Protokoll der Sitzung vom 09.02.2007

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Einzelplan 12 sind aufgrund der Steuerschätzung vom November 2006 jährlich brutto rund 25 Milliarden € Steuereinnahmen etatisiert, die sich zwischen 2 Millionen € Totalisatorsteuer und rund 8,5 Milliarden € Lohnsteuer bewegen. Übrigens: Das tatsächliche Lohnsteueraufkommen in Baden-Württemberg liegt bei 20 Milliarden €.

Für Mindereinnahmen durch geplante Regelungen zur Unternehmensnachfolge und zur Unternehmensteuerreform sind 20 Millionen € im Jahr 2007 und 475 Millionen € im Jahr 2008 veranschlagt. Für mögliche Ausfälle infolge Steuerrechtsänderungen sollen 439 Millionen € in eine Rücklage eingestellt werden. Hierbei bleibt jedoch noch abzuwarten, welche Auswirkungen sich aus dem neuesten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer tatsächlich ergeben.

Aus den Reinerträgen der staatlichen Wetten und Lotterien sowie Erträgen der Spielbanken sind fast 330 Millionen € jedes Jahr eingeplant, von denen jeweils mehr als die Hälfte – Sie wissen das – zweckgebunden für Sport, Kultur und Soziales verwendet werden.

Nun zum Länderfinanzausgleich und zum kommunalen Finanzausgleich: Für das Haushaltsjahr 2005 wird Baden-Würt temberg die höchsten Zahlungen zu leisten haben und nimmt somit als finanzstarkes Geberland den Platz 1 ein. Wenn ich Ihnen sage, dass Baden-Württemberg seit Bestehen des Länderfinanzausgleichs zu den Zahlmeistern der Nation gehört, dann rede ich von rund 58 Milliarden €, die wir seit 1950 im Umsatzsteuerausgleich und im eigentlichen Länderfinanzausgleich erbracht haben. In den Jahren 2007 und 2008 kommen weitere insgesamt 4,7 Milliarden € hinzu.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Hört, hört!)

Solange sich aber einige Empfängerländer, allen voran Berlin, ihrer finanzwirtschaftlichen Verantwortung nicht bewusst sind, sich über die Maßen verschulden und mit ihrer eklatanten Haushaltsnotlage nicht mehr aus eigener Kraft fertig werden, so lange werden auch die Zielsetzungen des Länderfinanzausgleichs nicht – auch nicht annähernd – erreicht.

(Beifall bei der CDU – Abg. Gundolf Fleischer CDU: Sehr gut!)

Neben Berlin können auch die Länder Bremen oder Rheinland-Pfalz genannt werden, die mit ihrer Schuldenpolitik den Bund und die übrigen Länder, vornehmlich natürlich die Ge

berländer, in immer größer werdende Finanznöte bringen. Berlin mit aktuell 58,3 Milliarden € Schulden – das sind 17 150 € pro Kopf – und einer Zinslast von 2,4 Milliarden € oder auch Bremen mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 19 788 € werden, ebenso wie auch Rheinland-Pfalz, einen Entlastungsbeitrag wohl nie mehr erwirtschaften können.

Ich wollte jetzt Herrn Kollegen Walter – ich sehe ihn aber nicht – sagen, dass er daran erkennen kann, wie teuer die von ihm so hoch gelobte Kunst in Berlin ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Bei diesen Gegebenheiten muss es doch verständlich sein, wenn einerseits mehr finanzielle Autonomie der Bundesländer und mehr Wettbewerb zwischen ihnen eingefordert wird, andererseits aber auch Restriktionen und Sanktionen bei weiter anhaltender Disziplin- und Verantwortungslosigkeit unabdingbar sind.

Beim kommunalen Finanzausgleich belaufen sich die Nettoleistungen des Landes auf 3,8 und 3,9 Milliarden €. Davon werden bekanntlich die Schlüsselzuweisungen von 3 und 3,1 Milliarden € in erster Linie finanziert.

Aus der Kraftfahrzeugsteuer-Verbundmasse werden rund 20 Millionen € zur Förderung von ÖPNV-Investitionen bereitgestellt. Dadurch wird der Rückgang der Regionalisierungsmittel etwas kompensiert.

Rechnet man alle Leistungen des Landes an die Kommunen zusammen, so ergeben sich rund 5,5 bzw. 5,7 Milliarden €.

Erstmals konnte im Oktober 2006 in einer Vereinbarung zwischen Land und Kommunen eine Verständigung über die Eingriffe in den kommunalen Finanzausgleich herbeigeführt werden. Es kann davon ausgegangen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass mit dieser Vereinbarung über ihren materiellen Gehalt hinaus eine solide Vertrauensbasis zwischen Land und Kommunen geschaffen wurde, die tragfähig sein wird, um auch künftig schwierige Probleme einvernehmlich zu lösen.

(Beifall bei der CDU)

Das Forum hierfür wird durch die gemeinsame Finanzkommission geschaffen. Die entsprechenden Empfehlungen werden wir sodann hier im Landtag zu beraten haben. Diese Kommission, die alle bisherigen Gremien ersetzt, wird sich voraussichtlich im März dieses Jahres konstituieren.

Lassen Sie mich nun zu den Schulden und den Kreditaufnahmen kommen. Die Konsolidierung des Landeshaushalts hat oberste Priorität. Darin sind sich CDU-Regierung und CDUFraktion einig. Weil die Haushaltskonsolidierung etwas mit Generationengerechtigkeit zu tun hat, ist sie dringend geboten und bedarf der konsequenten Fortführung bis hin zur Dauerhaftigkeit.

Stand heute haben wir 43,5 Milliarden € Schulden, die mit einem Zinsaufwand von jährlich 2 Milliarden € zu bedienen sind. Wir müssen also nachhaltige und zukunftsgerechte Maßnahmen konsequent fortführen, wollen wir das jährliche strukturelle Haushaltsdefizit tatsächlich abbauen und ab 2011 zur

Nullnettoneuverschuldung gelangen. Nullnettoneuverschuldung, meine Damen und Herren, heißt zwar kein weiterer Anstieg des Schuldenbergs, heißt aber noch nicht Abbau der Schulden, sondern Haushaltsausgleich ohne Kreditfinanzierung. Darüber sollten wir uns alle klar sein.

Die mittelfristige Finanzplanung weist uns den richtigen Weg, indem Kreditaufnahmen für 2009 und 2010 von nur noch 550 und 350 Millionen € eingeplant sind. Die Kreditfinanzierungsquote wird sich bereits 2007 auf 3,1 Prozentpunkte verbessern.

Dass Baden-Württemberg mit der Pro-Kopf-Verschuldung von derzeit 3 820 € auf dem drittbesten Platz rangiert, hört sich zwar gut an, ist aber in der Sache weder hilfreich, noch gibt es Anlass zur Freude. Sie ist überaus grenzwertig: 2006 mussten nämlich 9,4 % der Steuereinnahmen nur für Zinsen aufgewendet werden. Nach der mittelfristigen Finanzplanung sinkt zwar die Zins-Steuer-Quote bis 2010 auf 7,5 %. Dies zeigt uns aber auch, dass es noch ein weiter Weg sein wird, bis wir zu einem verträglichen Verhältnis kommen werden.

Zur Vermögensverwaltung möchte ich anmerken, dass es richtig und sinnvoll ist, das Immobilienvermögen des Landes von einem Konsortium auf seine wirtschaftliche Verwertbarkeit, auf seine Vermarktungs- und Entwicklungspotenziale prüfen zu lassen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Na, na, na! – Abg. Chris tine Rudolf SPD: Das war ja kein Erfolg! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das war eine ganz schöne Pleite!)

Das ist nicht schlecht. Mögliche Veräußerungserlöse – Sie wissen, es war von etwa 300 Millionen € die Rede – auf dem Weg zur Nullnettoneuverschuldung für Kreditrückzahlungen zu verwenden ist ebenso richtig und wichtig.

Die Landesregierung ist allerdings zwischenzeitlich – wie Sie wohl anmerken wollten, Herr Schmiedel – zu dem Schluss gekommen, dass groß angelegte Paketverkäufe mit noch längerfristig benötigten Immobilien keine wirtschaftliche Lösung darstellen. Zumindest gilt diese Feststellung für die aktuelle Marktsituation.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Dass sich das Konsortium auch weiterhin auf die Analyse und gegebenenfalls Vermarktung entbehrlicher Objekte zur Bestandsbereinigung und zur Schuldentilgung konzentriert, begrüßt die CDU-Fraktion.

Meine Damen und Herren, Sale-and-Lease-Back, also der Verkauf von Immobilien bei gleichzeitiger Rückanmietung, macht für mich im Bereich der öffentlichen Hand grundsätzlich keinen Sinn.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Sind wir uns da einig, Herr Schmiedel? – Das macht allenfalls dann Sinn – jetzt kommt eine Einschränkung –, wenn durch seriöse Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Beweis geliefert wird, dass der Liquiditätszufluss unter Beachtung der

künftigen Mietzahlungen zu einer nachhaltigen Vorteilhaftigkeit infolge einer Schuldenreduzierung führt.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Sehr gut!)

Mit anderen Worten: Geschaffenes Vermögen zum Schuldenabbau mit einer Reduzierung der Zinsbelastungen einzusetzen, halte ich wirtschaftlich durchaus für opportun.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Das ist die richtige Differenzierung! – Zustimmung des Abg. Oswald Metzger GRÜNE)

Da stimmen Sie mir durch Kopfnicken zu, wofür ich mich bedanke, Herr Metzger.

Zur Beamtenversorgung, die ja in der Vorbemerkung zum Kapitel 1210 zusammengeführt ist, möchte ich anmerken, dass die Zahl der Versorgungsempfänger jährlich um etwa 3 000 ansteigt und der Aufwand für Versorgung und Beihilfe in diesem Doppelhaushalt bei rund 3,1 Milliarden € bzw. 3,3 Milliarden € liegt. Natürlich ist das eine enorme Belastung; aber jede einzelne Stelle wurde von diesem Hause genehmigt, und 80 % davon entfallen wiederum auf die Bereiche Bildung und Polizei. Im Durchschnitt liegt die monatliche Versorgung nach meiner überschlägigen Berechnung netto, also nach Abzug der Steuern, bei monatlich etwa 2 100 €. Zu zahlen ist jedoch noch der Krankenversicherungsbeitrag.

Richtig ist, dass die Beamten – im Gegensatz zu den Angestellten – das Land auch nach ihrer aktiven Zeit noch Geld kos ten. Aber ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wie hätten wir den Mehraufwand – aktuell liegt der Arbeitgeberanteil bei rund 28 % – in den vergangenen Jahrzehnten finanzieren können, hätten wir nur Angestellte beschäftigt? Und hätten wir angesichts des starren Tarifrechts überhaupt Sparmaßnahmen in diesem Umfang und mit diesen Fristen wie bei den Beamten durchsetzen können?

(Abg. Werner Raab CDU: Sehr richtig, Herr Kolle- ge!)

Bei der Beamtenversorgung wurde bewusst ein System gewählt, das von der Deckung durch Steuereinnahmen ausgeht.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr richtig!)

Bei den Renten werden zwar monatliche Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern eingefordert, doch bedarf es darüber hinaus noch Zuschüssen aus Steuermitteln. 2006 lagen die se Steuerzuschüsse bei rund 55 Milliarden €; das muss man sich einmal vor Augen führen. Eine Rücklage besteht auch nicht, sieht man einmal von der Nachhaltigkeitsrücklage, die gesetzlich vorgeschrieben ist, von 0,6 Milliarden € ab.

Das alles findet in der politischen Diskussion der Grünen – besonders bei Ihnen, Herr Metzger – leider kaum Beachtung. Zudem finden die magere Entlohnung und der sogenannte Eckmann-Vergleich auch keine gebührende Würdigung. Das finde ich schade, weil es nicht sachgerecht ist und zu einer Verzerrung des Gesamtbildes führt.

Deshalb kann ich Ihnen nur einen Aufsatz des Bundesverfassungsrichters Di Fabio vom 22. Oktober 2003 in der FAZ –

Sie werden ihn gelesen haben – zu dem Thema „Die Grundlagen der Gemeinschaft“ empfehlen. Es gibt auch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2002, in der der sogenannte Eckmann-Vergleich aus dem Jahr 1951 mit einer siebenprozentigen Kürzung der Beamtengehälter zur Versorgungsfinanzierung angesprochen bzw. bestätigt wird.

Zum Herrn Kollegen Kretschmann – er ist leider nicht da – wollte ich auch etwas sagen. Er hat ja vorgestern gesagt, dass die Grünen andere Vorschläge zur Versorgungsfinanzierung erwarten. Daran erkenne ich, dass Sie endlich von ungerechten Leistungskürzungen wegkommen und sich dem eigentlichen Kern, nämlich der Finanzierungsproblematik, widmen wollen. Dafür schon jetzt ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir ernsthaft sparen wollen und das Ziel der Nullnettoneuverschuldung 2011 erreichen wollen – daran gibt es innerhalb der CDU-Fraktion überhaupt keinen Zweifel –, dann muss aber auch die Wirtschaftlichkeit in allen Verwaltungsbereichen zwingend Platz greifen, verbessert und allumfassend beachtet werden. Wir müssen dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, dem übrigens Verfassungsrang zuerkannt wird, auch und gerade im Zuwendungsbereich zwischen Land und Kommunen durch Anpassung der Richtlinien und Verwaltungsvorschriften, z. B. für alternative Finanzierungsformen, mehr Geltung verschaffen. Denn von einer wirtschaftlichen Lösung, meine Damen und Herren, die sämtliche Aufwendungen im Lebenszyklus einer Maßnahme berücksichtigt, profitieren wir alle: Bund, Land und Kommunen.

Ich halte auch ein Umdenken im gesamten Immobilienbereich für dringend geboten. Es muss nicht immer für die Ewigkeit gebaut werden, z. B. im Hochschulbereich, wenn es um technische Zweckbauten geht. Es muss nicht immer der Eigenbau sein, wenn eine Anmietung möglich ist, die zeitlich befristete Aufgabenerfüllung garantiert und ein späteres Verwertungsrisiko vermeidet. Es können aber auch Gebäude verkauft werden und mit dem Erlös neue Gebäude gebaut werden, wenn dadurch die personellen und betrieblichen Ressourcen zu strukturellen Verbesserungen führen.

Der Doppelhaushalt 2007/2008 ist von einer zeitgerechten Denkweise geprägt, weil er von der bisherigen Praxis abgeht, das strukturelle Defizit zwischen ordentlichen Einnahmen und notwendigen Ausgaben durch eine alljährliche Nettokreditaufnahme mit dem Ergebnis ständig steigender Schulden auszugleichen. Er ebnet den Weg zu ersten strukturellen Einsparmaßnahmen wie z. B. Kreditreduzierung und damit verbundener Zinsentlastung. Aber auch eine weitere strukturelle Einsparmaßnahme möchte ich nennen: die Kürzungen bei der Beamtenbesoldung und bei der Beamtenversorgung.