Protokoll der Sitzung vom 28.11.2007

Günther Oettinger und Gerhard Stratthaus sind ein Erfolgskonzept.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Hossa! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist doch keine Prunksitzung!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Schmid das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei diesen Reden des Kollegen Reichardt

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Da fällt Ihnen nichts mehr ein! – Heiterkeit bei der CDU und der FDP/DVP)

muss man den Ministerpräsidenten fragen, wie er auf die verwegene Idee kommen kann, den Finanzminister in Ruhestand zu schicken.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja, genau! Hossa! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist doch keine Prunksitzung!)

Mit Rex Gildo bleibt da in der Tat nur noch „Hossa“.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Der Pensionsfonds in Baden-Württemberg ist überfällig. Die Bundesländer Rheinland-Pfalz, aber auch Sachsen und Niedersachsen haben schon seit Längerem einen Pensionsfonds eingerichtet. Vor allem unser Nachbarland Rheinland-Pfalz hat damit gute Erfahrungen gemacht, weil ein Pensionsfonds es ermöglicht, Vorsorge für die anfallenden Pensionen der Beamten zu treffen.

(Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Und ihn anzu- pumpen!)

Unsere Beamten können nichts dafür, dass die Politik in der Vergangenheit keine Vorsorge getroffen hat.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: In der Zeit der Gro ßen Koalition! Zehn verlorene Jahre!)

Es ist deshalb richtig, dass die Landesregierung sich endlich dieses Themas angenommen hat.

Ein Pensionsfonds muss sich an zwei Kriterien messen lassen. Erstens muss er Generationengerechtigkeit herstellen. Denn ein Pensionsfonds führt dazu, dass die Generation, die von den Beamten, also von den Lehrerinnen und Lehrern, von den Polizistinnen und Polizisten, profitiert, diese auch in vol lem Umfang bezahlt, inklusive der Pensionen. Es kann nicht angehen, dass zukünftige Generationen, die von diesen Lehrerinnen und Lehrern und Polizistinnen und Polizisten nichts mehr haben, trotzdem noch deren Pensionen bezahlen. Das sollte jeweils die Generation machen, die auch von den Diens ten dieser Beamten profitiert.

(Beifall bei der SPD)

Die Generationengerechtigkeit wird also durch dieses Pensionsfondsgesetz des Landes vorangebracht.

Das zweite Kriterium, das man anlegen muss, ist, dass durch die Einrichtung eines solchen Pensionsfonds Vergleichbarkeit und Transparenz hergestellt werden sollen. Wir haben jetzt einen schiefen Vergleich zwischen den Kosten für Beamte einerseits und für Angestellte andererseits, weil wir bei den Angestellten die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung schon jetzt im Haushalt veranschlagen müssen, bei den Beamten hingegen nicht.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Deshalb scheinen in unserem Haushalt Beamte immer billiger und günstiger zu sein.

Mit einem Pensionsfonds, der adäquate und versicherungsmathematisch berechnete Zuschläge auf das Beamtengehalt einstellt, schaffen wir es, dass die Beamtengehälter mit Angestelltengehältern vergleichbar werden. Das heißt, wir sind als Politik in der Entscheidung, ob wir Angestellte oder Beamte für bestimmte öffentliche Aufgaben einsetzen, offen und neutral. Das ist ein ganz wichtiger Gesichtspunkt, weil wir keine Schlagseite zugunsten von Beamten haben wollen. Wir als SPD-Fraktion wollen die Beamten auf die wirklich hoheitlichen Aufgaben beschränken und nicht nur aus finanzpolitischen Gründen Beamte neu einstellen.

Deshalb geht dieser Gesetzentwurf der Landesregierung auch nicht weit genug. Denn die Landesregierung will als Vorsorge für den neu einzustellenden Beamten nicht etwa den notwendigen Zuschlag an den Pensionsfonds abführen, sondern einen Pauschalbetrag, der die Pensionsausgaben des Beamten nur unzureichend abdeckt. Damit ist eben keine Transparenz und keine Vergleichbarkeit zwischen Beamten einerseits und Angestellten andererseits hergestellt. Die Landesregierung verfehlt mit ihrem Gesetzentwurf also das zweite Kriterium.

Die Einrichtung eines Pensionsfonds ist auch haushaltspolitisch sinnvoll. Wir haben schon in den vergangenen Jahren bei verschiedenen Debatten darüber diskutiert, ob es sinnvoll wäre, in Zeiten, in denen das Land Schulden aufnimmt, trotzdem eine Rücklage für Pensionen zu bilden. Wir wissen aus den Erfahrungen mit der schon bestehenden Versorgungsrücklage des Bundes und der Länder, dass die Rendite positiv ist. Das heißt, die Rendite der Versorgungsrücklage des Landes, die schon jetzt besteht, übersteigt die Schuldzinsen, die das Land bezahlen muss. Das heißt, auch haushaltswirtschaftlich ist es sinnvoll, einen Pensionsfonds einzurichten. Deshalb noch einmal meine Ermunterung, dass Sie dieses machen.

Der zweite Aspekt dieses Gesetzentwurfs ist, die Verschuldungsmöglichkeiten in § 18 der Landeshaushaltsordnung noch restriktiver zu fassen. Wir haben schon bei der Beratung des Haushaltsstrukturgesetzes gesagt: Es ist richtig, dass wir uns als Gesetzgeber stärker an die Kandare nehmen, wenn es um Staatsverschuldung geht. Wir haben heute Morgen bei der Debatte zum Nachtragshaushalt auch schon formuliert, dass wir den Vorschlag grundsätzlich für richtig erachten, eine Obergrenze der maximalen Gesamtverschuldung des Landes in Höhe der erreichten Schulden einzuziehen, damit wir zu einem „atmenden Haushalt“ kommen, wie es der Finanzminister vorhin formuliert hat. Das bedeutet aber auch, dass man dann, wenn mehr Geld fließt, dieses Geld auch konsequent zum Schuldenabbau einsetzt und nicht nur auf dem Papier Rücklagen bildet.

Dann erreichen wir das Ziel, das auch wir volkswirtschaftlich für richtig erachten, nämlich dass der relative Anteil der Gesamtschulden am Bruttoinlandsprodukt über Jahrzehnte hinweg sinkt und damit die Belastung der öffentlichen Haushalte nachgibt. Ich glaube, das ist der volkswirtschaftlich sinnvolle Weg. Ein totales Schuldenverbot wird es mit der SPD nicht geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Kretschmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zwei Fragen nachgehen, die ich im Zusammenhang mit dem Pensionsfonds für zentral halte. Erstens: Lohnt sich der Fonds wirtschaftlich gesehen, und was folgt aus den möglichen alternativen Antworten? Zweitens: Reicht der Fonds aus, um das Pensionsproblem langfristig zu lösen,

(Zuruf: Nein!)

und, wenn nein – wie ich argumentieren werde –, was sollte getan werden, um die Pensionslawine zu entschärfen?

Nachdem Finanzminister Stratthaus in der Vergangenheit der Einrichtung eines Pensionsfonds – solange wir Schulden haben – skeptisch gegenüberstand, sehen wir nun seit einiger Zeit einen Sinneswandel. Während er früher die Auffassung vertreten hat, ein Pensionsfonds sei nicht wirtschaftlich, solange man das Geld leihen müsse, spricht er nun davon, dass die Verzinsung aus den Erträgen des Fonds höher liege als die Sollzinsen, die das Land für die Verschuldung auf dem Kreditmarkt zahle. Was ist nun richtig?

Unabhängig davon, was richtig ist, handelt das Land mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf nicht rational. Denn es bieten sich, wenn man das einmal genau analysiert, jeweils andere, vorteilhaftere Alternativen an.

Nehmen wir den ersten Fall: Der Ertrag aus dem Fonds liegt höher als die Sollzinsen. Dies bedeutet doch ganz einfach: Der Fonds ist ein gutes Geschäft für das Land. Also genauer gesagt: Es ist ein Geschäft, mehr Schulden zu machen und das Geld in einen Fonds dieser Art anzulegen. Natürlich machen wir jetzt mit dem vorgeschlagenen Fonds mehr Schulden; denn wir könnten mit diesem Geld ja die Verschuldung, die bekanntlich bei 42 Milliarden € liegt, um 500 Millionen € senken.

Aber wenn das richtig ist, Herr Finanzminister Stratthaus, dann frage ich Sie, warum Sie den Fonds auf 500 Millionen € beschränken, wenn wir damit ein Einkommen erzielen. Warum nehmen Sie nicht 1 oder 2 oder 3 Milliarden € auf? Das Kreditrating würde dann im Übrigen nicht sinken; denn die Ratingagenturen würden ja logischerweise feststellen müssen, dass das Land damit gutes Geld verdiente.

(Heiterkeit des Abg. Oswald Metzger (fraktionslos) – Abg. Oswald Metzger (fraktionslos): „Perpetuum mobile“ nennt man das!)

Wenn das zuträfe, wäre das doch eine gute Möglichkeit, zusätzliche Einnahmen für den Landeshaushalt zu erwirtschaften. Man müsste dann allerdings den Bürgerinnen und Bürgern erklären: „Staatsverschuldung lohnt sich.

(Heiterkeit bei den Grünen – Beifall bei den Grünen und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Wir legen das Geld in einen Fonds an und erzielen dadurch mehr Erträge, als wenn wir Schulden zurückzahlen.“ Das klingt jetzt irgendwie ungewohnt, aber das ist ja irgendwie die Logik Ihres Vorschlags.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Nein, nein, nein!)

Ich frage Sie einfach ganz ernsthaft, welche Schlussfolgerungen Sie aus dieser unternehmerischen Entscheidung ziehen. Es ist auch klar: Wenn Sie das machen, handelt der Staat natürlich wie eine Bank.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Zweite Alternative: Mit dem Fonds ist kein Geld zu verdienen; die Sollzinsen sind höher. Dann ist es klar: In diesem Fall macht es keinen Sinn, einen Fonds anzulegen. Dann ist es richtig, wenn wir mit den damit vorgesehenen Mitteln die Schulden zurückzahlen. Dann ist das Geld übrigens weg

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Aber die Schul- den auch!)

und kann nicht mehr beliehen werden oder für sonst etwas verwendet werden.

Dazu hätte ich gern eine Antwort von Ihnen.

Herr Oettinger hat nun die Leitlinie skizziert, man zahle jetzt die Schulden zurück, der künftige Plafond liege beim derzeitigen Schuldenstand von 42 Milliarden €. Zunächst habe ich Sympathie für diesen Vorschlag. Er scheint mir zwar etwas willkürlich zu sein, aber das ist eine klare Grenze. Allerdings muss ich sagen, dass das kein Vorschlag für die Föderalismuskommission sein kann. Denn Sie müssen sich einmal überlegen, dass Länder, die überschuldet sind, diesem Vorschlag gar nicht folgen könnten. Das kann also nur ein Vorschlag für ein Land wie Bayern oder Baden-Württemberg sein, wobei das natürlich komische Folgen hätte: Bayern dürfte dann viel weniger Schulden machen als wir; es würde sich sozusagen dafür bestrafen, dass es besser gewirtschaftet hat als BadenWürttemberg.

Deswegen habe ich einen anderen Vorschlag gemacht, der folgendermaßen lautet: Als Plafond wählen wir das 3-%-Maas tricht-Kriterium, allerdings nicht bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, sondern bezogen auf die Finanzkraft eines Lan des. Denn es macht ja nicht nur der Staat Schulden, sondern es machen ja auch Privatleute und Unternehmen Schulden. Es ist also nicht sinnhaft, das auf das gesamte Bruttoinlandsprodukt zu beziehen. Es sollte vielmehr nur auf die Finanzeinnahmen des Landes bezogen werden. Diesen Vorschlag habe ich auch deshalb so formuliert, weil sonst die Nehmerländer wegen ihrer wirtschaftlichen Schwäche schlechter gestellt würden und dann sozusagen mit den Bundesergänzungszuweisungen und den Zuweisungen aus dem Länderfinanzausgleich einen attraktiven Plafond hätten, auf dem sie begrenzt

Schulden machen könnten. Derzeit wären das maximal ca. 12 Milliarden € Schulden für den Bund und alle Länder.

Das ist ein Vorschlag, der für alle akzeptabel ist. Ihren Vorschlag dagegen, Herr Finanzminister, können zwar wir in Baden-Württemberg umsetzen; den können aber die überschuldeten Bundesländer nicht realisieren. Deswegen ist, glaube ich, so ein Vorschlag, wie ich ihn vorgebracht habe, in der Föderalismuskommission sinnhafter. Aber ich möchte noch einmal sagen: Das ist natürlich auch eine sinnvolle Grenze, die Sie hier einführen. Wir haben dagegen zunächst einmal keine Einwände und könnten ihr auch zustimmen.

Danke schön.