Protokoll der Sitzung vom 29.11.2007

(Abg. Georg Nelius SPD: Gegenleistung!)

Genauso wie wir uns zur Grundversorgung bekennen, weil die Demokratie diese braucht – wobei so mancher fragt, ob wir ARD, regionale Sender und ZDF brauchen; diese Frage wird auch immer wieder gestellt –, müssen wir auch sagen: Grundversorgung kann nicht alles zulassen. Für die Privaten muss ein Freiraum garantiert bleiben. Das ist der entscheidende Punkt. Das ist gar nicht so einfach.

(Abg. Georg Nelius SPD: Das ist doch nicht das Pro- blem!)

Darüber hinaus darf nicht vergessen werden: Die Europäische Kommission sagt uns: Alles, was ihr zwangsweise aus Gebühren finanziert, muss dem Beihilferecht der Europäischen Union standhalten können, es muss dem Markt entsprechen. Das heißt, wir können nicht einerseits abkassieren und die Einrichtungen mit 7 Milliarden € pro Jahr gebührenfinanziert unterstützen und andererseits so tun, als ob das ein freier Markt wäre und ein Wettbewerb unter den Sendern bestünde. Das geht dann auch nicht. Es gibt also schon etliche Eckdaten, die eingehalten werden müssen.

Der Elfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag – wir haben gerade den Zehnten behandelt; er geht jetzt in das Ratifizierungsverfahren; er wird dann Wirklichkeit – wird uns erstens eine Grobbeschreibung – nicht zu viel; es darf nicht die Programmautonomie erfassen – dessen abverlangen, was Grundversorgung bedeuten soll. Ich kann mir vorstellen, dass die bisherige Kapazität durchaus ausreichend ist. Man muss sich unterhalten, ob eine „Mediathek” in digitalen Bereichen notwendig wird. Ich bin auch außerordentlich skeptisch, ob dieser angedachte neue Nachrichtensender unbedingt notwendig sein wird. Darüber muss man diskutieren.

(Zuruf des Abg. Georg Nelius SPD)

Wenn wir dann beschrieben haben, was Grundversorgung sein soll, und wenn wir in Richtung digitaler Übertragung öffnen, dann bitte ich die öffentlich-rechtlichen Anstalten doch inständig, uns das Leben nicht schwer zu machen, sondern sich an das zu halten, was Brüssel vorgibt, nämlich das dreistufige Antragsverfahren, um solche digitalen Wege nutzen zu können. Das heißt also: Ich sehe es ungern, dass man jetzt möglicherweise im Vorgriff belegt, was erst ab 1. Januar 2009 in einem formellen Verfahren möglich sein kann. Da habe ich den dringenden Appell, jetzt fair miteinander umzugehen und, so wir denn mit neuen Sende- und Übertragungsmöglichkeiten Platz greifen wollen, das Verfahren, das uns die EU vorgegeben hat, bis zum 1. Januar 2009 auch einzuhalten.

Ich bitte, immer daran zu denken: Die EU hat nicht gesagt, dass dies keine Beihilfe sei. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass es sich um eine staatliche Beihilfe handelt.

(Zuruf von der SPD)

Wenn wir dieses Antragsverfahren nicht einhalten, ist die Kommission jederzeit in der Lage, das Verfahren gegenüber den öffentlich-rechtlichen Anstalten Deutschlands wieder in Gang zu bringen.

Also bitte, es ist ganz einfach: Die Grundregeln sind gegeben. Wir sollten sie jetzt einhalten, bis zum 1. Januar 2009 generell einhalten. Dann wird uns der Elfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag eine Beschreibung von Grundversorgung abverlangen. Gleichermaßen müssen wir im Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrag natürlich auch die Gebührentatbestände neu regeln.

Kurzum: Es geht nicht entweder um das eine oder um das andere. Hier sitzt doch kein Mensch, der den öffentlich-rechtlichen Rundfunk strangulieren möchte. Ich bitte, einen solchen Popanz nicht aufzubauen. Aber es geht erstens darum, europäisches Recht anzuwenden, und zweitens darum, dass man Grundversorgung akzeptiert, aber darüber hinaus keine Expansion mit Zwangsgebühren erlauben möchte. Ich verwende das Wort „Zwangsgebühren“ nicht, um zu diskreditieren. Es ist eben so, dass da abkassiert wird und der Wettbewerber unter Umständen schnell in den Nachteil gerät. Das ist der Punkt, und darum geht es.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ganz ohne Body-Mass-Index!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Kipfer.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Walter, Sie haben mich zu einer Aussage herausgefordert. Ich denke, bei aller Kritik an der Qualität mancher Programme sollten wir die Meinungsfreiheit achten. Das ist das Allererste. Das ist auch das Spannungsfeld, in dem wir uns da bewegen. Deshalb sollten wir mit Äußerungen, dass wir Programme ächten, vorsichtig sein.

Allerdings sollten wir die privaten, kommerziellen Veranstalter beim Wort nehmen, die nämlich ihrerseits vorgeschlagen

haben, sich selbst einer Qualitätskontrolle zu unterwerfen. Wenn sie das tun, sollten sie möglicherweise – so schlagen sie es vor – Aussicht auf eine präferierte Frequenzvergabe oder eine andere Vergünstigung bekommen. Ich glaube, das wäre ein Weg, um auch auf der kommerziellen Seite für mehr Qualität zu sorgen, zumal die Veranstalter dies selbst vorschlagen.

(Beifall des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Das Wort „Zwangsgebühren“ haben Herr Kluck und Herr Stächele genannt. Wir müssen nun einmal zur Kenntnis nehmen, dass diese Gebühren die Grundlage für unser duales System sind, die Grundlage für die Meinungsvielfalt und für unser öffentlich-rechtliches Rundfunksystem, das im Übrigen vom Bundesverfassungsgericht eindeutig so konstatiert worden ist. Es sollte nicht vorkommen, auch nicht vonseiten von Regierungsvertretern, diese Gebühren ständig zu diskreditieren. Nichts anderes macht das Wort „Zwangsgebühren“.

(Beifall bei der SPD)

Dann geht es um den Auftrag in der digitalen Welt. Da hat Herr Jacobi – Entschuldigung –, Herr Walter zu Recht darauf hingewiesen, dass das die Zukunft ist.

(Zurufe)

„Jacobi“, ja, das war einmal.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: In meiner Familie gibt es keine Überläufer! – Heiterkeit)

Das war einmal. Sie sehen, wie sich das festgesetzt hat.

Herr Walter, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass auch die Zukunft sämtlicher Rundfunkveranstalter im digitalen Sektor liegt und dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk, wenn wir nicht auch ihm erlauben, sich da zu etablieren, die Jugend verliert und dann auch die Zukunft.

Herr Stächele, wenn Sie nun meinen, es bestünden Zweifel, ob ein Nachrichtenkanal zur Grundversorgung gehöre, möchte ich noch einmal die Frage aufwerfen, wofür wir alle eigentlich Rundfunkgebühren bezahlen. Bezahlen wir Rundfunkgebühren für das Angebot, maximal 24 Stunden am Tag ein Programm zu empfangen, oder bezahlen wir nicht Rundfunkgebühren, um das öffentlich-rechtliche System zu finanzieren, selbst wenn wir dessen Angebote nicht ständig empfangen können, wenn uns z. B. Korrespondenten aus Kairo Beiträge produzieren, die, aus welchen Gründen auch immer, keinen Eingang in das Programm finden? Dann gibt es aber diese Produktionen, und ich denke schon, dass es sinnvoll ist, darüber nachzudenken, ob die Gebührenzahler nicht das Recht haben, diese Produktionen über einen Nachrichtenkanal auch irgendwann zu empfangen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wie wäre es mit werbefreien Sendungen?)

Das ist die Idee, die dahintersteckt. Es geht nicht um die Idee, irgendwelche Kanäle zu verstopfen, sondern darum, das Programmvermögen, für das wir alle bezahlt haben, möglichst allen zugänglich zu machen, die Interesse daran haben.

Im Übrigen freue ich mich auf die Diskussion über den Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Ich denke, das wird dann vielleicht ein richtiger Medienstaatsvertrag, bei dem wir nicht jedes Jahr erneut über diese Probleme diskutieren müssen, sondern vielleicht auch einmal einen Punkt setzen und den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne des Bundesverfassungsgerichts auch näher beschreiben können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich gehe davon aus, dass der Antrag als Berichtsantrag durch die Aussprache erledigt ist. – Es ist so beschlossen.

Punkt 8 der Tagesordnung ist hiermit erledigt.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Mitteilung des Rechnungshofs vom 12. Oktober 2007 – Beratende Äußerung zur einkommensteuerlichen Bedeutung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – Drucksachen 14/1858, 14/2000

Berichterstatter: Abg. Manfred Groh

Sie stimmen der Beschlussempfehlung zu. – Es ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Antrag des Finanzministeriums vom 31. Oktober 2007 – Heidelberg, Bestellung eines Erbbaurechts an einer Teilfläche des landeseigenen Grundstücks Landfriedstraße 12 – Drucksachen 14/1906, 14/1999

Berichterstatter: Abg. Klaus Dieter Reichardt

Auch hierzu ist keine Aussprache vorgesehen. Sie stimmen der Beschlussempfehlung zu. – Es ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschus ses zu der Mitteilung der Landesregierung vom 14. November 2007 – Information über Staatsvertragsentwürfe; hier: Entwurf des Zehnten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunk- änderungsstaatsvertrag) – Drucksachen 14/2001, 14/2018

Berichterstatterin: Abg. Birgit Kipfer

Sie stimmen der Beschlussempfehlung zu. – Es ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlungen und Berichte des Petitionsausschusses zu verschiedenen Eingaben – Drucksachen 14/2008, 14/2009

Gemäß § 96 Abs. 5 der Geschäftsordnung stelle ich die Zustimmung zu den Beschlussempfehlungen entsprechend dem Abstimmungsverhalten im Ausschuss fest. – Es ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf: