Ihre Optimierungsversuche funktionieren einfach nicht mehr. Sie können trotz Ihrer Bemühungen gar nicht mehr funktionieren. Das ist doch einfach eine Tatsache.
In einer solchen Situation gibt es doch einen ganz einfachen Königsweg. Wir haben ja ein gewisses Verständnis dafür, dass Sie nicht einfach von dem abrücken wollen, was Sie für bewährt halten. Der Königsweg heißt einfach: Man probiert das jetzt aus.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Was würden Sie denn machen, wenn Sie das ändern? – Zuruf des Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP)
Man schafft jetzt genau dort Modellschulen, wo Schulträger und Betroffene das wünschen. Dort macht man eine solche Schulreform und führt diese Modellschulen einfach an ver
schiedenen Plätzen dieses Landes ein. Das ist ein ganz einfacher, gefahrloser und unkomplizierter Weg.
Warum lehnen Sie das ab und fuhrwerken jetzt mit Kampfbegriffen wie „Einheitsschule“ herum? Das ist doch einfach Blödsinn.
Nehmen Sie einmal die Waldorfschulen. Sie bezeichnen sich selbst als Einheitsschulen. Sie haben dreimal so viele Anmeldungen, wie sie Schüler aufnehmen können. Mit solchen Kampfbegriffen können Sie gar nichts mehr ausrichten.
Gäbe es denn bei der Einführung solcher Modellschulen irgendein großes Risiko? Ich behaupte: nein; denn das, was wir dort ausprobieren wollen, wird in anderen Ländern ganz erfolgreich gemacht. Herr Kultusminister, Sie können aus Ihrem ideologischen Schützengraben herauskommen. Ihnen passiert gar nichts, wenn Sie dort, wo das gewünscht wird – auch an Ihrer schwarzen Basis –, einfach solche Schulen mit dem Grundgedanken einführen, der auch einer individualisierten Gesellschaft entspricht: individuelle Förderung, weg von einem System, das immer nach unten durchreichen kann.
(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Der Weg nach oben ist doch auch möglich, Herr Kollege! Verkürzen Sie das doch nicht!)
Das kann man doch wohl jetzt an solchen Modellschulen, die auch von Ihrer Basis gewünscht werden, ausprobieren. Dann kommen wir auch in der Schulstandortfrage zu einer vernünftigen Entwicklung.
Die Schulstandortfrage hat ihre Ursache in der demografischen Entwicklung und zunächst nicht im Schulsystem selbst. Egal, was für ein System wir haben, das trifft uns immer.
Es geht darum, wie wir auch gegenüber den Großstädten konkurrenzfähige Schulstandorte im ländlichen Raum
mit den Ressourcen schaffen, die wir zur Verfügung haben. Es geht darum, wie wir verhindern, dass viele kleine einzügige Hauptschulen noch weiter abfallen, weil wir die Ressourcen gar nicht zur Verfügung stellen können, um sie noch am Leben erhalten zu können.
Und es geht darum, wie wir auch im ländlichen Raum eine vernünftige Schulstruktur schaffen, die gewährleistet, dass die Qualität dort genauso gut ist wie in den Ballungszentren.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Das ist aber schade! – Abg. Stefan Mappus CDU: Jetzt, wo es konkret wird!)
In der Wissensgesellschaft der Zukunft – und darum reagieren heute die Eltern so allergisch darauf – weist Schule mehr als zuvor die Lebenschancen zu. Das heißt, die Frage der sozialen Gerechtigkeit wird mehr als jemals zuvor über Bildung entschieden.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Quatsch! Das ist ei- ne absolute Verdrehung! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das müssen wir ertragen!)
Das war schon ziemlich dick aufgetragen, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht. Die große Achillesferse des Schulsys tems in Baden-Württemberg ist, dass soziale Herkunft hier so vererbt wird wie nirgendwo anders.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist aber nicht bewiesen! – Gegenruf der Abg. Christine Ru- dolf SPD: Natürlich ist das bewiesen!)
Wenn es um die Lebenschancen von jungen Menschen geht, dann müssen Sie bereit sein, bei dem Druck, der jetzt aus Ihrer Basis kommt, auch einmal Möglichkeiten in unserem Schulsystem zu installieren, die sich nachher mit dem drei gliedrigen Schulsystem vergleichen lassen und aus denen wir nach dieser Probephase dann das nehmen, was für unsere Kin
der am besten ist. Das kann man Ihnen zumuten, und das muss man von Ihnen fordern, Herr Kultusminister.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Da waren noch zwei Nachfra- gen!)
Erstens: Herr Kretschmann, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie bei der Schülerzahlenentwicklung eine Antwort geben wollen für die Zukunft der einzügigen Hauptschulen und dass Sie eine „konkurrenzfähige“ Schule bilden wollen? Gehe ich recht in der Annahme, dass das nicht nur die Zusammenfassung von zwei solcher kleinen Hauptschulen sein kann, sondern dass Sie darunter die Zusammenfassung von mehreren Schulen an regionalen Standorten verstehen
und dass Sie deshalb auch von mehrzügigen Basisschulen ausgehen? Würden Sie mir dann zweitens recht geben, dass das nicht mehr die Schule im ländlichen Raum und nicht mehr die Schule im Dorf ist,
dass also genau das, was wir in den Debatten schon ein paar Mal gesagt haben, die Konsequenz sein würde?