Protokoll der Sitzung vom 10.10.2007

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Rastätter.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich stehen auch wir Grünen ganz klar für eine staatliche Gesamtverantwortung für das Bildungswesen. Es gibt aber eine klare Aufgabentrennung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Für die autonome Schule!)

Das Land ist zuständig für die Qualitätssetzung und die Qualitätssicherung im Bildungswesen. Herr Kultusminister Rau – Sie hören gerade nicht zu –, Sie haben ja mit der Bildungsplanreform und mit den Mitteln zur Qualitätssicherung, die schon durch Kultusministerin Schavan eingeleitet wurden, Instrumente für die Qualitätssetzung und -sicherung eingeführt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sind Sie nicht mehr für die autonome Schule, Frau Rastätter?)

Ich nenne sie noch einmal: Dazu gehören die Bildungsstandards, die Bildungspläne, Selbst- und Fremdevaluation an den Schulen und die zentralen Abschlussprüfungen an allen Schularten. Das sind die Instrumente, mit denen man Qualitätsanforderungen setzt, aber auch kontrolliert und dafür sorgt, dass die Anforderungen eingehalten werden. Das bleibt in der Verantwortung des Landes und somit des Staates. Daran darf es auch keine Abstriche geben.

Nun haben Sie, Herr Kultusminister Rau, das finnische Beispiel genannt. Das möchte ich mit dem in Verbindung bringen, was Kollege Zeller schon gesagt hat. Sie haben auf die in Finnland erfolgte Kommunalisierung der Schulen verwiesen. Wir finden, dass das ein sehr erfolgreiches Modell ist; wir haben es ja vor Ort gesehen. Es ist richtig: Die Schulverwaltung ist unten bei den Kommunen angesiedelt. Allerdings findet in Finnland tatsächlich eine Trennung zwischen Aufsicht und Beratung statt. Die Beratung ist auf Staatsebene angesiedelt. Herr Zeller hat das finnische Zentralinstitut als ein Kompetenzzentrum bezeichnet. Genau das ist es auch.

Wir wollen, dass das Landesinstitut für Schulentwicklung künftig verstärkt Beratung und Unterstützung leistet.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Genau das ist die zentrale Aufgabe, die wir leisten können. Wir haben dieses Institut, und es ist hervorragend. Nur wenn wir diese Trennung tatsächlich durchführen – einerseits die Aufsicht durch die Schulverwaltung in den Stadt- und Landkreisen vor Ort, andererseits und hiervon abgetrennt die Beratung und Unterstützung durch das Landesinstitut für Schulentwicklung –, dann haben wir das, was wir schon immer haben wollten, nämlich eine klare Trennung.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sind die Einheiten un- ten jetzt groß genug oder nicht?)

Wenn wir beide Aufgaben an den Schulämtern – auch wenn Sie diese jetzt wieder selbstständig machen – in einer einheitlichen Behörde ansiedeln, dann bedeutet das: Ein Schulrat kommt an einem Tag in seiner Eigenschaft als Aufsichtsbeamter, und am nächsten Tag kommt er als Berater.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Nein, nein, nein! Nur bei Ihrem Konzept, nicht bei unserem! Wir haben größe- re Schulverwaltungsräume!)

Das ist ja das Modell, das wir in der Vergangenheit immer kritisiert haben.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sind die Einheiten jetzt groß genug?)

Bei unserem Modell, lieber Kollege Zeller, wird die Beratung an das Landesinstitut für Schulentwicklung angedockt. Die Weiterentwicklung bedeutet auch, dass man dann diese Trennung vornehmen kann.

Wir wollen übrigens auch die Ebene der Oberschulämter – das haben wir aber schon früher gefordert – mit in die Kreise integrieren. Wir wollen in den Kreisen auch die Zuständigkeit für Gymnasien und berufliche Schulen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wie ist dann die Fachlichkeit gewahrt?)

Die Fachlichkeit z. B. für berufliche Schulen halten wir für geeignet, auf Landesebene angesiedelt zu werden. Angesichts der Spezialisten, die wir in diesem Bereich zum Teil für nur eine einzige Schule im ganzen Land brauchen, kann man die se Fachlichkeit tatsächlich auf Ebene des Kultusministeriums ansiedeln.

Für die Gymnasien kann man durchaus auch einen Stab von Referenten auf Landesebene ansiedeln. Aber ansonsten ist es sehr positiv, wenn wir die Zuständigkeit für alle Schularten an den Landratsämtern haben. Denn wir werden in den nächs ten Jahren schon aufgrund der demografischen Entwicklung die Schularten bis zum Ende der Sekundarstufe I einander annähern. Es gibt schon jetzt erste Modelle; der gemeinsame Unterricht von Realschulen und Hauptschulen wird ja schon zugelassen, zumindest in den Klassen 5 und 6. Wir werden das zersplitterte Schulwesen ja in den nächsten Jahren überwinden. Also brauchen wir gar keine Schulräte mehr, die nur für die Hauptschule, nur für die Realschule oder nur für das Gymnasium zuständig sind.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir brauchen gar keine Schulräte fürs Gymnasium!)

Von daher halten wir unser Modell für vorausschauend, auch angesichts der Herausforderungen durch die demografische Entwicklung. Wir werden darüber weiterhin mit Ihnen diskutieren.

Wir sehen auch – auch das bitte ich Sie zu berücksichtigen –, wie stark das Verantwortungsbewusstsein vor Ort in den Kreisen zugunsten einer guten Qualitätsentwicklung wächst. Da geht es nicht mehr darum, die Schule nur zu verwalten, sondern auch darum, Schulentwicklungsprozesse anzustoßen. Das Interesse ist wirklich extrem groß und wird aufgrund der demografischen Entwicklung noch steigen.

Deshalb wäre es kontraproduktiv, jetzt mit einer Lösung zu kommen, die übrigens damals vor der Verwaltungsreform durchaus eine Variante war, die wir auch als sinnvoll erörtert hatten. Aber heute ist die Entwicklung weiter. Wir müssen prozessorientiert denken. Es bietet sich an, eine Lösung zu wählen, die den heutigen Bedingungen und den zukünftigen Herausforderungen besser entspricht. Deshalb werden wir einen Antrag in den Landtag einbringen, der noch einmal pointiert hervorhebt, wohin wir wollen, und wünschen uns eine weitere konstruktiv-kritische Auseinandersetzung mit Ihnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir sind dazu gern bereit!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schebesta.

Frau Kollegin Rastätter, wenn Sie konstruktiv diskutieren wollen, dann dürfen Sie aber keine so hanebüchenen Vorschläge machen.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Das ist aber keine sachliche Kritik, lieber Herr Schebesta! Herr Röhm hätte das nicht gesagt!)

Nachdem Sie vorhin angekündigt haben, Sie wollten auf die Probleme, die es bei der Verwaltungsreform gibt, in der zweiten Runde eingehen, frage ich mich schon, warum Sie zu dem Punkt, an dem wirklich niemand bestreitet, dass es ein Problem ist, nämlich dass zu kleine Einheiten gebildet worden sind, überhaupt nichts sagen. Sie sind im Übrigen die Einzige hier im Raum, die dazu gar nichts gesagt hat. Sie möchten die se kleinen Einheiten sogar noch kleiner machen

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Nein! Kooperati- onen!)

dazu haben Sie gar nichts gesagt –, indem Sie nämlich die Aufgabe auf dieser unteren Ebene auch noch trennen und einen Teil der Aufgabe nach oben ans Landesinstitut holen. Dadurch werden die Einheiten ja noch kleiner, als sie derzeit sind.

Wenn Sie die Zuständigkeit für die Gymnasien nach unten geben auf 44, 40 oder 35 Ämter, dann müssen wir schauen, was da noch unten ankommt, wie viele Schulratstellen in einem kleinen Landkreis noch ankommen – vielleicht 0,2 oder 0,3. Wenn Sie das für eine effektive Schulverwaltung im Bereich der Gymnasien halten, dann kann ich wirklich nur sagen: Das ist kein Vorschlag, über den man konstruktiv miteinander diskutieren kann.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Schebesta, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Rastätter?

Natürlich.

Bitte schön, Frau Abg. Rastätter.

Lieber Kollege Schebesta, vonseiten Ihres Koalitionspartners, vom Kollegen Kleinmann, ist ja ganz klar gesagt worden, dass auch Kooperationen eine gute Möglichkeit darstellten, die kleinen Einheiten zu vergrößern – ich füge hinzu: verknüpft mit den regionalen Bildungsbüros.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Was ist das? Noch etwas Neues! – Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

Wir unterstützen dies. Ich frage Sie: Weshalb gehen Sie nicht in diese Richtung? Man kann ja durchaus auch – dafür habe ich Sympathie – ein gewisses Zeitlimit setzen. Weshalb sind Sie nicht bereit, auch diese Kooperationen ernsthaft zu prüfen, statt jetzt wieder die Rolle rückwärts zu machen?

Ich habe Ihnen die Zwischenfrage gern gestattet, damit Sie wenigstens noch in der Zwischenfrage, nachdem Sie es zuvor in zehn Minuten nicht hingekriegt haben, auf den eigentlichen Punkt, an dem man die Verwaltungsreform im Schulbereich evaluieren muss, eingehen können.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Aber das war ja die Fra- ge von Frau Rastätter!)

Ich bin darauf eingegangen. Die Kooperationen, die man sich z. B. auch zwischen Stadtkreisen und Landkreisen vorgestellt hat, haben in den letzten zweieinhalb Jahren in einem solchen Umfang Realisierung gefunden, dass man schon die Frage stellen muss: Gibt es überhaupt die Chance, dass dabei etwas Vernünftiges herauskommt, dass überhaupt weitere Kooperationen entstehen und dabei schließlich im Sinne der Sache zwischen Landkreisen untereinander oder zwischen Landkreis und Stadtkreis effektiv Schulverwaltung stattfinden kann?

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Aber in den Stadt- kreisen haben Sie gar keine eingegliederten Schul ämter!)

Wir diskutieren dieses Thema, und wir kommen zu einer Entscheidung, die dann auch im Landtag noch einmal debattiert wird.

Herr Kollege Zeller, ich lasse mir nicht irgendetwas in den Mund legen, auch wenn Frau Haußmann dazwischengerufen hat: „Warum hat man das gemacht?“ oder von einem Irrweg gesprochen worden ist

(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)

oder Sie gesagt haben, in Ihrer Anhörung hätten alle abgeraten. Es gibt halt auch ein paar Punkte, die durchaus für die Eingliederung gesprochen haben, und wenn es nicht so kleine Einheiten am Ende der Entwicklung gäbe, könnte man die se Eingliederung auch stehen lassen.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)