Meine Damen und Herren! Ich er öffne die 98. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württem berg und begrüße Sie. Ich darf Sie bitten, die Plätze ein zunehmen und die Gespräche einzustellen.
Urlaub für heute habe ich Frau Abg. Brunnemer, Frau Abg. Rudolf, Herrn Abg. Schebesta und Herrn Abg. Teufel erteilt.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Georg Nelius hat heute Geburtstag. Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich Ihnen, Herr Kollege, herzlich und wünsche Ihnen alles Gute.
Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen ver vielfältigt vor. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu.
zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württem berg – Drucksachen 14/6600 bis 14/6630
liche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsausgaben (Be schlüsse des Landtags vom 15. März 1973, DS 6/1993, und vom 20. Dezember 1973, DS 6/3910 Ziff. II Nr. 6); Haushaltsjahr 2010 (Januar – März) – Drucksache 14/6701
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass das Präsidium übereingekommen ist,
aufgrund des für heute anberaumten Parlamentarischen Abends die Plenarsitzung um 19:30 Uhr zu beenden und die Tagesord nungspunkte, die bis dahin nicht behandelt werden konnten, auf die morgige Sitzung zu verschieben. Sie werden dann in der morgigen Sitzung nach Punkt 3 der Tagesordnung aufge rufen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Baden-Württemberg hat die schwerste globale Wirtschaftskrise seit seiner Gründung hinter sich gelassen. Noch vor einem Jahr bestimmten Re kordeinbrüche bei Aufträgen und Umsätzen in den Unterneh men die Lage.
Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg war die Weltwirtschaft in Gänze geschrumpft. Der Welthandel hatte mit einem Ein bruch um fast 12 % den stärksten Rückgang seit der Großen Depression in den 1930er-Jahren erlitten. Zum ersten Mal in der modernen Wirtschaftsgeschichte waren zeitgleich alle Länder und alle Märkte rund um den Globus von den Krisen geschehnissen betroffen.
Ich war in den Betrieben und habe mit Mittelständlern gespro chen, denen im Herbst 2008 von einem Tag auf den anderen die Hauptauftraggeber in den USA und in Asien einfach ab gesprungen sind. Ich habe Unternehmen besucht, die den Bau ihrer neuen Werkshalle stoppen mussten und den Rohbau ver siegelt haben, weil plötzlich niemand mehr wissen konnte, wie es weitergeht. Ich habe gesehen, welche Spuren die Kri se durch unser Land gezogen hat.
Aber ich habe nirgends erlebt, dass Unternehmer, Schichtlei ter oder Mitarbeiter an der Werkbank mit Panik oder Pessi mismus auf diesen harten Stresstest für unsere gesamte Wirt schaft reagiert haben.
Dabei herrschte an düsteren Prognosen und Schreckenssze narien kein Mangel – auch und gerade für Baden-Württem berg und seine Wirtschaft. Meine Damen und Herren, noch vor Monaten hatten auch in diesem Haus, an diesem Platz ei nige Redner Bilder von „Massenentlassungen“ und „massen
haften Insolvenzen“ an die Wand gemalt. Einige besonders eilfertige Kriseninterpreten kündigten schon den Niedergang Baden-Württembergs an und sprachen von „Deindustrialisie rung“.
Was wir heute aber tatsächlich erleben, meine Damen und Herren, ist exakt das Gegenteil davon. Baden-Württemberg hat die Krise genutzt. Unsere Unternehmen haben sich neu aufgestellt, ihr Know-how weiterentwickelt, Mitarbeiter ge schult, Produkte verbessert und Prozesse optimiert. Wirt schaft, Sozialpartner und Politik im Land haben an einem Strang gezogen und den Weg dafür bereitet, dass wir jetzt – im neuen Aufschwung – wieder voll durchstarten können.
Die aktuellen Zahlen aus der Wirtschaft zeigen eindrucksvoll, dass dieser Start gelungen ist und dass wir im Steigflug sind. Die Nachfrage nach Industrieprodukten made in Baden-Würt temberg lag in den ersten fünf Monaten dieses Jahres um 30 % über dem Vorjahreswert. Schon den siebten Monat in Folge gab es in der Industrie mehr Aufträge als im Vorjahresmonat. Die Autoindustrie im Land verzeichnet aktuell ein Auftrags plus von 37 % im Vergleich zum letzten Jahr. Die Maschinen baufirmen melden sogar 63 % mehr Aufträge. Dabei liegen die Zugewinne bei den Neuaufträgen im Maschinen- und An lagenbau in Baden-Württemberg nach Zahlen des VDMA fast zehn Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt.
Die Umsätze der baden-württembergischen Industrie sind im Jahresvergleich um fast ein Fünftel gestiegen. Bosch hat im ersten Quartal 25 % mehr umgesetzt. Bei Mahle waren es 30 %, und der Dichtungshersteller Elring-Klinger kommt so gar auf 40 % Zuwachs.
Keine Frage: Einige Branchen und Betriebe haben noch mit den Folgen und Auswirkungen der Krise zu kämpfen, und wir können noch nicht in allen Bereichen Entwarnung geben. Aber wahr ist eben auch: Viele Unternehmen, gerade in den indus triellen Schlüsselbranchen des Landes, werden die krisenbe dingten Rückschläge deutlich schneller als erwartet ausglei chen.
Der Werkzeughersteller Mapal mit Hauptsitz in Aalen z. B. geht davon aus, dass dank einer umsichtigen Strategie und neuer Produkte die Umsatzrückgänge aus dem Jahr 2009 schon in diesem Jahr wieder wettgemacht werden können.
Die großen baden-württembergischen Premiumautobauer kommen mit der Produktion kaum noch nach. „Noch nie hat sich die Lage in einem so atemberaubenden Tempo zum Bes seren gewendet“, heißt es bei Daimler. Mercedes hat das Aus lastungsniveau, das vor der Krise bestand, fast wieder erreicht und meldet den besten Juni in der Unternehmensgeschichte. Bei Audi in Neckarsulm und bei Daimler in Untertürkheim werden Sonderschichten gefahren. Betriebsräte und Unterneh mensführungen haben Samstagsarbeit vereinbart. Werksferi en fallen aus oder werden verkürzt, und auch viele Mittel ständler fahren ihre Produktion massiv nach oben.
Meine Damen und Herren, das sind gute Nachrichten für Ba den-Württemberg, für unsere Wirtschaft und für uns alle im Land.
(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Was hat die Landes regierung damit zu tun? – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Zuhören!)
und dass die Schaffer im Land endlich wieder richtig anpa cken können. Ich stelle fest, dass das fast schon in Mode ge kommene Gerede davon, dass unsere Industrie an den Märk ten vorbei produziere, dass der technologische Wandel ver passt und Entwicklungen versäumt worden seien, klar wider legt worden ist. Das Gegenteil ist nämlich der Fall.
Es sind die Investitionsgüterindustrie und die zuletzt dauernd kritisierte Exportorientierung unserer Wirtschaft, die uns aus der Krise herausziehen.
Meine Damen und Herren, Tatsache ist doch: Die Welt steht wieder Schlange für Produkte aus Baden-Württemberg. Die Zahl der Aufträge für unsere Industrie in unserem Land wächst überdurchschnittlich, nämlich um 37 %. Das kommt doch nicht von ungefähr. Baden-württembergische Produkte sind wettbewerbsfähig. Sie gehören technisch zum Besten auf der Welt, sie setzen Trends und Maßstäbe.
Davon war ich schon immer überzeugt, im Gegensatz zu manch anderen in diesem Haus. Ich habe schon oft gesagt: Genau so, wie Baden-Württemberg stärker als andere von den globalen Nachfrageeinbrüchen betroffen war, genau so wer den wir nach der Krise auch wieder stärkere Aufschwungs kräfte haben, als andere sie mobilisieren können. Der Stand ort Baden-Württemberg meldet sich als d e r Konjunktur motor Deutschlands zurück.
Meine Damen und Herren, unsere Wirtschaft ist in Struktur und Substanz kerngesund. Wir sind und bleiben d e r Leuchtturm für Innovation, für Spitzentechnologie, für Wohl stand und für neues Wachstum. Das ist auch für die Zukunft das zentrale Ziel meiner Politik.
Die spannendste Erfolgsgeschichte im Kampf gegen die Kri se schreibt aber der Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg. Hier haben wir alle gemeinsam etwas ganz Erstaunliches geschafft: Nach dem härtesten Rückschlag, den die Weltwirtschaft in 80 Jahren erlitten hat, liegt die Arbeitslosenquote in Baden-Würt temberg heute bei 4,7 %. Das ist der tiefste Wert seit Januar 2009. Die Quote liegt damit auf Vorkrisenniveau.