Protokoll der Sitzung vom 29.07.2010

Meine Damen und Herren! Ich er öffne die 99. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württem berg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich Frau Abg. Rudolf und Herrn Abg. Schebesta erteilt.

Dienstlich verhindert sind Frau Staatsrätin Dr. Ammicht Quinn und Frau Ministerin Gönner.

(Zuruf: Was? – Abg. Klaus Herrmann CDU: Frau Mi nisterin Gönner ist anwesend! – Zuruf der Ministerin Tanja Gönner – Unruhe)

Ich bitte um Entschuldigung. Frau Ministerin Gönner ist ab 12:30 Uhr dienstlich verhindert.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Guter Präsident!)

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, gebe ich bekannt, dass zu Tagesordnungspunkt 7 – Fragestunde – keine Münd lichen Anfragen eingegangen sind. Damit entfällt Punkt 7.

Tagesordnungspunkt 11 soll abgesetzt werden.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Die Blockade wichtiger Entscheidun gen in der schwarz-gelben Landesregierung im Interesse der Menschen in Baden-Württemberg überwinden! – be antragt von der Fraktion der SPD

Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die ein leitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Herbst ver gangenen Jahres wurde Schwarz-Gelb bei der Bundestags wahl mit einem großen Vertrauensvorschuss bedacht. Inzwi schen ist dieses Vertrauen aufgebraucht. Eine unsägliche Kli entelpolitik, wüste Beschimpfungen auf offener Szene, ein Hin und Her und eine Blockade in wichtigen Zukunftsfragen sorgen dafür, dass Schwarz-Gelb immer mehr Zuspruch ver liert. Heute lesen wir aktuell in den Zeitungen, dass die CDU bundesweit bei einem Stimmenanteil von unter 30 % liegt.

(Abg. Jörg Döpper CDU: Machen Sie sich Sorgen? – Minister Helmut Rau: Die SPD übrigens auch!)

Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, versucht die schwarz-gelbe Landesregierung, die schwarz-gelbe Koa

lition in Baden-Württemberg, sich zu verstecken. Sie versucht, den Eindruck zu erwecken, als sei sie etwas völlig anderes als Schwarz-Gelb auf Bundesebene und habe mit dem, was in Berlin passiert, gar nichts zu tun. Doch wenn man einmal ge nauer hinschaut, was Schwarz-Gelb in Baden-Württemberg praktiziert, muss man feststellen: Es ist ein und dasselbe: un sägliche Klientelpolitik, wüste Beschimpfungen und Blocka de in wichtigen Zukunftsfragen.

(Beifall bei der SPD – Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP)

Die Klientelpolitik hat gleich in den ersten Wochen begon nen, nachdem die Regierung Mappus gestartet ist, als es ein Hin und Her und ein Käsdrecksgeziehe

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wie heißt das Wort? – Abg. Jörg Döpper CDU: „Kesdreck“ heißt das! Sie können nicht einmal Schwäbisch!)

um den Ankauf der Steuerdaten-CD gab, mit dem Ergebnis, dass sich Herr Mappus am Ende darauf festgelegt hat: „Um ja niemandem auf die Füße zu treten, müssen wir Abstand nehmen. Kauft die Steuersünderdaten-CD nicht.“ Dass man damit das Gerechtigkeitsgefühl von allen ehrlichen Steuer zahlern verletzt, hat man bewusst in Kauf genommen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Meine Damen und Herren, das, was man in der Zeitung dar über liest, was die Koalitionspartner in nicht öffentlichen Aus schusssitzungen übereinander sagen, z. B. bei der Beratung des Gesetzes zur Notariatsreform,

(Abg. Jörg Döpper CDU: Vorsicht!)

ist ein ganz dicker Hund.

(Abg. Bernd Hitzler CDU: Eine Einzelmeinung!)

Im Grunde genommen kann man das als Opposition gar nicht mehr toppen, wenn der eigene Koalitionspartner sagt, das sei das schlechteste Gesetz, das jemals aus dem Haus des Justiz ministers herausgekommen ist.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Es zählt das Abstim mungsergebnis!)

Man fragt sich nur, meine Damen und Herren: Weshalb stim men Sie diesem Käsdreck eigentlich zu?

(Beifall bei der SPD und der Abg. Theresia Bauer GRÜNE – Abg. Jörg Döpper CDU: „Kesdreck“, mit e!)

Dann kommen wir zu den Themen, bei denen Versprechun gen gemacht werden, Ankündigungen gemacht werden und bei denen wir am Ende in einer gegenseitigen Blockade ste cken bleiben. Wie oft hat der Wirtschaftsminister gesagt?: „Ei ne Offensive der Windkraft steht bevor. Ich bereite eine Ka binettsvorlage vor. Jetzt wird alles anders. Das Gesetz muss man dafür nicht ändern. Es wird alles anders. Das ist der Durchbruch für die Windkraft.“

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: So ist es!)

Gestern entdeckt der Ministerpräsident hier die Umwelttech nologie als Zukunftsthema für die baden-württembergische Wirtschaft. Er kündigt an: Wir gründen eine Agentur. Meine Damen und Herren, es geht nicht darum, eine Agentur zu gründen, sondern darum, endlich einmal das umzusetzen, was man angekündigt hat. Sie haben dem Wirtschaftsminister wie der die Grundlagen seiner Politik für die Windkraft, die schmal genug sind, entzogen. Selbst das ist Ihnen zu viel. Sie reden von Umweltpolitik, blockieren tatsächlich aber jeden Fortschritt, wenn es real wird.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Der Innenminister kündigte im letzten Jahr eine gesetzliche Grundlage an, mit der Alkoholexzesse in den Städten wirk sam unterbunden werden sollen und Rechtssicherheit für die Kommunen und die Polizei entstehen soll.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Gute Geschichte!)

Noch im März sagte er: Wir lassen unsere Kommunen nicht im Stich. Dann arbeitet er fleißig einen Gesetzentwurf aus. Mit diesem Gesetzentwurf beschäftigt sich die Jugendorgani sation der FDP, die Julis. Die Julis erheben öffentlich Wider spruch. Der Regierungschef sagt, er habe Verständnis dafür, wenn die Julis dabei nicht mitmachten, und fordert seinen Mi nister auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Verständnis für die Jugend!)

Meine Damen und Herren, Sie zeigen: Es ist Jacke wie Hose, es ist dieselbe „Firma“, Schwarz-Gelb in Berlin und SchwarzGelb hier. Wir fordern Sie auf, sich nicht länger zu verstecken, sondern sich hier ehrlich hinzustellen und zu sagen: Wenn im nächsten März über Schwarz-Gelb in Baden-Württemberg ab gestimmt wird, trifft das auch Schwarz-Gelb in Berlin. Aber es ist eine „Firma“, eine Politik. Im Interesse unseres Landes ist es Zeit, dass sie nicht nur in Berlin, sondern auch in Stutt gart beendet wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: War das jetzt alles? – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Was wollte er uns jetzt eigentlich sagen?)

Ich erteile Herrn Abg. Herrmann das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Herr Kollege Schmiedel, es ist schon et was seltsam, was Sie hier für einen Popanz aufführen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Bravo!)

Wir, die CDU und die FDP/DVP in Baden-Württemberg, ha ben eine Koalitionsvereinbarung verabschiedet. Wir haben, wie es bei unterschiedlichen Parteien üblich ist, bei einigen Themen auch unterschiedliche Meinungen. Alles andere wä re unehrlich. Das sagen wir auch ganz klar. Wenn man eine Koalition eingeht, muss jede Seite auch Kompromisse einge hen.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Genau das haben wir getan.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Aber nicht auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das verstehen Sie doch nicht!)

Schauen Sie sich einmal an, welche schwierigen Themen wir in den letzten Jahren umgesetzt haben. Ich will nur einmal un sere Haushaltspolitik in den letzten Jahren nennen: Wir haben zwei Haushalte mit massiven Einsparungen und ohne neue Schulden vorgelegt, meine Damen und Herren. Wer mit Aus nahme der gestrigen Abstimmung über den Nachtragshaus halt immer blockiert hat, das war die Opposition.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Sie haben ein weiteres Beispiel angesprochen, nämlich die Notariatsreform. Zu der Notariatsreform gab es einen langen, schwierigen Diskussionsprozess, bei dem es in beiden Regie rungsfraktionen unterschiedliche Auffassungen gab. Aber ges tern haben wir in der Zweiten Beratung diesen Diskussions prozess zu Ende gebracht, entschieden und einer Lösung zu geführt.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Mit Hängen und Würgen! Bei euch wollte das doch kein Mensch! Mit der Faust in der Tasche habt ihr das gemacht!)