Protokoll der Sitzung vom 02.04.2008

Eben nicht! Sie gehen nicht nach Polen zum Haareschneiden,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sondern?)

sondern Sie lassen dies schwarz machen.

(Unruhe – Zurufe)

Das ist doch die Realität. Bei den Putzfrauen ist es doch dasselbe.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Regierung lässt schwarz putzen, damit es sich lohnt!)

Das sind doch genau die Ausweichreaktionen, die die kleinen Leute dann vornehmen, die Leute, die Sie mit solchen Vorschlägen wie dem Mindestlohn zu schützen glauben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Rein- hold Gall SPD: Das ist doch Unsinn, was Sie da er- zählen! Sie lassen die Haare vielleicht schwarz schneiden, wir nicht! – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Unruhe)

Herr Gall, was soll denn daran Unsinn sein? Das ist doch die Realität.

(Zurufe von der SPD, u. a. des Abg. Reinhold Gall)

Der Grund dafür, warum Sie die Axt an unser System legen wollen, ist der, dass Markt – das bezieht sich auch auf den Arbeitsmarkt – nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage funktioniert. Wenn eine Dienstleistung zu teuer wird und deshalb keine Nachfrage mehr besteht, dann verschwindet diese Dienstleistung. Entweder wird sie dann schwarz erbracht, oder sie wird gar nicht mehr erbracht. Bei Waren ist es möglicherweise so, dass sie dann aus dem Ausland importiert werden.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wer zahlt denn diese Gelder? Die zahlen doch alle Bürger!)

Deswegen kann der Weg der Einführung eines Mindestlohns, um ein Einkommen zu garantieren, niemals das von Ihnen dargestellte Ziel erreichen. Deswegen sollte die Debatte eigentlich nicht unter der Überschrift „Mindestlohn“, sondern müsste unter der Überschrift „Mindesteinkommen“ geführt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Sehr richtig!)

Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie sich innerhalb weniger Jahre von dem Konsens, der hier bestanden hat – Herr Wolf hat es angesprochen –, verabschiedet haben. Völlig unabhängig vom Vorhandensein von Mindestlöhnen wird es immer Menschen geben, die, aus welchen Gründen auch immer, nicht voll von ihrer Hände Arbeit – was ihr eigenes Einkommen und das Gesamteinkommen ihrer Familie betrifft – werden leben können.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Für die gibt es doch auch heute schon Zuschüsse! Das ist doch nichts Neues! – Gegenruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Für diese Menschen brauchen wir all die Elemente, die sich letztendlich hinter Begriffen wie „Kombilohn“ – bei uns hieß es „Einstiegsgeld“ – verbergen. Das war ein sehr erfolgreiches Modell. Ich glaube, es wäre sinnvoller, wir würden uns ein bisschen mehr Gedanken darüber machen, wie wir diese Grundsicherungssysteme – bei uns nennt sich das „Bürgergeld“ – so gestalten, dass derjenige, der das Mindesteinkommen für sich und seine Familie nicht voll aus seiner Produktivitätsleistung schaffen kann, dann, wenn er möglicherweise tatsächlich eine noch nicht so gute oder nur in Teilzeit mögliche Arbeit hat, nicht sein ganzes erarbeitetes Geld mit den Transferleistungen gegengerechnet bekommt und dadurch letztendlich nicht besser dasteht als der, der Transferleistungen bezieht und sagt: Mehr brauche ich nicht; das reicht mir. Man braucht da Proportionalzonen, in denen netto mehr von dem bleibt, was man verdient.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich glaube, die zukünftige Frage wird sein müssen: Wie schaffen wir es, dass wir denen, die aufgrund von Krankheit, Behinderung oder mangelnder Qualifikation nur wenig Geld verdienen können, …

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Ende.

… über diese unterstützte Arbeit, die von Ihnen merkwürdigerweise völlig diffamiert wird, eine Chance bieten können? Es wäre richtig, über diesen Weg jeder Bürgerin und jedem Bürger in diesem Land ein Mindesteinkommen zu sichern. Wir sollten nicht anfangen, staatlich zu entscheiden: Was hat ein Friseur zu verdienen? Was hat eine Putzfrau zu verdienen?

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist weit überschritten.

Denn sonst setzt man mögliche Marktmechanismen definitiv außer Kraft.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen nun zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der beiden Anträge. Wie wünscht der Antragsteller SPD mit

dem Antrag Drucksache 14/1713 zu verfahren? Über Abschnitt I des Antrags müsste abgestimmt werden.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Abschnitt I ist erledigt!)

Abschnitt I des Antrags Drucksache 14/1713 ist erledigt.

Über Abschnitt II des Antrags begehren Sie Abstimmung. Wer Abschnitt II des Antrags Drucksache 14/1713 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist Abschnitt II mehrheitlich abgelehnt.

Der Antrag der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 14/2129, ist als reiner Berichtsantrag erledigt.

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus

schusses zu der Mitteilung des Landesbeauftragten für den Datenschutz vom 3. Dezember 2007 – Achtundzwanzigster Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Baden-Württemberg – Drucksachen 14/2050, 14/2366

Berichterstatter: Abg. Jürgen Walter

b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des

Innenministeriums – Europarechtskonforme Datenschutzkontrolle – Drucksache 14/1636

Zu der Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses rufe ich den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/2403, mit auf.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Föll.

Werte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir den Datenschutzbericht sehr intensiv im Ständigen Ausschuss beraten haben, will ich mich in meinem Beitrag auf wenige Bemerkungen beschränken, aber natürlich zunächst dem Landesdatenschutzbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr herzlich für den Bericht und für die Arbeit danken – eine wichtige Arbeit, die wir als CDU-Fraktion auch sehr ernst nehmen.

Natürlich ist im Bereich des Datenschutzes immer eine Balance zu finden zwischen einerseits den datenschutzrechtlichen Schutzinteressen der Bürgerinnen und Bürger und auf der anderen Seite natürlich auch dem Interesse der Bürgerschaft, dass der Staat insbesondere die innere und äußere Sicherheit gewährleistet. Insoweit ist es, damit bei der Lektüre des Berichts nicht der falsche Tenor ankommt, durchaus wichtig, festzustellen, was der Datenschutzbeauftragte in der Einleitung seines Berichts formuliert hat, nämlich dass die rechtsstaatlichen Mechanismen zum Schutz unserer Grundrechte in unserem Land funktionieren. Ich denke, dies ist eine wichtige, aber gleichwohl selbstverständliche Feststellung.

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nicht zuletzt was das Thema Onlinedurchsuchung anbelangt, gibt uns für die Zukunft eine wesentliche Leitlinie. Auf der einen Seite setzt es eine hohe Hürde, was die konkrete Gefahr anbelangt, die für ein überragend wichtiges Rechtsgut gegeben sein

muss, um einen solchen Eingriff tatsächlich zu rechtfertigen, auf der anderen Seite gibt es aber eben sehr wohl die Aussage des Bundesverfassungsgerichts, dass diese Eingriffe sowohl zu präventiven Zwecken als auch zur Strafverfolgung gerechtfertigt sein können. Ich denke, dieses Urteil ist eine wichtige Grundlage für die weiteren Gesetzgebungsverfahren.

Ich will noch kurz etwas zu zwei Themen sagen, und zwar zum einen zum Turnus des Datenschutzberichts, den wir im Ausschuss auch intensiv diskutiert haben. Wir haben bis dato einen jährlichen Turnus, und auf Antrag der CDU-Fraktion wurde mit Mehrheit beschlossen, zu einem zweijährigen Turnus überzugehen und die Landesregierung zu bitten, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Ich denke, das, was zwei Drittel aller deutschen Bundesländer machen, lässt sich auch in Baden-Württemberg einführen, ohne dass es irgendeine tatsächliche Einschränkung des Datenschutzes gibt. Im Übrigen wird der Datenschutzbeauftragte, wie bereits heute gesetzlich verankert, auch künftig das Recht zu einer Adhoc-Berichterstattung an den Landtag haben, sodass wir den Datenschutz nicht aus unserem Blickwinkel verlieren werden.

Ich bin dem Landesbeauftragten für den Datenschutz dankbar, dass er diesen zweijährigen Turnus in seinen Ausführungen im Ausschuss durchaus für positiv erachtet hat. Ich denke, die Landesregierung sollte dem Landtag, wenn wir heute den entsprechenden Beschluss fassen, auch so zügig wie möglich den entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.

Eine letzte Bemerkung noch zur von der SPD und den Grünen beantragten Zusammenlegung des Datenschutzes im öffentlichen und im privaten bzw. nicht öffentlichen Bereich. Auch dies haben wir im Ständigen Ausschuss sehr intensiv diskutiert. Ich kann nur sagen: Die Anträge sind zum falschen Zeitpunkt gestellt.