Protokoll der Sitzung vom 14.04.2010

Meine Damen und Herren! Ich er öffne die 91. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württem berg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich den Herren Abg. Dr. Bullinger und Sckerl erteilt.

Krankgemeldet sind Frau Abg. Dr. Unold sowie die Herren Abg. Braun, Kübler und Dr. Schmid.

Aus dienstlichen Gründen hat sich Herr Minister Professor Dr. Reinhart entschuldigt.

Dienstlich verhindert sind Herr Minister Professor Dr. Fran kenberg und Frau Staatsrätin Dr. Ammicht Quinn.

Auf Ihren Tischen finden Sie eine Vorschlagsliste der Frakti on der CDU für Umbesetzungen in verschiedenen Ausschüs sen und Gremien. Ich stelle fest, dass Sie den vorgeschlage nen Umbesetzungen zustimmen. – Es gibt keinen Wider spruch.

Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen ebenfalls vor. Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. – Es erhebt sich kein Wider spruch. Es ist so beschlossen.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung des Finanzministeriums vom 10. März 2010 – Vierteljähr

liche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsausgaben (Be schlüsse des Landtags vom 15. März 1973, DS 6/1993, und vom 20. Dezember 1973, DS 6/3910 Ziff. II Nr. 6); Bericht für das Jahr 2009 – Drucksache 14/5999

Kenntnisnahme, keine Ausschussüberweisung

2. Mitteilung der Landesregierung vom 16. März 2010 – Gemeinschafts

aufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) ; hier: Berichtigte Anmeldung des Landes zum Rahmenplan 2010 – Drucksache 14/6041

Überweisung an den Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft und federführend an den Finanzausschuss

3. Mitteilung der Landesregierung vom 17. März 2010 – Bericht des

SWR über die Fusionserfahrung und über die Finanz-, Haushalts- und Personalkostenentwicklung in den Jahren 2007 bis 2011 – Drucksa che 14/6084

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

4. Mitteilung der Landesregierung vom 1. April 2010 – Gemeinschafts

aufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) ; hier: Zweite berichtigte Anmeldung des Landes zum Rah menplan 2010 – Drucksache 14/6155

Überweisung an den Finanzausschuss

5. Mitteilung des Rechnungshofs vom 7. April 2010 – Beratende Äuße

rung des Rechnungshofs Baden-Württemberg zur Finanzierung des Integrierten Rheinprogramms und der EG-Wasserrahmenrichtlinie – Drucksache 14/6160

Überweisung an den Umweltausschuss und federführend an den Fi nanzausschuss

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Wirtschaftsstandort Baden-Württem berg – den Spitzenplatz erhalten – beantragt von der Frak tion der FDP/DVP

Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die ein leitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde. Ich darf die Vertreter der Regierung bitten, sich ebenfalls an diese zeitliche Vorgabe zu halten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Die Wirtschaft des Landes Ba den-Württemberg befindet sich hoffentlich, wie natürlich auch die Weltwirtschaft insgesamt, am Ausgang einer beispiello sen Krise. Dennoch stellen wir fest, dass die Auswirkungen dieser Wirtschaftskrise auf die baden-württembergische Wirt schaft, auf die Unternehmen dieses Landes, auf die Arbeitneh merinnen und Arbeitnehmer die Krise glücklicherweise nicht vollständig abbilden. Offensichtlich waren die Aufstellung un serer Wirtschaft und die Wirtschaftspolitik dieses Landes so wie – ich stehe überhaupt nicht an, das einzuräumen – auch die Wirtschaftspolitik des Bundes und der Großen Koalition dabei erfolgreich, diese Krise abzufedern.

Der Prognos Zukunftsatlas untergliedert Deutschland in Wirt schaftsregionen und stellt uns 25 Topregionen mit aussichts reichen Branchen vor. Meine Damen und Herren, zehn davon befinden sich in Baden-Württemberg. Die baden-württember gische Wirtschaft ist offensichtlich auch in der Krise zukunfts fähig.

Wenn wir uns die Patente anschauen,

(Abg. Peter Hofelich SPD: Bitte nicht schon wieder Patente!)

stellen wir fest, dass die Zahl der Patente in Baden-Württem berg mit 144 pro 100 000 Einwohnern fast das Dreifache des Bundesdurchschnitts beträgt, der bei 58 Patenten pro 100 000 Einwohnern liegt. Die Mittel, die wir in Forschung und Ent wicklung investieren, entsprechen 4,4 % des Bruttoinlands produkts. Wir haben das dichteste Netz an Forschungseinrich tungen: Universitäten, Hochschulen und andere Institute wie Max-Planck-Institute, Fraunhofer-Institute, Helmholtz-Insti tute und Steinbeis-Institute.

Beim Export liegt Baden-Württemberg bei 12 000 € pro Ein wohner. Im Bundesdurchschnitt sind es 8 000 € pro Einwoh ner. Da lassen wir uns auch nicht von der französischen Finanzministerin irremachen, die von der Bundesrepublik Deutschland verlangt, man möge doch den Export zurückfüh ren, weil er offensichtlich den Interessen französischer Indus triepolitik zuwiderläuft. Wenn die Franzosen mit ihrer Indus triepolitik genauso rücksichtsvoll gegenüber ihren Nachbarn wären, dann könnte man vielleicht über so etwas reden. Für uns ist der Export die Grundlage unseres Wohlstands, und die baden-württembergische Wirtschaft wird auch weiterhin ex portorientiert bleiben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wir hatten im Jahr 2009 in Baden-Württemberg pro Arbeit nehmer eine Arbeitsproduktivität von 45,15 € in der Stunde. Das ist ein Durchschnittswert, der um 5 % höher liegt als im Bund. Wir haben trotz dieser Krise und trotz des enormen Ein bruchs des Bruttoinlandsprodukts eine Insolvenzhäufigkeit von lediglich 65 Insolvenzen pro 10 000 Unternehmen, wäh rend diese Zahl im Bund bei 94 liegt. Nach einem Einbruch des Bruttoinlandsprodukts um 7,4 % sehen wir jetzt Licht am Ende des Tunnels. Im März 2010 wies der Ifo-Index einen Wert von 98,1 aus.

Es gibt also trotz dieser Krise keinen Grund, die Aufstellung der baden-württembergischen Wirtschaft und die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik sowohl im Land als auch im Bund in frage zu stellen. Denn mit einer Arbeitslosenquote von 5,4 % im März sind wir ausgangs dieser Krise bisher mit einem blau en Auge davongekommen und hoffen, dass die erfolgreichen Wirkungen der Kurzarbeit anhalten und es dann, wenn sie suk zessive ausläuft, nicht zu einem bösen Erwachen kommt.

Dennoch bleiben eine Reihe von Aufgaben, etwa der Ausbau der wirtschaftlichen Infrastruktur insbesondere in struktur schwachen Gebieten. Da müssen wir die EU-Programme, vor allem das EFRE-Programm, weiter optimieren. Wir müssen Zukunftsbranchen wie beispielsweise die Elektromobilität för dern. Hier hat das Land wesentliche Entwicklungen in die We ge geleitet. Als erfolgreiche Beiträge zu einer zukunftsfähi gen Wirtschaftspolitik sind die Clusterpolitik und auch die Fachkräfteinitiative zu nennen. Wir müssen stärker als bisher Ältere, Frauen und auch Migranten in den Arbeitsmarkt – ins besondere in qualifizierte Positionen – bringen.

Auch die Bildung bleibt zu nennen. Baden-Württemberg ist als Bildungsland erfolgreich. Das Bildungsmonitoring der In

itiative Neue Soziale Marktwirtschaft weist nach wie vor ei nen Spitzenplatz für Baden-Württemberg aus. Mit 5 000 € pro Jahr und pro Schüler ist Baden-Württemberg bundesweit spit ze, vor allen anderen.

Im Bereich der Unternehmensfinanzierung haben wir eine ganze Reihe von Nachjustierungen vorgenommen. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Die Bürgschaftsprogramme wa ren erfolgreich. Sie waren im Land wie im Bund erfolgreich, aber wir sind bereit, weiter nachzujustieren. Wir sind bereit, darüber zu reden, ob der Rahmen für Landesbürgschaften von 5 auf 10 Millionen € erhöht wird.

Am anderen Ende der Skala ist die Mikrofinanzierung zu nen nen. Auch im Bereich der Mikrofinanzierung, der Kleinkre dite sind wir einen deutlichen Schritt weitergekommen. Aber dieser Bereich muss weiter in unserem Fokus bleiben.

Die Innovationsförderung ist zu nennen. Das erfolgreiche In strument der Innovationsgutscheine wird durch weitere Werk zeuge aus diesem Werkzeugkasten ausgebaut werden.

Auch das ifex ist erfolgreich. Die Themen Unternehmensgrün dung und Unternehmensnachfolge bleiben in unserem Blick.

Ein zentrales Zukunftsthema, bei dem wir massiv nachzuar beiten haben, ist die Infrastruktur, Stichwort „Ausbau Süd west“. Es ist und bleibt richtig, am zentralen Infrastrukturpro jekt Baden-Württemberg 21 festzuhalten, meine Damen und Herren. Aber die Rheintalschiene darf nicht aus dem Blick ge raten. Dieses Projekt ist genauso wichtig wie Baden-Würt temberg 21.

Ich sage in aller Deutlichkeit auch, dass Baden-Württemberg nach dem Aufbau Ost jetzt stärker dran ist und in den nächs ten Jahren einen größeren Anteil an den Straßenverkehrsmit teln des Bundes in Anspruch zu nehmen hat. Wir müssen uns an diesen Maßnahmen auch selbst beteiligen. Wir müssen selbst neue Wege der Finanzierung suchen, Stichwort Maut.

(Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Wir müssen auch den Länderfinanzausgleich angehen, meine Damen und Herren.

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Ich sage noch einmal in aller Deutlichkeit: Wenn es keinen anderen Weg gibt, müssen wir vor dem Bundesverfassungs gericht eine Klage gegen diesen Länderfinanzausgleich, der uns massiv benachteiligt, führen.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)