Protokoll der Sitzung vom 07.12.2006

Herr Abg. Dr. Noll – –

Die bisherige Gesetzeslage war: Bis zu vier Sonntage sind verkaufsoffen. Bezüglich der Adventssonntage hätten wir gesagt: Man kann vor Ort entscheiden, ob man davon einige – –

(Zurufe: Aha! – Unruhe)

Nun mussten wir zu unserem Erstaunen erkennen, dass sogar die SPD plötzlich die besondere Besinnlichkeit

(Lachen des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE)

eines Adventssonntags, wenn er im Dezember liegt, entdeckt.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

So ist eben Demokratie. Man muss sich auf einen Kompromiss einigen. Wir sind mit den drei verkaufsoffenen Sonntagen, die den Kommunen sowie den Handel- und Gewerbetreibenden und vor allem den Verbraucherinnen und Verbrauchern vor Ort jetzt wieder zur Verfügung stehen wer

den, sehr zufrieden. Wir warten jetzt ab, bis der Entwurf vorgelegt wird. Dann können wir das Thema noch einmal diskutieren.

Aber ich glaube: Wir haben einen Kompromiss gefunden, in dem sich alle einigermaßen wiederfinden können.

(Ein Handy klingelt. – Heiterkeit)

Danke schön für das Handyklingeln zum Schluss.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist diese Debatte abgeschlossen und Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Wahl der Mitglieder des Medienrats der Landesanstalt für Kommunikation

Nach § 41 Abs. 2 des Landesmediengesetzes entsendet jede Fraktion im Landtag einen Vertreter in den Medienrat der Landesanstalt für Kommunikation. Vier weitere Vertreter werden aufgrund von Vorschlägen der Fraktionen vom Landtag im Wege der Verhältniswahl nach dem d’hondtschen Höchstzahlverfahren gewählt.

Von den Fraktionen werden folgende Personen in den Medienrat entsandt: von der CDU-Fraktion Herr Wolfgang Heubach, von der SPD-Fraktion Frau Abg. Rosa Grünstein, von der Fraktion GRÜNE Herr Abg. Jürgen Walter, von der FDP/DVP-Fraktion Herr Abg. Hagen Kluck.

(Anhaltende Unruhe)

Die vier weiteren Vertreter des Landtags müssen wir heute wählen. Nach d’Hondt entfallen davon drei Vertreter auf die CDU-Fraktion und ein Vertreter auf die SPD-Fraktion.

Ein gemeinsamer Wahlvorschlag von CDU und SPD liegt Ihnen vor. Es werden vorgeschlagen: von der CDU-Fraktion Herr Abg. Joachim Kößler, Frau Abg. Sabine Kurtz und Herr Abg. Werner Pfisterer, von der SPD-Fraktion Herr Abg. Stephan Braun.

Kann ich davon ausgehen, dass wir offen abstimmen können? – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.

Darf ich davon ausgehen, dass Sie dem gemeinsamen Wahlvorschlag der beiden Fraktionen zustimmen? – Auch dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Punkt 2 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Ist der „Feinkostladen“ BadenWürttemberg in Gefahr? – Was tut die Landesregierung für die Verbraucher? – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Pix.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Unter Tourismus verstehen wir etwas anderes als das, was jüngst passiert ist. Passiert ist nämlich ein Pestizidtourismus quer über die Grenzen Baden-Württembergs nach Frankreich, in die Schweiz und nach Österreich.

Der Begriff „Feinkostladen Baden-Württemberg“ wurde von uns Grünen hier in diesem Hohen Hause eingeführt und – darüber bin ich sehr froh – auch von Ihnen aus der CDUFraktion angenommen als ein Merkmal für Premiumstandorte und Premiumprodukte.

Leider müssen wir aber feststellen, dass es sich um einen von Ihrer Seite falsch verstandenen Begriff handelt. Hier wird eher ein Etikettenschwindel betrieben, denn leider ist es so, dass wieder einmal nicht das drin ist, was draufsteht. Wir haben eigentlich beabsichtigt, den Begriff zielorientiert einzuführen, um auf Dauer eine pestizidfreie und gentechnikfreie Landbewirtschaftung hinzubekommen. Das wurde von Ihrer Seite leider sträflich missbraucht. Sie, Herr Hauk, verwenden den Begriff heute zu Unrecht bei nahezu jeder sich bietenden Gelegenheit, egal ob es die Eröffnung einer Plaza Culinaria in Freiburg ist oder ob Sie vor der badischen Landjugend als Innovationsbewegung sprechen. Sie verwenden den Begriff zurzeit so inständig, dass man gerade meinen könnte, Sie wollten von den tatsächlichen Begebenheiten ablenken, nämlich davon, dass sich Ihr Herkunftszeichen Baden-Württemberg langsam, aber sicher, in die recht bekannten drei G verwandelt – die drei Löwen spiegeln das hervorragend wider –, nämlich Gift, Gen und Gammel.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Ha no!)

Die tagespolitischen Ereignisse der letzten Wochen und Monate führen mich leider zu dieser begrifflichen Einführung. Der heutige Tag und die beantragte Debatte sollen dazu führen, dass wir vielleicht gemeinsam einen Weg finden, wie wir aus dieser Misere wieder herauskommen können.

Herr Hauk, Sie haben vor Kurzem einen Bioeinkaufsführer vorgestellt. Das war in Südbaden auf dem Hof Dachswanger Mühle.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Dieser Hof entspricht offensichtlich nicht Ihren Vorstellungen von einer kleinen Bioklitsche, die in einer 2-%-Nische vor sich hinkümmert. Es handelt sich um einen für BadenWürttemberg stattlichen Betrieb mit 150 ha, der seit über 15 Jahren ökologisch arbeitet. Er betreibt Sojaproduktion und -verarbeitung. Er stellt über 4 000 t Soja pro Jahr her – man höre: in Baden-Württemberg. Das ist bisher für unmöglich gehalten worden. Er tut das biologisch und gentechnikfrei und verarbeitet weitere 4 000 t Soja, die leider nicht hier produziert werden können, sondern aus China importiert werden müssen.

Es kann doch nicht sein, dass wir hier in Baden-Württemberg eine Situation haben, von der andere Länder nur träu

men – ein ganzer Betriebszweig boomt; Tausende von Arbeitplätzen hängen daran: die biologisch-ökologische Landwirtschaft –, und die Nachfrage, die inzwischen bei geschätzten 20 % der Lebensmittelproduktion liegt, nicht mehr befriedigt werden kann, während aus anderen Ländern, die sich inzwischen darauf eingerichtet haben – z. B. Österreich, die Schweiz und auch das europäische Ausland –, über lange Transportwege die Nachfrage, die hier in Baden-Württemberg herrscht, gestillt wird. Das ist nicht unsere Politik, und das kann und darf niemals unsere Politik hier in Baden-Württemberg werden.

(Beifall bei den Grünen)

Unter Nachhaltigkeit verstehen wir, nachhaltig dafür zu sorgen, dass die Pestizide und die gentechnikbestimmte Wirtschaft zurückgedrängt werden, und dass wir nachhaltig dafür sorgen, dass hier Arbeitsplätze geschaffen werden.

Anlässlich des Tags der Selbstständigen in Freiburg hat neulich Herr Professor Hipp, der Ihnen allen gut bekannt ist und der im Bereich der ökologischen Landwirtschaft 2 000 Arbeitsplätze zur Verfügung stellt, auf meine Frage, wie er sich in Zukunft verhalten wird, wenn die Entwicklungen so weitergehen, gesagt, dass die Pforten Österreichs für ihn weit offen stehen. Die Österreicher haben sich nun einmal dafür eingesetzt, dass sie für die nächsten fünf Jahre auf jeden Fall gentechnikfrei bleiben. Auch die Schweiz hat ein Moratorium von fünf Jahren für die Gentechnikfreiheit gesetzt.

Ich denke, es würde Baden-Württemberg gut anstehen, sich hier ähnlich zu verhalten und nicht, wie Sie es tun, in aller Heimlichkeit an so gut wie jedem möglichen Standort gentechnische Versuche zuzulassen. Das ist nicht und das darf niemals Aufgabe eines „Feinkostladens Baden-Württemberg“ sein. Wir müssen uns auf Dauer als gentechnikfreie Region Baden-Württemberg verstehen, sonst kommen wir in den Strudel hinein. Dann wird Baden-Württemberg hinterher nur noch als Genlabor und möglicherweise sogar als Giftküche verstanden. So darf es aber nicht sein.

Ein bekannter Ökobauer – übrigens ein Kollege von mir – hat neulich die Formulierung „eat the landscape“ geprägt. Das war niemand anderes als einer der größten Ökobauern Europas, nämlich der britische Prinz Charles. Er meinte damit die ja auch von Ihnen immer wieder geforderte Verbindung zwischen Tourismus, Landwirtschaft und Naturschutz. Aber mit Roundup, dem absoluten Totalherbizid, kann man auf Dauer keine Biodiversität erzeugen und keine intakte Landschaft herstellen.

Deswegen haben wir ein umfassendes Pestizidreduktionsprogramm erarbeitet, das wir Ihnen demnächst vorlegen werden. Wir sind gespannt, ob Sie uns dann dabei helfen werden, den „Feinkostladen Baden-Württemberg“ auf Dauer zu erhalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Brunnemer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Pix, das, was Sie hier für Ihre Fraktion gesagt haben, war das, was wir von Ihrer Fraktion immer hören, wenn es um Lebensmittel geht.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Der ist neu!)

Standardisierung, Panikmache – Sie spielen die Rolle der Kassandra

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Die Kas- sandra hatte recht! – Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen)