(Zuruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: CDU und SPD sind inzwi- schen verwechselbar!)
Das war in früheren Programmen der SPD so nicht enthalten. Es freut mich besonders, dass dieser Passus aufgenommen wurde. In dem CDU-Programmentwurf gibt es dazu nur ein paar dürre Worte.
(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Sehr gut! – Abg. Veronika Netzhammer CDU: Auch Ungläu- bige können gläubig werden!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema Gründerkultur, Existenzgründung, Sprung in die Selbstständigkeit ist gerade von allen Vorrednern angesprochen und als wichtiges politisches Handlungsfeld dargestellt worden. Das unterstützen wir nachdrücklich.
Der Wirtschaftsminister hat die Ergebnisse einer Umfrage unter Fachhochschulabsolventen zitiert. Es ist tatsächlich ein Alarmsignal, wenn der öffentliche Dienst für so viele Absolventen die berufliche Perspektive darstellt und Selbstständigkeit eine viel zu geringe Rolle spielt. Es gibt sehr wohl Handlungsmöglichkeiten auf Landesebene. Ein paar sind genannt worden. Aber was die bessere Vorbereitung auf die Selbstständigkeit während des Studiums oder an den Schulen betrifft, so müssen Sie dort sicherlich noch einiges auf den Weg bringen. Das halten wir für entscheidend.
Der Kollege Prewo hat gerade die neuen Zahlen des Statis tischen Landesamts hierzu vorgetragen. Da sieht es nicht gut aus. Auch der Bund der Selbständigen hat dem Land bescheinigt, dass das Klima für Gründer in Baden-Württemberg sehr zur wünschen übrig lässt.
Wenn Sie betonen, dass die aktive Gründerkultur und die Exis tenzgründung ein so wichtiges und entscheidendes Thema sind, dann muss ich doch noch einmal auf eine Reform, die die rot-grüne Bundesregierung seinerzeit auf den Weg gebracht hat, zu sprechen kommen, nämlich die Reform der Handwerksordnung. Die FDP hat dagegen gestimmt und diese Reform rundweg abgelehnt. Mit dieser Reform der Handwerksordnung haben wir aber die Voraussetzung dafür geschaffen, dass Gründungen im Handwerk massiv erleichtert worden sind
und insbesondere bei den nicht gefahrengeneigten Gewerken der Weg in die Selbstständigkeit vereinfacht worden ist. Dieses Beispiel zeigt, wie es im konkreten Fall in Bezug auf eine aktive Gründerkultur bei der FDP bestellt ist.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Punkt ansprechen – hier allerdings sind wir mit der FDP einig –: das Thema Unternehmensteuerreform. Hier ist entgegen den Aussagen der Kollegin von der CDU und des Kollegen von der SPD eine Mittelstandslücke vorhanden. Das sagen nicht nur die Grünen. Auch bei der Sachverständigenanhörung im Finanzausschuss des Bundestags Ende April ist nachdrücklich bestätigt worden, dass der Mittelstand zu wenig oder gar nicht von dieser Unternehmensteuerreform profitiert. Bei einer solch entscheidenden Frage für Unternehmensgründungen und -nachfolgen ist es natürlich überhaupt nicht hinnehmbar, dass das so verabschiedet werden soll.
Es gibt jetzt einige erste Eckpunkte zur Ausgestaltung. Da lesen wir auf der einen Seite, dass es eine verringerte Erbschaftsteuer für weitervererbte Familienunternehmen geben solle. Auf der anderen Seite ist in der „Financial Times“ zu lesen, dass die Einnahmen der Länder aus der Änderung der Erbschaft- und Schenkungsteuer mindestens auf dem derzeitigen Niveau bleiben sollen. Auch ist die Frage nicht geklärt, wie, wenn man Unternehmen bei Erbschaften besonders berücksichtigt – was richtig ist; sie sollen ja in ihrer Existenz erhalten bleiben; Arbeitsplätze dürfen nicht gefährdet werden –, mit dem Problem der Umgehungstatbestände umgegangen werden soll. Die Frage ist, wie verhindert werden kann, dass jemand mit dem eigenen privaten Vermögen ein Unternehmen gründet und sich somit der Erbschaftsbesteuerung entzieht. Da sind noch viele Fragen offen.
Ganz klar ist für uns – im Gegensatz zu manchen Kollegen von der CDU, die entsprechende Aussagen getroffen haben –, dass die Erbschaftsteuer auf jeden Fall erhalten bleiben muss und dass hier der Grundsatz der Leistungsfähigkeit gelten muss.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wieso denn der? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt kommt einer, der etwas von Finanzen versteht!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte den Ausführungen nur noch ganz wenig hinzufügen. Es sind einige Dinge gesagt worden, die einfach nicht richtig sind.
Weil ich selbst bei der Steuerreform und der Reform der Erbschaftsteuer beteiligt bin, muss ich Verschiedenes klarstellen.
Erstens: Vorhin ist gesagt worden, die Zinsschranke sei besonders mittelstandsfeindlich. Bei der Zinsschranke besteht ein Freibetrag von 1 Million €.
Das heißt also, das Unternehmen muss Schulden in Höhe von mindestens 20 Millionen € haben, bis eine Zinsschranke infrage kommen könnte. Von „kleinsten Unternehmen“ kann man da nicht mehr reden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Der soll es dann einmal im Protokoll nach- lesen, denn er hört es nicht!)
Nun zur behaupteten Mittelstandslücke – ich will dazu jetzt gar nichts sagen, sondern nur erläutern, wie es aussieht –: Es ist ja so, dass wir bei den Kapitalgesellschaften die Gesamtbelastung von ungefähr 40 % auf 30 % gesenkt haben. Nun haben wir gesagt, dass eine Möglichkeit besteht, dass große Personengesellschaften optieren; diese können sich genauso behandeln lassen wie Kapitalgesellschaften. Das nützt allerdings denjenigen nichts, die so wenig verdienen, dass ihr Grenzsteuersatz unter 30 % liegt. Denen nützt das nichts, und deshalb hat man für die ganz kleinen Unternehmen die Ansparabschreibung eingeführt.
Jetzt wird behauptet, es gäbe zwischen den großen und den kleinen Unternehmen noch eine Lücke. Zunächst einmal muss festgestellt werden: Wer nicht einmal einen Grenzsteuersatz von 30 % zahlt, der ist nun wirklich ein Kleiner. Jeder zahlt hier mehr als den Grenzsteuersatz von 30 %. Aber die Behauptung stimmt auch in anderer Hinsicht nicht. Ich will das kurz erläutern. Bislang haben wir bei der Gewerbesteuer folgende Situation: Die Gewerbesteuer darf voll von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden
bei der Einkommensteuer –, und wenn der Unternehmer beispielsweise einen Grenzsteuersatz von 30 % hat, spart er, wenn er 100 € Gewerbesteuer zahlt, 30 €. Darüber hinaus
kann die Gewerbesteuer allerdings nur zum Teil angerechnet werden. Nach dem neuen Recht darf die Gewerbesteuer dagegen bis zu einem örtlichen Hebesatz von 400 % vollständig angerechnet werden. Frau Netzhammer hat es schon gesagt: Das ist ein ganz wesentlicher Fortschritt, gerade für mittelständische Personenunternehmen.
Noch einmal: Noch besteht die Gewerbesteuer. Vorhin ist geäußert worden, man solle sie abschaffen. Dieser Meinung bin ich auch; aber das ist im Augenblick nicht möglich. Sie besteht also noch; sie ist aber dann von den Personengesellschaften nicht mehr zu tragen. Sie wird an die Gemeinde gezahlt, wird aber voll von der Einkommensteuer abgezogen, sodass sie dem Bund, dem Land und – zu 15 % – auch den Gemeinden verloren geht. Das ist klar. Aber es ist einfach falsch, zu behaupten, dass damit keine Vorteile verbunden wären.
Bei der Reform der Erbschaftsteuer bin ich sehr stark involviert. Da haben wir diese zehnjährige Stundung beschlossen und daneben die Möglichkeit geschaffen, dass für jedes Jahr, in dem der Betrieb weitergeführt wird, 10 % der Steuern wegfallen. Ich muss offen sagen: Wir, die beiden Parteien, stehen noch dazu, aber in der Zwischenzeit ist eine große Diskussion über die Frage entstanden, ob nicht gerade die Mittelständler darunter leiden könnten. Das muss ich hier jetzt wirklich sagen. Ich bin hierüber gerade auch mit SPD-Finanzministern in einem sehr intensiven Gespräch; man muss das genau betrachten.
Das Problem stammt aus folgendem Sachverhalt: Es wird unterschieden zwischen produktivem und nicht produktivem Vermögen. Wenn wir also beispielsweise das produktive Vermögen freistellen, dann wird das nicht produktive Vermögen wesentlich höher besteuert, als das bislang der Fall ist, weil Unternehmen bislang im Rahmen der Erbschaftsteuer nur wenig besteuert worden sind. Jetzt kann es also passieren, dass ein Mittelständler, dessen Unternehmen keinen besonderen Unternehmenswert hat, weil es nur von ihm abhängt, dennoch sehr viele Vermögensgegenstände hat, die nach diesem neuen Erbschaftsteuerrecht als nicht produktiv gelten. Dazu gehören z. B. größere Guthaben oder auch Wertpapiere. Diese sind bisher geringer besteuert worden. Sie werden in Zukunft stärker besteuert.
Deswegen muss man in der Tat – ich sage das ganz offen, auch wenn das etwas gegen die Führung meiner Partei in Berlin geht – noch einmal intensiv darüber diskutieren. Ich könnte mir nämlich vorstellen, dass gerade die meisten Mittelständler schlechter abschneiden würden als bisher. Das ist aber kein Streitthema zwischen den beiden Koalitionsparteien. Ich weiß, dass ich z. B. mit dem Finanzminister von Rheinland-Pfalz – auch heute Nachmittag wieder – sehr intensiv über diese Sache diskutieren werde.
Ich wollte nur einmal ganz allgemein feststellen: Die Behauptung, die Zinsschranke sei mittelstandsfeindlich, ist einfach falsch. Sie gilt nur für Konzerne.
Zweitens: Die Mittelstandslücke kann ich nicht erkennen, weil die Gewerbesteuer voll von der Einkommensteuer abgezogen
werden kann. Bei der Erbschaftsteuer gebe ich gern zu, dass wir da noch einige Verbesserungen bringen müssen.