Konzentrieren wir uns darauf, mehr Geld für den beschleunigten Ausbau und für ein Umrüstprogramm auszugeben, damit erst gar kein Lärm entsteht, und zwar unterstützt durch lärmabhängige Trassenpreise. Wenn dann nach objektiver Prüfung aller Varianten die eine oder andere Härte bei Anwohnern bestehen bleibt, dann reden wir noch einmal über ein finanzielles Engagement von Landesseite.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Eisenbahnachse von Amsterdam bzw. Rotterdam nach Genua führt durch den Rheingraben. Der Ausbau dieser Eisenbahnachse von der Nordsee bis zum Mittelmeer ist für den Nord-Süd-Verkehr von zentraler Bedeutung. Beim Ausbau der Rheintalbahn handelt es sich ebenso wie bei Baden-Württemberg 21 um ein Jahrhundertwerk.
In einem der am dichtesten besiedelten und höchst industrialisierten Gebiete Europas wird der Verkehr neu geordnet. Sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr ist eine bedeutende modale Verlagerung zu erwarten. Mehrere Milliarden Tonnenkilometer Fracht sollen von der Straße auf die Bahn verlagert werden, und einige Hundert Millionen Personenkilometer sollen, statt auf den überlasteten Straßen oder im Flugverkehr, umweltfreundlich auf der Schiene abgewickelt werden.
Unser Land profitiert in erheblichem Umfang davon, liegt doch fast ganz Baden an dieser Strecke. Das Projekt ist also nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch von zentraler Bedeutung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Fraktion setzt sich seit Langem für eine Gleichbehandlung beider Projekte ein. Uns geht es darum, bei beiden Projekten einen menschen- und umweltgerechten Ausbau zu ermöglichen. Ein Unterschied besteht allerdings bei der Topografie. Während bei BadenWürttemberg 21 die Landschaft nur durch den Bau von Tunnels und Brücken eine Schnellfahrstrecke ermöglicht, ist der Rheintalgraben flach. Dies senkt die Kosten pro Schienen kilometer. Bei dieser Ausgangslage ist es die verdammte Pflicht und Schuldigkeit der Bahn, mehr in den Lärmschutz zu investieren.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ge- nau so ist es!)
Es gibt aber noch einen zweiten Unterschied. Bei der Rheintalstrecke gibt es für die Deutsche Bahn keine Alternative. Die einzige Alternative liegt auf der anderen Rheinseite und würde von der französischen Bahn realisiert. Die Bahn braucht aber diese Strecke, denn sie wird an den prognostizierten Milliarden von zusätzlichen Tonnenkilometern Fracht verdammt gut verdienen. Das ist ein Grund mehr, diese Gewinne nicht auf dem Rücken der vom Lärm geplagten Menschen zu erwirtschaften. Es ist eine Frage des Anstands, dass die Bahn mehr in den Lärmschutz investiert.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ge- nau so ist es!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Liberalen stehen zu den Anwohnern. Wir haben deshalb schon in der Bundestagsdebatte zum gleichen Thema gefordert, die Stadt Offenburg in einem Tunnel zu unterfahren, die Trasse südlich von Offenburg an die Autobahn zu verlagern und die Trasse nördlich des Mengener Tunnels abzusenken und südlich dieses Tunnels eine teilgedeckelte Tieflage zu wählen.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullin- ger FDP/DVP: Sehr gut! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Und jetzt?)
Die von der FDP in ihrem Antrag vorgeschlagenen Alternativen wie die Parallelführung entlang der Autobahn würden dazu führen, dass die Planungsverfahren neu aufgerollt werden müssten.
Das würde einen völligen Planungsstopp der laufenden Verfahren bedeuten. Haben Sie sich die Konsequenzen Ihrer Forderungen eigentlich bewusst gemacht?
Ihre Forderung, die Trasse an die Autobahn zu verlagern, hatten wir im Deutschen Bundestag genauso eingebracht.
Ihre Genossinnen und Genossen haben es dort abgelehnt. Jetzt kommen Sie mit derselben Forderung in den Landtag. Dabei wissen Sie ganz genau, dass der Bund Eigentümer der Bahn ist.
Ihr Genosse Tiefensee ist Bundesverkehrsminister; er allein trägt die politische Verantwortung, und nicht nur das. Ihre Genossen in Berlin sprechen zynische Sätze – ich zitiere wieder Ihre Genossin mit dem Doppelnamen –: Wir werden die betroffenen Anwohner auch weiterhin unterstützen.
Wenn Sie Mut haben, machen Sie gemeinsam mit uns Ihren Genossen in Berlin Beine. Gern fordern wir gemeinsam mit Ihnen Herrn Tiefensee auf, endlich sein Amt auszufüllen, seine Arbeit anständig zu machen, seiner politischen Verantwortung für die Menschen gerecht zu werden. Damit wäre den Menschen geholfen. Was wir brauchen, ist ein besserer Bundesverkehrsminister.
Denken Sie an Schiller: Beweisen Sie Mut vor Fürstenthronen! Machen Sie gemeinsam mit uns dem Tiefensee Beine!
(Beifall bei der FDP/DVP – Minister Willi Stächele: Schienen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Dem Tiefensee muss man Schienen machen, keine Bei- ne!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag will die SPD die Landesregierung dazu auffordern, die vergleichbare Bedeutung von Rheintalbahn und Stuttgart 21 für BadenWürttemberg zu unterstreichen.
Die Landesregierung müsse sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln – so zitiere ich – dafür einsetzen, dass den Menschen entlang der Rheintalbahn die gleiche Aufmerksamkeit und Unterstützung zukomme wie den Menschen in Stuttgart und entlang der Strecke Stuttgart–Ulm.
(Beifall bei der SPD – Abg. Michael Theurer FDP/ DVP: Sehr gut! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Dem kann man doch zustimmen!)
Ja, ja. – Aber Sie suggerieren mit diesem Antrag, meine Damen und Herren, dass die Landesregierung hierzu erst noch aufgefordert werden müsse, also ihre Hausaufgaben nicht gemacht habe.