Protokoll der Sitzung vom 05.02.2010

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 86. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich Frau Abg. Lösch, Frau Abg. Mielich sowie den Herren Abg. Lehmann und Dr. Mentrup erteilt.

Krankgemeldet ist Frau Abg. Dr. Unold.

Aus dienstlichen Gründen hat sich Frau Ministerin Dr. Stolz entschuldigt.

Dienstlich verhindert sind Frau Staatsrätin Professor Dr. Hübner, Herr Staatssekretär Fleischer und Herr Staatssekretär Drautz.

Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident Oettinger hat mir mit Schreiben vom 29. Januar 2010 gemäß Artikel 41 Abs. 2 der Landesverfassung mitgeteilt, dass er sein Landtagsmandat mit Ablauf des 5. Februar 2010 niederlegt.

Herr Abg. Oettinger, heute vollzieht sich also Ihr Abschied aus dem Landtag. Uns eint deshalb fraktionsübergreifend das Bedürfnis, Ihnen Dank und Hochachtung zu bekunden, dass Sie 26 Jahre für die Landespolitik gelebt haben. Ich denke, man kann das so sagen.

Der Landtag ohne Sie – das ist gewöhnungsbedürftig, weil Sie schon als junger Abgeordneter eine prägende Persönlichkeit gewesen sind und weil Sie bei aller Leidenschaft stets sportlich-fair, kollegial, ja kameradschaftlich agiert haben.

1984 im Wahlkreis Vaihingen/Enz direkt gewählt, platzierte Sie der erste Buchstabe Ihres Nachnamens im Mittelfeld unseres Plenarsaals. Sie standen jedoch sofort im medialen Rampenlicht. Sie waren bekanntlich Landesvorsitzender der Jungen Union und wussten diese Plattform öffentlichkeitswirksam zu nutzen.

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/DVP)

Ihre ersten parlamentarischen Sporen verdienten Sie sich im Sozialausschuss und im Umweltausschuss. Renommee wurde Ihnen zudem als maßgeblicher Verfasser der „Grünen Charta“ zuteil.

1991 übernahmen Sie den Vorsitz der CDU-Fraktion. Sie übten diese Funktion in drei Konstellationen aus: in der absoluten Mehrheit, in der Großen Koalition und in der jetzigen Konstellation. Sie praktizierten jeweils mustergültig die Ma

xime „Führen ist eine Kategorie des Dienens“. Sie ebneten nicht nur die parlamentarischen Wege für das Regierungshandeln, sondern Sie beeinflussten es auch geräuschlos in der Sache.

Charakteristisch für Sie wurden zudem Ihre detailfeste Kompetenz auf sämtlichen Politikfeldern und Ihre Intimkenntnis der lokalen Gegebenheiten landauf, landab. Selbst enge Weggefährten fragten sich, wann und wie Sie sich mit all den Fakten und Argumenten wappneten – trotz Ihrer Terminfülle und trotz Ihrer Neigung, das gesellige Ende von Veranstaltungen nicht zu versäumen.

(Heiterkeit und Beifall bei allen Fraktionen)

2005 fand die Wahl zum Ministerpräsidenten statt. Es war ein Rollenwechsel, doch keine Entfremdung vom Landtag. Sie achteten den Landtag jederzeit und dezidiert als zentrales politisches Forum. Dafür gebührt Ihnen unser spezifischer Respekt.

Die relative Kürze Ihrer Amtszeit täuscht: Sie konnten Bedeutsames dauerhaft erreichen. Ihr Name steht ohne Verfallsdatum für die Schuldenbremsen im Grundgesetz und in der Landeshaushaltsordnung, für den Pensionsfonds, für Stuttgart 21 und für das „Kinderland“ Baden-Württemberg als Arbeitstitel einer Megaaufgabe.

Herr Ministerpräsident, Sie haben offen bekannt, auch mit Wehmut zu scheiden. Das können wir nachempfinden. Zugleich freuen wir uns, dass bei Ihnen die anderen Zutaten der berühmten „gemischten Gefühle“ inzwischen wohl dominierend geworden sind, namentlich der sprichwörtliche Zauber eines neuen Lebensabschnitts und die positive Hochspannung angesichts der Gestaltungsmöglichkeiten in größerem Rahmen.

Wir Baden-Württemberger wollen Sie als EU-Kommissar nicht für uns vereinnahmen. Aber wir wissen, dass wir einen hilfsbereiten Ansprechpartner und wohlmeinenden Ratgeber in Brüssel bekommen werden. Umso mehr wünschen wir Ihnen alles Gute für Ihr Wirken in der EU-Kommission.

(Die Abgeordneten aller Fraktionen spenden stehend anhaltenden Beifall.)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Paul Locherer hat heute Geburtstag. Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich ihm herzlich und wünsche ihm alles Gute.

(Beifall bei allen Fraktionen – Zuruf von der SPD: Da gehen wir hin!)

(Präsident Peter Straub)

Meine Damen und Herren, wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Fortsetzung der Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2010/11 (Staatshaushaltsgesetz 2010/11 – StHG 2010/11)

Wir kommen zunächst zum Buchstaben a:

Einzelplan 14: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 14/5714

Berichterstatter: Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel

Berichterstatter für die Bereiche Bibliothekswesen und Kunst: Abg. Klaus Herrmann

Das Präsidium hat eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

In der Aussprache erteile ich Herrn Abg. Dr. Schüle das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Investitionen in Bildung, Investitionen in Forschung und Investitionen in die Innovationskraft unseres Landes sind seit vielen Jahrzehnten konsequente Schwerpunkte unserer Politik, und dies mit großem Erfolg. BadenWürttemberg ist auch nach der jüngsten EU-Studie unter allen 68 Regionen Innovationsland Nummer 1 in Europa.

Mit dem Einzelplan 14 beschließen wir weitere entscheidende Maßnahmen, um den Erfolgskurs unseres Landes fortzusetzen. Im Folgenden werde ich mich auf den Bereich Wissenschaft und Forschung konzentrieren. In der zweiten Runde wird mein Kollege Christoph Palm zum Kunstbereich sprechen.

Zunächst einmal möchte ich mich für die exzellente Vorbereitung und Abstimmung dieses Haushalts bei unserem Wissenschaftsminister Dr. Peter Frankenberg, bei Staatssekretär Dr. Dietrich Birk sowie bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst bedanken.

(Beifall bei der CDU)

Vier Schwerpunkte für den Bereich Wissenschaft und Forschung stelle ich für die CDU-Fraktion in den Mittelpunkt.

Erstens: Exzellenzinitiative. Mit dem heute zu beschließenden Haushalt sichern wir die erfolgreiche Fortsetzung der Exzellenzinitiative der Hochschulen in Baden-Württemberg. Allein 20 von 85 bundesweit bewilligten Graduiertenschulen, Exzellenzclustern und Zukunftskonzepten, allein vier von neun Exzellenzuniversitäten kommen schon jetzt aus Baden-Würt temberg.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

600 Millionen € haben wir an zusätzlichen Bundesmitteln durch die erste Exzellenzinitiative in unser Land geholt. Daran knüpfen wir nahtlos an. Wir schaffen jetzt die finanziellen und strategischen Voraussetzungen dafür, dass unsere Hochschulen in der nächsten Runde ab dem Jahr 2013 weiterhin erfolgreich sein werden. 29 Millionen € jährlich stellen wir dafür in unseren Haushalt ein. Unser Ziel ist es, dass wir eine noch größere Anzahl unserer Hochschulen in der Exzellenz initiative II durchsetzen werden.

Zweitens: Mit dem Doppelhaushalt 2010/2011 verbessern wir weiter die konkrete Situation der Studierenden an unseren Hochschulen. Im Rahmen des Ausbauprogramms „Hochschule 2012“ stellen wir zusätzliche Mittel zur Verfügung, um neue, qualitativ hochwertige Studienplätze zu schaffen. Hierfür werden zusätzliche Mittel in Höhe von 113 Millionen € im Jahr 2010 und 120 Millionen € im Jahr 2011 zur Verfügung gestellt.

Auf die neuen Zahlen des Statistischen Landesamts haben wir umgehend reagiert. Hierzu haben wir in der CDU-Fraktion am Dienstag ein ausführliches Gespräch mit der Präsidentin des Statistischen Landesamts geführt. Weitere 4 000 Plätze werden bereitgestellt. Die Abstimmung mit den Hochschulen und der regionalen Wirtschaft ist in vollem Gange, und die Maßnahmen sind in der Umsetzung. Baden-Württemberg ist – das will ich ausdrücklich hervorheben – bundesweit das einzige Land, das im Interesse der Studierenden ein solches Ausbauprogramm, orientiert an den Bedürfnissen des Landes, auf die Beine gestellt hat.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Berechtigte Kritikpunkte unserer Studierenden greifen wir auf und erarbeiten dazu gemeinsam konkrete Lösungen.

Der Umstieg auf das neue Studiensystem mit Bachelor- und Masterabschlüssen funktioniert überwiegend sehr gut. An einigen Hochschulen aber, vor allem an den geisteswissenschaftlich orientierten Fakultäten unserer Universitäten, gibt es Umstellungsprobleme. Deshalb haben wir auf diese Kritik reagiert. Minister Frankenberg hat in enger Abstimmung mit unserer Fraktion den Rahmen für notwendige Verbesserungen auf Bundesebene mit Erfolg durchgesetzt: Lockerung des starren Zeitkorsetts bei Bachelor und Master, Aufbrechen der starren Vorgaben für die Akkreditierungssysteme. Damit wurde die notwendige Flexibilisierung durchgesetzt.

Am 8. März werden wir auf unserem Kongress zusätzlich noch die praktischen Erfahrungen unserer Studierenden konzentriert aufnehmen, und wir werden dann die noch verbliebenen Umstellungsschwierigkeiten beseitigen.

Die Einführung sozial verträglicher Studiengebühren ist – das wird immer deutlicher – ein Erfolg. 138 Millionen € jährlich mehr für weitere Qualitätsverbesserungen für unsere Studierenden stehen auch in den kommenden zwei Jahren zur Verfügung.

Bei der Bereitstellung zusätzlicher Lehrkräfte, bei der Verbesserung der Lehre, bei der Modernisierung und der besseren technischen Ausstattung der Labore und Hörsäle kommen wir spürbar voran. Noch vor zwei Jahren, verehrte Frau Kollegin Bauer, haben Sie von dieser Stelle aus behauptet, wegen der

Studiengebühren werde die Zahl der Studierenden in unserem Land zurückgehen. Heute steht fest: Genau das Gegenteil ist der Fall.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Hört, hört!)