Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 85. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Gespräche einzustellen.

Urlaub für heute habe ich Frau Abg. Mielich und Herrn Abg. Stratthaus erteilt.

Krankgemeldet ist Frau Abg. Dr. Unold.

Dienstlich verhindert sind heute Herr Minister Professor Dr. Frankenberg und Herr Staatssekretär Drautz.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe den einzigen Punkt der Tagesordnung auf:

Fortsetzung der Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2010/11 (Staatshaushaltsgesetz 2010/11 – StHG 2010/11)

Wir kommen zunächst zum Buchstaben a:

Einzelplan 02: Staatsministerium

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 14/5702

Berichterstatter: Abg. Dr. Nils Schmid

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Beratung des Einzelplans 02 eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

In der Aussprache erteile ich Herrn Abg. Hollenbach das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Damen und Herren! Nicht nur hier im Landtag, sondern auch in den meisten öffentlichen und privaten Gremien, aber auch vonseiten der Unternehmen ist zu hören, noch nie sei die Aufstellung von Wirtschafts-, Finanz- und Haushaltsplänen so schwierig gewesen wie in diesen Tagen. Ich glaube, dem kann niemand widersprechen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nein!)

Wir erleben die größte und einschneidendste Wirtschafts- und Finanzkrise der Nachkriegszeit, und dies weltweit. Das Wort „Krise“ könnte man als das Wort des Jahres 2009 bezeichnen;

das haben einige Kolleginnen und Kollegen vor wenigen Minuten gehört. Dieses Wort hat der Redner dort jedoch in einen anderen Kontext, in einen anderen Zusammenhang gestellt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Er hat dabei auch den Begriff „Vertrauenskrise“ gebraucht. Ich glaube, das trifft den Nagel eher auf den Kopf, als dies bei vielen anderen Kommentaren, die wir zu diesem Thema hören, der Fall ist.

Die Wirtschaftspläne der Unternehmen, gleich welcher Art, beruhen heute mehr auf unsicheren als auf stabilen Fakten, und die Prognosen müssen zudem leider viel zu oft nach unten korrigiert werden.

Was für die privaten Unternehmen gilt, gilt für die öffentlichen Finanzen in besonderer Weise – allerdings mit einem deutlichen Unterschied: Der private Unternehmer kann mit gro ßem Einsatz, mit Kreativität und durch das Erschließen neuer Märkte eventuell die Möglichkeit erlangen, neue Einnahmen zu generieren. Gelingt dies jedoch nicht, bleibt ihm oft nur die Kurzarbeit oder gar die Entlassung von Mitarbeitern und äußerstenfalls die Schließung von Unternehmen.

Was er aber einstellt und leider oft auch einstellen muss, das ist das Bezahlen von Steuern. Das merken dann wir in den öffentlichen Bereichen. Bund, Länder und Kommunen und auch die Sozialkassen beklagen die rückläufigen Einnahmen. Viel Kreativität bei der Beschaffung von Einnahmen können wir nicht gerade entwickeln. Daran hindern uns Gesetze und andere Gegebenheiten. Die Möglichkeit des Abbaus von Leis tungen und Angeboten ist meines Erachtens auch immer nur sehr beschränkt vorhanden. Hier sind enge Grenzen gesetzt, oder ein Abbau ist gar nicht möglich; denken wir nur an Bildung, an Kindererziehung, an die Unterhaltung öffentlicher Infrastruktureinrichtungen.

So bleibt eben – leider Gottes, muss man sagen – für die öffentlichen Hände meist nur der Gang zum Kreditmarkt, die Aufnahme weiterer Schulden. Niemand, weder die Privatpersonen noch die Unternehmen, noch wir, die wir öffentliche Verantwortung zu tragen haben, können mit dieser Situation zufrieden sein; niemand kann sich damit abfinden.

Deshalb sehe ich es als eine der wichtigsten und größten Herausforderungen unserer Zeit an, sich diesen Aufgaben zu stellen und vor allem zur Lösung von zwei Fragen beizutragen. Erstens: Kommt unsere Wirtschaft wieder zu Aufträgen und Erträgen, und wie schnell geschieht dies? Und zweitens: Wird es gelingen, die sogenannte Staatsquote, nämlich Aufgaben und Ausgaben des Staates, zu reduzieren?

An der Lösung dieser beiden Fragen mitzuarbeiten ist, meine ich, unser aller Pflicht. Denn gibt es keine Antworten auf die se Fragen, dann wird sich die Spirale der Verschuldung weiterdrehen mit Folgen, an die ich gar nicht zu denken wage.

Unter diesen Rahmenbedingungen und in diesem Finanz- und Wirtschaftsumfeld beraten wir den Haushalt 2010/2011 für das Land Baden-Württemberg. In der Debatte am 19. Januar, also vor wenigen Tagen, wurden hier in diesem Hohen Haus – das kann ich schon sagen – eindrucksvolle, wichtige und richtige Aussagen dazu gemacht. Die Vorsitzenden der Fraktionen haben – jeder eben aus seiner Sicht – die Finanzsituation beschrieben, Kritik geübt, Vorschläge geäußert und manch mal auch nur Andeutungen gemacht. Unser Ministerpräsident Günther Oettinger hat in einer für mich überzeugenden Weise mit hohem Sachverstand, fundiert, offen und auch schonungslos die Zusammenhänge, die Konsequenzen und die Notwendigkeiten erläutert. Für diese eindrucksvolle, großartige Rede, lieber Herr Ministerpräsident, möchte ich Ihnen ganz herzlich danken.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! – Abg. Reinhold Gall SPD: Da war „Viel Glück!“ da- bei, aber keine Konsequenz! Viel Glück hat er uns gewünscht!)

Ich würde Ihnen raten, das nachzulesen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU zu Abg. Reinhold Gall SPD: Sie können es auch zweimal lesen!)

Vielleicht können Sie daraus auch einige Schlüsse ziehen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ich habe sogar zugehört! Da war „Viel Glück!“ dabei, aber sonst nichts!)

Nach dieser Grundsatzdebatte am 19. Januar und den darauf folgenden intensiven Beratungen im Finanzausschuss möchte ich mich heute auf den Einzelplan 02 – Staatsministerium – beschränken. Dieser Einzelplan ist ja, vom Volumen und von den Zahlen her betrachtet, einer der kleinsten. Ausgaben von 42,7 Millionen € im Jahr 2010 und 43,9 Millionen € im Jahr 2011 weist dieser Einzelplan aus. Der Anteil am Volumen des Gesamthaushalts ist mit 0,12 % noch geringer als der gestern von Ihnen, Herr Kollege Gall, erwähnte Anteil des Landtags von 0,14 %. Umgerechnet betragen die Ausgaben in diesem Einzelhaushalt weniger als 4 € je Einwohner.

Auch die Ausgabesteigerungen im Vergleich zu den Vorjahren sind mit einem Zuwachs von 1,6 % bzw. 2,7 % – man kann es schon so sagen – bescheiden, und das bei einem Anteil der Personalausgaben von 56 %. Es ist also wirklich ein sparsamer Haushalt.

Selbst dieser geringe Zuwachs und diese geringen Ausgaben sind nur durch globale Minderausgaben realisierbar. Dies wird den Haushältern im Staatsministerium und vor allem auch dem künftigen neuen Chef des Staatsministeriums einiges abverlangen. Denn 2 Millionen € aus einem Volumen von 42 Millionen € herauszupressen ist nicht ganz einfach.

Dieses Ministerium hat bisher sparsam gewirtschaftet und wird dies auch künftig tun. Selbst wenn Vergleiche mit ande

ren Ländern immer etwas hinken und nie ganz korrekt sind, sei es doch erlaubt, einen Vergleich der Personalausstattung unseres Staatsministeriums mit der Personalausstattung der Staatsministerien anderer Länder – bei einem Personalkostenanteil von 56 % an den Ausgaben ist dies sicher angebracht – anzustellen. Von 316 Stellen im gesamten Einzelplan 02 entfallen rund 200 Stellen auf das Staatsministerium; das sind, in Relation zur Einwohnerzahl gesetzt, etwa 18,9 Stellen pro eine Million Landeseinwohner. Andere Flächenländer liegen deutlich über diesem Wert. In Bayern und Hessen sind es 32, in Rheinland-Pfalz sogar 41 Stellen pro eine Million Landeseinwohner. Lediglich Nordrhein-Westfalen ist mit 17,7 Stellen je eine Million Landeseinwohner noch etwas günstiger aufgestellt. Diese Zahlen sind sicherlich nicht von größter Bedeutung, aber einen gewissen Aussagewert auch im Hinblick auf die Sparsamkeit kann man ihnen doch abgewinnen.

Im Einzelplan 02 – Staatsministerium – sind die Aufwendungen abgebildet, die eine große Außenwirkung haben und die vor allem dem Ansehen unseres Landes zu dienen haben. Neben den Aufwendungen für das Ministerium und die Repräsentation sind dies die Aufwendungen für die Förderung der Medien- und Filmgesellschaft, die Förderung von Stiftungen und internationalen Institutionen sowie die Förderung von Initiativen und Projekten im Zusammenwirken mit der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg. Zu Letzterem haben wir von der CDU-Fraktion einen Änderungsantrag gestellt, weil wir der Meinung sind, dass auch aus unserem Land Signale in die Länder ausgehen müssen, in denen die Situation noch schwieriger ist als bei uns. Auch ein Anteil des Landes Baden-Württemberg an der Finanzierung der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau ist erstmals in diesem Haushaltsplan enthalten.

Weitere wichtige Ausgabepositionen im Haushaltsplan des Staatsministeriums sind die Aufwendungen für den Staatsgerichtshof, die Landesvertretungen in Berlin und in Brüssel – sie haben auch eine ganz große Bedeutung für unser Land –, die Landeszentrale für politische Bildung und die Führungsakademie.

Auch wenn in diesem Einzelplan nicht die ganz großen Zahlen erscheinen, nicht die Milliarden, die in anderen Einzelplänen bewegt werden – finanziert wird über diesen Einzelplan Wichtiges und Bedeutendes, nämlich die verantwortliche Führung unseres Landes: das Staatsministerium, der Ministerpräsident und der Staatsgerichtshof. Sie alle zusammen sind unverzichtbar und wichtige Aushängeschilder zur Außendarstellung unseres Landes. Sie beanspruchen – ich betone es nochmals – nur 0,12 % des Gesamthaushalts von 34 Milliarden €, die unser Land zu schultern hat. Diese Zahlen sind von ihrem Volumen her nicht gerade von großer Bedeutung. Aber unser Staatsministerium hat Bedeutung und erzielt Wirkung. Deshalb, meine ich, sollten wir alle dem vorliegenden Haushaltsplan 02 – Staatsministerium – in der vom Finanzausschuss empfohlenen Fassung zustimmen.

Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hollenbach, Sie haben nichts zu den Portokosten im Staatsministerium gesagt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Wird das jetzt Ihr Hauptthe- ma? – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ja, die Klein- krämer sitzen auf der anderen Seite des Parla- ments!)

Ich möchte, liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst ebenfalls mit den wirtschaftlichen Herausforderungen beginnen, die sich im Jahr 2010 und voraussichtlich auch im Jahr 2011 in Baden-Württemberg stellen.

Bei der letzten Debatte hat man mir vorgeworfen, dass wir zwei wichtige Projekte, die wir einfordern, um dem Mittelstand in Baden-Württemberg unter die Arme zu greifen – einen Mittelstandsfonds und eine Mittelstandsanleihe –, anböten wie sauer Bier und niemand dies wolle. Sie haben dann auch im Finanzausschuss einen entsprechenden Antrag von uns abgelehnt. Aber in der Zwischenzeit waren Sie im Klos ter und haben beraten und hatten auch wichtige Leute wie den IG-Metall-Chef Huber eingeladen. Hinterher – oh Wunder, wahrscheinlich eine Eingebung – hat Herr Mappus, der heute nicht da sein kann, vor der Presse erklärt, mit ihm könne man über diese Themen reden. Aha.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD – Abg. Ernst Behringer CDU: Reden kann man immer!)

Jetzt ist er nicht da. Sonst hätte ich gesagt: Herr Mappus, was machen wir denn seit Monaten? Wir reden darüber. Es ist aber Zeit zu handeln. Wir können jetzt nicht noch länger darüber reden.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Tage kommt ein Fonds der Deutschen Bank auf den Markt, der genau in diese Lücke zielt, um dem Mittelstand mit Eigenkapitalunterstützung unter die Arme zu greifen, weil – ich muss das gar nicht mehr erzählen – in der Krise viele zu viel Eigenkapital aufgebraucht haben, um über die Runden zu kommen.

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)