Wenn Sie dann noch ein Zusätzliches tun wollen, um die Binnennachfrage zu stärken, dann gibt es da einige Dinge, die einfach nicht in Ordnung sind. Dass die Binnennachfrage jetzt so hinterherhinkt, hängt natürlich auch mit dem Thema Mehrwertsteuer zusammen.
Ich habe immer davor gewarnt, meine Damen und Herren, in einer solchen konjunkturellen Lage die größte Steuererhöhung für die Deutschen seit 1949 durchzuführen. Wir haben immer davor gewarnt. Jetzt haben wir die Situation, dass beispielsweise der Einzelhandel eine der Branchen ist, die an diesem Wirtschaftsaufschwung tatsächlich nicht partizipieren. Wir haben eine Situation, in der beispielsweise die Gastronomie ein Negativwachstum, also einen Rückgang von rund 2 % zu verzeichnen hat. Wir haben die Situation, Herr Kollege Schmiedel, dass der Wohnungsbau dramatisch zurückgegangen ist.
Das hängt natürlich auch mit vielem anderen wie beispielsweise der Eigenheimzulage zusammen. Ich frage aber: Warum ist es in anderen Ländern möglich, beispielsweise zur Ankurbelung der Gastronomie und des Hotelbereichs dort nicht den vollen Mehrwertsteuersatz zu verlangen, sondern einen deutlich reduzierten?
Das ist in der Schweiz so, das ist in Österreich so, das ist in Frankreich so. Das kann auch in Deutschland so sein, meine Damen und Herren.
Ich freue mich sehr, dass der Kollege Stächele vor einiger Zeit genauso eine solche Politik als richtig empfunden hat.
Ich will zum Thema Baden-Württemberg Folgendes sagen: Die „Wirtschaftswoche“ hat vor einiger Zeit gesagt, die Dynamik des Landes Baden-Württemberg – also in die Zukunft gesehen – sei erheblich. Es ist ihr sogar der Platz 1 unter den Bundesländern attestiert worden. Allerdings sind auch Voraussetzungen genannt worden: Es ist z. B. die Voraussetzung genannt worden, dass insbesondere bei der Förderung neuer Technologien und insbesondere im Technologietransferbereich Baden-Württemberg die Rolle, die das Land in der Vergangenheit gespielt hat, auch in der Zukunft spielen muss. Jetzt ist unbestritten, dass in Baden-Württemberg ein hohes Maß an Innovationsfähigkeit vorhanden ist. Man kann auch sagen, dass das Maß an Innovationsschnelligkeit in BadenWürttemberg groß ist. Das lässt sich an vielen Zahlen eindeutig belegen.
Ich weise z. B. darauf hin – das wissen wir von unseren wirtschaftswissenschaftlichen Instituten –, dass bundesweit 6 % der Unternehmen es schaffen, in einem bestimmten Zeitraum ein völlig neues Produkt oder eine völlig neue Dienstleistung auf die Märkte zu bringen. Bundesweit sind es also 6 %, in Baden-Württemberg sind es 15 %. Allein an der Differenz dieser Anteile sieht man die Innovationsschnelligkeit, die bereits heute vorhanden ist.
Das Problem besteht nur darin – auch das wissen wir jetzt verbindlich –, dass mit zurückgehender Beschäftigtenzahl diese Innovationsschnelligkeit abnimmt. Das ist kein Wunder; denn die größeren Betriebe haben eigene Forschungsabteilungen, in denen sie diesen Technologietransfer im Grunde in eigener Regie bewältigen können. Die kleineren Betriebe hingegen – ich nenne einmal die Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten – haben diese Möglichkeiten nicht. Jetzt muss man sich aber vorstellen – und das ist der Ansatz meiner Überlegungen –, dass 95 % aller Betriebe in Baden-Württemberg weniger als 50 Beschäftigte haben. 95 %! Das heißt, wenn dieses Technologieland Baden-Württemberg auch in Zukunft noch ein Technologieland sein will, dann ist es dringend notwendig, diesen 95 % der Betriebe in Baden-Württemberg zu helfen – auch in der Technologiepolitik –, und zwar vor allem dann, wenn der Chef eines kleineren Unternehmens eine Idee hat, aber Hilfe dabei braucht, aus dieser Idee ein Produkt oder eine Dienstleistung zu machen. Das ist der Ansatzpunkt der Innovationsgutscheine, meine Damen und Herren.
Herr Schmiedel, Ihre Frage ist ganz einfach zu beantworten, indem ich auf den Haushalt verweise. Im Nachtragshaushalt sind die Mittel für die Innovationsgutscheine ausgewiesen. Sobald der Nachtragshaushalt verabschiedet ist, kann und werde ich starten. So einfach ist das.
Die Idee der Innovationsgutscheine ist ganz einfach. Ich will, dass der kleinere Unternehmer, der eine Idee hat und sagt: „Ich brauche Hilfe, um diese Idee umzusetzen“, möglichst unbürokratisch – das ist der entscheidende Punkt – mit diesem finanziell dotierten Innovationsgutschein zu einer entsprechen den Technologiestelle gehen und sich dort gewissermaßen das Know-how einkaufen kann, um diese Umsetzung zu vollbringen.
Das ist eine Idee, die gerade den kleinen Unternehmen auf unbürokratische Weise hilft. Aber ich bin davon überzeugt: Wenn 95 % der Unternehmen weniger als 50 Beschäftigte haben, dann haben wir die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die technologischen Erneuerungen an den kleinen Unternehmen nicht vorbeigehen. Vielmehr müssen wir sie stützen, damit sie daran partizipieren können.
Herr Minister, könnten Sie uns ein Beispiel dafür geben, was man in unseren technologischen Breitengraden für 5 000 € an Hochtechnologie, die es noch nicht gibt, erwerben kann? Es geht ja nicht darum, etwas zu finden, was es schon gibt, sondern um etwas Neues.
Erstens sind es nicht 5 000, sondern 7 500 €, und zweitens kommt ein Eigenanteil hinzu, sodass ich von einer Größenordnung von 10 000 € ausgehe.
Mit 10 000 € will ich als Unternehmer ja nicht eine Fabrikhalle bauen – damit Sie mich richtig verstehen. Vielmehr will ich mir mit diesen 10 000 € Hilfe holen, gewissermaßen Know-how einkaufen, um zu erreichen, dass meine Maschine, die ich im Augenblick habe und die jetzt umgerüstet werden muss, damit neue Produkte hergestellt werden können, genau so umgerüstet werden kann, dass ich diesen neuen Anforderungen Rechnung tragen kann. Ein solches Know-how kann ich mit derartigen Beträgen durchaus einkaufen.
Das ist übrigens nicht nur meine Erfahrung; ich will Ihnen das ganz offen sagen. Wir haben das in den Niederlanden und in den skandinavischen Ländern studiert, wo das Ganze bereits heute mit großem Erfolg praktiziert wird.
Das Modell ist also nicht von der Hand zu weisen, zumal uns z. B. der Bundeswirtschaftsminister wissen lässt, dass diese Innovationsgutscheine das Beste sind, was in der Bundesrepublik Deutschland gegenwärtig auf dem Markt ist, um insbesondere kleineren Unternehmen zu helfen.
Auf einen zweiten Punkt will ich noch ganz kurz eingehen, weil Kollege Schmiedel und Kollege Dr. Rülke ihn angesprochen haben und weil es sich um ein wichtiges Thema handelt: Das ist die Qualifikation. Die „Wirtschaftswoche“ sagt: Neben der Technologietransferpolitik ist insbesondere die Qualifikation der Menschen das entscheidende Thema. Anders ausgedrückt: Der Mangel an Fachkräften, der droht, ist die größte Wachstumsbremse im Land Baden-Württemberg.
Was heißt das? Wir werden in diesem Jahr eine Rekordausbildungszahl haben, meine Damen und Herren. Wir werden überall dort, wo es strukturelle Probleme und Altbewerber gibt, entsprechende finanzielle Hilfen anbieten. Wir werden finanzielle Hilfen anbieten, damit noch mehr kleinere Betriebe, die bisher nicht ausgebildet haben, in der Zukunft durch Verbünde zur Ausbildung herangezogen werden können.
Wir werden ein ganzes Set von Maßnahmen auf den Weg bringen. Ich gehe davon aus, dass man Ende dieses Jahres feststellen kann, dass jeder ausbildungswillige und jeder ausbildungsfähige junge Mensch einen Ausbildungsplatz hat finden können. Das ist ein großer Erfolg für das Land Baden-Würt temberg.
Nächster Punkt: Wir haben im Augenblick einen Mangel an Ingenieuren im Umfang von 15 000 Kräften – manche reden auch von 20 000. Dazu kommt: Wir sind nicht mehr in der Lage, alle Ausbildungsplätze oder alle Facharbeiterplätze zu besetzen. Auf diese Weise entsteht in Baden-Württemberg gegenwärtig eine Wertschöpfungslücke, eine Umsatzlücke in der Größenordnung von 2 bis 3 Milliarden €. Wenn es durch geeignete Maßnahmen gelingt, diese Wertschöpfungslücke zu schließen, dann ist das gleichzeitig die Garantie dafür, dass dieser konjunkturelle Aufschwung nicht nur im nächsten Jahr stattfindet, sondern weit in das nächste Jahrzehnt hinein fortgeführt werden kann. Das muss unsere Aufgabe sein.
Deshalb wird der Wissenschaftsminister dafür sorgen, dass im Programm „Hochschule 2012“ gerade ingenieurwissenschaftlichen Studienplätzen ein Prä eingeräumt wird. Aber, meine Damen und Herren, solange wir diesen Mangel haben, möchte ich daran erinnern, dass der Kampf um die besten Köpfe in
der Welt längst entbrannt ist. Die Lassos sind ausgeworfen, um weltweit die besten Köpfe einzufangen.
Wer will, dass dabei Ingenieure auch in Baden-Württemberg ankommen, der darf nicht so hasenfüßig sein wie die Bundesregierung, die es zulässt, dass ein Aufenthalt hier nur für wenige Jahre und ohne die eigene Familie stattfinden kann. Wer so hasenfüßig ist, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Ingenieure dann lieber in die USA oder nach Großbritannien gehen.