Protokoll der Sitzung vom 04.11.2009

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 76. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich Herrn Abg. Stratthaus erteilt.

Krankgemeldet sind Herr Abg. Raab und Herr Abg. Rei chardt.

Aus dienstlichen Gründen hat sich Herr Minister Professor Dr. Reinhart ab 13:00 Uhr entschuldigt.

Meine Damen und Herren, heute haben die Kollegin Krueger und der Kollege Ehret Geburtstag. Ich gratuliere Ihnen im Namen des ganzen Hauses sehr herzlich und wünsche Ihnen alles Gute.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren, auf Ihren Tischen finden Sie eine Vorschlagsliste der Fraktion der FDP/DVP für Umbesetzungen im Ausschuss für Schule, Jugend und Sport und im Petitionsausschuss (Anlage 1). – Ich stelle fest, dass Sie den vorgeschlagenen Umbesetzungen zustimmen.

Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen vervielfältigt vor. Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. – Es ist so beschlossen.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung des Finanzministeriums vom 14. Oktober 2009 – Vierteljährliche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsausgaben (Be- schlüsse des Landtags vom 15. März 1973, Drucksache 6/1993, und vom 20. Dezember 1973, Drucksache 6/3910 Ziff. II Nr. 6); Haushaltsjahr 2009 (Januar – Juni) – Drucksache 14/5263

Kenntnisnahme, keine Ausschussüberweisung

2. Mitteilung der Landesregierung vom 19. Oktober 2009 – Information über Staatsvertragsentwürfe; hier: Vertrag des Landes BadenWürttemberg mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs – Drucksache 14/5276

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

3. Mitteilung des Rechnungshofs vom 22. Oktober 2009 – Beratende

Äußerung zu Ansätzen für ein optimiertes Erhaltungsmanagement bei Landesstraßen – Drucksache 14/5300

Überweisung an den Innenausschuss und federführend an den Finanzausschuss

4. Mitteilung der Landesregierung vom 28. Oktober 2009 – Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme nach EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) – Drucksache 14/5350

Überweisung an den Umweltausschuss

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Das Abtreten der Regierung Oettinger: Was kommt auf Baden-Württemberg zu? – beantragt von der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE

Die Fraktionen haben für die Aktuelle Debatte eine Gesamtredezeit von 80 Minuten vereinbart. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Redezeit von zehn Minuten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der SWR hat eine Blitzumfrage gemacht und gefragt

(Abg. Stefan Mappus CDU: „Wer wird neuer SPD- Vorsitzender?“ – Heiterkeit)

das kommt noch –: „Bedauern Sie den Weggang Oettingers?“ Das Ergebnis: 75 % antworteten mit Nein. 75 % der Menschen in Baden-Württemberg ist es egal, dass der Minis terpräsident das Land verlässt. Sogar bei den CDU-Anhängern sind es noch 70 %, denen dieses Ereignis gerade schnurz ist. Hätten Sie das erwartet?

(Abg. Martin Rivoir SPD: Ja!)

Hätten Sie das von einem Ministerpräsidenten erwartet, der tagaus, tagein durch das Land fährt und kaum ein Jubiläum verpasst?

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Kein Heckenbeeren- fest!)

Dann sagen nach fünf Jahren drei Viertel der Menschen, es sei ihnen schnurz, wenn der Ministerpräsident abtritt. Was verbirgt sich denn dahinter? Da kann doch nicht nur er persönlich gemeint sein.

Auch auf die Frage: „Ist es eigentlich eine Beförderung, ist es eine Belohnung für Verdienste, sind es Erwartungen an Eu ropa?“

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Das müssen Sie selbst fragen!)

ist die Meinung sowohl in der Bevölkerung als auch in der Presse eindeutig.

Ich lese Ihnen einmal vor, was nicht der „vorwärts“,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ist der „vor- wärts“ noch nicht eingestellt?)

sondern die „Frankfurter Allgemeine“ – die gehört eindeutig eher zu Ihrer Richtung –

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da haben wir keine Anteile!)

Frau Merkel... entledigt sich eines Ministerpräsidenten und Landesvorsitzenden, unter dessen Führung die Union im Südwesten einen Niedergang erlebt hat, der dem der CSU in Bayern gefährlich ähnelt.

Weiter schreibt die FAZ:

... fest steht, dass sich Oettinger in den gut vier Jahren als Ministerpräsident den Anforderungen des Amtes fachlich wie persönlich kaum gewachsen gezeigt hat.

Das schreibt die FAZ. Und dann:

Doch Oettinger hat es... nicht vermocht, die baden-würt tembergische Union programmatisch wie personell zu konsolidieren. Ein glanzloses Kabinett, eine glücklose Regierungsführung, und das inmitten einer Wirtschaftskrise, deren Auswirkungen das einstige Musterländle in den eineinhalb Jahren bis zur nächsten Landtagswahl so heftig spüren dürfte wie kaum ein anderes Land...

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das, was hinter dieser Bewertung steht. Die Menschen sind von der Gesamtleistung dieser Regierung enttäuscht.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Was? Seit wann denn das? – Gegenruf des Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Das war eine Umfrage!)

Angesichts dessen, Herr Kollege Mappus, verwundert es uns schon sehr, dass Sie, noch bevor Sie im Amt sind, ankündigen, Sie wollten weitermachen wie bisher. Sie wollen weiterwursteln, Sie wollen Kontinuität zeigen – und das bei einer glanzlosen Regierung.

Der Hinweis der FAZ auf die Wirtschaftskrise trifft die Sache im Kern.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ein bisschen bil- lig!)

Heute lesen wir, dass die IHK erwartet, dass die Industrie des Landes erst im Jahr 2013 zu alter Stärke zurückfinden wird, dass es mit dem Aufbau von Arbeitsplätzen noch länger dauert, dass die Arbeitslosigkeit in Baden-Württemberg im nächs ten Jahr zunehmen wird. Was sehen wir von der Regierung?

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Egal, mit wem Sie reden – gestern sprachen wir mit Herrn Hundt –: Die Sorge ist doch förmlich spürbar, dass in der Industrie des Landes im nächsten Jahr die Überschuldung droht, und zwar für viele Unternehmen. Wenn die Unternehmen Anfang nächsten Jahres mit den Bilanzen von 2009 ihre Bankengespräche führen müssen, dann werden viele den Geldhahn zudrehen. Spätestens dann kommt das, was als Kreditklemme beschrieben wird. Spätestens dann droht vielen die Überschuldung. Dagegen muss man sich doch wappnen! Da muss man doch etwas tun. Da muss man doch ein Eigenkapitalprogramm auflegen.