Protokoll der Sitzung vom 02.02.2011

Meine Damen und Herren! Ich er öffne die 108. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württem berg und begrüße Sie. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzuneh men und die Gespräche einzustellen.

Urlaub für heute habe ich Frau Abg. Rudolf und Herrn Abg. Nelius erteilt.

Krankgemeldet sind Herr Abg. Ernst, Herr Minister Profes sor Dr. Frankenberg, Herr Abg. Reichardt sowie Frau Abg. Wonnay.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt ist Herr Minister Pro fessor Dr. Reinhart.

(Zurufe von der SPD: Was?)

Dienstlich verhindert ist Frau Staatsrätin Professorin Dr. Am micht Quinn.

Meine Damen und Herren, eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt vervielfältigt auf Ihren Tischen. Sie neh men davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlä gen zu. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so be schlossen.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung des Finanzministeriums vom 22. Dezember 2010 – Mit

telfristige Finanzplanung 2010 bis 2014 – Drucksache 14/7398

Überweisung an den Finanzausschuss

2. Mitteilung des Rechnungshofs vom 17. Januar 2011 – Beratende Äu

ßerung zum Glücksspiel – Drucksache 14/7498

Überweisung an den Innenausschuss und federführend an den Finanz ausschuss

Meine Damen und Herren, unter Punkt 3 a der Tagesordnung ist die Zweite und Dritte Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung eines Dritten Nachtrags zum Staatshaushaltsplan von Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2011 –, Drucksache 14/7320, vorgese hen. Sie sind gemäß § 50 Satz 2 unserer Geschäftsordnung mit dieser Verkürzung der Frist zwischen Zweiter und Dritter Beratung einverstanden. – Auch hiergegen erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.

(Unruhe – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Pst!)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Wachstum, Innovation und Tradition: Das Erfolgsmodell Baden-Württemberg mit neuen Ideen fortsetzen – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP

Das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte die üblichen Re dezeiten festgelegt: fünf Minuten für die einleitenden Erklä rungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Run de.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje! – Gegenruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! In dem Titel unserer Aktuellen Debatte ist vom „Erfolgsmodell Baden-Württemberg“ die Re de. Ich glaube, insbesondere die jüngsten Wirtschafts- und Ar beitsmarktdaten machen deutlich, dass wenige Wochen vor der anstehenden Landtagswahl in der Tat vor allem von einem Erfolgsmodell im wirtschaftlichen Bereich gesprochen wer den kann.

Saisonbedingt haben wir nach einigen harten Winterwochen bundesweit einen spürbaren Anstieg der Arbeitslosenquote festzustellen. Auch in Baden-Württemberg gibt es einen sol chen Anstieg. Aber es ist deutlich geworden, wie stark die wirtschaftlichen Strukturen in Baden-Württemberg sind und wie gut die Wirtschaft in Baden-Württemberg aus der Krise herausgekommen ist. Denn erstmals seit zwei Jahren nimmt Baden-Württemberg wieder die Spitzenposition ein, was den Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland betrifft. Das ist ein unbestreitbarer Erfolg der Menschen im Land, aber auch der Politik.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Bruttoinlandsprodukt ist im Jahr 2010 um 4,8 % gewach sen. Das hätte uns vor Jahresfrist niemand zugetraut. Wir ha ben ausweislich des Statistischen Landesamts zu erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2011 im Ver gleich zum Vorjahr um 5,5 % wächst. Der Auftragseingang im verarbeitenden Gewerbe ist von Januar bis November 2010 gar um 25,6 % gewachsen. Für die Aufträge im Kraftfahrzeug gewerbe bzw. für Kraftwagenteile ist von Januar bis Novem ber ebenfalls ein Zuwachs um 25 % zu verzeichnen. Im Ma schinenbau hatten wir gar eine Steigerung um 34 % und bei Werkzeugmaschinen um sage und schreibe 67,8 %. Der Ifo

Geschäftsklimaindex ist auf dem höchsten Niveau seit dem Jahr 1990. Im Jahr 2010 hatten wir 3 885 000 sozialversiche rungspflichtig Beschäftigte. Das waren 20 000 mehr als im Jahr 2009.

Damit wird auch deutlich, dass eben nicht, wie manche be haupten, über Buchungstricks die Statistik der Bundesagen tur für Arbeit gefälscht würde. Vielmehr gibt es einen realen, nachweisbaren Zuwachs an Arbeitsplätzen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wir haben in Baden-Württemberg mit einem Anteil von 10,9 % auch das niedrigste Armutsrisiko bundesweit. Zum Vergleich: Im Bundesdurchschnitt liegt es bei 14,6 %. Das zeigt auch, dass jene falsch liegen, die immer behauten, die Politik in unserem Land sei unsozial. Wir hätten solche Wer te nicht, wenn dies den Tatsachen entspräche.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Der Prognos Zukunftsatlas sieht zehn von 25 Topregionen in Baden-Württemberg, und sogar 13 der 20 Topmaschinenbau regionen werden in Baden-Württemberg angesiedelt. Das ist die eindrucksvolle Bilanz nach 15 Jahren christlich-liberaler Koalition in Baden-Württemberg. Darauf werden wir mit Selbstbewusstsein aufbauen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wei ter so! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl!)

Wir wollen aber noch besser werden. Die Menschen wählen nicht für die Verdienste der Vergangenheit, sondern sie wäh len für die Zukunftsaussichten, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Deshalb wollen wir die Empfehlungen umsetzen, die uns der Innovationsrat vorgelegt hat. Wir wollen umsetzen, was im McKinsey-Gutachten steht. Deshalb werden wir mit dem Drit ten Nachtrag zum Staatshaushaltsplan zunächst einmal 60 Millionen € für diesen Zweck ausweisen und dann in ei ner zweiten Tranche weitere 60 Millionen € bereitstellen.

Um nur einige Stichworte zu nennen: das Modellprojekt Stutt gart als Musterregion für nachhaltige Mobilität; Umwelttech nik und Ressourceneffizienz, auch Breitenanwendung moder ner Umwelttechnologien; „Medizin und Pflege“, ein Modell projekt zur Telemedizin; Ausbau der Informationstechnologi en, insbesondere Fachkräftesicherung, ein Topthema unserer Wirtschaft. Die Reduzierung der Zahl der Studienabbrecher aus Migrantenfamilien ist uns ganz wichtig, ebenfalls die Ver besserung des Technologietransfers. Das ist schon in den zu rückliegenden Jahren ein zentrales Thema der Wirtschaftspo litik des Landes Baden-Württemberg gewesen. Das wollen wir noch weiter verstärken. Die Verbesserung des Technolo gietransfersystems ist ein absolutes Topthema der Zukunft.

Ebenso die Existenzgründerinitiative. Da ist es richtig, meine Damen und Herren: Die Dynamik im Bereich der Existenz gründer ist auf hohem Niveau, aber sie ist nicht dort, wo wir sie haben wollen. Wir sind die Besten, wir sind die Innova

tivsten, aber wir können gerade in diesem Bereich noch bes ser werden. Deshalb werden wir den Seedfonds für Existenz gründer Baden-Württemberg auf den Weg bringen und ihn zu kunftsgerichtet ausstatten.

Wir werden eine Fraunhofer-Projektgruppe für Automatisie rung in der Medizin- und Biotechnologie in Mannheim ansie deln, und wir werden vor allem den erfolgreichen Weg des Wirtschaftsministers mit den Innovationsgutscheinen – sie sind ein Exportschlager des Landes Baden-Württemberg ge worden – weitergehen. Wir werden sie mit den Bereichen Hightech und Creativity ausbauen.

Nach der Wahl, meine Damen und Herren, werden wir in Ba den-Württemberg weiter die Verantwortung tragen,

(Lachen der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

und wir werden genau in diesem Bereich einen Ausbau vor nehmen,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Erst das Parlament aus hebeln und jetzt das Volk! Das ist ja unglaublich!)

insbesondere im Bereich der Modellprojekte.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Die Automobilindustrie wird in Baden-Württemberg weiter Ankerpunkt unserer Wirtschaft sein. Wir begehen das 125-JahrJubiläum von Daimler-Benz und haben im vierten Quartal 2010 genau dort das beste Quartal in der Unternehmensge schichte.

Das Thema Antriebskräfte/Antriebskonzepte wird ein zentra les Zukunftsthema im Technologiebereich in der Automobil wirtschaft sein. Wir sehen einen Wettbewerb dieser Antriebs konzepte, und für eine absehbare Zeit werden die Verbren nungsmotoren noch eine wesentliche Rolle spielen. Sie wer den noch lange gebraucht werden. Sie haben auch ein erheb liches Effizienzpotenzial. Daran werden wir weiter arbeiten.

Aber auch die Brennstoffzelle und selbstverständlich die E-Mobilität sind von Interesse. Deshalb wollen wir nach der Wahl ein Landespilotprojekt für das Batterieleasing bei Elek troautos auf den Weg bringen.

(Lachen der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Das ist ein Thema, bei dem es erhebliches Steigerungspoten zial gibt. Das ist ein innovatives Thema, das wir nach der Landtagswahl auf den Weg bringen werden, meine Damen und Herren.