Protokoll der Sitzung vom 07.11.2007

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 33. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich den Herren Abg. Drexler, Hausmann und Kleinmann erteilt.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich für heute ab 13 Uhr Herr Ministerpräsident Oettinger und ab 11 Uhr Herr Minister Professor Dr. Goll.

Meine Damen und Herren, eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen vervielfältigt vor. Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung des Rechnungshofs vom 12. Oktober 2007 – Beratende

Äußerung zur einkommensteuerlichen Bedeutung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – Drucksache 14/1858

Überweisung an den Finanzausschuss

2. Antrag der Landesregierung vom 23. Oktober 2007 – Zugehörigkeit

von Mitgliedern der Landesregierung zu Organen wirtschaftlicher Unternehmen – Drucksache 14/1899

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Mir liegt eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung vor. Ich erteile Frau Abg. Bauer das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beantrage, unseren Antrag Drucksache 14/1924 – er liegt Ihnen vor – zur Einbringung des Nachtragshaushalts für dringlich zu erklären. Wir möchten, dass in der heutigen Sitzung des Landtags über unsere Forderung abgestimmt wird, dem Landtag unverzüglich den Entwurf eines Nachtragshaushalts vorzulegen.

Die Dringlichkeit dieses Anliegens liegt auf der Hand. Seit Tagen sind in der Zeitung Meldungen zu lesen wie „Die CDU segnet den Haushaltsentwurf ab“.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Nicht alles glau- ben, was in der Zeitung steht!)

In Presseerklärungen des Staatssekretärs Köberle wird ausführlich und detailreich verkündet, welche Segnungen beim Schienennahverkehr das Wahlvolk im neuen Nachtragshaushalt zu erwarten habe.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das ärgert Sie!)

Nein, das ist mehr als ärgerlich, Kollege Schüle. Es darf aber einfach nicht sein, dass in der Öffentlichkeit Ergebnisse eines Nachtrags vorgestellt werden, obwohl der Nachtragsentwurf diesem Parlament noch nicht einmal vorliegt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das ist ein Affront gegenüber diesem Haus.

(Lachen des Abg. Stefan Mappus CDU)

Kollege Mappus, ich finde das wirklich nicht witzig.

(Zuruf des Abg. Stefan Mappus CDU)

Es mag ja sein, dass Sie als Regierungsfraktionen einen Vorteil daraus schöpfen wollen, dass die Regierung schon einmal die guten Botschaften unters Wahlvolk bringt, bevor das Parlament dazu auch nur das Wort ergreifen konnte. Es mag sein, dass Ihnen das gefällt. Das ist aber nicht nur eine Behinderung der Arbeit der Oppositionsfraktionen – das ist es auch; denn es gibt ein Recht aller Mitglieder dieses Hauses auf Gleichbehandlung in Haushaltsfragen –, sondern es ist noch viel schlimmer:

(Unruhe – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Pst!)

Betroffen ist das Königsrecht dieses Parlaments, das Haushaltsrecht. Ich finde, wir brauchen nicht lange über eine Parlamentsreform zu reden, bei der wir uns ja zum Ziel gesetzt haben, das Parlament zu stärken, wenn gleichzeitig der Öffentlichkeit signalisiert wird, das Parlament sei in Haushaltsangelegenheiten völlig bedeutungslos.

Deswegen bitte ich Sie alle – auch Sie von den Regierungsfraktionen – eindringlich, dafür zu sorgen, dass das Parlament nicht weiter in Bedeutungslosigkeit versinkt. Dazu gehört, dass wir unverzüglich dieselben Informationen erhalten, die Ihnen offensichtlich vorliegen. Deswegen bitten wir, den vorliegenden Antrag für dringlich zu erklären und heute darüber abzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Scheffold.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Bauer, ein Blick in das Gesetz erleichtert die Rechtsfindung, heißt es. Im konkreten Fall müssen wir eigentlich nur in die Geschäftsordnung schauen. § 57 Abs. 3 Satz 3 lautet:

Voraussetzung für die Dringlicherklärung eines Antrags ist, dass im üblichen Verfahren … eine rechtzeitige Entscheidung des Landtags über einen solchen Antrag nicht erreichbar ist.

Frau Kollegin Bauer, ich muss Ihnen sagen: Nach dieser Vorschrift ist eine Dringlicherklärung Ihres Antrags überhaupt nicht möglich. Es liegt noch kein Nachtragsentwurf vor. Es mag sein, dass etwas anderes in der Zeitung steht oder irgendwo anders gestanden hat.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Irgendwie merkwür- dig! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Presse hat halt ihre eigenen Quellen!)

Aber es gibt keinen formal vorgelegten Nachtragsentwurf. Deswegen läuft Ihr Antrag ins Leere und muss zurückgewiesen werden.

Im Übrigen, Frau Kollegin Bauer, ist das Verfahren in diesem Jahr so, wie es in den vergangenen 50 Jahren in diesem Parlament immer gewesen ist.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das macht es nicht besser! – Zuruf: Das ist ja das Schlimme! – Abg. Reinhold Gall SPD: Tolles Argument! – Lachen bei Abgeordneten der Grünen)

Die Regierung, die ja durch die Fraktion der FDP/DVP und die Fraktion der CDU getragen wird, diskutiert mit diesen Fraktionen. Man bespricht sich, man entwickelt Vorstellungen, und dann entscheidet die Regierung so, wie sie es für richtig hält, und verantwortet diese Entscheidung.

So hat es die Regierung auch in diesem Jahr gemacht. Am 30. Oktober hat das Kabinett über den Nachtragsentwurf entschieden. Die Regierung hat selbstverständlich der Presse ihre Vorstellungen übermittelt und eine entsprechende Erklärung abgegeben. Das Einzige, was daran bemerkenswert ist, ist, dass es Sie ärgert, dass wir die Nullnettoneuverschuldung drei Jahre früher erreichen, als Sie es vielleicht erhofft haben, dass wir einen Pensionsfonds gebildet haben

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig!)

und dass wir die Entscheidung für viele andere positive Maßnahmen getroffen haben und treffen werden,

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

die diesem Land und seinen Bürgerinnen und Bürgern guttun.

Der weitere Gang des Verfahrens ist auch vorgezeichnet. Der Nachtragsentwurf wird derzeit gedruckt. Das braucht seine Zeit. Allein die Umsetzung des neuen Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst ist kompliziert und erfordert sehr viel Aufwand und Zeit. Es würde Ihnen übrigens gar nichts nützen, wenn Sie eine Loseblattsammlung bekommen würden und die se durchblättern und durchsuchen müssten.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: So viel Zeit würden wir uns nehmen! – Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Wenn Sie uns die Zeit dafür geben!)

Nein, meine Damen und Herren, nach der vorgesehenen Zeitplanung erhält der Landtag am 21. November den Haushaltsentwurf, am 28./29. November wird der Entwurf im Landtag eingebracht, und dann diskutieren wir so wie immer über den Nachtragsentwurf. Sie werden ihn vermutlich ablehnen; Sie werden strukturelle Mittelerhöhungen fordern. Wir werden den Nachtrag vermutlich für gut befinden. Das ist ein Vorausgriff. Aber am heutigen Tag muss die Dringlichkeit Ihres Antrags abgelehnt werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dietmar Bach- mann FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Bauer, Sie sagen, es gehe nicht an, dass der Öffentlichkeit das Ergebnis eines Nachtrags vorgelegt werde. So etwas ginge in der Tat nicht an. Aber der Ablauf ist etwas anders. Der Ablauf ist so, dass die Landesregierung dem Landtag einen Entwurf vorlegt und dass der Landtag dann darüber berät. Ich halte es trotzdem für vernünftig, wenn die Landesregierung die Eckdaten eines Entwurfs mit den Fraktionen, die diesen Haushalt hinterher tragen sollen, abstimmt; und so ist es hier auch geschehen.