Uns geht es darum, dass die Stabilität des Euro geschützt wird. Wichtig ist aber auch, dass wir alles für diese Stabilität unter nehmen und uns dafür einsetzen. Herr Hofelich hat zu Recht die Solidarität angesprochen. Vielen Dank für Ihre Ausfüh rungen. Aber zur Solidarität in Europa gehört ergänzend auch die Solidität der öffentlichen Haushalte. Wir haben keine Eu rokrise, sondern wir haben eine Verschuldungskrise der öf fentlichen Haushalte in einigen Staaten der Eurozone. Das ist die Ursache. Deshalb muss man zunächst an die Ursachenbe seitigung gehen. Wir haben also nicht die Problematik des Eu ro, zu dem wir stehen, sondern wir fordern zu Recht die Sta bilität des Euro und die Solidität der öffentlichen Haushalte der Länder der Eurozone.
Warum sage ich das? Ich bin überzeugt davon, dass es genau um Folgendes gehen muss – es sind bereits viele Punkte an gesprochen worden –: Das Messer hat mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt einen Knauf, aber noch keine Schneide. Deshalb muss dieses Messer auch eine Schneide bekommen. Das heißt, wir brauchen Sanktionen, wenn gegen den Pakt verstoßen wird. Das muss man in diesem Zusammenhang im mer sehen.
Im Jahr 2003 gab es in diesem Zusammenhang ebenfalls ei nen Sündenfall, nämlich von Deutschland und Frankreich, der für uns noch heute in der öffentlichen Diskussion auf der eu ropäischen Bühne nachwirkt. Das muss man zum Thema RotGrün von damals immer sagen; denn es gehört der Vollstän digkeit halber dazu.
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es! – Abg. Jür gen Walter GRÜNE: Jetzt kommen wir einmal zum Thema! Jeden Blödsinn muss man auch wieder nicht erzählen!)
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, bei einem Wachs tum, das in Deutschland im Jahr 2010 bei 3,5 % und in Ba den-Württemberg bei fast 5 % lag, und angesichts der Tatsa che, dass wir in diesem Land momentan die niedrigste Ar beitslosenquote haben, wird es jetzt darum gehen – das ist ein Streitpunkt mit einem Teil der Kommissare –, wenn man das Thema „Gemeinsame Wirtschaftsregierung“ bespricht, wenn man eine gemeinsame Finanz- und Steuerpolitik bespricht, dass sich Europa nicht am langsamsten Wagen im Zug orien tieren darf. Vor allem muss es uns darum gehen, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit der EU insgesamt steigern.
Da kann es nicht sein, dass der Tüchtige, derjenige, der inno vativ ist, der hohe Wachstumsraten hat, bestraft wird. Viel mehr muss es darum gehen, dass wir uns an den Starken ori entieren, das heißt, dass wir die Starken stärken. Deshalb darf damit keine Bestrafung einhergehen; der richtige Weg ist die Belohnung, und diese muss für all die Länder erfolgen, die solide und wettbewerbsfähig wirtschaften.
Meine Damen und Herren, wenn wir bei diesem Thema sind, dann sind wir, glaube ich, heute mit dem Thema Landtagsbe teiligung genau am richtigen Punkt angelangt. Ich hatte nach
dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni 2009 die Federführung für die 16 Länder bei der Beratung mit Bun desregierung und Bundestag. Wir haben die Rechte der Par lamente gestärkt. Es ist richtig, dass im Verfassungsgerichts urteil, das über 450 Ziffern hat, die Landtage nicht erwähnt sind.
Aber ich habe immer unterstützt – auch das will ich heute sa gen –, dass wir entsprechend dem Geist dieses Urteils dort, wo wir als Parlamentarier ausschließliche Hoheitsrechte der Gesetzgebung im Land haben, unsere Rechte analog diskutie ren und uns beteiligen. Denn das Verfassungsgericht hat in Wahrheit gesagt: Es muss Schluss sein mit einem Europa der Hinterzimmer, mit einem Europa der Nachtsitzungen, wo die Mitglieder der Bundesregierung im Ministerrat Beschlüsse fassen. Vielmehr brauchen wir die Legitimation der Bürger, vertreten durch die Parlamente, bei der Bundesgesetzgebung vertreten durch die erste und die zweite Kammer, nämlich Bundestag und Bundesrat, wenn Rechte auf die europäische Ebene übertragen werden.
Nun ist der Bundesrat natürlich ein Bundesorgan, und natür lich ist im Bundesrat die Vertretung durch die Landesregie rungen geregelt. Das steht in unserem Grundgesetz. Aber ich will bewusst sagen: Wir gehen mit unserem Beteiligungsge setz heute einmalig – einmalig; die Grenze war nur die Ver fassung, unser Grundgesetz; das müssen wir beachten – – Wir, Baden-Württemberg – da möchte ich allen sagen: das war so wohl zur Frage der Verfassungsänderung als auch zum Land tagsbeteiligungsgesetz ein gemeinsames Zusammenwirken –, gehen so weit wie kein anderes Bundesland, indem wir die Beteiligungsregelungen, wie wir sie heute verabschieden, bei der ausschließlichen Gesetzgebung so weit ausdehnen, dass wir Vorbild für alle 15 anderen Landesparlamente sein kön nen, die diese Gesetzgebung noch vor sich haben.
Wir haben den Europabericht. Ich glaube, er war bisher im mer ein gutes Kompendium. Wenn er jetzt 150 Seiten hat, so muss man wissen: Er umfasst den Zeitraum von eineinhalb Jahren, und er ist stets auch ein gutes Nachschlagewerk. Aber ich habe bereits im Ausschuss gesagt: Ich unterstütze den Vor schlag, dass wir dort aktueller und zeitnäher berichten.
Wir werden uns dem Willen der vier Fraktionen anschließen, wenn sie sich für halbjährliche oder Quartalsberichte ausspre chen. Ich glaube, es geht darum, dass die Inhalte eine saube re Bilanz darstellen und weiterhin ein gutes Kompendium sind, aber auch einen politischen Ausblick darstellen; denn – das muss man schon sagen – Europa wird immer wichtiger und wirkt immer mehr in unseren Alltag hinein.
Gerade in diesem Zusammenhang haben wir auch eine Wäch terfunktion. Es muss das Interesse des Landes sein, dass wir über das Subsidiaritätsprinzip wachen; denn das, was wir ein mal an Europa abgegeben haben, kommt nie mehr zurück.
Deshalb geht es auch darum, dass wir die Subsidiarität, näm lich die Zuständigkeit von Landtagen und auch von Ländern, weiterhin schützen. Wir wollen natürlich keinen europäischen Superstaat.
Ich will hinzufügen, dass sich das Bundesverfassungsgericht gegen einen Bundesstaat ausgesprochen hat. Wenn wir einen europäischen Bundesstaat wollen, dann müssen wir unsere Verfassung ändern. Nach der jetzigen Verfassungslage der Bundesrepublik Deutschland ist klar, dass wir ein Staatenver bund sind. Aber auf den verschiedenen Ebenen muss gerade auch der Wille der Nationen berücksichtigt werden. Deshalb geht es im Moment darum, dass eine Zweckvereinbarung der Staaten – übrigens auch bezüglich der Eurosituation – getrof fen wird.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend die vorgebrachten Einwände ansprechen. Ich glaube, Herr Hofe lich hat zu Recht einen Vergleich mit dem Länderfinanzaus gleich gezogen. Dabei haben wir Unbehagen. Das wollen wir auf der europäischen Ebene verhindern.
Sie haben die Donaustrategie erwähnt. Auch der Kollege Straub ist dafür in Brüssel aktiv. Ich glaube, dass dieses The ma eine Erfindung der Baden-Württemberger ist. Wir haben mit drei großen Donaukonferenzen in Brüssel im Grunde ge nommen den Weg für das bereitet, was jetzt kam. Die Kom mission hat das am 8. Dezember 2010 verabschiedet. Am 24. Juni 2011, am Ende der Ratspräsidentschaft Ungarns, wird der Europäische Rat das verabschieden.
Wir haben Partnerländer entlang der Donau, Donau-Anrainer staaten, die für uns wichtige Verbündete sind. Wir haben fünf gemischte Kommissionen. Wir arbeiten eng zusammen. Es gibt eine großartige Perspektive im Bereich der Wirtschaft, aber auch in der Zusammenarbeit im Bereich der Bildung, im Bereich der Forschung und Entwicklung und in vielen ande ren Bereichen.
Deshalb ist es, glaube ich, ein Glücksfall, dass Baden-Würt temberg – auch meine Person – vom Ausschuss der Regionen zum Hauptberichterstatter für die Donaustrategie im nächsten halben Jahr berufen wurde. Wir sind gut beraten, auf der par lamentarischen Ebene, auf der Regierungsebene, auf der Wirt schaftsebene und auch auf der Ebene der Städtepartnerschaf ten die Länder, durch die die Donau fließt, als enge Partner zu sehen und wahrzunehmen.
Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt davon und stim me jedem meiner Vorredner zu, dass wir keine Eurokrise ha ben, da der Außen- und Innenwert des Euro weitgehend sta bil ist. Wir haben derzeit eine größere Geldwertstabilität als zu Zeiten der D-Mark. Außerdem bewahrt uns der Euro vor Wechselkursschwankungen.
Wir sind aber auch eine Schicksalsgemeinschaft. Ich glaube, das haben wir unter Beweis gestellt, und zwar sowohl bei Griechenland als auch mit den Forderungen, dass novelliert werden muss, dass der Pakt gestärkt werden muss und dass auch Sanktionen herbeigeführt werden müssen.
Deshalb sind wir auch gegen Eurobonds. Wir wollen keine „Zinscuvée“, in der sozusagen die Zinsspreads der einzelnen Bundes- oder Staatsanleihen in einem Glas verrührt werden. Würde der Zinssatz für Bundesanleihen der Bundesrepublik Deutschland erneut um 1 % steigen, würde das den deutschen Staat 17 Milliarden € kosten. Das müssen wir berücksichti gen, wenn wir über Zinskosten im Zusammenhang mit Staats anleihen sprechen.
Deshalb muss es unser Interesse sein, dass in diesem Bereich Wettbewerb herrscht und dass keine Fehlanreize, sondern An reize zum Sparen gesetzt werden, wenn wir die öffentlichen Staatshaushalte beleuchten.
Auch bei der Europa-2020-Strategie haben wir den richtigen Weg eingeschlagen. Ich möchte mich ausdrücklich für die Un terstützung bedanken, die ich erleben durfte. Wir hatten so wohl mit Herrn Van Rompuy als auch mit den Brüsselern, die die Europa-2020-Strategien bei der Kommission vertreten ha ben, im März vergangenen Jahres wichtige Sitzungen, wich tige Treffen. Ich glaube, es war gut, dass wir unter meinem Vorsitz bei der EMK Veränderungen durchgesetzt haben, dass wir z. B. gesagt haben: Der Bereich Bildung ist in Europa wichtig. Aber die Hoheit, die Kompetenz, die Zuständigkeit für die Gesetzgebung im Bereich Bildung muss weiterhin dort liegen, wo sie verfassungsrechtlich angesiedelt ist. Das ist bei uns, beim Land Baden-Württemberg und damit auch beim Landtag.
Das haben wir erreicht, und dabei vor allem auch die Aner kennung von tertiären Bildungsabschlüssen.
Insoweit bin ich davon überzeugt, dass wir auch in Zukunft auf diesem europäischen Weg weiterfahren sollten. Denn ge rade für Baden-Württemberg ist Europa eine große Chance, eine große Herausforderung, aber auch – ich glaube, das ist wichtig – unser Schicksal. Deshalb ist es gut, dass alle vier Fraktionen hier an einem Strang gezogen haben. Dafür herz lichen Dank.
Bevor wir in die Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 3 a ein treten, darf ich noch auf Artikel 64 Abs. 2 unserer Verfassung hinweisen. Danach kann die Verfassung vom Landtag geän dert werden,
wenn bei Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln sei ner Mitglieder eine Zweidrittelmehrheit, die jedoch mehr als die Hälfte seiner Mitglieder betragen muss, es be schließt.
Es müssen also mindesten 93 Abgeordnete anwesend sein und mindestens 70 Abgeordnete für die Verfassungsänderung stim men. Bei der Schlussabstimmung muss diese qualifizierte Mehrheit gegeben sein. Diese Schlussabstimmung wird na mentlich stattfinden.
Wir kommen jetzt in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 14/7338. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Stän digen Ausschusses, Drucksache 14/7526. Der Ständige Aus schuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Wer Artikel 1 zustimmt, der möge bitte die Hand erheben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Artikel 1 ein stimmig so beschlossen.
Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist einstimmig zugestimmt.
Wir kommen jetzt zur A b s t i m m u n g gemäß dem zum Sitzungsbeginn gefassten Beschluss zur Dritten Beratung des Gesetzentwurfs zur Änderung der Verfassung. Abstimmungs grundlage sind die soeben in Zweiter Beratung gefassten Be schlüsse. Diese werden Ihnen als Drucksache 14/7539 auf Ih re Tische gelegt.