Zur Erreichung dieses Ziels stellt die stimmrechtslose Vorzugsaktie die geeignete Form dar. Die Ausgabe erfolgt von zunächst mindestens 25,1 Prozent in Form von stimmrechtslosen Vorzugsaktien. Über eine weitere Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien entscheidet der Gesetzgeber nach einer Evaluierung. Eine andere Beteiligung privater Investoren lehnen wir ab.
Im gleichen Beschluss, meine Damen und Herren, ist dann aber davon die Rede, dass der erforderliche Kapitalbedarf der Bahn in den nächsten Jahren eine Erhöhung der Kapitalausstattung erfordere. Das ist wohl richtig – und zwar eine gewaltige Erhöhung,
damit wir die Probleme, die beim jetzigen Rechtszustand der Bahn zu Recht kritisiert und angemahnt werden, abarbeiten können, meine Damen und Herren. Aber ich glaube, Kollege Winfried Scheuermann hat das Notwendige dazu gesagt, wie ein Börsengang neues Kapital erschließen kann. Dazu ist eine Volksaktie hundertprozentig nicht der geeignete Weg.
Der politische Spagat, den die SPD hier versucht, meine Damen und Herren, wird in der Öffentlichkeit zu Recht – ich nehme einmal eine zurückhaltende Kommentierung – als Quadratur des Kreises bezeichnet. Ich glaube, wir sollten das deutlicher formulieren: Die SPD hat bei der Bahnprivatisierung eine Vollbremsung bei laufender Fahrt vorgenommen. Das Modell einer Privatisierung durch die Ausgabe sogenannter Volksaktien ist ein Irrweg, weil ein solches Angebot für eine große Zahl potenzieller Investoren nicht mehr attraktiv ist. Es ist in keiner Weise dazu geeignet, die Herausforderungen an den Schienenverkehr in Deutschland in den nächsten Jahren und Jahrzehnten erfolgreich zu bewältigen.
Uns, meine Damen und Herren, liebe Frau Haußmann, in unserer Verantwortung für Baden-Württemberg muss es um zwei Schwerpunkte gehen.
Die Bereitstellung einer bedarfsgerechten Verkehrsinfrastruktur wird in Zukunft eine noch bedeutsamere Rolle spielen, als es bisher der Fall war. Der weltweite Handel und die Nachfrage nach Transportmitteln für Personen und Güterverkehr werden rasant weiter zunehmen.
Seit dem 1. Januar 2007 haben wir in Europa keine Grenzen für den Güterverkehr mehr. Ab 2010 sollen auch die Grenzen für den Personenverkehr fallen. Als ein Land im Zentrum Europas – das gilt für Deutschland und noch mehr für uns in Baden-Württemberg – sind wir von dieser Verkehrszunahme in ganz besonderem Maße betroffen.
Die Deutsche Bahn AG wird bei der Bewältigung dieser Herkulesaufgabe eine zentrale Rolle spielen müssen. Ohne eine zusätzliche – und zwar massiv erhöhte – Kapitalausstattung, die nach meiner Einschätzung kaum oder nur unzureichend aus dem Bundeshaushalt kommen kann, kann sie diese Aufgabe nicht bewältigen, meine Damen und Herren.
Ich wiederhole deshalb noch einmal, meine Damen und Her ren, was die Landesregierung in Baden-Württemberg von Anfang an gesagt hat: Wir sind für eine Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG. Wir sehen darin nicht nur eine konsequente Fortsetzung der im Jahr 1994 begonnenen Eisenbahnstrukturreform. Vielmehr halten wir auch die Grundsatzentscheidung in dem Gesetzentwurf, der von der SPD stammt, für richtig, wonach die Deutsche Bahn AG in die Lage versetzt werden soll, Schienenverkehr und Infrastruktur in einer wirtschaftlichen Einheit zu betreiben und zu bilanzieren.
Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf sieht darüber hinaus vor, dass sämtliche Anteile der DB AG an den Eisenbahninfrastrukturunternehmen, also der DB Netz AG, der DB Station & Service AG und der DB Energie GmbH, auf den Bund übertragen werden sollen. Private Investoren werden damit an den Infrastrukturunternehmen nicht beteiligt. Auch dies ist aus der Sicht der Landesregierung grundsätzlich der richtige Weg.
Im Übrigen – das ist der zweite Schwerpunkt, meine Damen und Herren –: Wir haben zusammen mit allen 15 anderen Bundesländern keinen Hehl daraus gemacht, dass wir uns noch Verbesserungen an dem vorliegenden Gesetzentwurf wünschen. Wir wollen zusätzlich Sicherungen und Garantien dafür, dass auch in Zukunft die Bedienung im Schienenpersonennahverkehr – dafür sind wir zuständig und werden wir verantwortlich gemacht – sowohl in den Ballungsräumen als auch in der Fläche gewährleistet bleibt. Hierzu muss den Ländern ein echtes Mitsprache- und Kontrollrecht bei der Verwendung der für Investitionen im Nahverkehrsbereich vorgesehenen Bundesmittel eingeräumt werden.
Wir wünschen uns ferner noch präzisere Vorgaben hinsichtlich der Qualität der künftigen Schieneninfrastruktur in den Ländern und in den regionalen Netzen.
Unsere Anliegen sind Gegenstand einmütig beschlossener Änderungsanträge der Länder im Bundesrat, die damit Eingang in das parlamentarische Verfahren gefunden haben. Es ist jetzt Sache der Bundesregierung, diese Vorschläge aufzugreifen.
Wenn ich die neuen – uns, wie gesagt, tröpfchenweise zugehenden – Informationen, z. B. zur Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, sehe, dann stelle ich fest, dass der Bundesverkehrsminister nicht kapiert hat, dass er den Ländern entgegenkommen muss, wenn er seine Ziele, die im Grundsatz
richtig sind, verwirklichen will. Es ist jetzt höchste Zeit für die Bundesregierung, die einstimmig gefassten Vorschläge des Bundesrats aufzugreifen.
Die Zeit, die hierfür benötigt wird, meine Damen und Herren, sollte von allen Beteiligten im Sinne einer Denkpause – aber nicht einer Pause vom Denken – genutzt werden. Dies gilt insbesondere für die SPD, die sich möglichst schnell wieder von ihrem Parteitagsbeschluss verabschieden sollte.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Partei hat recht!)
Ich glaube, es wäre sehr lohnenswert, das zu berücksichtigen, was Peter Struck zum Thema Volksaktie gesagt hat.
Meine Damen und Herren, zum Schluss: Die Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn ist ein außerordentlich wichtiges und bedeutsames Vorhaben zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Deutschen Bahn. Die Stärkung der Zukunftsfähigkeit der Deutschen Bahn lässt sich nicht dadurch erreichen, dass wir sie auf die Wartebank verbannen, während gleichzeitig am europäischen Markt nachfragestarke Anbieter dabei sind, auf einem liberalisierten Verkehrsmarkt das Fell zu verteilen.
Deshalb müssen für uns als Landesregierung von BadenWürttemberg die Leitplanken gelten, die wir aufgestellt haben. Zum einen müssen die Rahmenbedingungen stimmen, damit eine deutsche Bahn in einem europäischen Markt stark agieren kann.
Zum anderen brauchen wir sichere Rahmenbedingungen für einen attraktiven Personennahverkehr, der in der Verantwortung der Länder, also hierzulande in der baden-württembergischen Verantwortung, liegt.
Lassen Sie uns also gemeinsam daran arbeiten, dass wir das Projekt „Teilprivatisierung der Bahn“ zu einem wirklichen Erfolg führen können.
Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen daher zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Anträge.
Abschnitt I des Antrags Drucksache 14/1683 und Abschnitt I des Antrags Drucksache 14/1638 sind Berichtsanträge und können für erledigt erklärt werden.
Ich lasse über Abschnitt II des Antrags der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/1683, abstimmen. Wer Abschnitt II zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Die Gegenstimmen waren die Mehrheit. Abschnitt II des Antrags Drucksache 14/1683 ist abgelehnt.
Ich lasse nun über Abschnitt II des Antrags der Fraktion der SPD, Drucksache 14/1638, abstimmen. Wer Abschnitt II zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Abschnitt II des Antrags Drucksache 14/1638 ist mehrheitlich abgelehnt.
Aktuelle Debatte – Wirtschaftliche Erfolge nutzen – Reformen in und für Baden-Württemberg voranbringen – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde. Ich darf die Vertreter der Regierung bitten, sich ebenfalls an diesen Zeitrahmen zu halten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit einer Arbeitslosenquote von 4,4 % liegt Baden-Württemberg wie schon seit vielen Jahren an der Spitze der Bundesländer.
In der aktuellen Ausgabe der „Wirtschaftswoche“ lesen wir in deren Leitartikel, in Boom-Boom-Württemberg herrsche über weite Strecken Vollbeschäftigung. Das ist aber für uns kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen, sondern wir müssen uns verdeutlichen, weshalb wir in Baden-Württemberg so gut sind, und wir müssen uns natürlich auch die Frage stellen, wie wir unsere Reformpolitik so fortsetzen, dass wir in BadenWürttemberg auf dem Spitzenplatz bleiben.