Protokoll der Sitzung vom 24.05.2007

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aber den Maurer brauchen wir schon noch!)

Ihre Optimierungsversuche funktionieren einfach nicht mehr. Sie können trotz Ihrer Bemühungen gar nicht mehr funktionieren. Das ist doch einfach eine Tatsache.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Schwarzmaler!)

In einer solchen Situation gibt es doch einen ganz einfachen Königsweg. Wir haben ja ein gewisses Verständnis dafür, dass Sie nicht einfach von dem abrücken wollen, was Sie für bewährt halten. Der Königsweg heißt einfach: Man probiert das jetzt aus.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Was würden Sie denn machen, wenn Sie das ändern? – Zuruf des Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP)

Man schafft jetzt genau dort Modellschulen, wo Schulträger und Betroffene das wünschen. Dort macht man eine solche Schulreform und führt diese Modellschulen einfach an ver

schiedenen Plätzen dieses Landes ein. Das ist ein ganz einfacher, gefahrloser und unkomplizierter Weg.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Christi- ne Rudolf SPD: So ist es!)

Warum lehnen Sie das ab und fuhrwerken jetzt mit Kampfbegriffen wie „Einheitsschule“ herum? Das ist doch einfach Blödsinn.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie wollen doch die zehnjährige gemeinsame Basisschule!)

Nehmen Sie einmal die Waldorfschulen. Sie bezeichnen sich selbst als Einheitsschulen. Sie haben dreimal so viele Anmeldungen, wie sie Schüler aufnehmen können. Mit solchen Kampfbegriffen können Sie gar nichts mehr ausrichten.

Gäbe es denn bei der Einführung solcher Modellschulen irgendein großes Risiko? Ich behaupte: nein; denn das, was wir dort ausprobieren wollen, wird in anderen Ländern ganz erfolgreich gemacht. Herr Kultusminister, Sie können aus Ihrem ideologischen Schützengraben herauskommen. Ihnen passiert gar nichts, wenn Sie dort, wo das gewünscht wird – auch an Ihrer schwarzen Basis –, einfach solche Schulen mit dem Grundgedanken einführen, der auch einer individualisierten Gesellschaft entspricht: individuelle Förderung, weg von einem System, das immer nach unten durchreichen kann.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Und nach oben auch!)

Denn das ist die große Krux, die solch einer modernen, individuellen Förderung entgegensteht.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Der Weg nach oben ist doch auch möglich, Herr Kollege! Verkürzen Sie das doch nicht!)

Das kann man doch wohl jetzt an solchen Modellschulen, die auch von Ihrer Basis gewünscht werden, ausprobieren. Dann kommen wir auch in der Schulstandortfrage zu einer vernünftigen Entwicklung.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Ja?)

Die Schulstandortfrage hat ihre Ursache in der demografischen Entwicklung und zunächst nicht im Schulsystem selbst. Egal, was für ein System wir haben, das trifft uns immer.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Es geht darum, wie wir auch gegenüber den Großstädten konkurrenzfähige Schulstandorte im ländlichen Raum

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Ja, eben!)

mit den Ressourcen schaffen, die wir zur Verfügung haben. Es geht darum, wie wir verhindern, dass viele kleine einzügige Hauptschulen noch weiter abfallen, weil wir die Ressourcen gar nicht zur Verfügung stellen können, um sie noch am Leben erhalten zu können.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sie gestehen also zu, dass Sie die einzügigen abschaffen wollen!)

Und es geht darum, wie wir auch im ländlichen Raum eine vernünftige Schulstruktur schaffen, die gewährleistet, dass die Qualität dort genauso gut ist wie in den Ballungszentren.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sie gestehen zu, dass das zu einer Regionalisierung führt?)

Das ist einfach nur möglich, indem wir über solche Modellversuche Basisschulen einführen.

(Beifall bei den Grünen – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Kretschmann, …

Ich komme zum Schluss.

… gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Röhm?

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das ist aber schade! – Abg. Stefan Mappus CDU: Jetzt, wo es konkret wird!)

Ich muss jetzt nicht irgendwelche Klein-Klein-Fragen beantworten.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Dann am Schluss!)

In der Wissensgesellschaft der Zukunft – und darum reagieren heute die Eltern so allergisch darauf – weist Schule mehr als zuvor die Lebenschancen zu. Das heißt, die Frage der sozialen Gerechtigkeit wird mehr als jemals zuvor über Bildung entschieden.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Genau!)

Das ist ein Fakt. Da kann man den Zynismus der FDP/DVP wirklich schwer ertragen,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das müssen Sie auch ertragen!)

die sagt: Wir haben nichts gegen Migranten; deswegen dürfen die doch ruhig in der Hauptschule sein.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Quatsch! Das ist ei- ne absolute Verdrehung! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das müssen wir ertragen!)

Das war schon ziemlich dick aufgetragen, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht. Die große Achillesferse des Schulsys tems in Baden-Württemberg ist, dass soziale Herkunft hier so vererbt wird wie nirgendwo anders.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist aber nicht bewiesen! – Gegenruf der Abg. Christine Ru- dolf SPD: Natürlich ist das bewiesen!)

Wenn es um die Lebenschancen von jungen Menschen geht, dann müssen Sie bereit sein, bei dem Druck, der jetzt aus Ihrer Basis kommt, auch einmal Möglichkeiten in unserem Schulsystem zu installieren, die sich nachher mit dem drei gliedrigen Schulsystem vergleichen lassen und aus denen wir nach dieser Probephase dann das nehmen, was für unsere Kin

der am besten ist. Das kann man Ihnen zumuten, und das muss man von Ihnen fordern, Herr Kultusminister.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Da waren noch zwei Nachfra- gen!)

Eine Nachfrage des Herrn Abg. Schebesta und anschließend eine Nachfrage des Herrn Abg. Röhm.

Erstens: Herr Kretschmann, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie bei der Schülerzahlenentwicklung eine Antwort geben wollen für die Zukunft der einzügigen Hauptschulen und dass Sie eine „konkurrenzfähige“ Schule bilden wollen? Gehe ich recht in der Annahme, dass das nicht nur die Zusammenfassung von zwei solcher kleinen Hauptschulen sein kann, sondern dass Sie darunter die Zusammenfassung von mehreren Schulen an regionalen Standorten verstehen

(Abg. Norbert Zeller SPD: Ach was! Das ist falsch!)

und dass Sie deshalb auch von mehrzügigen Basisschulen ausgehen? Würden Sie mir dann zweitens recht geben, dass das nicht mehr die Schule im ländlichen Raum und nicht mehr die Schule im Dorf ist,

(Abg. Norbert Zeller SPD: Falsch!)

dass also genau das, was wir in den Debatten schon ein paar Mal gesagt haben, die Konsequenz sein würde?