Das ist der Wahlkreis der Kollegen Haller von der SPD-Fraktion und Pauli von der CDU-Fraktion. Es waren 17 Hauptschüler der 9. Klasse. Zwei Hauptschüler aus dieser Klasse haben zum jetzigen Zeitpunkt eine Lehrstellenzusage. Die Schüler haben frustriert im Saal gesessen. Aus der gleichen Hauptschule waren gestern Vormittag 22 Schüler im Landtag, die in der Qualifizierungsklasse sind, also 9. Klassenstufe, die zehn Schuljahre absolvieren. Aussage der Lehrerin dieser Hauptschüler am Nachmittag: „Lehrstellen bekommen bei uns maximal noch die, die 9 + 1, den qualifizierten Hauptschulabschluss, machen, oder Realschüler. Wir gucken in die Röhre. Wir sind Auslaufmodell.“ Wie beurteilen Sie das, Herr Zeller?
Vielen Dank, Herr Metzger. Ich kann Ihnen im Grunde genommen diese Einschätzung aus eigener Erfahrung nur bestätigen. An der Schule, an der ich arbeite – eine Hauptschule, 9./10. Klasse –, ist das Bild ähnlich. Von den Schülern dort haben die wenigsten Hauptschüler eine Lehrstelle gefunden. Diese Situation macht deutlich, dass es darum geht, alle gleichermaßen besser zu fördern. Dies zeigt uns, dass die Systeme, die eine gemeinsame Unterrichtung – mit Realschule und Hauptschule – haben, insgesamt die Kinder und Jugendlichen besser fördern können als unser gegliedertes Schulwesen. Deswegen ist das der richtige Weg.
(Beifall bei der SPD und der Abg. Renate Rastätter GRÜNE – Abg. Volker Schebesta CDU: Das ist doch das krasse Gegenteil der Studienergebnisse!)
Wissen Sie, Herr Schebesta, wir werden ja hoffentlich im Ausschuss und anderweitig noch genügend Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren. Es ist schlichtweg falsch, was Sie sagen.
Im jüngsten Bericht des Aktionsrats Bildung – da sind Leute drin wie Prenzel und Lenzen, die Sie zur Anhörung hier hergeholt haben – steht auf Seite 147 erstens – ich zitiere –:
Die Überführung in den Sekundarbereich I findet nicht, wie bisher, nach dem vierten Lernjahr, sondern frühestens nach sechs Jahren … statt.
Das heißt, Wissenschaftler, das Handwerk, Lehrerverbände, Städte und Gemeinden wollen ein anderes System, um die Schule im Dorf zu behalten. Und Sie wehren sich dagegen! Das ist doch das Problem.
Sie erkennen gar nicht, was draußen los ist. Reden Sie einmal mit Gemeinden! Ich könnte Ihnen jetzt x Gemeinden aufzählen, die alle sagen: Wir würden gern etwas anders machen, aber von der Schulverwaltung kommt dann sofort der Verweis: Das geht nicht, weil es im Schulgesetz nicht steht. Amtzell ist wohl die einzige Gemeinde, die das machen kann. Was in Amtzell richtig ist, kann doch in anderen Gemeinden nicht falsch sein. Deswegen fordern wir hier klipp und klar, dass Sie endlich diese Blockadehaltung aufgeben und Verbundschulen für Haupt- und Realschulen zulassen. Das ist das Minimum, was hier notwendig ist.
Es gibt aber auch andere Standorte. Es ist vielen Gemeinden schon gedient, wenn sie die 5. und 6. Klasse halten können. Diese idiotische Aufteilung nach der 4. Klasse stammt sowieso aus dem letzten Jahrtausend und lässt sich wissenschaftlich-pädagogisch überhaupt nicht rechtfertigen. Das ist der Punkt. Genau dagegen wehren Sie sich. Es ist nicht haltbar, was Sie hier vertreten. Das ist das Entscheidende.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann nur sagen – ich sage es immer wieder, und es besteht heute wieder eine Gelegenheit, es zu sagen –: Hören Sie von der Opposition endlich auf, die Hauptschule dermaßen schlechtzureden. Ich kann es nicht mehr länger hören.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Nor- bert Zeller SPD: So ein Blödsinn! – Abg. Reinhold Gall SPD: Wir reden nicht die Hauptschule schlecht, sondern Ihr Handeln! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Wir reden über die Bildungspolitik für die Haupt- schule!)
Frau Rastätter, mit Ihrer Polemik, bei der Sie hier Akademikerkinder gegen Hauptschulkinder ausspielen, ist uns auch nicht geholfen. Das bringt uns keinen Schritt weiter –
Meine Damen und Herren, unser Schulsystem in Baden-Würt temberg ist in hohem Maße leistungsfähig. Das wird von allen bisherigen – auch internationalen – Schulvergleichsun tersuchungen bestätigt. Ich möchte Ihnen mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten gern ganz bewusst ein Zitat aus der PISAStudie des Jahres 2000 vorlesen. Dort steht auf Seite 427 folgender Satz:
Offensichtlich variieren die durchschnittlichen Schülerleistungen in den verschiedenen Teilnehmerländern unabhängig von den Formen der Schul- und Unterrichtsorganisation.
Dieses Ergebnis, meine Damen und Herren, bestätigt Befunde, die uns auch ältere Untersuchungen geliefert haben. Bis heute ist kein Zusammenhang zwischen der Schulorganisation und den Leistungen der Schüler nachweisbar.
Eben ist von Herrn Zeller mit großer Verve Herr Prenzel zitiert worden. Auch ich möchte Herrn Prenzel einmal zitieren. Er sagte nämlich zur PISA-Studie 2003 – Ihr Herr Prenzel –:
Nüchtern betrachtet ist die Frage der Schulstruktur ein Faktor neben vielen anderen. Für den Erfolg gibt es in dieser Hinsicht kein Patentrezept. Jedes Land muss seinen Weg suchen.
Es ist völlig richtig: Wir haben aufgrund der demografischen Entwicklung zunächst einmal zurückgehende Schülerzahlen, und das betrifft in besonderem Maße und viel früher als erwartet die Hauptschule. Wir müssen reagieren; da stimme ich Ihnen ja voll und ganz zu.
Aber ich möchte eines zu bedenken geben: Sie haben im Jahr 2020 auch bei den Gymnasien einen Schülerzahlenrückgang um 20 %.
(Abg. Alfred Winkler SPD: Bravo! – Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU: Da machen wir dann die Einheits- schule!)
Meine Damen und Herren, wir haben uns vonseiten unserer Fraktion intensiv Gedanken darüber gemacht, wie wir für die Hauptschule eine Zukunft schaffen können. Wir wollen die Hauptschule als Schulart in unserem Schulsystem erhalten.
Wir haben vor einiger Zeit unsere Vorstellungen in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Ich darf Ihnen drei Punkte, die uns sehr am Herzen liegen, noch einmal kurz erläutern.
Zum einen: Es ist völlig richtig – da stimme ich Ihnen, Frau Rastätter, voll und ganz zu –: Wir können auf die Dauer nicht jeden klitzekleinen Standort halten. Das ist ja mittlerweile Konsens in der Koalition. Das sieht unser Koalitionspartner auch nicht anders.
Das heißt, wir müssen weg von der Standortsicherung um jeden Preis hin zu einer Standortoptimierung.
Diese Standortoptimierung bekommen wir nur in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen, mit den Schulträgern.
Deshalb bin ich dem Ministerium sehr dankbar, dass es sofort nach Bekanntgabe der neuesten Prognose reagiert hat, das Gespräch mit den kommunalen Landesverbänden gesucht hat und – das Papier wurde ja zitiert – die ersten Ergebnisse jetzt vorliegen.
Es freut uns sehr – das möchte ich noch einmal kurz ausführen –, dass eine Reihe von Vorschlägen, die wir in unserem Papier gemacht haben, in diesem Eckpunktepapier aufgegriffen worden sind und realisiert werden sollen. Dazu gehört, dass Kooperationsformen, die es schon heute gibt, fortgeführt werden müssen – das ist gar keine Frage –, und dazu gehört auch, dass Kooperationsformen, die das Schulgesetz schon jetzt ermöglicht, noch viel stärker von den Schulen genutzt werden können, müssen oder dürfen. Auch das steht ja in dem Eckpunktepapier drin; das sieht das Ministerium mittlerweile auch so. Es wird weitere Kooperationsformen geben, die schon jetzt nach dem Schulgesetz möglich sind.
Hier bin ich Ihnen, Frau Rastätter, sehr dankbar, dass Sie das angesprochen haben. Das sehen wir genauso wie Sie. Oder war es Herr Zeller? Ich weiß es jetzt nicht mehr genau. Auch für uns ist es ganz, ganz wichtig, dass Realschulen und Hauptschulen, wenn sie das denn wünschen, in Zukunft vor Ort viel intensiver zusammenarbeiten können. Auch hier sind wir sehr froh, dass es erste Schritte in dieser Richtung geben wird, dass erste Schritte in dieser Richtung in dem Papier enthalten sind. Sie können das im Einzelnen nachlesen. Meine Redezeit reicht nicht aus, um das alles aufzuführen.