Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

ist in Baden-Württemberg überhaupt kein Thema. Das wird gemacht. Das weiß jeder, der bei uns das Handwerk kennt. Auch die Großunternehmer sind bei dieser Thematik dabei, weil sie damit Werbung machen. Aber in Baden-Württemberg, wo das Ehrenamt und das Engagement sehr weit verbreitet sind, sollte man so etwas nicht zusätzlich in Gesetze hineinschreiben.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass wir eine begleitende und mit Augenmaß arbeitende Arbeitsgruppe haben, die sich um VOB und VOL kümmert und auch die Entsenderichtlinie begleitet, damit keine Aushöhlung unseres Standorts erfolgt. Denn heute ist es schon so: Wenn Sie einen Arbeitsplatz als Altenpflegerin suchen, brauchen Sie gar nicht mehr nach einer Stelle zu suchen. Wir haben aus den neuen östlichen Mitgliedsländern genügend Mitarbeiterinnen vor Ort, und es ist für diejenigen, die diesen Beruf drei Jahre lang erlernt haben, dann oftmals schwierig, überhaupt einen Arbeitsplatz zu bekommen.

Meine Damen und Herren, als sehr wichtig erachte ich unsere Qualitätsstandards in der Ausbildung. Ich zitiere aus dem europapolitischen Positionspapier des baden-württembergi schen Handwerks:

Die Gleichstellung ausländischer Geringqualifizierter mit deutschen Meistern sendet das Signal aus, dass sich die Investition des Inländers in die Eigenausbildung nicht mehr lohnt. Betriebe ohne Meister wiederum können nicht ausbilden. Die katastrophalen Folgen für den Fachkräftenachwuchs sind bekannt.

Wir haben schon heute einen überproportionalen Bedarf an Facharbeitern. Um es nochmals zu betonen: „Made in Germany“ beruht auf guten Facharbeitern, auf qualifizierter Arbeit und auf fähigen Meistern. Deshalb ist es wichtig, dass diese Meister – Herr Pfisterer wird mir da sicher zustimmen –

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Ich fühle mich ge- schmeichelt! Jawohl!)

eine hervorragende Ausbildung und Berufserfahrung haben, sodass sie den Bachelor Professional verdient haben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Es ist wichtig, dass unsere Firmen auf Augenhöhe mit unseren europäischen Nachbarstaaten arbeiten. Es ist erfreulich, dass das Wirtschaftsministerium, die kleinen und mittleren Unternehmen und das Handwerk das erkannt haben. Ich finde es wirklich erstaunlich, wie weltweit unsere Unternehmen arbeiten – vielleicht mit 10 % noch nicht genügend. Aber die Reise mit dem Handwerk nach Brasilien im Juni zeigt deutlich, dass wir viele Unternehmen haben, die international unterwegs sind. Ich finde es schön – da wird mir Herr Prewo zustimmen –, wenn eine Küchenfirma, wie z. B. die Firma Rempp, in Japan ihre Küchen verkauft

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

und wenn die Schreiner weltweit unterwegs sind. Diese Aktivität und dieses Können müssen wir für die Zukunft beibehalten.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Prewo.

(Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vom Hohelied, Herr Minister, zu den konkreten Dingen. Die Bürokratieanforderungen an das Handwerk sind viel zu hoch.

(Beifall der Abg. Beate Fauser und Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Man schätzt, dass 3,5 % des Bruttoinlandsprodukts in der gesamten Wirtschaft an Kosten hierfür anfallen. Im Handwerk reicht dieser Anteil, weil die Kosten nach Betriebsgröße degressiv ausgestaltet sind, bis zum Zehnfachen. Hier sehen wir in Baden-Württemberg noch so gut wie keine Ergebnisse. Die Handwerkskammern haben jetzt selbst z. B. mit den StarterCentern die Initiative bei den Existenzgründungen übernommen. Aber was müssen sie machen? Sie müssen aus den neun verschiedenen, unabhängigen Behördenverfahren, die es bei einer Existenzgründung gibt, sozusagen ein Hybridformular entwerfen, weil die dahinter liegende neunschwänzige Bürokratie überhaupt nicht reduziert ist.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Dazu kommt, dass sich die Industrie- und Handelskammern in Baden-Württemberg dieser Vereinbarung leider noch nicht angeschlossen haben – im Unterschied zu anderen Bundesländern, nebenbei bemerkt.

Übrigens hat sich die EU auf die Fahne geschrieben, Existenzgründungsverfahren in sieben Tagen abzuschließen. Das wäre weltweit ein hervorragender Wert. Bei uns dauert es rund 20 Tage. Das Ziel wird man vielleicht nicht bis Ende 2007 erreichen können.

Ich komme zum Vergaberecht. Zu zeitgemäßen Wertgrenzen, meine Damen und Herren, liegt ein Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/853, vor. Wir wollen einmal sehen, wer hier im Haus mitmacht. Die Handwerkskammern begrüßen diesen Antrag einhellig.

Gestern ist einiges zur Tariftreue gesagt worden. Letzte Woche hat Herr Dr. Richter im Europaausschuss ausdrücklich unter Verweis auf die Vorlagen der SPD gesagt: Wir brauchen verbindliche Lohnvorgaben und die Einhaltung örtlicher Tariflöhne.

Nun komme ich zur Anerkennung der Qualifikationen in der EU. Es kann in der Tat nicht sein, dass der Meistertitel in Europa nur auf der zweituntersten Qualifikationsebene angesiedelt wird; er muss auf die Bachelorebene gestellt werden.

(Beifall des Abg. Peter Hofelich SPD)

Der Bachelor ist während des Bologna-Prozesses entstanden. Warum versuchen wir nicht, nach dieser Handwerkskonferenz, bei der uns die meisten zugestimmt haben, einen Stuttgart-Prozess im Bereich der Professionals mit dem dualen Sys tem, mit dem Meisterbrief und mit anderen Weiterqualifikationen im Handwerk zu machen?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber um das machen zu können, Herr Minister – das wissen Sie wahrscheinlich genauso wie wir –, müssten wir zuerst ein

mal der nationalen Bildungsinitiative, die das Handwerk ausgerufen hat – nämlich die Hauptschulausbildung völlig zu reformieren und insgesamt eine neunjährige gemeinsame Schulbildung hinzubekommen –, zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut!)

Das ist das, was das Handwerk seit vielen Jahren fordert. Sonst kriegen wir das andere auch nicht hin.

Die EU-Dienstleistungsrichtlinie ist unter maßgeblicher Arbeit der Sozialdemokratischen Fraktion in Brüssel so vernünftig gestaltet worden,

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Da haben alle mitgemacht! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Gestört haben die CDU-Abgeordneten!)

damit die Ziellandregelungen und nicht die Regelungen der Herkunftsländer gelten. Es muss auch erreicht werden, dass bei den EU-Normierungen – wie die „Frankfurter Allgemeine“ gestern geschrieben hat – das Handwerk künftig mit dabei ist und nicht am Katzentisch sitzt.

Wir stellen fest, dass die SPD mit dem Handwerk inzwischen große Übereinstimmung hat, wobei die Annäherung durchaus von beiden Seiten stattgefunden hat.

(Zuruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU)

Wir haben Initiativen auf kommunaler Ebene. Wir haben mit Erschrecken festgestellt, dass gerade die staatlichen Behörden und auch die kommunalen Behörden fürchterlich lange brauchen, bis sie Handwerkerrechnungen bezahlen.

(Abg. Ute Vogt SPD: Ja!)

Meistens dauert es 50 bis 60 Tage, bis Handwerkerrechnun gen bezahlt werden. Wir haben mit anderen Kommunen in Deutschland eine Gütezeichengemeinschaft gegründet: Wir haben uns verpflichtet, Handwerkerrechnungen innerhalb von 15 Tagen zu bezahlen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Löblich!)

Das ist wegen der Bürokratie und wegen der Prüfdurchgänge ziemlich schwierig; aber wir haben es ein Jahr lang hinbekommen und deswegen auch dieses Zertifikat bekommen.

Es geht dabei übrigens nicht in erster Linie um Subventionen für das Handwerk, sondern um eine vernünftige Ordnungspolitik. Wir sind durchaus der Meinung – das ist bei uns aber noch in der Diskussion –, dass sich der Steuerbonus in Höhe von 600 € für private Handwerksleistungen sehr bewährt hat. Das sehen wir ganz massiv. Das ist unsere Position gewesen, und zwar nicht nur, weil dadurch die Wirtschaft angekurbelt worden ist,

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Das war eine CDU-Idee!)

sondern weil sich das immer mehr als eine sehr gute Strategie gegen die Schwarzarbeit erweist. Deswegen meinen wir durchaus, dass man diesen Punkt auch noch einmal überprü

fen sollte, ob man durch eine Erhöhung des Steuerbonusses bessere Effekte erreichen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU – Abg. Claus Schmie- del SPD: So ist es!)

Herr Minister, wir sind der Meinung, dass Sie wirklich eine ordnungspolitische Offensive zur Entbürokratisierung beginnen sollten.

(Zuruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Dieses Papier, das Dr. Richter im Europaausschuss verteilt hat, könnte dafür als Blaupause dienen.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Mehrwertsteuer runter wäre noch einfacher!)

Ich komme zum Schluss. Es ist viel über diese schöne, große Europäische Handwerkskonferenz gesagt worden, auf der auch die Bundeskanzlerin im engsten Schulterschluss mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten gesprochen hat. Aber es ist aufgefallen, meine Damen und Herren, dass kein einziger CDU-Landtagsabgeordneter bei dieser Konferenz dabei war. Die anderen Parteien waren dort vertreten. Wir haben in der abendlichen kleinen Runde mit der Kommission und mit den Handwerkspräsidenten der anderen Bundesländer viele Gespräche geführt. Wir haben auch Herrn Verheugen einiges rüberbringen können. Aber die CDU war an diesen beiden Tagen nicht vorhanden. Das müssen Sie nicht erklären, aber es ist aufgefallen, meine Damen und Herren.