Sie werden Verantwortung für dieses Geld tragen, sie werden auch die Mittelverwendung publizieren müssen. Ein Student
kann sich sehr wohl aussuchen, an welche Universität er geht, weil das Leistungsprofil klar beschrieben ist; das ist ein eindeutiger Vorteil. Ich glaube, das hat in diesem Land einfach gefehlt. In anderen Ländern – europäischen wie außereuropäischen – wird so etwas gemacht. Das ist zum Wohle der Hochschule, und es ist durchaus zum Wohle des einzelnen Studenten. Der Student weiß, dass er ein effizientes Studium hat und sein Studium in kürzester Zeit erledigen können wird. Wir wollen nicht akademisches Mittelmaß oder Einheitsbrei.
Wir wünschen uns mehr Effizienz. Wir wünschen uns agilere Hochschulen. Und wir wünschen uns auch die Beteiligung der Studenten daran, diese Inhalte mitzugestalten.
All das wollen Sie nicht. Sie verlieren sich in klassenkämpferischer Semantik und haben keine Vorschläge dafür. Die Vorschläge werden von uns in diesem Haus unterbreitet und vom Wirtschaftsminister vorgelegt.
(Abg. Johannes Stober SPD: „Wirtschaftsminister“! – Abg. Katrin Altpeter SPD: Sie reden schon wieder vom Wirtschaftsminister!)
Sie operieren mit Zahlen. Sie behaupten, junge Menschen würden wegen dieser Studiengebühr von 500 € kein Studium mehr ergreifen. Das ist eine Legendenbildung, Frau Bauer.
Ich glaube, dass junge Menschen ganz klar wissen, was sie wollen, und auch klare Vorstellungen über ihre Zukunft haben. Sie wissen, dass es, wenn sie 500 € pro Semester in ihre Berufsausbildung investieren, auch eine Effizienz haben muss. Sie sind plötzlich nicht mehr „normale“ Studierende, sondern sie sind Kunden mit einem eigenen Anspruch an die Hochschule. Dies wird auch im Verhältnis zur Hochschule klar zutage treten und wird sich sowohl für die Hochschule als auch für die Studierenden auszahlen.
Die Ansätze sind sehr positiv; sie sind überaus ermutigend. Das hat nichts mit Lob zu tun. Ich glaube vielmehr, wir haben den richtigen Startschuss gegeben. Wir werden in diesen Hoch schulen ein Erfolgsmodell verwirklichen. Lassen Sie uns in einem Jahr noch einmal darüber reden.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Löffler, ich kann Sie beruhigen: Wir reden mit allen Statusgruppen. Wir haben als SPD-Fraktion eine Anhörung veranstaltet, an der Vertreter aller Hochschularten und aller Statusgruppen teilgenommen haben. Wir waren außerdem im Gespräch mit dem Rektorat der Universität Tübingen. Unsere Gesprächspartner haben uns berichtet, dass von den Studiengebühren, die kommen, 20 bis 25 % weniger da sind. Das sind Einzelberichte; es handelt sich dabei nicht um eine für das Land Baden-Württemberg insgesamt geltende Gesamtstudie, aber es sind natürlich Berichte, die wir ernst nehmen.
Ich glaube, eines unterscheidet uns von Ihnen: Wir reden mit den Rektoren, wir reden mit dem Mittelbau, aber wir reden auch mit den Studierenden. Ich glaube, das ist der Punkt, in dem wir uns unterscheiden.
Denn die Studierenden sind eben diejenigen, die jetzt durch die Studiengebühren, die sie bezahlen müssen, die Betroffenen sind. Auch die Eltern sind betroffen. Ich weiß, dass sich eben auch einige der betroffenen Eltern gemeldet haben, z. B. Gunter Kaufmann.
Ich möchte jetzt aber noch auf etwas anderes zurückkommen, lieber Kollege Bachmann, nämlich auf die Sache mit der Raumpflegerin. Ich denke, die Raumpflegerin hat mit Überzeugung und aufgrund ihres eigenen Willens diesen Beruf gewählt. Aber wir wollen, dass dieser Raumpflegerin in unserem Hochschulsystem auch alle anderen Wege offenstehen. Wenn ich mir die Studiengebühren und vor allem die Kreditzinsen, deren Höhe Sie gerade zu Recht kritisierten, anschaue, meine ich, dass das möglicherweise nicht gewährleistet ist und dass das nicht nur bei den Studiengebühren gilt, sondern an vielen anderen Stellen in unserem Schulsystem – wir haben ja oft über die Dreigliedrigkeit des Schulsystems, die Selektion nach Klasse 4 und andere Themen geredet –, und dass unser Bildungssystem in Baden-Württemberg an ganz vielen Stellen so selektiv ist wie kaum ein anderes. Hier gilt es, dafür zu sorgen, dass das nicht weiterhin der Fall ist
und dass jeder in diesem Land, in Baden-Württemberg, unabhängig von seiner Herkunft die gleichen Chancen hat.
Durch die PISA-Studie haben wir doch immer wieder vor Augen geführt bekommen: Bei aller Stärke in vielen Bereichen haben wir hier eine massive Schwäche. Und die gilt es zu beheben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das muss in Kin- dergärten ansetzen, nicht beim Erheben von Studien- gebühren! – Gegenruf des Abg. Norbert Zeller SPD: Toll! Auch der Noll hat es kapiert! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)
Ich habe gerade eben genau darüber geredet, Herr Dr. Noll, genau darüber. Das ist ein Element. Es gibt jedoch noch weitere Elemente, die man an dieser Stelle nennen muss.
Natürlich können wir noch keine abschließende Bewertung treffen. Aber die Berichte, die wir außerdem noch bekommen, zeigen, dass die Bewerberzahlen vor allem bei denjenigen Studierenden rückläufig sind, die nicht aus Baden-Württemberg kommen, sondern die aus anderen Bundesländern, aber auch aus dem europäischen und dem nicht europäischen Ausland kommen. Auch hier – das muss ich ganz ehrlich sagen – wünschen wir uns klarere Zahlen, um diese Beobachtung bewerten zu können. Wir kennen nur die Berichte einzelner Betroffener, und wir wissen natürlich nicht, ob es sich dabei jeweils um Sonderfälle handelt. Deshalb halte ich es auch für wichtig, dass wir solche Dinge wie die wirtschaftliche Entwicklung, die möglicherweise Einfluss auf die Studierendenquote haben, mit berücksichtigen können.
Das Ministerium schreibt ja selbst, dass eine vergleichende Studie beispielsweise über Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz angefertigt werden sollte, die zeigen könnte, welche Bewegungen bei den Studierendenzahlen in den nächsten Monaten erwartet werden können. Das halte ich für ganz wichtig.
Wir waren in der SPD-Fraktion ganz erstaunt darüber, dass dieses Thema jetzt auf die Tagesordnung kommt. Ich denke, wenn die Studierendenzahlen für das kommende Wintersemes ter vorliegen, kann man eine, wenn auch noch nicht ganz abschließende, aber doch klarere Bewertung vornehmen und ermessen, wie sich die Studiengebühren auf die Studierendenquote auswirken. Das ermöglicht uns auch eine Antwort auf die Frage, ob und in welchem Maße die Studiengebühren schaden oder ob sie, wie Sie behaupten, keine schädlichen Auswirkungen haben. Vor diesem Hintergrund fordere ich von unserer Seite die Wiedervorlage dieses Themas nach der Sommerpause.
Ich kann Ihnen auch noch anhand eines Beispiels zeigen, wo Studiengebühren tatsächlich etwas Positives bewirkt haben. Das war in Irland der Fall. Die Iren haben vor zehn Jahren nämlich ihre Studiengebühren wieder abgeschafft. Die Studierendenquote ist dort wieder nach oben gegangen, sie ist von 31 % auf 48 % gestiegen. Ich glaube, das wäre auch ein gutes Beispiel für Baden-Württemberg.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt möchte ich in der zweiten Runde noch etwas zu dem Thema „Verwendung und Verteilung der Gebühren“ sagen und in diesem Zusammenhang insbesondere noch einmal auf das Argument, die Studiengebühren seien ein Wettbewerbsinstrument, eingehen. Kollege Löffler hat gesagt, sie seien ein gutes Wettbewerbsinstrument. Auch der Minister hat darauf hingewiesen, dass es um die Stärkung der Nachfragemacht von Studierenden gehe und darum, mit den Studiengebühren ein Instrument zu schaffen, das denjenigen, die zahlen, direkt zugutekomme.
Ich finde, dieser Gedanke ist absolut sympathisch. In der Tat müsste der Wettbewerb um Studierende gestärkt werden. Aber ich glaube, Herr Kollege Löffler, Sie mögen ein guter Jurist sein, aber ein Ökonom sind Sie nicht: Denn der Wettbewerb um die Studiengebühren findet in diesem Lande de facto nicht statt. Wettbewerb gäbe es entweder, wenn man unterschiedliche Höhen von Studiengebühren einführen würde,
oder wenn Angebot und Nachfrage zumindest in einem ausgeglichenen Verhältnis stünden oder – noch besser – wenn es ein Überangebot an Studienplätzen gäbe, sodass die Hochschulen tatsächlich um Studierende konkurrieren und sie gewinnen müssten, weil sie sonst Einnahmeverluste zu befürchten hätten.
Wenn aber so viele Studierende auf so wenige Studienplätze treffen, wie ich eben beschrieben habe, dann findet der Wettbewerb gerade nicht statt. Deswegen wiederhole ich: Sie müssen daran arbeiten, ausreichend viele Studienplätze in diesem Land zur Verfügung zu stellen; dann wird auch etwas aus der Nachfragemacht von Studierenden, aber vorher nicht.
Ich möchte noch einmal betonen: Mit den Einnahmen aus den Studiengebühren, die es bislang gibt, wird viel Nützliches gemacht. Man sieht erste Effekte; das ist gar keine Frage. Es ist besser, wenn die Bibliotheken länger geöffnet sind. Es ist besser, wenn es mehr Lehrbücher gibt. Es ist besser, wenn es mehr Tutorien gibt. All das findet statt.
Wir wissen aber auch: Die Hochschulen haben zurzeit noch Probleme, das Geld vollständig überhaupt zweckbestimmt und zielgerichtet einzusetzen, weil die Rahmenbedingungen so eng gesetzt sind, dass es gar nicht leicht ist, Maßnahmen zu ergreifen, die zusätzlich sind und nur die Lehre verbessern und die gleichzeitig nicht kapazitätsrelevant sind. Sie dürfen ja nichts machen, was Strukturen schafft, was zusätzliche Studienplätze schafft. Das ist ein Konstruktionsfehler, und das müssen Sie korrigieren.
Es gibt auch erste Beispiele und Hinweise darauf, dass Studiengebühren, wenn es irgendwie geht, doch so verwendet werden, dass sie auch Lückenbüßer für Landesmittel werden, die nicht mehr zur Verfügung stehen. Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel: Das Hochschuldidaktische Zentrum, das sicher eine sinnvolle und gute Einrichtung für die Universitäten ist, wurde früher aus Landesmitteln bezahlt. Es wird jetzt aus Einnahmen aus Studiengebühren bezahlt. Wir brauchen uns hier in diesem Hause nichts vorzumachen: Das Argument der Zusätzlichkeit für die Lehre wird mit den Jahren immer weniger überprüfbar sein. Deshalb appelliere ich an Sie alle hier im Haus: Wir brauchen ein Monitoring, wir brauchen die Überprüfung, ob die Mittel nur für Lehre zielgerichtet eingesetzt werden. Das muss der Landtag im Auge behalten und organisieren.
Ich finde es gut, dass es dafür eine unabhängige Gruppe gibt. Ich bin gespannt auf deren Bericht. Bislang wissen wir noch nichts von ihr. Ich glaube aber, das ersetzt nicht die Debatte
und das Kontrollieren und Verfolgen der Entwicklung hier im eigenen Haus. Deswegen bitte ich darum und fordere Sie alle auf, hier im Haus ein System zu entwickeln, mit dem wir schauen können: Was passiert mit diesen Studiengebühren? Erfüllen sie ihre Ziele so, wie wir sie definiert haben?
Ein letzter Punkt zu der Frage, ob die Studiengebühren auch denen zugutekommen, die sie bezahlen. Ich finde, grundsätzlich ist es in Ordnung, dass die Hochschulen selbst entscheiden, wie sie sie einsetzen wollen. Ich glaube aber, es gibt einen Punkt, bei dem man sehr genau hinschauen muss. Das betrifft die Verteilung, wie sie an einzelnen Hochschulen vorgenommen wird, z. B. an der Uni Karlsruhe. Die Verteilung auf die Fakultäten erfolgt da mit einem Faktor, der die Kostenintensität der Studiengänge berücksichtigt. Grob formuliert: Die billigen Geisteswissenschaftler bekommen dann weniger von ihren Studiengebühren; es wird ein Teil umverteilt zu den teureren Naturwissenschaften.