Protokoll der Sitzung vom 30.01.2008

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 39. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Gespräche einzustellen.

Urlaub für heute habe ich Herrn Abg. Kübler erteilt.

Krank gemeldet sind Frau Abg. Rudolf sowie die Herren Abg. Kretschmann, Reichardt und Sckerl.

Dienstlich verhindert ist Herr Staatssekretär Drautz.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, Herr Tappeser hat mir mitgeteilt, dass er sein Mandat mit Ablauf des 7. Januar 2008 niedergelegt hat. Er kann heute wegen einer dienstlichen Verpflichtung nicht anwesend sein.

Ich danke ihm für seine Arbeit als Abgeordneter namens des Landtags sehr herzlich.

In seiner über eineinhalbjährigen Abgeordnetentätigkeit hat er sich unter den Kolleginnen und Kollegen einen Namen gemacht und sich auf dem Feld der Innenpolitik sowie auf dem Gebiet von Wissenschaft, Forschung und Kunst profilieren können. Sehr intensiv hat er seine Wahlkreisarbeit wahrgenommen.

Für sein neues Amt als Ministerialdirektor im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst wünsche ich ihm viel Erfolg und eine stets glückliche Hand.

Meine Damen und Herren, die Landeswahlleiterin hat mir mit Schreiben vom 7. Januar 2008 mitgeteilt, dass das Mandat des ausgeschiedenen Kollegen Klaus Tappeser auf Frau Monika Bormann übergegangen ist. Frau Bormann hat die Wahl angenommen und mit Wirkung vom 8. Januar 2008 die rechtliche Stellung einer Abgeordneten des 14. Landtags von Baden-Württemberg erworben.

Frau Bormann, ich begrüße Sie sehr herzlich in unseren Reihen und wünsche Ihnen für Ihre parlamentarische Arbeit viel Erfolg.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren, auf Ihren Tischen finden Sie je eine Vorschlagsliste der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD für Umbesetzungen in verschiedenen Gremien bzw. Ausschüssen (Anlagen 1 und 2). Ich stelle fest, dass Sie den vorgeschlagenen Umbesetzungen zustimmen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Wir treten damit in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag – AGGlüStV) – Drucksache 14/2205

Das Präsidium hat festgelegt, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs durch die Regierung eine Aussprache mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion geführt wird.

Das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs erteile ich Herrn Innenminister Rech.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat im November des letzten Jahres den von den Ländern ausgehandelten Glücksspielstaatsvertrag ratifiziert. Dieser Staatsvertrag ist seit 1. Januar in Kraft.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Sportwettenurteil vom 28. März 2006 bereits festgestellt, dass sich ein staatliches Sportwettmonopol konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausrichten muss, um mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Artikels 12 des Grundgesetzes vereinbar zu sein.

Der Glücksspielstaatsvertrag erfüllt diese Anforderungen. Er hat bundesweit für viel Zündstoff gesorgt – wohl wahr. Ich bin dankbar, dass sich alle Fraktionen unseres Landtags eindeutig zum staatlichen Monopol und damit zum Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Spielsucht, der damit verbundenen Folge- und Begleitkriminalität – auch dies ist ja wahr – und insbesondere auch zum Jugendschutz bekannt haben.

Spielsucht zerstört nach Meinung aller Experten nicht nur den Betroffenen selbst. Sie hat ebenso gravierende Auswirkungen auf dessen Familie, sein soziales Umfeld und nicht zuletzt auf die Gesellschaft insgesamt.

(Abg. Ingo Rust SPD: Sehr richtig!)

Wir dürfen dieses Problem nicht ignorieren und nicht kleinreden.

Die privaten Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen haben mit umfangreichen Aktionen bis zuletzt versucht, die Vereinbarung der Länder zur Fortsetzung des staatlichen Lotterie- und Wettmonopols zu verhindern. Es ist offenkundig, meine Damen und Herren: Das Angebot der privaten Sportwettenanbieter steigert das Spielsuchtpotenzial außerordent

(Minister Heribert Rech)

lich. Die Dynamik in diesem Bereich wird an einem Vergleich deutlich: Während bei der staatlichen Oddset-Wette in der Regel pro Woche nur 90 Spielpaarungen angeboten werden, wirbt z. B. ein international tätiger Veranstalter mit bis zu 4 000 Wetten pro Tag.

Eine weitere aktuelle Entwicklung zeigt, dass eine Begrenzung des Glücksspielangebots dringend erforderlich ist. Mit dem ausufernden Glücksspielangebot insbesondere im Internet nehmen auch die kriminellen Machenschaften in diesem Sektor rasant zu. Kaum ist der Wettskandal mit den Manipulationen des ehemaligen Bundesligaschiedsrichters Robert Hoyzer aus den Schlagzeilen verschwunden, kommen schon weitere Betrugsvorwürfe im Zusammenhang mit den Sportwetten an die Öffentlichkeit.

Die Europäische Fußballunion untersucht gegenwärtig europaweit zahlreiche internationale Fußballspiele, die von einer asiatischen Wettfirma manipuliert worden sein sollen. Und kaum hat der Afrika-Cup begonnen, werden auch dort Bestechungsversuche der Wettmafia bekannt. All diese Spiele werden von den illegalen privaten Wettanbietern über das Internet ja auch in Deutschland angeboten.

Mit dem Glücksspielstaatsvertrag haben wir eine wirksame Grundlage geschaffen, das Glücksspiel zu begrenzen und jedenfalls in geordnete Bahnen zu lenken. Das staatliche Glücksspielmonopol ist nach einhelliger Meinung aller Suchtexperten der beste Weg, den mit dem ständig wachsenden Glücksspielmarkt verbundenen Gefahren jedenfalls auf nationaler Ebene zu begegnen.

Bei dem Gesetzentwurf zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags, den die Landesregierung heute in den Landtag einbringt, geht es jetzt um die konkrete Ausgestaltung des Staatsvertrags in unserem Land. Das Gesetz regelt vor allem das Verfahren und die Voraussetzungen für die glücksspielrechtlichen Erlaubnisse. Je größer die Gefahr eines Glücksspiels ist, desto strenger sind die Erlaubnisvoraussetzungen. Das ist die Richtschnur.

Sportwetten dürfen demnach nur dann angeboten werden, wenn der Spieler- und Jugendschutz sichergestellt ist. Die Staatliche Toto-Lotto GmbH und die Spielbanken müssen eine gemeinsame Sperrdatei für spielsuchtgefährdete Spieler aufbauen, und über diese Datei wird die Teilnahme von gesperrten Spielern an den besonders gefährlichen Glücksspielen ausgeschlossen.

Weiterhin möglich – darauf will ich ausdrücklich hinweisen –, da auch ordnungspolitisch unproblematisch, sind natürlich die Glücksspiele auf örtlicher Ebene wie etwa die Lotterien unserer Feuerwehren oder der Kirchengemeinden. Gesetzlich verboten sind demgegenüber aber die Veranstaltung und die Vermittlung von Glücksspielen im Internet.

Das Ausführungsgesetz kommt den gewerblichen Spielevermittlern, die bisher überwiegend über diesen Vertriebsweg agieren, insoweit entgegen, als ihnen die Möglichkeit eingeräumt wird, noch bis Ende dieses Jahres, also bis Ende 2008, ihr Internetangebot aufrechtzuerhalten. Sie müssen aber bestimmte Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags wie beispielsweise den Ausschluss minderjähriger oder gesperrter Spieler einhalten. Die gewerblichen Spielevermittler haben damit Zeit, ihr Angebot auf die nach dem Vertrag zulässigen Ver

triebswege umzustellen. Außer dem Vertriebsweg Internet ist ihnen auch die Einrichtung von örtlichen Verkaufsstellen untersagt.

Die Teilnahme an Glücksspielen in Supermärkten und Tankstellen wird für private Spielevermittler ausgeschlossen. Das ist eine Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, das besagt, das Glücksspiel solle nicht zu einem allerorts verfügbaren normalen Gut des täglichen Lebens werden. Auch die Toto-Lotto GmbH muss deshalb die Zahl ihrer Annahmestellen begrenzen.

Der Vertrag bestimmt, dass die Glücksspielaufsicht künftig nicht mehr durch die Finanzministerien ausgeübt werden darf, weil sie für die Beteiligungsverwaltung der staatlichen Lotteriegesellschaften zuständig sind. Die gesamte Glücksspielaufsicht geht deshalb auch in Baden-Württemberg auf die Innenverwaltung über. Im Ausführungsgesetz bestimmen wir das Regierungspräsidium Karlsruhe zur landesweit zuständigen Aufsichtsbehörde für das Glücksspielwesen.

In der externen Anhörung zu dem Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, haben wir die kommunalen Landesverbände, die Toto-Lotto GmbH, die Spielbanken GmbH, die Klassenlotterien mit ihren Lotterieeinnehmern, den Lottoverband, in dem die gewerblichen Spielevermittler organisiert sind, und die Landesstelle für Suchtfragen angehört. Ihren Änderungsempfehlungen sind wir gefolgt, soweit dies nach den Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrags möglich war. Es wird zwar, vor allem von den gewerblichen Spielevermittlern und den privaten Sportwettenanbietern, nach wie vor behauptet, der Glücksspielstaatsvertrag sei weder mit der Verfassung noch mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar, das Gesetzgebungsverfahren zum Ausführungsgesetz bietet jedoch keinen Anlass, diese Diskussion jetzt zu wiederholen.

Unser Ausführungsgesetz ist auch nicht notifizierungspflichtig, wie manche behaupten. Vielmehr haben die Länder den Glücksspielstaatsvertrag bereits bei der EU-Kommission notifiziert. Unser Ausführungsgesetz enthält keine notifizierungspflichtigen Regelungen, die über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehen.

Die Generaldirektion Binnenmarkt der EU-Kommission will in diesen Tagen entscheiden, wie es mit dem Vertragsverletzungsverfahren gegen das deutsche Glücksspielmonopol weitergehen soll. Dazu gibt es heute neue Nachrichten. Aber ich sehe alldem gelassen entgegen und bin davon überzeugt, dass der Europäische Gerichtshof im Falle einer Weiterführung des Verfahrens – danach sieht es aus – letztlich seine klare Haltung zur Zulässigkeit von Monopolen im Glücksspielbereich beibehalten wird.

Zusammenfassend will ich nur noch feststellen: Der Glücksspielstaatsvertrag und das Ausführungsgesetz sind wichtige Meilensteine auf dem Weg, das staatliche Glücksspielmonopol zu erhalten, damit die schlimmen Begleiterscheinungen der Spielsucht – ich habe sie genannt – bekämpft werden können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Herrmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Mal befassen wir uns heute hier im Landtag mit dem Glücksspielwesen. Zuletzt war das der Fall beim Ratifizierungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag und als wir hier den Staatsvertrag an sich behandelt haben.

Wir wollen grundsätzlich am staatlichen Wettmonopol festhalten. Die notwendigen Regelungen, um das Entstehen der Glücksspielsucht zu verhindern und um die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung, für eine Begrenzung des Glücksspielangebots sowie für den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, haben wir bei der Ratifizierung des Glücksspielstaatsvertrags bereits beschlossen. Nun geht es um die erforderlichen landesrechtlichen Regelungen zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags.

Wir sind sehr damit einverstanden, dass die Erlaubnis für Glücksspiele auch im staatlichen Bereich, die Erlaubnis, Toto-Lotto-Annahmestellen zu unterhalten, künftig einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis unterliegen und dass die Erlaubnis für nicht staatliche Glücksspiele nur unter eng begrenzten Voraussetzungen erteilt werden kann.

Die Ausführungen in dem Gesetzentwurf behandeln die Erlaubnis für die Annahmestellen, die Erlaubnis für die gewerbliche Spielevermittlung und eine Erlaubnisregelung für die Lotterieeinnehmer, die speziell in die Klassenlotterien vermitteln und ebenfalls in die Vertriebsorganisationen des jeweiligen Veranstalters eingegliedert sind.

Wichtig ist uns auch der Punkt, dass Glücksspiele im Internet nicht zulässig sind. Wer sie trotzdem anbietet, handelt illegal und ist dann entsprechend zur Rechenschaft zu ziehen.

Der Verwaltungsvereinfachung dient die Bestimmung, dass kleinere Lotterien – der Innenminister hat darauf hingewiesen –, die von Feuerwehren, von karitativen und von anderen Organisationen örtlich begrenzt unterhalten werden, durch eine Allgemeinverfügung allgemein erlaubt werden können – das dient, wie gesagt, der Verwaltungsvereinfachung und ist sinnvoll und richtig –, während Glücksspiele, die ein höheres Suchtgefährdungspotenzial haben, nur dann erlaubt werden, wenn die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags ganz konkret eingehalten werden und dies belegt werden kann.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Sperrsystem, das dieser Gesetzentwurf enthält, der genau ausführt, wann jemand vom Spiel ausgeschlossen werden oder sich auch selbst ausschließen kann und wann eine Spielersperre verhängt wird. Diese Regelungen sind sinnvoll und richtig.