Zweite Bemerkung: Wir haben mit Mitteilung vom 23. No vember dieses Jahres die Standortvorschläge bekannt gege ben und haben auch ausdrücklich darauf Wert gelegt, dass es sich hierbei um eine Empfehlung an die Schulträger handelt. Damit bleibt auch ausreichend Zeit dafür, gegebenenfalls Kor rekturwünsche anzumelden. Aber kein einziger Schulträger hat uns gegenüber bisher kommuniziert, er möchte nichts und möchte auf zusätzliche Klassen verzichten. Ich bin gespannt, ob eine solche Meldung eingeht. Ich glaube, eine solche Mel dung wird bei uns nicht eingehen.
Herr Staatssekretär, der Begriff „Überfall“ geht ja darauf zurück, dass Sie in der Vergangen heit immer abgestritten haben, dass es zusätzlichen Bedarf an den beruflichen Gymnasien gebe.
Jetzt meine konkrete Frage: Ist Ihnen das Schreiben des Land rats des Landkreises Rastatt bekannt, in dem dieser sehr be dauert, dass der Landkreis Rastatt im Vorfeld nicht in die Pla nungen des Kultusministeriums eingebunden war und wir die ersten Informationen über die Medien erhalten mussten? Auch er beklagt also den „Überfall“.
Lieber Herr Kollege Schmie del, es gibt immer ein vertrauensvolles Wechselspiel zwischen unserer Schulverwaltung und den Schulträgern vor Ort.
Aber ich sage auch, dass gerade das Regierungspräsidium Karlsruhe regelmäßige Dialogforen einrichtet, in regelmäßi gen Dienstbesprechungen auch den Bedarf vor Ort erkundet. Wenn Stadt- und Landkreise gegenüber unserer Schulverwal tung Wünsche haben, werden diese artikuliert, und wir haben diese Wünsche auch in unser Konzept einbezogen.
Im Übrigen: Bezogen auf den Landkreis Rastatt, Herr Kolle ge Kaufmann und Herr Kollege Karl-Wolfgang Jägel, wissen wir, dass wir im Bereich der Wirtschaftsgymnasien eine au ßerordentlich gute Versorgung haben. Da gibt es jetzt einen Wunsch seitens des Landkreises, in Gernsbach einen zusätz lichen Standort für ein Wirtschaftsgymnasium einzurichten.
Da sind wir deswegen zurückhaltend, Herr Kollege Schmie del, weil wir sagen: Wir müssen zwar dem zusätzlichen Be darf Rechnung tragen, müssen aber gleichzeitig ein Augen merk darauf richten, dass dies nicht zu einer Überversorgung einzelner Regionen führt und daneben andere Regionen nach wie vor zusätzlichen Bedarf geltend machen.
Deswegen sind wir davon überzeugt, dass dieses Konzept ziel führend und ausgewogen ist. Aber, wie gesagt, zu Korrektu ren sind wir bereit, wenn es dafür sachliche und berechtigte Gründe gibt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Nur dann! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! Prima!)
Bevor ich jetzt die letzten zwei Fragen aufrufe, darf ich bit ten, dass sich die Fraktionen einmal intern darum kümmern, dass ihre Abgeordneten in den Saal kommen. Wir benötigen mindestens 93 Jastimmen bei der Abstimmung über die Wahl des Vorstands der Landesanstalt für Kommunikation, und es sind keine 93 Abgeordnete hier.
M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. U l r i c h M ü l l e r C D U – E r w e i t e r u n g d e r P r i v i l e g i e r u n g d e r L a n d w i r t s c h a f t i m A u ß e n b e r e i c h
eine Gesetzesänderung wesentliche bauliche Änderungen oder Ersatzbauten unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB zuzulassen?
durch eine Gesetzesänderung auf das Erfordernis der seit herigen längeren Selbstnutzung und des künftigen Eigen bedarfs zu verzichten (vgl. § 35 Abs. 4 Nr. 2 BauGB)?
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Gibʼs ihm, Richie! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)
Das Wirtschaftsministerium stellt keine solche Überlegungen an, da wesentliche bauliche Änderungen nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 des Baugesetzbuchs in der seit 1998 geltenden Fassung im Unterschied zu den Vorgängerregelungen bereits jetzt zu gelassen werden können und eine Zulassung von Ersatzbau ten dem Regelzweck, dem Schutz des Außenbereichs, zuwi derlaufen würde. Der Schutz des Außenbereichs gehört zum Vorrang der Innenentwicklung und damit auch zum Flächen sparen. Der Schutz des Außenbereichs ist aber auch gerade in einem touristisch attraktiven Land wie unserem ein wichtiger Standortfaktor. Wir müssen auch deshalb die Landschaft wei ter schützen und dürfen sie nicht schwächen.
Zu den Gründen im Einzelnen: § 35 Abs. 4 Nr. 1 des Bauge setzbuchs ist eine Sonderregelung zugunsten von im Außen bereich privilegierten land- und forstwirtschaftlichen Betrie ben. Sie begünstigt die Erhaltung und die weitere Nutzung von Bestandsgebäuden im Außenbereich, die ursprünglich nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 des Baugesetzbuchs als einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienend im Außenbereich zulässig waren – nach Aufgabe der land- oder forstwirtschaft lichen Nutzung. Demnach können auch Folgenutzungen die ser Bestandsgebäude zulässig sein, die ansonsten aus Grün den des Schutzes des Außenbereichs dort nicht zulässig sind. Dies können z. B. bis zu drei weitere, nicht dem landwirt schaftlichen Betrieb dienende Wohnungen oder außenbe reichsverträgliche gewerbliche Nutzungen sein.
Die Regelung trägt dem Strukturwandel in der Landwirtschaft Rechnung und soll verhindern, dass bei Aufgabe der privile gierten land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung Verluste mit investivem Kapital entstehen oder ungenutzte Bausubstanz verfällt. Sie wurde aus diesen Gründen im Jahr 1998 in das Baugesetzbuch aufgenommen.
Für alle anderen privilegierten Nutzungen nach § 35 Abs. 1 des Baugesetzbuchs gibt es eine solche Folgenutzungsbegüns tigung nicht. Voraussetzung für eine weitere Nutzung solcher für die Land- und Forstwirtschaft nicht mehr nötigen Gebäu de im Außenbereich ist, dass es sich bei der Nachnutzung um eine zweckmäßige Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz handelt und dass die äußere Gestalt des Gebäudes im Wesent lichen gewahrt bleibt. In diesem Rahmen sind auch wesentli che Änderungen, z. B. im Gebäudeinneren, möglich. Die Vor gängerregelung der bis 1997 geltenden Fassung hatte dies aus drücklich ausgeschlossen.
Weil die Regelung gerade auf die zweckmäßige Nutzung er haltenswerter Bausubstanz zielt, wäre es aus Gründen des Au ßenbereichsschutzes nicht zu vertreten, in diesem Rahmen auch noch Ersatzbauten für nicht erhaltenswerte Bausubstanz für nicht privilegierte Nutzung im Außenbereich zu ermögli chen.
Das Land Baden-Württemberg hatte jedoch mit dem Ausfüh rungsgesetz zum Baugesetzbuch vom 23. Juni 2009 die Um nutzung ehemals landwirtschaftlicher Gebäude im Rahmen von § 35 Abs. 4 Nr. 1 noch weiter gehend erleichtert, als dies in der bundeseinheitlichen Regelung vorgesehen ist. Die vor geschriebene maximale Frist von sieben Jahren
zwischen der Aufgabe der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung und dem Antrag auf Nutzungsänderung ist in Baden
Württemberg nach diesem Gesetz nicht anzuwenden. Das hat zur Folge, dass auch bereits länger als sieben Jahre nicht mehr landwirtschaftlich genutzte Gebäude einer neuen, im Außen bereich nicht privilegierten Nutzung zugeführt werden kön nen.
Nach § 35 Abs. 4 Nr. 2 des Baugesetzbuchs kann im Außen bereich die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle u. a. unter der Voraussetzung zugelassen werden, dass das vorhandene Gebäude seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt wird.
Weitere Voraussetzungen sind, dass das Gebäude zulässiger weise errichtet wurde, dass es Missstände oder Mängel auf weist und dass auch das Ersatzgebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie oder aber ei nes Erben und dessen Familie bestimmt ist. Die Regelung ist darauf gerichtet, von den Eigentümern zulässigerweise im Au ßenbereich errichtete Wohngebäude für den eigenen Bedarf oder den ihrer Familien oder Erben in zeitgemäßer Qualität zu sichern bzw. zu erneuern.