Claus Schmiedel
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Herr Präsident, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Herr Minister Frankenberg, ich bin Ih nen sehr dankbar für Ihre Ausführungen. Unter dem Strich ha ben Sie noch deutlicher gemacht, was auch alle anderen Ver treter der Koalition zum Ausdruck gebracht haben.
Die Botschaft Ihrer Worte an die Bevölkerung in Baden-Würt temberg war: Ein solches Erdbeben gibt es in Japan. Ein ähn liches Erdbeben kann es vielleicht im Mittelmeer geben. Wir sind aber sicher: Einen Tsunami gibt es in Japan, aber einen Tsunami am Neckar müssen wir nicht einkalkulieren.
Wenn sich die Menschen fragen, ob sich die Union, ob sich die Koalition tatsächlich geändert hat, ob das jetzt wirklich die Einstellung ist, dann sage ich dazu: Der Wolf hat Kreide gefressen, ist aber nicht die Geißmutter geworden. Es ist der alte Wolf.
Herr Kollege Hauk, Sie haben über Risiken gesprochen und ausgeführt: „Wir leben mit Risiken. Wir unterliegen verschie denen Risiken. Wir nehmen, wenn wir Auto fahren, Risiken auf uns. Wir haben es bei allen Tätigkeiten mit einem Risiko zu tun.“ Das ist völlig richtig. Aber es ist auch eine Verharm losung dessen, worüber wir zu diskutieren haben.
Natürlich müssen wir mit Risiken leben. Aber es ist die Fra ge, ob man mit einem Risiko leben muss, das ganze Landstri che in Mitleidenschaft zieht,
das ganze Landstriche auf Dauer unbewohnbar macht und un kalkulierbare Risiken für Millionen von Menschen mit sich bringt. Das ist der qualitative Unterschied, und das ist der Un terschied zwischen Ihnen und uns.
Kollege Untersteller hat mit einem Zitat gerade deutlich ge macht, dass es Ihnen gar nicht darum geht, die Voraussetzun gen zu schaffen, dass man auf Atomkraft verzichten kann. Das merkt man bei Ihnen auch. Es ist doch verräterisch, wenn Sie sagen: „wenn bezahlbare Alternativen zur Verfügung stehen“. Sie sagten tatsächlich: „wenn bezahlbare Alternativen zur Ver fügung stehen“!
Stellen Sie sich einmal vor, Sie erzählen jetzt jemandem in Ja pan: Eine bezahlbare Alternative stand nicht zur Verfügung.
Das, was Sie praktiziert haben, war doch eine Doppelstrate gie. Wir hatten mit denen, die das Ganze als Wirtschaftsak teure betrifft, den Energieversorgern, einen gesellschaftlichen Konsens über das Ende der Atomkraft in Baden-Württemberg hergestellt. Anschließend haben Sie diesen Konsens einkas siert. Gleichzeitig haben Sie alles getan, um eine Alternative, die auch in Baden-Württemberg am schnellsten zu realisieren wäre – die Windkraft –, ganz unter der Decke zu halten.
Das wollen Sie jetzt nicht ernsthaft bestreiten, oder?
Sie wollen doch nicht ernsthaft bestreiten, dass Sie von An fang an – – Ministerpräsident Teufel hat noch nach Tscherno byl gesagt: „Jetzt müssen wir die Alternativen schaffen.“ Dann hat er aber im Zusammenhang mit Windkraftanlagen von der Verspargelung der Landschaft gesprochen.
Er hat ein Gesetz gemacht,
das den Einsatz der Windkraft blockiert.
Jetzt kommt das Heuchlerische: Als man merkt, dass man da mit auf Dauer nicht durchkommt, legt man ein Paket auf, das Klimaschutzkonzept 2020PLUS. Bei diesem Paket hat die Windkraft einen Anteil von einem Drittel an der Stromversor gung in Baden-Württemberg.
Es geht! Aber nach Ihrem Plan geht es erst im Jahr 2050.
So lange wollen Sie warten. Das ist das, was uns unterschei det: Wir haben mit den Energieversorgern unter schwierigen Bedingungen einen Konsens ausgehandelt, übrigens einen Konsens, der auch in der Gesellschaft bei denjenigen, die fun damental gegen die Atomenergie sind, anerkannt wurde. Denn wir hatten im Zuge des Atomkonsenses keine Großdemonst rationen mehr, bei denen man Tausende von Polizisten einset zen musste.
Das haben wir erreicht. Sie haben dies zerstört. Sie haben al les unternommen, um die Alternativen kleinzuhalten. Das un terscheidet uns. Deshalb ist das, was Sie heute sagen, nicht echt.
Das konnten wir von Erwin Teufel hören. Hinterher hat er an ders gehandelt. Jetzt hören wir von Ihnen, Sie seien betroffen, Sie wollten sich ändern, Sie würden nachdenken. Aber ich sa ge Ihnen, was nach diesen drei Monaten passiert, wenn Sie weiter an der Regierung bleiben: Sie werden Philippsburg 1 wieder anschalten. Sie werden in Baden-Württemberg noch mindestens 25 Jahre auf Kernkraft setzen und zulassen, dass die Menschen mit diesem Risiko leben. Wir wollen die Nut zung der Atomenergie auf der Grundlage des alten Ausstiegs beschlusses beenden.
In zehn Jahren ist in Baden-Württemberg mit der Atomener gie endgültig Schluss.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Was ist das Kernanliegen unseres Tarif treuegesetzes, das wir in den Landtag eingebracht haben? Das Kernanliegen ist, dass in einer sozialen Marktwirtschaft nie mand den Wettbewerb dadurch gewinnen darf, dass er den Lohn drückt, dass er mit Lohndumping daherkommt und des halb billiger ist als anständige Unternehmen, die Tariflöhne zahlen. Das ist das Kernanliegen.
Jetzt stimmen Sie diesem Kernanliegen zu. Ihr Haupteinwand ist rechtlicher Natur: Das gehe nicht. Sie verweisen auf die europäische Rechtsprechung.
Dem ist entgegenzuhalten, dass wir das, wie es der EuGH ver langt – dass das für alle verbindlich sein muss, nicht nur bei öffentlichen Aufträgen –, über das Entsendegesetz für eine ganze Reihe von Tariflöhnen für allgemein verbindlich erklärt haben, insbesondere für den ganzen Bereich des Bauhauptge werbes. Deshalb ist es wichtig, dass wir jetzt durch ein Tarif treuegesetz sicherstellen, dass dieses Entsendegesetz ab 1. Mai 2011, wenn die Dienstleistungsfreiheit in Europa in großem Maß eingeführt wird, nicht durch Leiharbeitsstrukturen unter laufen wird. Wir dürfen nicht zulassen, dass das Handwerk in Baden-Württemberg unter einen Lohndumpingdruck kommt.
Das Zweite: Wir haben das Mindestarbeitsbedingungengesetz – zuletzt geändert am 22. April 2009 –, nach dem durch Rechts verordnung festgelegt werden kann, welche Mindestentgelte in welchen Branchen zu zahlen sind. Auch dadurch haben wir ei ne allgemein verbindliche Rechtsgrundlage, die wir dann durch ein Tariftreuegesetz in Baden-Württemberg absichern.
Als Drittes: Wir haben den EG-Vertrag – Artikel 51 Abs. 1 –, der der Dienstleistungsfreiheit vorgeht. Deshalb können wir nach diesem EG-Vertrag im Verkehrsbereich Regelungen tref fen und Mindestentgelte verlangen. Deshalb, Herr Kollege Löffler, stehen zahlreiche Bahnbedienstete, zahlreiche Eisen bahner heute draußen und demonstrieren für dieses Tariftreue gesetz, weil sie sehen, dass sie, wenn jetzt Dutzende von neu en Ausschreibungen im Verkehrsbereich in Baden-Württem berg erfolgen, möglicherweise unter einen Lohndruck kom men, bei dem ihr Unternehmen aus dem Wettbewerb fliegt, wenn es Tariflöhne zahlt. Deshalb unterstützen wir diese Kol leginnen und Kollegen und sollten sie nicht im Stich lassen.
Damit Sie sehen, dass es nicht aus dem hohlen Bauch heraus gesprochen ist, dass insbesondere im Handwerk, bei dem ganz überwiegend Tariflöhne gezahlt werden und bei dem anstän dige Arbeitsbedingungen herrschen, Befürchtungen vorhan den sind, möchte ich aus einem Schreiben der Vizepräsiden ten der Handwerkskammern zitieren. Darin heißt es wörtlich:
Die Arbeitnehmervizepräsidenten der baden-württember gischen Handwerkskammern begrüßen außerordentlich die Gesetzesinitiative der SPD-Landtagsfraktion für ein baden-württembergisches Tariftreuegesetz.
Weiter unten heißt es:
Mit diesem Gesetzentwurf werden Schlupflöcher für Lohndumping, schlechte Arbeitsbedingungen, unzurei chende Qualifikationen bei an öffentlichen Ausschreibun gen teilnehmenden Unternehmen gestoppt.
Dann zum Schluss:
Im Hinblick auf das Auslaufen der Übergangsfristen für Arbeitnehmerfreizügigkeit mit den mittel- und osteuropä ischen EU-Ländern am 1. Mai 2011 besteht ohne ein sol ches Tariftreuegesetz die Gefahr, dass aufgrund fehlender Regelungen Einfallstore für Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen entstehen.
Und ganz zum Schluss:
Der SPD-Entwurf ist ein praktikabler, sozialer und Dis kriminierung vermeidender Ansatz.
Dem ist nichts hinzuzufügen. Wir sollten die baden-württem bergischen Arbeitnehmer nicht im Stich lassen, ein Zeichen setzen und heute ein wirksames Instrument gegen Lohndum ping, gegen die Ausweitung des Niedriglohnsektors verab schieden.
Wir sagen allen zu: Wenn Sie das heute ablehnen, werden wir das nach dem 27. März in einer neuen Regierung beschließen.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Herr Kollege Hauk, wenn Sie keine Ener gieversorgung auf französischem Niveau wollen, warum ha ben Sie dann eigentlich damals die Aktien an die EdF ver kauft? Das ist unglaublich.
Das Zweite, was ich vorweg sagen will, ist: Sie wiederholen jetzt einen Blödsinn, von dem Sie selbst wissen, dass es Blöd sinn ist, oder Sie haben bis zur Stunde nicht verstanden, um welche Verträge es sich handelt.
Wenn Sie sagen, der Deal wäre geplatzt, wenn das Parlament der Bürgschaft nicht zugestimmt hätte, dann führen Sie die Öffentlichkeit hinters Licht.
Der Ministerpräsident hat mehrfach betont, dass die EdF an geblich keinen Parlamentsvorbehalt akzeptiert hat.
Was Sie hier einbringen, ist ein Parlamentsvorbehalt:
Wenn der Bürgschaft nicht zugestimmt wird, dann platzt sie.
Die einzige Folge, die eingetreten wäre, wenn der Landtag der Bürgschaft nicht zugestimmt hätte, wäre, dass der Finanzmi nister die Schulden auf dem Kapitalmarkt selbst hätte aufneh men müssen, die er jetzt hinter der Neckarpri versteckt.
Das wäre die einzige Folge.
Aber der Deal wäre nie und nimmer geplatzt. Die Franzosen interessiert doch nicht, in welcher Konstruktion der EnBWAnteil übernommen wird, sondern nur, dass er übernommen wird. Diese Verpflichtung ist der Ministerpräsident eingegan gen, ohne das Parlament einzubeziehen. Deshalb ist es nach wie vor ein Verfassungsbruch.
Heute steht die Frage im Mittelpunkt: Was ist der angemesse ne Preis?
Wie man den Wert eines Unternehmens, die Zukunftsperspek tive eines Unternehmens seriös einschätzt, haben wir erlebt, als es darum ging, der LBBW mit einer Kapitalerhöhung un ter die Arme zu greifen. Da schaute nicht nur ein Wirtschafts prüfer in die Bücher der LBBW. Man hat sich nicht auf das beschränkt, was zwangsweise veröffentlicht wurde. Man hat sich nicht darauf beschränkt, zu schauen, wie vergleichbare Institute dastehen. Man hat sich nicht darauf beschränkt, das EBITDA heranzuziehen und mit einem Faktor zu beaufschla gen. Man hat vielmehr nachgeschaut und geprüft, was hinter den Zahlen steckt.
Bis zur Stunde können Sie keinen Beleg dafür bringen, dass der Preis für die EnBW-Aktien angemessen ist.
Wir können nur Zweifel daran haben, dass er angemessen ist.
Wenn wir heute Zweifel haben müssen, dass der Preis ange messen ist, zeigt das, auf welch dünnem Eis Sie einen solchen Milliardendeal abgeschlossen haben.
Das andere ist: Sie haben keinen Plan, was Sie jetzt mit dem Unternehmen machen wollen.
Sie haben überhaupt keinen Plan. Die ersten Ansagen waren:
„Der Aktienkurs steht jetzt bei 40 €. Wir treiben ihn auf 60 € hoch. Wir gehen in den DAX. Dann verkaufen wir die Akti en und machen noch einen Riesenreibach.“
Das war die Ansage des Ministerpräsidenten, kurz nachdem der Handel abgeschlossen wurde.
Dann kamen Zweifel darüber auf, wie sich das entwickelt. Man hat sich dem Verdacht ausgesetzt – der zu Recht im Raum steht, wenn man ein solches Geschäft vorhat –, es hand le sich um ein reines Spekulationsobjekt. Dann hat man hat sich wieder zurückgezogen und gesagt: „Nein, nein, wir su chen nach Partnern.“ Wer sind die Partner? Die Stadtwerke. In der Zwischenzeit haben auch wir mit vielen Stadtwerken geredet.
Sie runzeln die Stirn und zucken mit den Schultern und sagen – – Nein, nicht Tübingen.
Bis zur Stunde verschweigt der Ministerpräsident aus gutem Grund, wer da angeblich angeklopft hat. Denn es gibt nieman den. Das ist der Fakt.
Die Stadtwerke fragen sich: Was sollen wir denn eigentlich mit einem Anteil von 1 % oder 0,5 % an diesem Unterneh men? Was sollen wir denn damit?
Vor allem: Sollen wir unser Image mit einem Unternehmen kaputt machen, das nach wie vor auf einen Atomkurs setzt?
Sollen wir unser Image und unser Geschäft kaputt machen?
Es rächt sich furchtbar, dass Sie nicht in die Bücher hineinge schaut haben. Die EnBW ist unterkapitalisiert. Herr Kretsch mann hat zu Recht darauf hingewiesen: Woher kommen denn die Mittel, um die nötigen Investitionen zu stemmen? Woher kommen sie? Der Ministerpräsident hat einmal gesagt: „Dann verkaufen wir ein paar Aktien an der Börse.“
Wie bekommt die EnBW Geld, wenn das Land Aktien an der Börse verkauft? Dadurch wandert nur Geld an der EnBW vor bei.
Sie haben keinen Plan.
Deshalb sagen Beobachter zu Recht: Dieser Landesregierung fehlt die wirtschaftspolitische Seriosität.
Wenn Sie so lachen, dann setze ich noch einen drauf: Ihnen fehlt auch die moralische Kompetenz.
Wenn die Landesregierung bis zum gestrigen Tag verkündet hat, dass jemand, der als Fälscher entlarvt wurde, in seinem Ministeramt verbleiben soll und als Wahlkämpfer in BadenWürttemberg hochwillkommen ist, und am Tag des Rücktritts dann ein Mitglied der Landesregierung – Wissenschaftsmi nister Frankenberg – sagt: „Der Rücktritt war richtig, aber er kommt leider zu spät“,
dann ist das ein Ausmaß an Heuchelei, das jede moralische Kompetenz vermissen lässt.
Herr Minister, seit wann waren Sie der Meinung, dass der Rücktritt von Herrn zu Guttenberg richtig ist?
Herr Minister, ab wann waren Sie der Meinung, dass der Rücktritt von Herrn zu Guttenberg richtig ist?
Herr Minister, ich habe hier die „Stuttgarter Zeitung“ vom 24. Februar 2011. Da steht die Überschrift: „Schick stellt sich hinter Guttenberg“. Damit ist die Kultusministerin gemeint. Die Zwischenüberschrift lau tet: „Auch Frankenberg stützt Guttenberg“. Gestern werden Sie in der Zeitung mit den Worten zitiert, man müsse auch se
hen, dass er ein guter Verteidigungsminister sei und deshalb sozusagen seine Verfehlung zurückzustehen habe.
Heute, nach seinem Rücktritt, werden Sie von der dpa zitiert:
Wissenschaftsminister Peter Frankenberg hat den Rück tritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Gutten berg als richtig, aber verspätet bezeichnet.
Ich begrüße die Konsequenz, die er jetzt gezogen hat... Für ihn und das Wissenschaftssystem wäre es jedoch zu träglicher gewesen, früher zu reagieren.
Finden Sie nicht, dass Sie sich auf ein gefährliches Terrain be geben, indem Sie die Lage immer so kommentieren, wie sie ist? Wenn Sie der Meinung sind, dass es dem Wissenschafts system schadet,
wenn er trotz der Verfälschungen bei seiner Promotion im Amt bleibt, warum haben Sie sich dann als zuständiger Wissen schaftsminister nicht zu einem Zeitpunkt geäußert, als es noch darum ging, Einfluss darauf zu nehmen, dass er tatsächlich die Konsequenzen zieht?
Herr Kollege, Sie haben gera de ausgeführt, es ergebe sich automatisch, dass in landesbe teiligten Unternehmen eine Kontrolle durch Parlamentarier stattfindet, weil man am Ende dafür haftet. Können wir dann davon ausgehen, dass Parlamentarier auch in den Aufsichts rat der EnBW entsandt werden?
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Wir alle sind an einem Höchstmaß an Gemeinsamkeit bei diesem Thema interessiert. Der Debatten beitrag des Kollegen Wölfle hat gezeigt, dass er zumindest einzelnen Punkten des Antrags zustimmen kann. Deshalb schlage ich vor, dass wir einzeln über die Punkte abstimmen.
So können wir sehen, an welchen Stellen wir tatsächlich Ge meinsamkeiten haben, auf denen wir weiter aufbauen können.
Herr Staatssekretär, der Begriff „Überfall“ geht ja darauf zurück, dass Sie in der Vergangen heit immer abgestritten haben, dass es zusätzlichen Bedarf an den beruflichen Gymnasien gebe.
Frau Schick hat permanent gesagt, alle würden untergebracht.
Jetzt meine konkrete Frage: Ist Ihnen das Schreiben des Land rats des Landkreises Rastatt bekannt, in dem dieser sehr be dauert, dass der Landkreis Rastatt im Vorfeld nicht in die Pla nungen des Kultusministeriums eingebunden war und wir die ersten Informationen über die Medien erhalten mussten? Auch er beklagt also den „Überfall“.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen, Herr Ministerpräsident! Der Inhalt, das Er gebnis einer politischen Entscheidung ist nicht von der Art und Weise des Zustandekommens zu trennen – nicht in der Demokratie.
Das kann Gaddafi in Libyen egal sein, das kann Berlusconi in Italien egal sein. Aber einem Ministerpräsidenten von BadenWürttemberg darf es nicht über die Lippen gehen, dass demo kratische Prozesse „Haare in der Suppe“ sind.
Deshalb, Herr Mappus, ohne Wenn und Aber: Hätten Sie die sen Prozess anders geführt, würde die SPD heute dafür stim men.
Jetzt sage ich Ihnen, wo die Fehler liegen.
Erstens: In der Region Stuttgart war jemand Präsident des Par laments –
ein CDU-Mitglied –, der eine Rechtsanwaltskanzlei hat, ein engagierter, auch von uns gewählter Vorsitzender. Dessen Kanzlei hatte einen Rechtsstreit beim Bau der neuen Messe auf den Fildern zu führen. Daraufhin hat er sein Amt nieder gelegt und vor der Öffentlichkeit begründet, dass er nicht den Hauch eines Verdachts aufkommen lassen will, dass dieses politische Amt Einfluss auf den Rechtsstreit haben könnte. Wir haben das alles rechtlich geprüft. Da gab es überhaupt keinen rechtlichen Zwang, aber er hat gesagt: „Ich möchte nicht, dass dieser Verdacht entsteht.“
Jetzt vergleichen Sie das einmal mit dem, was wir hier beob achten. Nicht nur wir beobachten das, sondern auch die Be völkerung beobachtet das doch.
Da ist jemand, der von seiner Bank Morgan Stanley im Wahl kampf 2005 freigestellt wird, um in einem heißen Wahlkampf, der auf des Messers Schneide steht, Spenden zu sammeln. Er sammelt Millionen und trägt letztlich auch dazu bei, dass die Wahl für die CDU erfolgreich ausgeht. Dieser Investmentban ker, der Wahlkampfspendensammler für die Union war – – Es geht noch an, Herr Mappus, dass Sie ihn als einzigen Nicht parlamentarier zum Besuch beim Papst mitnehmen. Aber dass die Öffentlichkeit sagt: „Das ist doch Filz, wenn der unter der Hand freihändig solche Millionenaufträge bekommt, ohne dass man Alternativen prüft“, liegt doch auf der Hand.
Jetzt kommt der zweite Punkt: Sie haben die BaFin ins Spiel gebracht. Da hinten sitzt der Kollege Schneider. Jetzt sage ich Ihnen einmal Folgendes: Wenn der Kollege Schneider im Kre ditausschuss der LBBW auf der Grundlage dessen, was Sie uns im Finanzausschuss geliefert haben, einem Kauf von Ak tien zugestimmt hätte, würde die BaFin die Staatsanwaltschaft in die Bank schicken.
Nicht belastbar! Ich sage Ihnen auch, warum: Sie machen das nach Hausmannsart. Das ist ja spaßig.
Erst zuhören, dann erfassen, denken, sprechen.
Sie sagen: „Die EnBW braucht Geld, um in regenerative Ener gien zu investieren. Damit die EnBW das Geld hat, verkauft das Land einen Teil seiner Aktien an einen Dritten.“ Wo kommt denn da bei der EnBW Geld heraus?
Der einzige Fall – wenn Ihre Aussage so gemeint ist, dass sich die EnBW Geld über die Börse besorgt – ist die Ausgabe neu er Aktien.
Dann wird aber der Anteil des Landes verwässert. Dann ha ben Sie nicht mehr die Dividende, die Sie einstmals hatten. Dann wirkt sich das auf den Businessplan aus. Deshalb haben wir im Finanzausschuss gesagt, es reiche nicht aus, dass Ihre viel gepriesenen Berater sagen: „Den Businessplan schreibe ich in fünf Minuten auf. Darin steht: Dividende 3 %, Zinssatz 2,5 %. Das schreiben wir in den nächsten zehn Jahren mun ter fort.“ Das ist doch nicht belastbar.
Ich sage Ihnen – Herr Schneider, stimmen Sie mir zu –: Eine Bank, die auf dieser Grundlage solche Transaktionen macht, muss geschlossen werden.
Deshalb macht man das in der Bank ja auch nicht. Aber was man in der Bank nicht macht, das sollte man in der Regierung auch nicht tun.
Jetzt zu Ihrer Drohkulisse, Herr Mappus. Sie haben eine Droh kulisse aufgebaut, als drohe eine feindliche Übernahme durch einen ausländischen Investor. Gleichzeitig sagen Sie aber: „Die OEW wollen gar nicht verkaufen. Wir haben das sogar schriftlich.“
Dann sagen Sie: „Die Stadtwerke, die investiert sind, die Kommunen, die investiert sind, wollen auch nicht verkaufen.“ Die haben 8 %. Wenn ich das zusammenzähle, frage ich mich: Wo ist denn da die Drohkulisse?
Entweder sie wollen verkaufen, oder sie wollen nicht verkau fen. Wenn sie verkaufen wollen, könnte es theoretisch eine Mehrheit geben. Aber Sie sagen hier mit inbrünstiger Über zeugung: „Nur die Privatinvestoren können geneigt sein, von
dem Angebot Gebrauch zu machen.“ Wo ist denn da die Droh kulisse?
Wir reden jetzt nicht über Inhalte, Herr Rülke. Wir reden über die Form.
Da brauchen Sie nicht zu lachen. Dass Sie sich in einer Son dersitzung in einer halben Stunde mit diesen vagen Infos ab speisen lassen und den Vorgang dann abnicken, ist Ihr Prob lem und nicht meines.
Die ganze Aktion basiert auf einer Drohkulisse, die darin be steht, dass angeblich ein anonymer ausländischer Investor ei ne Mehrheit an der EnBW erreicht.
Nein, das war der Kern seiner Ausführungen.
Gleichzeitig gibt es bereits heute eine kommunale Mehrheit an dem Unternehmen.
Die gibt es. Herr Ministerpräsident, wie wäre es, wenn Sie sich in den vergangenen Jahren einmal darum gekümmert hät ten, diese ein bisschen zu bündeln und zusammenzuführen?
Das wäre auch eine schöne Herausforderung gewesen.
Aber man hat sich inhaltlich nicht so sehr damit beschäftigt, weil man mit dem Atomkurs beschäftigt war.
Sie waren und sind noch heute diejenigen, die gegen regene rative Energien anmarschieren.
Heute tun Sie so, als sei dies Ihr „Superinstrument“, um den Ausbau der regenerativen Energien voranzubringen. Sie soll
ten dem Wirtschaftsminister endlich einmal freie Hand geben, damit er wenigstens fünf neue Windräder in Baden-Württem berg aufstellen lassen kann.
Ich halte fest: Die Drohkulisse geht nicht auf.
Jetzt kommt der zweite Teil Ihrer Begründung: strikte Vertrau lichkeit. Strikte Vertraulichkeit! Nicht einmal Hauk und Rül ke durften einen Tag vorher erfahren, worum es eigentlich geht.
Jetzt haben wir heute aber gerade gehört, dass es in BadenWürttemberg andere Herrschaften gibt, die schon längst ein geweiht waren.
Das waren nämlich die Landräte von der CDU.
Wenn ich Vorsitzender der CDU-Fraktion wäre, dann würde ich die Frage stellen: Wer hat eigentlich mehr zu sagen: der Landrat von der CDU aus Ravensburg oder der Vorsitzende der Regierungsfraktion?
Jetzt haben wir heute wieder gehört: Vertraulichkeit.
Wir haben auch gehört: Diese Landräte, die die OEW vertre ten, haben sich schriftlich verpflichtet, vom Angebot des Lan des nicht Gebrauch zu machen.
Jetzt unterstelle ich einmal: Das können die auch nicht aus ei gener Machtvollkommenheit. Dazu müssen sie auch Gremi en fragen. Dann beschäftigen sich im Land Baden-Württem berg, in Oberschwaben, kommunale Gremien mit diesem The ma – übrigens vertraulich –, und der Ministerpräsident von Baden-Württemberg sagt, er könne aus Gründen der Vertrau lichkeit keine Vertreter des Parlaments einweihen. Das ist ein
Skandal! Das ist ein Skandal, der dem Fass den Boden aus schlägt.
Das ist ein richtiger Skandal.
Jetzt sagen Sie, da sei irgendwo eine Kehrtwende passiert. Das ist gar keine. Inhaltlich sind wir der Meinung, dass der Rück kauf richtig ist. Der Verkauf an die Franzosen war ein Fehler.
Wir waren damals dagegen, gemeinsam mit Oettinger. Oet tinger konnte sich nicht durchsetzen. Das war der Fehler. Des halb ist der Rückkauf richtig. Aber: Von uns hat sich wirklich niemand vorstellen können,
auf welch dünnem Eis – von der Belastbarkeit der Untersu chung, der Analyse, der Erwartung, des Businessplans her – hier gearbeitet wird.
Sie haben gesagt, da sei ein Widerspruch, weil wir gesagt hät ten: verkürztes Verfahren. Ich bin froh, dass wir das verkürz te Verfahren gewählt haben.
Denn Ihr Plan sah vor: heute
erste Lesung auf der Basis von Pressemitteilungen des Staats ministeriums, dann in der Mittagspause – holterdiepolter – Fi nanzausschuss, abnicken, dann morgen Vormittag zweite und dritte Lesung.
Die Fraktionen hätten nicht die Bohne Ahnung gehabt, wor um es eigentlich geht und was die Grundlage ist.
Deshalb haben wir gesagt: zuerst Finanzausschuss, dann Frak tionen.
Jetzt komme ich zur Sitzung des Finanzausschusses. Der Kol lege Schmid hat völlig recht: Das, was dort an Analyse gebo ten wurde,
war jämmerlich. Das war absolut jämmerlich. Ich will gar nicht sagen, dass das Geschäft ein schlechtes Geschäft ist, aber ich muss doch vor die Bürger hintreten. Wir beanstanden die se Form doch nicht zum Selbstzweck. Abgeordnete, die ver antwortlich abstimmen wollen, müssen doch vor ihre Bürger hintreten können und sagen können: 6 Milliarden € sind okay, weil erstens, zweitens, drittens, viertens, und sie sind in vier Jahren noch immer okay.
Null, nichts bekommen. Deshalb lassen sich Inhalt und Form nicht trennen. Wir kritisieren das aufs Heftigste und machen nicht mit, dass Sie sagen: „Hauptsache, das Ergebnis stimmt. Über die Form braucht man sich nicht zu unterhalten.“ Ein „Haar in der Suppe“: Es geht um demokratische Prinzipien, die zu opfern wir nicht bereit sind, egal, für welches Geschäft.
Herr Präsident, die SPD-Frak tion und die Fraktion GRÜNE sind nicht bereit, als Staffage für eine völlig folgenlose Abstimmung an diesem Abstim mungsprozess teilzunehmen. Deshalb bitten wir Sie, mit der Abstimmung zu warten, bis wir den Saal verlassen haben.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die Schlichtung ist so etwas wie eine Zä sur. Deshalb wollen wir jetzt eigentlich nicht noch einmal die Debatten führen, die wir vor der Schlichtung geführt haben,
sondern die entscheidende Frage ist doch: Wie gehen die Ein zelnen mit dem Schlichtungsergebnis um?
Da ist es schön, dass wir jetzt eine gemeinsame Position ge funden haben – CDU, SPD, FDP/DVP; andere können sich gern anschließen –, die im Kern zwei Aussagen beinhaltet. Erste Aussage: Wir begrüßen, dass nach dem Schlichtungs verfahren und dem Schlichtungsspruch Stuttgart 21 realisiert wird. Die zweite Aussage ist: K 21 ist eine schlechtere, theo retische Variante, aber keine praktische Alternative.
Eigentlich müsste diese Variante K 35 oder K 40 heißen, weil das Verfahren ja gezeigt hat, dass alles fehlt, um überhaupt in denkbaren Zeitabständen eine solche Alternative zu realisie ren. Aber, wie gesagt: Sie ist auch theoretisch die schlechtere Alternative.
Ich möchte jetzt, weil wir eine neue sachliche Ebene haben, auch ein bisschen mit Behauptungen aufräumen, die bis heu te verbreitet werden, z. B.: „Die Grünen waren schon immer dagegen. Der Protest kam zu uns, nicht wir kamen zum Pro test.“ Mir liegen viele Zitate vor. Zwei davon möchte ich ein mal vortragen:
Stuttgart 21 eröffnet faszinierende Möglichkeiten.
Das war Michael Kienzle am 18. Januar 1995 in der „Stutt garter Zeitung“. Nächstes Zitat, aus dem Jahr 1996:
... wir ziehen uns den Schuh nicht an – nicht als Grüne und auch nicht als Landtagsfraktion –, dass wir gegen Stuttgart 21 seien...
Ich will ein Stuttgart 21 als eine städtebauliche Vision für diese Region und für diese Stadt, und ich will eine Verän derung und Modernisierung am Bahnhof...
Ich bin dafür, dass die offizielle Variante der Bahn mit acht, neun oder zehn unterirdischen Gleisen vernünftig überprüft wird
und dass ein fairer Vergleich angestellt wird, was die Vor teile und die Nachteile dieser Variante sind.
Das war kein Geringerer als der „Altgrüne“ Fritz Kuhn laut Protokoll des Landtags über die Plenarsitzung vom 17. Okto ber 1996.
Dieser Vergleich hat jetzt stattgefunden. Jetzt müssten wir doch eigentlich auf der Basis dieses Vergleichs aufbauen und auch einmal mit einer anderen Legende aufräumen, dass näm lich keine Alternativen geprüft worden seien.
Stuttgart 21 ist nicht als Projekt vom Himmel gefallen,
sondern hat eine Entstehungsgeschichte.
Sie beginnt mit der Krittian-Trasse. Das ist in etwa das, was Sie jetzt nach der Verabschiedung von der Schnellbahnstre cke Wendlingen–Ulm wieder vorschlagen. Jetzt sind Sie nach 20 Jahren wieder beim Ausgangspunkt, nämlich bei dem Kopfbahnhof und der Krittian-Trasse im Filstal angelangt.
Das hat sich durch vier unterirdische Gleise weiterentwickelt; oben sollte der Regionalverkehr bleiben. Am Schluss der gan zen Debatte, der Entwicklung, kam dann eben die Integration von Fern- und Regionalverkehr in einem Tiefbahnhof, der nicht nur Vorteile für den Fernverkehr, sondern auch unglaub liche Vorteile für den Regionalverkehr bietet.
Jetzt haben wir das Ergebnis der Schlichtung: Das Projekt soll weiter realisiert werden. Der berühmte Stresstest kommt im nächsten Sommer. Dabei muss die Bahn den Nachweis erbrin gen, dass eine Erhöhung der Fahrgastzahl um 30 % in den Stoßzeiten erreicht wird. Wenn diese Erhöhung nicht erreicht wird, muss man an diesem Punkt nachbessern. Von diesem Thema wollen wir überhaupt nicht abrücken. Deshalb kann man sich jetzt weitere Debatten zu diesem Thema vernünfti gerweise eigentlich sparen und sagen: Wir warten den Stress test ab. Bis dahin wissen wir im Wesentlichen auch, was die Ausschreibungsergebnisse sind, vor allem im Hinblick auf die Tunnelstrecken. Dann wissen wir auch, ob dieses Schreckge spenst von 6, 8, 10 Milliarden €
18 Milliarden € – irgendwo eine Rolle spielt. Ich persönlich glaube das nicht. Aber dann sind wir auch in diesem Punkt schlauer.
Jetzt wäre es einfach schön, wenn man sozusagen im Rahmen der sachlichen Weiterdiskussion über das Ergebnis der Schlich tung das Thema ein wenig entmystifizieren und es auf die Di mension eines Verkehrsprojekts reduzieren würde. Seine Re alisierung kostet tatsächlich viel Geld, bringt aber unserer Meinung nach auch viel. Deshalb legen wir diesen gemeinsa men Entschließungsantrag vor und laden Sie ein, sich ihm an zuschließen.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Finanzminister Stächele hat im Zusam menhang mit der Vorlage dieses flachen Nachtrags die Begrif fe „solide“ und „nachhaltig“ verwendet. Ich sage gleich vor weg: Das ist völlig unangemessen und deplatziert. „Solide“ und „nachhaltig“ sieht anders aus.
Nehmen wir als erste Bemessungsgrundlage Ihre Ansage, Sie halbierten die Schulden. Herr Groh hat diese Sprechblase auch verwendet. Die Hälfte von 4,6 Milliarden € Neuverschuldung ergibt 2,3 Milliarden €. Sie legen 2 Milliarden € vor; es feh len 300 Millionen €. Ist das etwa ein Nasenwasser? Sie reißen Ihr Ziel um 300 Millionen €. Wenn Sie sagen, Sie halbieren die Neuverschuldung von 4,6 Milliarden €, bin ich einverstan den. Dieser Betrag macht halbiert aber 2,3 Milliarden €. Sie legen aber nur 2 Milliarden € vor.
300 Millionen € haben Sie schlicht auf die Seite geschoben, eine Sprechblase erfunden; dieser Dilettantismus zieht sich durch die ganze Anlage.
Jetzt gehen wir an die 500 Millionen €, die Sie als Sparpaket vorlegen. Dabei sind Ausschüttungen der L-Bank. Das ist
nicht gespart; das ist linke Tasche, rechte Tasche. Sie nehmen von der landeseigenen Bank Geld und sagen: Das gehört jetzt mir.
Günstigere Kreditzinsen: Da schreiben Sie auf, was der Ka pitalmarkt hergibt. Das ist keine eigene Leistung. Übrigens müssen Sie das dann noch mit der Erklärung von heute Mor gen, dass die Zinsen für Staatsanleihen steigen, in Einklang bringen.
Sie haben da rückläufige Zinsen berechnet.
Dann: Minderbedarf Bürgschaftsausfall, Vorsorge 20 Millio nen € – auch nicht gespart. Sie schreiben einfach auf, was die Entwicklung hergibt.
Jetzt kommt die tollste Nummer: dieses Vorgriffsstundenmo dell, das Sie selbst offensichtlich nicht verstanden haben.
Ich erkläre es Ihnen einmal: Sie haben gesagt – das kann man im Protokoll nachlesen –, dies sei besonders in der Familien phase interessant, weil man da mehr Geld bräuchte. Dann schaffe man eine Stunde mehr und habe mehr Geld.
Aber das ist doch nicht Ihr Modell.
Lassen Sie mich einmal geschwind zu Ende reden, dann dür fen Sie fragen; dann erkläre ich es Ihnen noch einmal.
Ihr Modell heißt: Genau in der Familienphase, wenn die Kin der klein sind, wenn sie ihren Papa und ihre Mama brauchen, lassen Sie die jungen Beamten 42 Stunden schaffen. Wenn die Kinder dann das Haus verlassen haben und in ihre eigene Wohnung ziehen, dann sagen Sie: Jetzt dürfen auch die Be amten weniger arbeiten. Familienpolitisch ist das eine Bank rotterklärung. Es müsste umgekehrt laufen. Sie müssten un ten entlasten, damit die Eltern Zeit für ihre Kinder haben.
Ich mache das Ganze erst ein mal durch.
Ja, okay.
Was Sie jetzt machen, ist eine Uminterpretation dessen, was Sie vorhin gesagt haben.
Aber Sie können ja nachher das Protokoll berichtigen.
Der zweite Schwindel bei diesem Konzept ist: Die Landesre gierung hat angeblich eine Nachhaltigkeitsstrategie. Wissen Sie, was Nachhaltigkeit heißt? Nachhaltigkeit heißt: Ich be laste nicht andere, künftige Generationen mit meiner heutigen Lebensweise. Sie sagen: Wir sparen heute, indem wir länger arbeiten lassen. Das ist aber nicht wirklich gespart. Denn die se Arbeitenden schaffen ein Guthaben an, das später fällig wird – nämlich dann, wenn wir regieren. Wir müssen dann Ih re Schulden zurückzahlen. So einfach ist das.
So einfach ist das.
Frau Schick kann doch ein Lied davon singen. Sie rennt durch die Lande und erzählt: Tausende von neuen Lehrern werden eingestellt. Die Eltern, in freudiger Erwartung, denken: Jetzt geschieht etwas gegen den Unterrichtsausfall. Mogelpackung! Allein 1 200 Lehrer arbeiten jetzt Vorgriffsstunden ab, die vor her angeblich eingespart wurden. Diese sind jetzt fällig. Da
sparen Sie doch nicht. Sie sparen nicht, sondern Sie verschie ben die Lasten in die Zukunft.
Also auch da gibt es nicht wirklich etwas, was sich sehen las sen könnte.
Jetzt sind Sie aber ganz schlau. Sie haben gesagt, Sie strei chen 1 480 Stellen über sechs Jahre: „Jetzt wird erst gestri chen, und dann schauen wir einmal, welche Aufgaben nicht erledigt werden.“ Auch da: eine Mogelpackung.
Nehmen wir einmal den ganzen Bereich der technischen Ver waltung.
Dort können schon heute nicht die Aufgaben bewältigt wer den, die bewältigt werden müssten. Was ist die Folge? Man muss dann an den Privatmarkt gehen. Man muss dann Archi tekten, Ingenieure, Bauleiter beauftragen, weil man das eige ne Personal gar nicht hat.
Es ist ein Verschiebebahnhof vom Personalhaushalt in die Sachausgaben, weil man andere anstellen muss, die die Auf gaben erledigen. Deshalb haben wir mit dem Beamtenbund ein tolles Bündnis geschlossen.
Wir haben gesagt: Wir versprechen uns gegenseitig, dass wir Stellen abbauen, aber in einer anderen Reihenfolge. Erst be sprechen wir es miteinander im Sinne unserer dialogorientier ten Politik – hinschauen, zuhören, nachdenken, festlegen.
Das ist die Reihenfolge. Wir besprechen, welche Aufgaben wegfallen können.
Da gibt es eine ganze Menge Aufgaben. Sie haben die Regie rungspräsidien angesprochen. Unsere Konzeption lautet: Wir vertrauen den Menschen vor Ort. Wir müssen sie nicht immer kontrollieren und zu Berichten zwingen, ihnen dann wieder Weisungen erteilen und im Übrigen hier und dort ein bisschen Programm machen, ein Sträßle einweihen und sonstige Din ge tun, sondern wir müssen miteinander verabreden, dass die Basis, dass die Städte und Gemeinden mehr Autonomie be kommen, selbst mehr entscheiden können, selbst mehr um setzen können. Dann können wir einen ganzen Schwanz von nachgelagerten Kontroll- und Berichtswesenaufgaben ab schaffen. Dann sparen wir wirklich ein. Das ist im Sinne der Aufgabenerfüllung und im Sinne eines sparsamen Haushalts effektiv.
Jetzt kommen Ihre Großtaten, Ihre Gestaltungstaten. Da sagt Herr Groh: finanziert aus den Überschüssen.
Jetzt bin ich doch gerade bei Herrn Groh.
Herr Groh, Sie haben gesagt: fi nanziert aus den Überschüssen. Wo kommen denn die Über schüsse her?
Nein, aus einer Mangelwirtschaft, und zwar einer falschen Mangelwirtschaft.
Jetzt nehmen wir den Bereich der Verkehrsinfrastruktur. Das sind nicht wir, sondern das ist der Rechnungshof, der Ihnen aufgeschrieben hat: Jährlich 100 Millionen € wären nötig, nur um das bestehende Straßennetz anständig zu unterhalten.
Wenn Sie weniger ausgeben – das sagt der Rechnungshof –, haben Sie nicht wirklich gespart, sondern Sie müssen dann hinterher viel größere Schäden reparieren, wenn es dann gar nicht mehr geht. 40 bis 50 % aller Landesstraßen sind in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand. Unser Wettbewerb führte holterdiepolter zu Hunderten von Anmeldungen. Alle haben gesagt: Bei mir ist die schlechteste Straße. Pfeifende ckel! Der andere hat eine noch schlechtere Straße. So geht es im ganzen Land.
Da haben Sie angeblich gespart; aber Sie haben eine Mangel wirtschaft betrieben, die das Land teuer zu stehen kommt. Mit diesen 40 Millionen €, die jetzt in die Straßensanierung ge hen, kommen Sie noch nicht einmal in diesem einen Jahr auf das Niveau, das der Rechnungshof für jedes Jahr verlangt.
Das gilt für die Instandhaltung der Gebäude ganz genauso. Mangelwirtschaft bei den Universitäten: 8 Milliarden €, sagt der Rechnungshof, wären eigentlich notwendig, um die drin gendsten Sanierungsmaßnahmen durchzuführen, damit es nicht hineinregnet usw.
Und da machen Sie ein bisschen bei den Straßen und sagen: „Wir gestalten.“ Nein, Sie vernachlässigen das. Sie unterlas sen Erhaltungsinvestitionen. Sie leben von der Substanz.
Den Deckungsvorschlag bekommen Sie dann, wenn wir ers tens einen Kassensturz gemacht haben
und zweitens eine Inventur der Liegenschaften – der Straßen, der Gebäude – gemacht haben,
weil die Menschen in Baden-Württemberg wissen müssen,
dass Sie das Land herunterwirtschaften. Das ist wirklich ein schlimmer Vorwurf. Er stimmt leider. 8 Milliarden € an Ge bäudesubstanz sind heruntergewirtschaftet; im Straßenbau werden in jedem Jahr Dutzende von Millionen Euro herunter gewirtschaftet.
Was Frau Schick anbelangt:
Das Vorgriffsstundenmodell ist besonders schädlich. Wir lei den heute unter einem eklatanten Unterrichtsausfall. Wir wis sen, dass in wenigen Jahren eine Pensionswelle auf das Land zurollt. Wir wissen schon heute, dass wir in drei, vier Jahren gar nicht genügend ausgebildete junge Lehrer bekommen wer den, um die in Pension gehenden Lehrer zu ersetzen.
Sie sagen jetzt: Wir verzichten auf die Einstellung von gut ausgebildeten Lehrern. In vier Jahren – da regieren Sie zwar nicht mehr, aber genau deshalb können Sie das machen – müs sen wir dann im ganzen Bundesgebiet herumrasen und müs sen schauen, dass wir Lehrer nach Baden-Württemberg ho len. Das ist kurzsichtig. Das ist nicht gespart, sondern das al les holt uns wieder ein.
Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir Ihnen natür lich nicht helfen, Ihr Konzept umzusetzen – worum wir gebe ten wurden –, sondern wir werden mit unserem Konzept vor stellig, das solide und nachhaltig ist. Im Rahmen dessen, was Sie jetzt im Gesamthaushalt vorgeben, werden wir unsere Vor
schläge machen. Dann fordern wir Sie auf, unsere nachhalti ge und solide Finanzpolitik zu unterstützen.