Protokoll der Sitzung vom 02.04.2008

In den Jahren 1734 bis 1736 veranlassten Süß und die mit ihm verbundenen Frankfurter Firmen im Wechselgeschäft mehr als 2 500 Kontenbewegungen. Davon konnte man in Württemberg nicht einmal träumen.

So lange können falsche Weichenstellungen weiterwirken.

Die schlechte Ausgangsposition in Baden-Württemberg hat sich aber vor zehn Jahren in eine gute Position verwandelt. Dafür können wir unseren Ministerpräsidenten danken: Zunächst hatte Lothar Späth die Idee aufgegriffen, die drei Institute, die ich vorhin genannt hatte, zu fusionieren. Erwin Teufel ist dies 1998 schließlich gelungen, und unser amtierender Ministerpräsident versucht, diese einmal errungene gute Position im öffentlichen Bankenmarkt maßvoll und politisch klug weiterzuentwickeln.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Mi- chael Theurer FDP/DVP)

Die Landesbank Baden-Württemberg ist heute eine unter den 100 größten Banken. Vor allem ist sie mittlerweile die größte Landesbank in Deutschland. Gemäß den Bilanzzahlen des Jahres 2006, die ich der Zeitung entnommen habe, hat die Landesbank Baden-Württemberg eine Bilanzsumme von 428 Milliarden €, die BayernLB 381 Milliarden € und die WestLB 285 Milliarden €. Hinzu kommen verschiedene kleinere Landesbanken.

Sicherlich war das Jahr 2007 für die Kreditwirtschaft ein schwieriges Jahr. Aber die Landesbank Baden-Württemberg – in diesem Fall muss ich Ihnen, Herr Kollege Schlachter, leider widersprechen – hat, auch wenn man die neue Bilanzregelung zugrunde legt, einen Gewinn von 300 Millionen € erzielt. Hätte man die alte HGB-Regelung der Rechnungslegung zugrunde gelegt, hätte der Gewinn im letzten Jahr 700 Millionen € betragen. Das ist im Vergleich zum Jahr 2006 nur ein geringfügig geringerer Gewinn. 2006 lag der Gewinn bei 828 Millionen €.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesbank Baden-Württemberg hat sich damit auch in schwierigem Umfeld hervorragend behauptet. Deswegen ist die CDU-Fraktion der Überzeugung, dass wir zu der Richtung, die das öffentliche Bankenwesen gefunden hat, stehen sollten. Die Dreigliedrigkeit des Bankenwesens garantiert Wettbewerb und ermöglicht vor allem auf der Kundenseite, der Nehmerseite, günstige Konditionen. Weil die Banken so stark im Wettbewerb stehen, haben die Kunden günstige Konditionen, und für die Banken ist es schwieriger, eine Rendite zu erwirtschaften.

Im Übrigen: Seit die Anstaltslast weggefallen ist, seit die Gewährträgerhaftung nicht mehr besteht, haben die Banken einen fairen Wettbewerb zu bestreiten. Es spricht nichts dagegen, wenn sich die privaten Banken um Kunden und hier vor allem um die mittelständische Kundschaft bemühen. Wenn ihnen das nicht gelingt, ist das auch ein Erfolg der öffentlichen Banken.

Ein zweiter Punkt ist mir wichtig: Die öffentlichen Banken arbeiten in den einzelnen Regionen erfolgreich. Das heißt, die einzelnen Regionen in Baden-Württemberg haben erheblichen Nutzen vom öffentlichen Bankenwesen.

Dritter Punkt: Die Mittelstandsfinanzierung fußt insbesondere auf dem öffentlichen Bankenwesen. Schauen Sie sich einmal an, wohin die Mittelständler gehen, wenn sie Kredite wollen. Es sind häufig die öffentlichen Banken, die die Kredite noch vergeben, wenn die privaten Banken schon abgesagt haben.

Der Finanzplatz Deutschland insgesamt lebt davon, dass nicht nur an einer Stelle – in Frankfurt – eine große Bank besteht, sondern auch an anderen Plätzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die im letzten Jahr aufgetretene und noch immer bestehende Finanzkrise ist – das ist wahr – eine erhebliche Herausforderung für die Banken. Aber sie ist nicht nur eine Herausforderung für die öffentlichen Banken.

Ich greife nur einmal Schlagzeilen auf, die gestern über den Ticker liefen und die heute wahrscheinlich in der Zeitung stehen – ich habe heute noch keine Zeitung gelesen –: 12 Milliarden € Abschreibungen bei der UBS im ersten Quartal 2008. Bei der Deutschen Bank sind es im ersten Quartal des Jahres 2008 2,5 Milliarden €. Der Verwaltungsratspräsident der UBS, Marcel Ospel, muss angesichts dieser drastischen Verluste das Unternehmen verlassen. Es ist also eine völlig falsche Fokussierung, wenn man sagt: Weil wir eine Finanzkrise haben, müssen wir uns über die öffentlichen Banken unterhalten.

(Unruhe)

Nein, die Fragestellung ist: Wie müssen wir unsere Landesbank, wie müssen wir unser öffentliches Bankenwesen in der Zukunft weiter gestalten? Wie können wir auf der Basis der guten Ausgangsposition, die sich die Landesbank BadenWürttemberg in den letzten zehn Jahren erarbeitet hat, eine zukunftsfähige, gute Bank im Südwesten für ganz Deutschland gestalten?

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Schmid.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Finanzmarktkrise zeigt zweierlei.

Erstens: Die Banken, und zwar alle, wurden schlecht beaufsichtigt. Es gab unregulierte Bereiche, in denen sie Abenteuer eingegangen sind.

Zweitens: Die Finanzmarktkrise enthüllt, welche Landesbanken in Deutschland ein gutes und welche ein schlechtes Geschäftsmodell hatten, und zeigt Wege auf, wie wir die Landesbankenstruktur in Deutschland in Zukunft gestalten wollen.

Zum Ersten: Nicht nur die Meldungen der letzten Tage zeigen, dass die vom amerikanischen Immobilienmarkt ausgehende Krise alle international tätigen Institute erfasst hat. Sie ist auf eine lasche Zinspolitik der Fed zurückzuführen. Ein reichliches Kapitalangebot hat dazu geführt, dass riskante Engagements eingegangen worden sind, und über das Handeln von Kreditpaketen wurden diese Engagements auch in europäische und deutsche Banken verfrachtet.

Der Hintergrund dieses Handelns ist manchmal die reine Gier. Das gehört auch dazu. Wenn viel Geld da ist, wenn Geld für die Banken wenig kostet, tätigen sie riskante Engagements. Ein wesentlicher Punkt ist aber auch ein Versagen der Bankaufsicht in der Hinsicht, dass Zweckgesellschaften außerhalb der Bilanz kaum reguliert waren und dass z. B. die BaFin Raiffeisenbanken und Kreissparkassen reguliert und stranguliert hat, und zwar durch MaRisk und eine pingelige Umsetzung von Basel II, aber andererseits solche Risiken nicht genügend im Auge hatte. Das war nicht nur die BaFin, sondern da haben auch andere Aufsichtsgremien versagt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nicht umsonst denken auch die Amerikaner darüber nach, ihre Aufsicht zu verbessern und wenig regulierte Bereiche einzubeziehen – eine Forderung, die Finanzminister Steinbrück schon vor Längerem erhoben hat. Auch wir in Deutschland müssen über die Aufsicht nachdenken.

Die Finanzkrise enthüllt aber auch, dass es in Deutschland öffentliche Banken gab, die nach dem Auslaufen der Staatshaftung auf das falsche Pferd gesetzt haben. Anstatt sich solide und vielleicht auch margenschwach um die Begleitung der Geschäfts- und Unternehmenskunden, vielleicht auch der Privatkunden in ihrer Region zu kümmern, haben sie das internationale Abenteuer gesucht.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der FDP/DVP)

Es war die Konzeptionslosigkeit der Verantwortlichen in der Sachsen LB und in der WestLB und in Teilen offenkundig auch der BayernLB, die dazu geführt hat, dass diese Landesbanken überproportional in diesen Geschäften engagiert waren, die jetzt die Krise ausgelöst und die dazu geführt ha- ben, dass die Sachsen LB vor der Pleite stand und auch die WestLB große Probleme hat.

Wir in Baden-Württemberg haben nach langem Ringen, wie denn der optimale Bankenstandort ausschauen könnte – ich erinnere an verschiedene Fusionsüberlegungen und an die Frage, ob wir alles auf ein öffentlich-rechtliches Institut setzen oder ob wir gleichzeitig ein stark privatrechtlich verfasstes Institut wollen, eine Debatte, die in den letzten zehn oder 15 Jahren die Landespolitik stark beschäftigt hat –, eine Landesbank, die gut dasteht, die aber natürlich, wenn auch in einem geringen Umfang, international engagiert ist und deshalb durch die Finanzmarktkrise Belastungen erfahren hat.

Wir wissen auch noch nicht, wie es in den nächsten Monaten weitergehen wird, aber wir wissen, dass die Landesbank ein Geschäftsmodell gefunden hat, das für die Landesbanken eher in die Zukunft weist als das der Sachsen LB, nämlich ein Geschäftsmodell, das auf einer engen Kooperation mit den Sparkassen beruht und darauf, dass die mittelständischen Unternehmen aus dem Land von der Landesbank als Hausbank auch in schwierigen Zeiten begleitet werden, dass diese mittelständischen Unternehmen auf die internationalen Kapitalmärkte begleitet werden und dass sie mit der BW-Bank einen RetailBereich haben, der sehr wertgeschätzt ist. Dieser Retail-Bereich ist auch bei der Bekanntgabe der vorläufigen Zahlen für das Jahr 2007 derjenige, in dem die LBBW bewiesen hat, dass sie dort, wo sie selbst Herr des Geschäfts ist, gute Zahlen auch in schwierigen Zeiten vorlegen kann.

Damit ist für die SPD-Fraktion klar: Das Dreisäulenmodell hat sich bewährt. Landesbanken in Deutschland haben ihre Rolle zu spielen, wenn sie das richtige Geschäftsmodell wählen. Wir wollen dieses Geschäftsmodell zum Ausgangspunkt der notwendigen Konsolidierung in Deutschland machen.

Der damalige Bundeskanzler Schröder hat schon vor vielen Jahren auf dem Deutschen Sparkassentag dazu aufgefordert, die Institute zu bündeln. Wir brauchen in der Tat nicht sieben Landesbanken. Da tun es auch zwei oder drei. Es auf eine Landesbank zu reduzieren, ist angesichts der politischen Gemengelage schwierig, Herr Schlachter. Aber wir brauchen sicher eine Konsolidierung.

Wir brauchen eine Konsolidierung mit Augenmaß. Für die LBBW und den Eigner Land heißt das, keine Abenteuer einzugehen und vor der Einleitung weiterer Schritte immer abzuklären, welches Geschäftsmodell in einer möglichen Partnerschaft mit anderen Instituten tragfähig ist. Die anderen Institute müssen erst einmal ihre Hausaufgaben machen. Dieses Geschäftsmodell beinhaltet auch, Herr Oettinger, dass Beteiligungen auch indirekter Art, die nicht zum Kernbestand einer öffentlichen Bank gehören, z. B. in Liechtenstein, auf den Prüfstand gehören. Gerade weil wir die Landesbanken für zentral halten, können wir es uns nicht erlauben, auch nur den Anschein zu erwecken, unsere Banken – ob L-Bank oder LBBW – könnten auch nur ansatzweise dazu dienen, Steuern zu verkürzen oder indirekt zur Steuerhinterziehung beizutragen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Deshalb ist die Klärung der Geschäftsbeziehungen von LBank und LBBW über die Vorarlberger Landesbank nach Liechtenstein unbedingt erforderlich. Wir haben Sie dazu aufgefordert, Herr Oettinger, und warten auf eine Antwort. Wenn wir die spezifische Funktion der öffentlich-rechtlichen Banken und vor allem der Landesbanken in dem Dreisäulensys tem aufrechterhalten wollen, dann gehört dazu auch, dass wir solche Randbereiche, dass wir offensives Offshore-Banking nicht unbedingt in Verbindung mit Landesbanken sehen wollen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Offshore-Banking! – Gegenruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Der Finanzplatz Baden-Württemberg hängt ganz stark an der Landesbank. Ich habe Ihnen die Vorgeschichte erzählt. Es geht

um über 10 000 Beschäftigte. Das zweite Standbein sind die Bausparkassen und die Börse – nach Frankfurt hat Stuttgart die zweitstärkste in Deutschland. Das heißt, wir haben einen Reigen von Finanzinstituten, die uns als Finanzplatz Stuttgart in der Bundesrepublik Deutschland in die Zukunft führen können. Wir sind gut aufgestellt. Wir sollten alles dafür tun, dort, wo wir direkt oder indirekt Verantwortung tragen – zuvörderst beim Thema Landesbank –, weiterhin mit Augenmaß und Sorgfalt vorzugehen. Keine Abenteuer!

Der Rückblick auf die letzten Jahre zeigt: Wir sind nicht den Weg der WestLB oder der BayernLB gegangen. Das hat sich bewährt und muss weiterhin solide ausgebaut werden. Dann ist mir um den Finanzplatz Baden-Württemberg, um die LBBW nicht bange. Wir müssen sorgfältig und mit Augenmaß alle zusammen daran arbeiten. Die Debatte kann weitergehen. Wir haben sie schon im vergangenen Sommer geführt, als es um die Frage möglicher Fusionen ging. Entscheidend ist das Geschäftsmodell. Ich glaube, dahin gehend besteht große Einigkeit. Daran sollten wir festhalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Theurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus den Ausführungen der Vorredner ist bereits zum Ausdruck gekommen, welche dramatische Dimension diese internationale Finanz- und Bankenkrise mittlerweile angenommen hat. Man liest von Wertberichtigungen im Umfang von 2,5 Milliarden € bei der Deutschen Bank allein für das erste Quartal – Kollege Scheffold hat es erwähnt. Insgesamt geht es um die astronomische Zahl von 19 Milliarden US-Dollar bei der UBS, einer soliden Bank in der Schweiz, über Jahre hinweg ein erfolgreiches Unternehmen. 19 Milliarden US-Dollar!

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Unser Landeshaushalt umfasst 34 Milliarden €. Damit wird die Dimension der Risiken deutlich, die da getragen werden.

Da kann es einem in der Diskussion natürlich so gehen wie vielen Bürgerinnen und Bürgern, die fragen: Was spielt sich da eigentlich ab? Ist das nicht ein Grund zu Unruhe und Sorge?

An einem solchen Morgen ist es, glaube ich, in der Tat wichtig, kurz die Ursachen zu beleuchten.

Das Ganze schwappt von den Vereinigten Staaten von Amerika, vom US-Finanzmarkt zu uns herüber. Schlechte Immobilienkredite, die von den dortigen Banken ausgegeben wurden und denen die entsprechenden Sicherheiten fehlten, schlagen jetzt durch. In einem Immobilienboom mit steigenden Preisen ist man davon ausgegangen, dass es immer so weitergeht. Dort waren Spekulanten am Werk, die zuvor in der New Economy aktiv waren.

Offensichtlich ist auch durch die Niedrigzinspolitik der amerikanischen Zentralbank, der Fed, zu viel Geld zur Verfügung

gestellt worden. An dieser Stelle muss man auch denjenigen in der Bundesrepublik eine klare Absage erteilen, die, wie z. B. die Linkspartei, meinen, man könnte über billiges Geld, über das Öffnen der Geldhähne der Zentralbank, die Konjunktur ankurbeln. Das rächt sich auf Dauer, weil zu viel Geld im System dazu führt, dass Spekulanten ans Werk gehen.