Protokoll der Sitzung vom 11.10.2007

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Guter Mann!)

und er bestätigt voll und ganz meine Vermutung.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Er weiß nichts, wie der frühere! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP: Das sind zwei verschiedene Dinge!)

Das ist in der Tat richtig. Wovon er redet und was in der Antwort der Landesregierung steht, sind zwei verschiedene Dinge. Darauf komme ich gerade. Erfreulicherweise ist die Antwort der Regierung sachlich und nüchtern. Allerdings habe ich mich gerade eben gefragt, Herr Haller – –

(Abg. Hans-Martin Haller SPD: Hier bin ich!)

Sie entwerfen jetzt ein Notwendigkeitsszenario, beschreiben, wie arg unser Land, das doch auf der Überholspur sein soll, unter dem Stau leidet, und fordern, mehr Straßen auszubauen. Da habe ich sogar von Herrn Löffler zumindest zwischendrin noch den Unterton gehört, dass das Thema Umweltschutz in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt. Diese Differenzierung habe ich erfreut zur Kenntnis genommen.

(Zuruf von der FDP/DVP)

In der Antwort der Landesregierung steht:

In Baden-Württemberg sind keine Projekte bekannt, bei denen Ansiedlungen aufgrund verkehrsinfrastruktureller Defizite gescheitert oder… in anderen Bundesländern … zum Tragen gekommen sind.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut! – Abg. Claus Schmie- del SPD: „Nicht wissen“ heißt offenbar „nicht exis tieren“!)

Das erklärt die Landesregierung. Von daher ist das Schreckensszenario, das Sie an die Wand gemalt haben, falsch, zumal es weiter heißt – ich zitiere wieder –:

Bei Standortwahlentscheidungen spielt in der Regel ein komplexes Bündel von Faktoren eine zentrale Rolle wie z. B. Arbeitskräfteangebot, … technologische und Bildungsinfrastruktur …

Zunehmend gilt das – davon haben wir auch gestern geredet – für weiche Faktoren wie Betreuungs- und Schulangebote für die Kinder der Fachkräfte und natürlich für eine ordentliche Verkehrsinfrastruktur; dies bezweifelt niemand. Und wir haben eine ordentliche Verkehrsinfrastruktur. Zugegeben, bei dem Thema Straße gibt es ein paar Engpässe, aber viel mehr Engpässe gibt es – –

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Kommen Sie einmal an den Bodensee!)

Ich komme vom Bodensee. Also dieser Einwurf war ganz daneben.

(Zurufe und Unruhe)

Viel größere Defizite haben wir beim Thema Schiene. Dazu komme ich gleich noch.

(Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Jawohl! Stutt- gart 21 fehlt! – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Die Grünen lernen doch noch dazu!)

Wir können uns gern gemeinsam in den Lernprozess begeben. Schauen wir einmal, wer ein größeres Defizit hat.

Ein Thema ist gar nicht angesprochen worden: Wenn es nicht gelingt, den Trend, dass unsere Straßen zur rollenden Lagerhalle verkommen, umzudrehen, dann haben wir in der Tat ein Problem, weil der Verkehr stärker wächst als die Wirtschaft und es der Güterverkehr ist, der wächst, und nicht der Personenverkehr. Der Personenverkehr steigt, obwohl immer wieder etwas anderes behauptet wird, nicht mehr. Dieses rollende Lager verursacht erhebliche Kosten für die Allgemeinheit, verstopft die Straßen und ruiniert sie – Kosten, die durch Steuern und Maut nicht gedeckt sind

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Die Waren müs- sen doch transportiert werden!)

und für die statt der Firmen die Steuerzahler aufkommen müssen.

Noch eine Erkenntnis haben wir mit der Regierung gemeinsam. Ich zitiere wieder.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Lesen Sie doch zuerst einmal die Antwort der Regierung. Da steht es sogar besser drin. Das wäre ein Lerneffekt. Sie haben die Anfrage gestellt. Lesen Sie die Antwort. Da werden Sie schlauer.

Ich zitiere es noch einmal und lese es extra für Sie laut vor:

Weil Transport in der Kalkulation eine geringe Rolle spielt,

sprich zu billig ist –

werden immer kleinere Losgrößen immer weiter hin und her transportiert.

Originalzitat!

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Und was haben die Grünen dagegen getan?)

Diesem Trend entgegenzuwirken ist vordringliche Aufgabe.

Das heißt Ausweitung der Maut und – aktuelles Thema – klare Absage an die sogenannten Gigaliner.

Gestern hat ja erfreulicherweise die Verkehrsministerkonferenz gesagt: „Wir lassen es.“ Als wir die Anfrage gestellt haben, wie sich die Landesregierung zu diesen Mammutgeschossen positioniert, war nur eine Wischiwaschiantwort zu bekommen: Wir wollen einmal schauen, wie sich die Diskussion anlässt, und wollen die Auswirkungen betrachten usw. – anstatt einer klaren Ansage. Denn klar ist, dass diese Gigaliner eine weitere Verschiebung zur Straße und nicht zur Schiene hin bedeuten würden.

Wie es besser geht, beschreibt die Regierung selbst. Die Schweiz macht es vor. Die Schweizer setzen konsequent auf die Schiene. Sie verbinden den Ausbau der Schiene mit Restriktionen für den Lkw-Verkehr und erreichen damit die Verlagerung auf die Schiene – und werden dann noch schnöde von uns bzw. der Bundesregierung hängengelassen, wenn es um den Ausbau der Rheintalstrecke geht!

Die nächste Wischiwaschiposition der Landesregierung finden wir beim Thema „Privatisierung der Bahn“. Die Landesregierung schreibt zu Recht, es seien „Maßnahmen zur Liberalisierung des Schienengüterverkehrs notwendig …, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene zu stärken.“ Dann will ich ein klares Nein zu den Enteignungsplänen des SPD-Bundesverkehrsministers Tiefensee hören. Mit dieser Konstruktion wird der Wettbewerb gerade verhindert und nicht gefördert – von den negativen Auswirkungen im Personenverkehr ganz zu schweigen.

Ich habe gehört, die FDP sei jetzt auch gegen Tiefensees Pläne. Setzen Sie sich da einmal in der Regierung durch!

Letzter Satz: Ich will Sie noch auf den besten Satz der Regierungsantwort auf die FDP/DVP-Anfrage aufmerksam machen: Die Schiene müsste

preislich dadurch wettbewerbsfähiger werden, dass sich das bestehende Transportkostenverhältnis zwischen Straße und Schiene zugunsten der Schiene verändert.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ja! Sehr richtig!)

Richtig! Was will uns dieser Satz sagen? Doch nur eines: Der Straßengüterverkehr muss teurer werden, denn die Schiene wird ohne Steuergelder nicht billiger zu haben sein.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Die Bahn muss bil- liger werden! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Die Bahn muss effizienter werden!)

Das gehört halt auch zur Wahrheit.

(Beifall bei den Grünen)

Ohne Steuergelder kann die Bahn nicht billiger werden, und diese Steuergelder haben wir nicht.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Die Bahn muss nicht billiger, sondern effizienter werden!)

Wird die Straße teurer, wird die Lagerhaltung auf der Straße unrentabler, und viel sinnloser Verkehr unterbleibt. Viele dieser ach so dringenden, im vordringlichsten Bedarf unterzubringenden Maßnahmen werden dadurch unnötig – oder sagen wir einmal: die meisten.

Was für den Güterverkehr gilt, gilt auch insgesamt für den Personenverkehr. Jetzt komme ich zu dem Punkt, wo wir vielleicht auch mit der CDU eine Gemeinsamkeit in der Zukunft haben: An einem Systemwechsel von der Steuerfinanzierung zur Nutzerfinanzierung führt kein Weg vorbei.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Eine nutzungs- und verbrauchsabhängige Abgabe – andere sagen Maut dazu – ist die richtige Antwort, um den Preis- und vor allem den Bequemlichkeitsvorteil des Autos gegenüber der Schiene zu verringern. Streiten wir in Zukunft über den richtigen Weg – da gibt es gute, technologisch fortschrittliche Lösungen –, dann hat es sich gelohnt, heute zu streiten.

Letzter Satz von mir