Protokoll der Sitzung vom 03.04.2008

Diese war nicht durchsetzbar. Wir wollten den Nichtraucherschutz nicht daran scheitern lassen. Es ist doch gute parlamentarische Übung, auch Kompromissgesetzen zuzustimmen und dann hinter ihnen zu stehen.

Die vom Gericht erzwungene Überprüfung warten wir jetzt einmal ganz gelassen ab.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD – Abg. Rein- hold Gall SPD: Das Gericht hat handwerkliche Feh- ler im Gesetz gesehen!)

Ich prognostiziere: Die sechs Fragen, die wir vom Bundesverfassungsgericht aufgrund der Klage eines Tübinger Wirts gestellt bekommen haben, zeigen mir schon, dass das Gericht vermutlich eher so denkt, wie wir das immer thematisiert haben: dass in der Abwägung die Verhältnismäßigkeit in gewisser Weise nicht mehr gewahrt ist.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Und was machen wir dann?)

In der ganzen Debatte wird noch einmal deutlich – da darf ich auf Erwin Teufel zurückkommen –, dass wir dann im Grunde genommen ehrlicherweise sagen müssten: „Wir wollen die Leute umerziehen. Es soll überhaupt niemand mehr rauchen.“ Dann muss man das ehrlicherweise sagen – selbstverständlich sind wir auch für Prävention usw. –, aber man sollte nicht über den Umweg eines solchen Gesetzes versuchen, über „Verhältnisprävention“ das Rauchen abzuschaffen.

Dann, liebe Frau Mielich und lieber Herr Kretschmann – von Ihnen weiß ich das auch –, setzen Sie einfach die Regelung durch: In Deutschland wird nicht mehr geraucht. Es gibt keine Tabaksubvention mehr. Das wäre dann ehrlich. Aber so weit will ja niemand gehen.

Übrigens: Die größte Heuchelei begeht die SPD-Gesundheitsministerin in Berlin, die für diese Frage zuständig ist, und zwar da, wo es um den Arbeitsstättenschutz geht. Da hätte sie schon lange für die Angestellten eine Regelung über Raucherräume usw. treffen können.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wollen Sie das jetzt oder nicht? – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Wären Sie da- für?)

Warum treffen Sie sie nicht?

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Weil Ihre Gewerkschaften Ihnen da im Genick sitzen und sagen: Unter den Bedienungen wären sehr viele schrecklich negativ betroffen. Deswegen machen Sie da nichts. Also schau

en Sie erst einmal nach Berlin, was sie da machen, und lassen Sie uns gelassen – –

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sie sind ja ein schö- ner Föderalist! Wir haben gekämpft, dass wir die Kompetenz kriegen, und jetzt geben Sie die Entschei- dung nach Berlin! Kandidieren Sie doch für den Bun- destag!)

Das Arbeitsstättengesetz ist Bundesaufgabe. Die Aufregung ist völlig überzogen. Wir stehen zum Landesnichtraucherschutzgesetz. Wir werden, wenn das Gericht von uns eine Antwort erwartet, diese geben, die Entscheidung des Gerichts abwarten und dann prüfen, ob wir an der einen Stelle möglicherweise eine Novellierung machen müssen.

Der Wirtschaftsminister hat die Aufgabe, seriös Zahlen zu erheben. Das ist völlig richtig. Denn das DKFZ nennt Zahlen. Der DEHOGA nennt auch Zahlen; vorhin habe ich Ihnen die vom März vorgelesen, gemäß denen zwei Drittel der Befragten sagen: Meine Existenz ist gefährdet. Das kann einen als Wirtschaftspolitiker eigentlich auch nicht ganz kalt lassen. Deswegen rate ich an dieser Stelle zu Gelassenheit. Wir warten ab, was die Erhebung erbringt, und wir warten ab, ob uns möglicherweise nach drei Gerichtsurteilen ein viertes Urteil, und zwar das höchstrangige Urteil, zu einer Veränderung zwingen wird.

Wir stehen zu diesem Landesnichtraucherschutzgesetz, das wir im Kompromiss verabschiedet haben; wir stehen aber auch dazu, dass wir rechtsstaatlich reagieren werden, wenn neue Gesichtspunkte auftauchen und vor allem, wenn ein Urteil auf dem Tisch liegt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Wirtschaftsminister Pfister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal bin ich dem Kollegen Dr. Noll, aber auch dem Kollegen Mappus dankbar, dass sie deutlich gemacht haben, worum es mir eigentlich gegangen ist, weshalb ich mich zu Wort gemeldet habe und weshalb wir diese Debatte heute führen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Der hat sich doch schon zu Wort gemeldet, als es noch gar keine Urteile gab!)

Unumstritten ist – das haben aber alle Redner auch bereits gesagt –: Wir brauchen in Baden-Württemberg einen Schutz des Nichtrauchers vor dem Raucher. Dazu braucht man eine gesetzliche Regelung.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Nicht vor dem Rau- cher, sondern nur vor dem Rauch! Wenn der Raucher nicht raucht, ist es ja in Ordnung!)

Diese Regelung ist in der Zwischenzeit da. Dass wir eine Abstimmung darüber benötigen, mit welchen Regelungen wir diesem Schutzbedürfnis am besten entsprechen, zeigt sich doch schon daran, dass die Diskussion ja nicht nur in BadenWürttemberg geführt wird, sondern in der Zwischenzeit auch bundesweit stattfindet.

Ich habe mich u. a., Herr Kollege Schmiedel und meine Damen und Herren, auch deshalb zu Wort gemeldet, weil innerhalb von wenigen Wochen in drei Bundesländern – beim Verfassungsgerichtshof in Rheinland-Pfalz, beim Verfassungsgerichtshof in Sachsen und beim Verwaltungsgericht in Schleswig – in Form von Eilentscheidungen über die Frage befunden worden ist, ob man Gesetze so gestalten kann, wie sie in diesen drei Bundesländern verabschiedet wurden und wie dies auch in Baden-Württemberg geschehen ist.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wir wissen doch, dass Sie das Gesetz falsch gemacht haben! Das bestreitet doch niemand!)

Wenn Sie den Tenor dieser drei Urteile der Gerichte in diesen drei Bundesländern zusammenfassen und – das ist doch das Interessante an dieser Sache – auch die Begründung dazunehmen, dann ergibt sich daraus eine Aussage, die klar in zwei Teile gegliedert ist. Zunächst einmal steht in allen drei Urteilsbegründungen ein eindeutiges Ja zum Nichtraucherschutz. Das steht immer vor der Klammer; das hat Kollege Noll vorhin zu Recht deutlich gesagt.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ja, wir stehen auch vor dieser Klammer!)

Das Recht der Nichtraucher, geschützt zu werden, muss immer vor der Klammer stehen.

Der zweite Teil der Antwort ist geprägt von folgenden Formulierungen – ich zitiere jetzt einfach einmal willkürlich aus diesen Begründungen; Sie können das ja gern nachlesen –: Ein klares Nein gibt es zu der Frage, ob es sein darf, dass die Berufsfreiheit verletzt werden kann.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das verbietet euch doch nicht, ein ordentliches Gesetz zu machen, das man vor allem auch umsetzen kann! Was soll denn das?)

Dabei geht es darum, dass Existenzen nicht gefährdet werden dürfen. – Frau Kollegin Haußmann, das sind nicht meine Begriffe, sondern das sind Begriffe, die ich aus diesen Urteilen zitiere.

(Zurufe der Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP und Ur- sula Haußmann SPD)

Augenblick, lassen Sie mich ausreden. – Es ist von Existenzgefährdung und von Existenzvernichtung die Rede. Die Frage der wirtschaftlichen Beeinträchtigung von Unternehmen, von freien Unternehmen, wird gestellt. Das alles sind Begriffe, die in Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein zitiert werden. Dabei geht es jetzt einmal nicht um BadenWürttemberg, sondern um diese drei Länder.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das wird in Baden- Württemberg auch so sein!)

Weiter ist der Tenor, dass, obwohl es sich um unterschiedliche Bundesländer handelt, in allen drei Fällen das Rauchverbot in den sogenannten Eckkneipen aufgehoben worden ist. Das heißt, es darf in diesen Ländern ab sofort wieder geraucht werden – allerdings unter einer Voraussetzung: Es muss eine klare Kennzeichnung erfolgen,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Spanische Lö- sung!)

damit jeder, der in diese Gaststätten geht, weiß, womit er es zu tun hat.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Haußmann?

Gleich, Frau Kollegin, eine Sekunde.

Übrigens noch einen Satz: Es gibt auch Länder, die das, was jetzt hier in diesen Gerichtsurteilen aufgenommen worden ist, bereits in ihren Gesetzen stehen haben. Das Saarland beispielsweise hat von Anfang an ein Gesetz gemacht, demzufolge in den Eckkneipen geraucht werden darf – allerdings unter der Voraussetzung erstens der Kennzeichnungspflicht und zweitens der Inhaberführung des Betriebs.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Da müssen Sie kon- trollieren!)

Ich kann nicht kontrollieren. Vorhin sind ja die Fragen gestellt worden: Was ist eigentlich eine Eckkneipe? Wie groß muss eine Eckkneipe sein? Eine Eckkneipe ist ja keine Kneipe, die in einem Eckhaus ist.

(Heiterkeit bei der CDU)

Das würde ja nicht ausreichen.

Die Saarländer haben z. B. gesagt: „Inhabergeführt“ bedeutet, dass es eine Kneipe ist, in der z. B. auch fremdes Personal nicht beschäftigt werden darf.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist eine Ausnah- me!)

Das ist eine Regelung, die man für die Zukunft überlegen kann.

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, was ich damit sagen will.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was ist mit der Zwi- schenfrage?)