit zwei oder drei unterschiedliche Meinungen äußern. Das tut Ihnen nicht gut und dem Parla ment übrigens auch nicht. Bleiben Sie zur Abwechslung ein mal bei einer Linie. Finden Sie wenigstens einmal eine.
Äußern Sie sich auch so, dass man sich in Kernfragen und be züglich Kernkompetenzen dieses Landes zumindest wieder ein bisschen auch auf die SPD verlassen kann.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Lachen des Abg. Peter Hofelich SPD – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Verfassung! Ich sage nur: Verfassung! Sie ver lassen die Verfassung!)
Zum Schluss will ich noch auf einen Punkt eingehen, den ich aus verschiedenen Gründen einfach nicht in Ordnung finde. Ich habe das Verfahren dargelegt. Dabei werden wir keine Ei nigkeit erzielen. Denn es war klar, dass Sie, nachdem Sie zu erst zugestimmt haben und dann gemerkt haben: „Hoppla, es ist vielleicht nicht so richtig gut, wenn man ein Vierteljahr vor der Landtagswahl der Regierung recht gibt“, das Haar in der Suppe suchen. Für eine Opposition ist dies auch legitim, kei ne Frage.
Es gibt auch Punkte, bei denen ich sagen kann: Okay, das kann ich sachlich nachvollziehen. Aber ich sage Ihnen: Bei einem schaue ich nicht zu. Dagegen werde ich mich auch wehren, und da lasse ich mich im Übrigen auch nicht erpressen – um auch dies klar zu sagen.
Wenn Sie nämlich mit bemerkenswerten Argumenten – die mit der Sache übrigens teilweise gar nichts zu tun haben, son dern ausschließlich das Persönliche betreffen – auf Dirk Notheis losgehen, sollten Sie sich vielleicht in Berlin erkun digen, wer bei der SPD – und zwar zu voller Zufriedenheit – schon mit ihm zusammengearbeitet hat.
Wenn es in Zukunft so ist, dass jemand, der den Ministerprä sidenten gut kennt und dummerweise auch noch Mitglied der CDU ist,
von vornherein, in dem Moment, in dem er an einem Geschäft des Landes Baden-Württemberg – bei Transparenz im Finanz ausschuss – teilnimmt,
sofort der Vetternwirtschaft bezichtigt wird, dann werden wir in Zukunft nie mehr erleben, dass jemand aus der Wirtschaft bereit ist, auch nur in der Nähe der Politik irgendetwas zu tun. Wollen Sie das wirklich?
Übrigens wäre ich an Ihrer Stelle ein bisschen vorsichtig. Denn ich kenne jemanden, der einmal Staatsminister im Bun deskanzleramt war und in der Zwischenzeit auch im Invest mentbanking tätig ist. Dann durchleuchten wir da einmal, bei welchen Transaktionen er überall beteiligt war.
Wenn Sie es mit mir machen – in Ordnung. Ich habe im letz ten Vierteljahr anderes ertragen. Aber hören Sie auf, führen de Köpfe der Wirtschaft so an die Wand zu stellen. Das macht man nicht. Das ist unanständig.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Jawohl! – Abg. Peter Hofelich SPD: Na, na, na! Das sieht die Wirtschaft ganz an ders! – Abg. Thomas Knapp SPD: Das kann man aus schreiben!)