Frau Kollegin, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie der Auffassung sind, dass die vorhandenen Luftreinhaltepläne und Lärmaktionspläne noch nicht weitgehend genug sind? Wenn ja, wie bewerten Sie folgende Aussage – Zitat –?:
Ich glaube mittlerweile, dass diese Form des Umweltschutzes die Leute so ärgert, dass wir nur das Gegenteil erreichen. Der Umweltschutz wird so diskreditiert und unpopulär. Ich kann einem Besitzer einer Autowerkstatt nicht erklären, warum Kunden mit älteren Fahrzeugen zu ihm nicht mehr fahren dürfen.
Hier breche ich das Zitat ab. Ich wollte es aber auch nicht versäumt haben, heute noch einmal den scheidenden Kollegen Palmer erwähnt zu haben.
Herr Palmer und ich sind uns in dieser Einschätzung einig. Es ist eben so, dass die Maßnahmen in vielen Fällen nicht ausreichen werden, um die Luftreinhalteziele zu erreichen. Es sind vielleicht nicht die richtigen Maßnahmen. Insofern hat auch Herr Palmer Vorschläge für richtige und sinnvolle Maßnahmen gemacht, die über die lokale Ebene hinausgehen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Thema Luftreinhaltung bewegen wir uns in einem weiten Spannungsfeld. Frau Grünstein hat das schon dargestellt. Zum einen werfen Sie uns vor, dass wir auf diesem Gebiet viel zu wenig tun würden und viel zu langsam vorgingen. Die anderen – auch dies haben wir heute erlebt – argumentieren, dass jede Maßnahme, die wir ergreifen würden und die auch nur den Anschein erweckte, dass den Beteiligten etwas abverlangt werden könnte, zu viel sei. Wir sehen also: Es ist schwierig, hier den richtigen Mittelweg zu finden.
Erstens: Die Luftqualität hat sich verbessert. In den vergan genen 10 bis 20 Jahren sind in dieser Hinsicht deutliche Erfolge erzielt worden. So haben von 1990 bis 2004 die Emissionen beim schon mehrfach genannten PM10 – Feinstaub – um 26,5 % und bei den Stickstoffoxiden um 36 % abgenommen.
Zweitens: Die Luftqualität wird sich weiter verbessern. Hierfür wurden einige Maßnahmen auf den Weg gebracht. Stren gere Emissionsanforderungen bei Industrie und Gewerbe wurden bereits in den letzten Jahren verabschiedet und sind bis Ende dieses Jahres umzusetzen. Bei den Pkws sind es die neuen Abgasnormen Euro 5 und Euro 6, mit denen beispielswei
se der Partikelfilter bei Diesel-Pkws europaweit vorgeschrieben wird, was den Neufahrzeugbereich angeht. Deshalb erwarten wir, von 2000 an gerechnet, bis 2020 nochmals ansehnliche Minderungsraten, die bei PM10 – Feinstaub – etwa 30 % betragen werden und bei Stickstoffoxiden sogar noch darüber liegen werden.
Und drittens: Die Luftqualität hat sich allerdings nicht so schnell verbessert, wie dies Ende der Neunzigerjahre zu erwarten war, als die heutigen Grenzwerte festgelegt wurden. Das gilt vor allem für PM10 – Feinstaub – und Stickstoffdioxid in straßennah gelegenen Belastungsbereichen. Hierin wie derum liegt die Herausforderung, die wir aktiv angenommen haben.
Liebe Frau Dr. Splett, ich sage es ungern, aber ich erinnere mich daran, dass die EU-Luftqualitätsrichtlinie 1999 verabschiedet wurde und die Umsetzung, die in Deutschland verspätet erfolgte, noch unter einem grünen Umweltminister betrieben wurde. Sie müssen immer aufpassen: Wenn Sie uns hier Vorwürfe machen, dann müssen Sie damit rechnen, dass sie zu Ihnen zurückkommen. In diesem Sinne wäre ich dankbar – –
Verspätet umgesetzt; es lief bereits ein Vertragsverletzungsverfahren. Insofern muss man aufpassen, dass die Vorwürfe nicht zurückkommen.
(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/ DVP – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Hört, hört! – Abg. Ulrich Lusche CDU: Das hören sie nicht gern!)
Wir haben von Ende 2005 bis Sommer 2006 14 Luftreinhalte- und Aktionspläne in Baden-Württemberg verabschiedet; Frau Dr. Splett hat sie aufgeführt. Diese wiederum beinhalten insgesamt etwa 240 Einzelmaßnahmen. Einige Maßnahmen wurden bereits umgesetzt. Ich denke nur an das Lkw-Durchfahrtverbot in der Stadt Stuttgart. Weitere Pläne sind darüber hinaus in Vorbereitung. Wir setzen damit im Übrigen bundesweit Maßstäbe.
Aber eine kurzfristige und spürbare Verbesserung der Luftqualität kann allein auf lokaler und regionaler Ebene gerade nicht erreicht werden. Allein der Einfluss der Witterung führt zu deutlichen Schwankungen der Luftschadstoffwerte von Jahr zu Jahr. Ein Vergleich des staubreichen Jahres 2006 mit dem bisher eher staubarmen Jahr 2007 macht dies deutlich. Zudem sind bis zu zwei Drittel der Schadstoffkonzentration dem großräumigen Hintergrund zuzurechnen. Daher werden uns auf Dauer nur großflächig wirkende Maßnahmen auf Ebene der Europäischen Union und des Bundes weiterbringen.
Einzelne Maßnahmen in den Luftreinhalteplänen mögen, für sich betrachtet, von manchen in ihrer Wirkung als eher unbedeutend bewertet werden. Viele dauerhaft wirksame Maßnahmen zusammen können und werden die Luftqualität auch an den Hotspots spürbar verbessern.
Zu den nun geplanten Maßnahmen gehören auch die bereits mehrfach angesprochenen Fahrverbote zunächst für alte Dieselfahrzeuge, da damit die Feinstaubkonzentrationen gerade an den straßennahen, durch die Verkehrsemissionen geprägten
Hotspots beeinflusst werden können. Es wurde angesprochen: Wir wollten diese Fahrverbote ursprünglich im Sommer dieses Jahres in Kraft treten lassen. Diesen Zeitpunkt hatten wir im Übrigen im Herbst 2005 nach der Einigung der Länder über die Kennzeichnungsverordnung festgelegt. Liebe Frau Grünstein, das ist so.
Nein. Auch dazu gehört die Ehrlichkeit. Es ist so: Die Kennzeichnungsverordnung würde es heute nicht geben, hätten die Länder nicht massiv Druck gemacht. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt ist, dass tatsächlich erst am 11. Mai die technischen Anforderungen an Partikelminderungssysteme gerade für die Fahrzeuge, die als erste mit einem Fahrverbot belegt werden sollen, festgelegt wurden. Liebe Frau Grünstein, Sie können nicht erwarten, dass wir ausgerechnet für diese Fahrzeuge Ausnahmegenehmigungen erlassen, weil wir nämlich noch nicht nachrüsten können.
Ich sage auch: Wir haben bereits im Dezember 2005 die Bundesregierung gebeten, die Anforderungen an Partikelminderungssysteme bei Fahrzeugen, die die Abgasnorm Euro 1 erfüllen, und an die Nachrüstung von Nutzfahrzeugen darzulegen. Dies erfolgte erst im Oktober des vergangenen Jahres. Damit waren wir nicht mehr zu einer entsprechenden Umsetzung in der Lage. Deswegen haben wir gesagt: Wir verschieben das Ganze.
Im Übrigen: Für die Änderung der Kennzeichnungsverordnung, die ebenfalls notwendig ist, liegt gerade erst ein Entwurf vor, obwohl das Bundesumweltministerium vor zwei Monaten mitgeteilt hat, dass es diese Änderung veranlasse.
Wir haben für heute die Fachleute der übrigen Länder zu Gesprächen eingeladen, weil es uns darum geht,
dass wir gemeinsam mit den anderen Ländern möglichst einheitliche Regelungen erreichen. Am liebsten wären uns im Übrigen eine Regelung auf Bundesebene. Aber wir sind dann, wenn der Bund den Schwarzen Peter an die Länder weiterschiebt, auch bereit und in der Lage, gerade dort, wo schwierige Fragen zu beantworten sind, nämlich bei den Ausnahmen, diese unter den Ländern abzustimmen.
Ja, nachdem ich weiß, dass es definitiv die letzte Rückfrage in seiner Zeit als Abgeordneter sein wird.
Frau Ministerin, mit Ihrer Erlaubnis eine Frage zu einer reinen Landeskompetenz: Ist es richtig, dass derzeit noch Unklarheit darüber besteht, ob für die Genehmigung von Ausnahmen vom Fahrverbot die unteren Immissionsschutzbehörden, das heißt die Landratsämter, oder die unteren Verkehrsbehörden, das heißt im Zweifelsfall die Bürgermeisterämter, zuständig sind? Können Sie verstehen, dass es den Tübinger Landrat und den Oberbürgermeis ter von Tübingen etwas betrüblich stimmt, wenn jemand, der beim Landrat keine Ausnahmegenehmigung erhält, dann zum Oberbürgermeister geht und ihn fragt, ob dieser vielleicht eine Ausnahmegenehmigung erteilen kann, und wir beide nicht wissen, wer eigentlich zuständig ist?
Lieber Herr Palmer, zunächst beziehe ich mich auf das Zitat, das vorhin vorgelesen wurde – aus dem bekannten FAZ-Interview –, bei dem ich mich zunächst darüber freue, dass Sie in der Verantwortung angekommen sind und wissen, dass dann manche Probleme anders aussehen als in den Anträgen, die man noch zu Oppositionszeiten gestellt hat.
Zum Zweiten: Es ist klar – und insofern bin ich etwas traurig –, dass weder der Landrat aus Tübingen noch der Oberbürgermeister aus Tübingen Kontakte zu ihren kommunalen Landesverbänden haben.
Denn die kommunalen Landesverbände könnten Ihnen die Antwort geben, und zwar aus einem Gespräch, das wir Anfang April geführt haben und in dem wir festgelegt haben und im Übrigen auch rechtlich so abgeglichen haben: Die Immissionsschutzbehörden sind zuständig, damit die unteren Verwaltungsbehörden, also Landkreise und Stadtkreise. Deswegen ist die Zuständigkeit geklärt.
Gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden erarbeiten wir allerdings auch eine Handreichung, wie Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. Deswegen wird Ihnen das, was Sie geschildert haben, dann nicht passieren. Also, die Zuständigkeit ist geklärt, und ich hoffe, dass Ihnen die kommunalen Landesverbände – für Sie Herr OB Gönner und für den Land