Protokoll der Sitzung vom 25.04.2007

eine Sprache in der Grundschule lernt und man ihm dann sagt: „Das wird am Gymnasium nicht fortgesetzt!“, kann man wohl bestreiten.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Es wird doch fort- gesetzt! Auch ohne Zwang!)

Dafür gibt es durchaus Gründe. Sie behaupten einfach, es gebe keine.

Die Situation ist im Übrigen im ganzen Land so. Herr Kaufmann, in Ihrem Antrag steht, auch an der Rheinschiene solle Wahlfreiheit bestehen. Es ist einheitlich so, dass die erlernte Grundschulfremdsprache – mit Ausnahme der humanistischen Gymnasien am Rhein – fortgesetzt werden soll. Dieser Hintergrund war auch bekannt, als Ihr Vertreter, Herr Dr. Caroli, in der Landtagssitzung in Karlsruhe im Jahr 2002 von einer bewussten Priorisierung von Französisch am Rhein gesprochen hat.

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: An der Grundschule! Das betrifft die Grundschule!)

Jetzt behaupten Sie, dass dies alles neu sei. Neu ist, dass es eine Verordnung geben wird, und zwar aufgrund von Wünschen der Eltern und aus den Schulen, denen wir nachgekommen sind. Danach muss die zweite Fremdsprache nicht zwingend in der fünften Klasse des Gymnasiums kommen, sondern kann auch erst in der sechsten Klasse begonnen werden. Alles andere, was darin steht, ist hinlänglich bekannt.

Sie erwähnen Kannformulierungen und Anschlussmöglichkeiten. Diese sind gewählt worden, weil vor Jahren die Frage auftrat, die ich schon erwähnt habe: Was passiert an der Haupt- und der Realschule mit der Grundschulfremdsprache?

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Das ist für alle wei- terführenden Schulen so gesagt worden!)

Sie berufen sich auf ein Urteil. Ich zitiere einmal aus diesem Urteil:

Auch die Wahl zwischen verschiedenen Schultypen des Gymnasiums wird durch die unterschiedliche Grundschul fremdsprache nicht eingeschränkt.... Schätzen Eltern jedoch die Bedeutung des Englischen hoch ein, haben sie grundsätzlich die Möglichkeit, ein Gymnasium auszuwählen, in dem dies ab der fünften Klasse angeboten wird.

Ich weiß gar nicht, wie Sie daraus Honig saugen wollen.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Englisch und Latein stehen auch im Urteil!)

Jetzt noch folgende Frage: Im Pilotschulverbund, in Leitfäden ist die Sprachenfolge seit Jahren enthalten. Sie machen jetzt wegen dieser Verordnung ein Fass auf, obwohl Sie dies längst wissen müssten.

Nun ein eindeutiger Beleg für das Jahr 2000. Damals hätten alle wissen können, was ansteht. Es haben auch viele gewusst, auch die SPD, die davon schreibt, dass man damals von Wahlfreiheit hat ausgehen können.

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Ja!)

Auch der Landeselternbeirat hat es bei seinen Stellungnahmen wissen können.

Ich zitiere aus einer Drucksache der 12. Legislaturperiode, einem Antrag der CDU-Fraktion, der die Nummer 12/5595 trägt. Er wurde ein halbes Jahr nach dem Kabinettsbeschluss 2000 beantwortet. Frau Berroth, Kabinettsbeschlüsse zitiere ich nicht; das kann der Kultusminister tun, wenn er will. Aber wenn eine Landtagsdrucksache so beantwortet ist, können Sie davon ausgehen, dass in der Kabinettsentscheidung dasselbe steht. Annette Schavan führt als Kultusministerin unter Ziffer 8 am Ende aus:

Die Grundschulfremdsprache wird in Klasse 5 des Gymnasiums fortgeführt.

(Abg. Johannes Stober SPD: In der Pressemitteilung steht das Gegenteil! – Zuruf der Abg. Heiderose Ber- roth FDP/DVP)

Das steht in einer Landtagsdrucksache. Wer von Verheimlichen einer neuen Entscheidung spricht, ist völlig neben der Spur. Aus den genannten Gründen, die ich noch einmal ausgeführt habe, halten wir die Entscheidung des Jahres 2000 für richtig, halten sie aufrecht und lehnen Ihre Anträge ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stober?

Bitte sehr, meine Redezeit ist jetzt eh abgelaufen.

Erstens: Mir liegt eine Pressemitteilung vom 20. November 2001 vor. Vielleicht kennen Sie sie auch. Dies ist eine Pressemitteilung des Kultusministeriums, der damaligen Kultusministerin, Frau Schavan. Darin steht, in den Gymnasien könne in Klasse 5 Französisch neben Englisch fortgeführt werden – „kann“ und nicht „muss“. Ist Ihnen diese Pressemitteilung bekannt?

Zweitens: Wie kommen Sie dann zu den anderen Ausführungen, die Sie gerade eben gemacht haben?

Ich habe doch die Kannformulierungen ausdrücklich angesprochen. Die gibt es, und die zitieren Sie. Sie können aus „kann“ mehreres schließen.

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: „Kann“, aber nicht „muss“! Vor allem nicht: „muss“!)

Einmal können Sie daraus schließen, dass es nicht „muss“ heißt.

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Ja, eben!)

Sie können aber auch mit mir sagen: Wenn überall in der Haupt- und der Realschule darüber diskutiert wird, ob denn jetzt Französisch fortgeführt werden kann, auch wenn man Englisch anbieten muss, wird ein großes Augenmerk auf die Frage gelegt, ob es fortgesetzt werden kann, und gehen deshalb die Formulierungen aus dieser Zeit genau auf diese Diskussion ein.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Winkelzüge!)

Wenn es aber andere Formulierungen gibt, die diesen Diskussionshintergrund nicht haben und in denen eindeutig steht, dass die Grundschulfremdsprache fortgesetzt wird, dann ist das ja wohl eindeutig, und Sie können sich nicht hier hinstellen und sagen, dies sei alles ganz anders.

(Abg. Johannes Stober SPD: Aber wie sie fortgesetzt wird, steht nicht darin!)

Noch einmal das Zitat: „Die Grundschulfremdsprache wird in Klasse 5 des Gymnasiums fortgeführt.“ Punkt.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU: Zur Klarstellung noch einmal!)

Das Wort erteile ich Herrn Kultusminister Rau.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor Kurzem wurde in Berlin in großem Stil das 50-Jahr-Jubiläum der Unterzeichnung der Römischen Verträge gefeiert. Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft waren und sind sich einig: Europa hat einen riesengroßen Stellenwert für unsere Zukunft. Ebenso klar ist: Wir sind Europa. Wir gestalten es, und wir tragen dafür Verantwortung.

In einem zusammenwachsenden Europa kommt dem Erlernen von Fremdsprachen eine große Bedeutung zu. Denn Fremdsprachenkenntnisse sind Voraussetzung für Mobilität und grenzüberschreitende Zusammenarbeit und tragen in hohem Maß zu gegenseitigem Verständnis und friedlichem Zusammenleben bei.

Kern unserer schulartübergreifenden Fremdsprachenkonzeption in Baden-Württemberg ist der frühe Beginn des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule. Dort werden die Fundamente für das Sprachenlernen gelegt. Die weiterführenden Schulen nehmen das Erworbene auf. Der Spracherwerbsprozess wird dann systematisiert und differenziert.

Frühzeitig und mehrfach haben wir die Schulen und die Öffentlichkeit über diese Konzeption informiert. Dennoch sind nun im Vorfeld des Schuljahrs 2007/08, in dem alle Kinder mit vier Jahren Unterricht in der Grundschulfremdsprache an die weiterführenden Schulen kommen, wieder Diskussionen entstanden.

Ich rufe in Erinnerung – das hat ja gerade auch schon eine Rolle gespielt –: Im Mai 2000 und im November 2001 hat die baden-württembergische Landesregierung nach umfangrei chen Beratungen und Anhörungen mit zahlreichen Gremien und Institutionen entschieden, an jeder Grundschule in Baden-Württemberg den verbindlichen Fremdsprachenunterricht ab Klasse 1 einzuführen. Außerdem wurde festgelegt, dass die Fremdsprache am Oberrhein, an der sogenannten Rheinschiene – in Grenznähe zu Frankreich –, Französisch ist. In denselben Kabinettsentscheidungen wurde auch bestimmt, dass die Grundschulfremdsprache in Klasse 5 des Gymnasiums weitergeführt wird.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig!)

Kollege Schebesta hat gerade den Kabinettsbeschluss, der unter der damaligen Koalition einstimmig erging, zitiert. Darin sind überhaupt keine Deutungsmöglichkeiten mehr enthalten. „Die Grundschulfremdsprache wird in Klasse 5 des Gymnasiums fortgeführt.“ Das ist wörtlich der zweimalige Beschluss des Kabinetts.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Der Landtag hat diese Sprachenkonzeption in seiner Plenardebatte am 15. Mai 2002 in Karlsruhe gestützt. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat dieses Sprachenkonzept am 17. Dezember 2002 bestätigt. Dass die Grundschulfremdsprache im Gymnasium fortgeführt werden soll, war zum Zeitpunkt des Urteils bekannt, weil beide Kabinettsbeschlüsse ein Jahr bzw. zweieinhalb Jahre alt waren. Anderslautende Aussagen gab es nicht.

Im Europa der vielen Völker und Kulturen, der offenen Grenzen und Begegnungen ist es wichtig, Sprachen zu verstehen, zu sprechen und das in diesen Sprachen Geschriebene auch lesen zu können. Der Weg führt nicht über eine Mittlersprache für alle, sondern über mehrere Sprachen. Die Muttersprache und mindestens zwei weitere lebende Sprachen sollten zur Grundausstattung werden. Das gilt natürlich vor allem im gymnasialen Bildungsgang. Auf der Ebene des Europarats gibt es eine Übereinkunft darüber, dass in Europa die Muttersprache plus zwei lebende Fremdsprachen eigentlich Grundausstattung sein sollten.

Wer in Europa seinen Weg machen will, muss die Sprachen der jeweiligen europäischen Partner sprechen. Wichtigster Partner Deutschlands ist und bleibt Frankreich. Deshalb nimmt Französisch in unseren Schulen eine besondere Stellung ein.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Wieso gilt das nicht für ganz Baden-Württemberg? – Gegenruf des Abg. Gunter Kaufmann SPD: Ja! Wenn, dann können es alle lernen!)

Unsere Sprachenkonzeption berücksichtigt die besondere his torische und geografische Situation der Rheinschiene als Grenzregion zum Elsass.