Der Welthandel, die weltweite Wirtschaftskraft, hat nach Einschätzung internationaler Organisationen den Wachstumshöhepunkt überschritten. Man kann deswegen davon ausgehen, dass die internationale Wirtschaft zwar weiter wächst, aber sicher nicht mehr im gleichen Tempo wie in den vergangenen Jahren.
Es kommen noch einzelne besondere Belastungsfaktoren hinzu. Sie wissen, dass der Ölpreis in den letzten Monaten geradezu explosionsartig gestiegen ist. Er liegt nun deutlich über 95 Dollar. Man kann davon ausgehen, dass er wahrscheinlich die Marke von 100 Dollar erreichen wird. Das trifft uns nicht ganz so stark, weil gleichzeitig der Eurokurs steigt. Aber der Anstieg des Eurokurses macht natürlich unserer Exportwirtschaft große Probleme, sodass man, glaube ich, sagen kann, dass durchaus Gefahren am Horizont zu sehen sind.
Besonders bedenklich ist für mich: Wir waren alle der Meinung, dass die Inflation besiegt ist. Denn in den letzten fünf oder zehn Jahren hatten wir kaum noch Preissteigerungen, während man jetzt den Eindruck hat, dass dieses Gespenst, das uns in den Siebziger- und Achtzigerjahren geplagt hat, wieder zurückkommt. Wir hatten in den letzten zwei, drei Monaten die höchste Inflationsrate der letzten Jahre. Das darf sich auf keinen Fall in dieser Form fortsetzen.
Was ist das Fazit? Wir wissen aus der Vergangenheit, dass ein konjunktureller Aufschwung nicht unbegrenzt anhält. Wir werden auch wieder schwächere Phasen erleben. Die Reformen fangen jetzt erst richtig an zu greifen. Deswegen dürfen wir aber auf keinen Fall den Erfolg dieser Reformen in Zweifel ziehen.
Meine Damen und Herren, nun zum Nachtragshaushalt. Vor diesem Hintergrund – ich glaube, es war ganz wichtig, diesen Hintergrund einmal darzustellen – lege ich Ihnen den Nachtragshaushalt vor, einen Nachtragshaushalt, der vor allem dadurch gekennzeichnet ist, dass wir den Marsch in die weitere Verschuldung stoppen. Wir werden im Jahr 2008 keinen einzigen Euro an neuen Schulden aufnehmen.
Es kann sich hier – obwohl manche schon lange in diesem Landtag sind – niemand mehr daran erinnern, dass es schon einmal einen Haushalt ohne neue Schulden gegeben hat. Das war in der Tat zuletzt im Jahr 1972 der Fall. Damals war allerdings noch eine Verschuldung von 870 Millionen DM geplant. Im Ist hat es dann jedoch keine Schulden mehr gegeben. Das war eine Erfahrung, die manche von uns noch gemacht haben, aber z. B. Herr Rust und Herr Schmid haben damals noch gar nicht gelebt;
In den folgenden 35 Jahren haben wir immer wieder neue Kredite aufnehmen müssen, um den Haushalt auszugleichen. Das muss nun ein Ende haben. Das werden wir auch erreichen, und darauf sollten wir stolz sein.
Natürlich haben uns die Konjunktur und die Steuermehreinnahmen dabei geholfen. Das ist keine Frage. Wir haben allerdings auch in den vergangenen Jahren schon konsequente
Wir haben im Unterschied zu fast allen anderen Bundesländern die Altersteilzeit nur in einem sehr engen Rahmen eingeführt. Wir haben unseren Beamten einiges zugemutet – auch das muss man sagen –, und wir haben z. B. durch Solidarpakte dafür gesorgt, dass wir die Ausgaben kanalisieren und kontrollieren können. Wir haben neben den Steuereinnahmen durch eine strukturelle Sparpolitik einiges – und zwar Wichtiges – dazu beigetragen, dass wir heute in dieser Situation sind.
Was ganz entscheidend ist: Wir ruhen uns auf dem erreichten Erfolg nicht aus. Wir sorgen dafür, dass zukünftig ein Haushaltsausgleich ohne Neuverschuldung der Normalfall sein wird. Wir werden trotzdem – ich zeige es Ihnen im letzten Teil meiner Rede auf – viel Geld in die Zukunft unseres Landes investieren.
Meine Damen und Herren, noch im Jahr 2005 mussten wir neue Schulden aufnehmen, um im Haushalt eine Deckungslücke in Höhe von 2 Milliarden € auszugleichen. Eine solche Deckungslücke kann natürlich nicht von einem Jahr auf das nächste total geschlossen werden. Das Problem liegt darin, dass wir eine ganze Reihe von Ausgaben – sie bilden sogar die Mehrheit – haben, die wir politisch höchstens langfristig, auf keinen Fall kurzfristig beeinflussen können. Das sind z. B. die Finanzausgleichszahlungen, das sind die Zinszahlungen, das sind Zuschüsse an Gemeinden und vieles mehr. Der Teil, der politisch wirklich kurzfristig oder mittelfristig beeinflussbar ist, ist relativ klein.
Wir haben uns dennoch nicht entmutigen lassen. Wir haben den eingeschlagenen Konsolidierungskurs konsequent fortgesetzt. Vor allem haben wir, die beiden Koalitionspartner, diesen Konsolidierungskurs bereits in der Koalitionsvereinbarung ausdrücklich verankert.
Ich glaube, selten wurden haushaltspolitische Ziele, Maßnahmen und Prioritäten so eindeutig formuliert und umgesetzt wie in dieser Koalitionsvereinbarung,
wobei wir sogar noch besser sind, als wir angenommen haben. Denn wir hatten uns vorgenommen, die Neuverschuldung des Landes bis zum Ende dieser Legislaturperiode auf null zurückzuführen. Wir erreichen dieses Ziel nun bereits im Jahr 2008.
Wir wollten ein grundsätzliches Verschuldungsverbot in die Landeshaushaltsordnung aufnehmen. Dies ist bereits mit dem Haushaltsstrukturgesetz 2007 erfolgt. Allerdings sollte dieses Verschuldungsverbot erst am 1. Januar 2011 in Kraft treten. Wir werden Ihnen jetzt im Zusammenhang mit dem Haushalt eine neue Schuldenbremse vorschlagen, die bereits im Jahr 2008 wirksam werden wird.
Wir führen eine strikte Schuldengrenze ein. Wir werden unsere Altschulden in Höhe von 42 Milliarden € als Schuldendeckel festschreiben. Über diesen Schuldendeckel hinaus dürfen keine Schulden mehr aufgenommen werden. Wenn in ei
ner ganz besonderen Situation bei einem Schuldenstand unterhalb des Schuldendeckels wieder neue Schulden aufgenommen werden müssen, dann werden wir einen Tilgungsplan festlegen, nach dem diese Schulden innerhalb von sieben Jahren zurückzuführen sind.
Wir haben auch ganz konsequent Mehreinnahmen eingesetzt und Minderausgaben getätigt, um die Neuverschuldung zu reduzieren. Die Neuverschuldung im Jahr 2007 war ursprünglich noch mit 1,7 Milliarden € geplant. Tatsächlich werden wir 1 Milliarde € an Schulden aufnehmen, wobei diese 1 Milliarde € wirtschaftlich gar nicht zu Schulden führt, denn sie wird z. B. in eine Pensionsrücklage und in andere Rücklagen gehen. Aber immerhin werden wir noch 1 Milliarde € an Schulden aufnehmen. Im Jahr 2008 werden wir dann die Nullneuverschuldung erreicht haben.
Wir haben vor allem auch im Haushaltsvollzug ganz konsequent gehandelt. Wir haben im Jahr 2006 eine Ausgabensperre von 70 Millionen € und im Jahr 2007 noch eine solche von 50 Millionen € vorgesehen. Das war, meine Damen und Her ren, nicht mehr leicht; denn zu diesem Zeitpunkt war bereits bekannt, dass sich die Steuereinnahmen eher positiv entwickeln.
Wir können auf das Erreichte stolz sein. Es ist aber wichtig, dass wir diesen Kurs weiter beschreiten.
Meine Damen und Herren, finanzpolitische Fehler werden vor allem in Zeiten guter Steuereinnahmen gemacht.
Das ist eine alte Weisheit aller Haushälter, und sie wird täglich bestätigt, und zwar in anderen Ländern und zum Teil leider auch in Berlin. Allzu oft werden vorübergehende Mehreinnahmen dafür verwendet, um dauerhafte Mehrausgaben zu begründen, und wenn dann die Mehreinnahmen wegbrechen, haben wir immer noch die Mehrausgaben.
Das darf auf keinen Fall kommen. Betrachten wir zudem die Entwicklung des Steueraufkommens in den vergangenen Jahren, wird uns eines ganz schnell klar: Solche Steigerungsraten wie 2006 und 2007 sind die ganz große Ausnahme. Wir hatten z. B. in den letzten 20 Jahren eine durchschnittliche Steigerungsrate von 2,7 % oder 2,8 %, also eine weit geringere als die, die wir in den letzten zwei Jahren hatten.
Zu der guten konjunkturellen Entwicklung kam auch noch die Steuererhöhung hinzu; ich habe es vorhin bereits gesagt. Eines ist klar: Weitere Steuererhöhungen darf es nicht geben.
Ich glaube, das sollte man einmal festlegen. Wir müssen unsere Haushalte auf der anderen Seite in Ordnung bringen, nämlich bei den Ausgaben. Die volkswirtschaftliche Steuerquote beträgt im Jahr 2007 22,2 %. Ist das viel? Ist das wenig? Wenn Sie die letzten 20 Jahre betrachten, erkennen Sie, dass diese Quote sogar noch unter dem Durchschnitt liegt. Unsere Steuerquote war allerdings in den Jahren 2002, 2003 und
2004 sehr niedrig; wir hatten z. B. in den Siebzigerjahren sehr hohe Steuerquoten, und zwar in Höhe von ungefähr 24 %. Ich will jetzt nicht fragen, wer da in der Bundesregierung war.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Aber nicht haupt sächlich! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wenn die Liberalen nicht da gewesen wären, wäre sie noch höher gewesen!)
In den Siebzigerjahren, doch, doch. Immerhin haben die Liberalen dann für ein Ende der ganzen Sache gesorgt.
Leider mehren sich die Anzeichen dafür, dass die gute Wirtschaftsentwicklung ihren Höhepunkt überschritten hat. Finanzmarktkrise, hoher Ölpreis, teurer Euro, dies alles zusammen verursacht Probleme. Es kommen auch noch reine Steuerrisiken dazu. Vor dem Europäischen Gerichtshof gibt es einige ganz große Prozesse – nicht bezogen auf das Land Baden-Württemberg, sondern auf die Bundesrepublik Deutschland –, die möglicherweise Milliarden an Steuermindereinnahmen verursachen können. Gleichzeitig steht noch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Rechtmäßigkeit der Kürzung der Pendlerpauschale aus. Auch da weiß niemand, wie sie letzten Endes ausfallen wird.
Wir sollten uns deswegen von der günstigen Entwicklung nicht blenden lassen, sondern müssen uns ganz eindeutig auf die Ausgabeseite konzentrieren und nicht auf die Einnahmeseite.
Meine Damen und Herren, wo liegen eigentlich unsere gro ßen Risiken? Wir zahlen inzwischen für die Schulden, die im Lauf der letzten 40 Jahre gewachsen sind, 2 Milliarden € Zinsen. Das ist ein wahnsinnig hoher Betrag. Sie müssen bedenken, dass wir diese 2 Milliarden € zahlen, obwohl wir zurzeit niedrige Zinssätze haben. Sie sind so niedrig, wie sie es seit dem Zweiten Weltkrieg – zumindest für eine längere Zeit – noch nie gewesen sind.
Ich habe vorhin davon gesprochen, dass heute die Meldung durch alle Zeitungen geht, dass die Inflationsrate ansteigt. Wenn sie ansteigt, werden zumindest mittelfristig auch die Zinssätze nachziehen.
Doch jeder Prozentpunkt mehr bedeutet bei 42 Milliarden € Schulden eben 420 Millionen € Zinsen. Das muss man bedenken. Es ist also keine Frage, dass dies ein Risiko ist. Dieser Prozentpunkt würde sich zwar nicht schon nach einem Jahr auswirken, sondern das würde, weil wir in der Regel auf sieben Jahre finanzieren, seine Zeit dauern, aber höhere Zinssätze, die zu erwarten sind, werden natürlich auch zu höheren Zinssummen führen. Damit müssen wir leben.
Das Nächste, was uns wahrscheinlich noch viel stärker betreffen wird, ist die demografische Entwicklung. Sie wissen, dass unsere Versorgungsausgaben gegenwärtig ungefähr 3 Milliarden € ausmachen und dass diese Versorgungsausgaben in den nächsten Jahren gewaltig steigen werden. Wir haben im Augenblick 87 000 Versorgungsempfänger. Wir werden im Jahr 2020 ungefähr 140 000 Versorgungsempfänger haben. Daran sehen Sie, mit welchen Zahlen wir da zu rechnen haben.