Protokoll der Sitzung vom 03.04.2008

(Abg. Ute Vogt SPD: Und als Nächstes reden wir über den Stellenabbau bei der Polizei!)

Letztendlich geht es um die Frage, ob Sie bereit sind – das wäre eigentlich Ihr Job –, dieses Gesetz auch umzusetzen, oder ob Sie so weitermachen wie bisher, indem dieses Gesetz durch die Hintertür blockiert wird.

Wir sind der Meinung, es ist höchste Zeit, diese Ausführungshinweise konsequent durchzusetzen. Wir sind auch der Meinung, dass wir erst einmal abwarten müssen, was das Bundesverfassungsgericht hierzu sagt, um uns dann möglicherweise erneut mit diesem Thema zu beschäftigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Noll.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Was Herr Schmiedel hier geboten hat,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: War eine glänzende Rede! – Lachen bei der CDU)

war entlarvend.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Glänzend!)

Er sagt: „Sie wollen meine ehrliche Meinung wissen.“ Ich behaupte einmal, hier im Plenarsaal sitzen ganz viele, die, wenn man sie nach ihrer ehrlichen Meinung fragt, auch dem Satz „Was wollt ihr eigentlich noch alles den Menschen verbieten?“ beipflichten würden.

Jetzt hat sich hier eine Abgrenzung gebildet: Hier sind die Guten, die den Gesundheitsschutz im Auge haben, und dort sind die Bösen, die diesen nicht im Auge haben. Wenn Sie uns noch immer nicht abnehmen, dass wir hinter dem umfassenden Nichtraucherschutz stehen, und zwar in allen Punkten, die in diesem Gesetz enthalten sind,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist doch ein Schwei- zer Käse!)

die in allen Speisegaststätten anzuwenden sind – übrigens auch zur Freude vieler Raucher; denn diesen ist es in der Regel auch recht, wenn man ohne Rauchbelästigung in einem Restaurant essen kann –,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir wollen auch Sie heilen, Herr Noll!)

kann ich nur bekräftigen, dass wir hinter diesem Gesetz stehen.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Den Eindruck haben wir nicht!)

Wie Sie wissen, gibt es im parlamentarischen Verfahren immer wieder den Zwang zu Kompromissen. Gerade weil uns der Gesundheitsschutz wichtig war, haben wir es an diesem im Gesamtzusammenhang kleinen, aber mit sehr vielen Emotionen behafteten Teilproblem, wie wir mit den Einraumkneipen umgehen,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Kein kleines, sondern ein großes!)

nicht scheitern lassen. Der Gesundheitsschutz war uns wichtiger. Trotzdem – das hat Stefan Mappus gerade wieder bekräftigt –

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was?)

waren wir uns einig, dass die Regelung zu Problemen für die Wirte solcher Kneipen führen kann. Wir waren uns auch einig, dass man die Entwicklung dort beobachten muss. Angeblich hat sich die Entwicklung in anderen Ländern nach einer kleinen Delle wieder erholt. Jetzt ist es doch nichts anderes als legitim, zu überprüfen – das Gesetz ist seit dem 1. August des letzten Jahres in Kraft –, ob das nur eine Delle war, ob es diese Effekte schon vorher gab.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sie sollten erst einmal gescheite Ausführungsbestimmungen machen! Das ist das, was fehlt!)

Deswegen rate ich uns, bei diesem kleinen Teilproblem, das nur einen kleinen Teil und nicht den umfassenden Nichtraucherschutz betrifft – den wir ja wollen und hinter dem wir stehen –, ganz konkret zu schauen, wie die Entwicklung war.

Übrigens: Wenn Sie jemals wieder eine Koalition mit einer anderen Fraktion bilden sollten – in diese Verlegenheit werden Sie wahrscheinlich so schnell nicht wieder kommen –,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: In tausend Jahren!)

dann werden Sie möglicherweise auch die Hand zur Zustimmung zu einem Gesetz heben, bei dem Sie nicht mit jedem einzelnen Punkt zufrieden sind. Dass wir Bedenken zu einzelnen Punkten des Nichtraucherschutzgesetzes artikuliert hatten, ist bekannt. Wir haben sie im Interesse des Nichtraucherschutzes zurückgestellt. Aber man muss doch dann wieder darüber reden dürfen, wenn Existenzgefährdungen in bestimmten Bereichen zu befürchten sind, bei denen eine Änderung der Vorgaben keine Durchlöcherung des Nichtraucherschutzes bedeuten würde. Man muss doch darüber einmal reden dürfen. Genau das tun wir derzeit.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Der Schwanz wackelt mit dem Hund, wie immer! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Eines hat mich übrigens maßlos geärgert, liebe Ulla Haußmann. Damit komme ich gleich zum Schluss.

Ich habe ja artikuliert, dass Sie mich in der Abwägung zwischen Existenzsicherung und Eingriff in die Berufsfreiheit dieser Eckkneipenwirte und der Frage des Nichtraucherschutzes zum Tabaklobbyisten abgestempelt haben. Dann ist jetzt auch Herr Schmiedel bei den Tabaklobbyisten willkommen, denn er hat diese Überlegung ja auch aufgenommen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Der raucht doch gar nicht! Dem wird doch schlecht vom Rauchen! – Unruhe)

Wenn Sie mir bei dieser Frage nicht zuhören wollen, dann will ich Sie jetzt auf Folgendes hinweisen:

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie sind doch Lei- densgenossen!)

Sie wissen, dass es inzwischen drei Verfassungs- bzw. Verwaltungsgerichtsurteile gibt:

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

aus Sachsen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. Jetzt zitiere ich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig mit Erlaubnis des Präsidenten die Gründe:

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wir kennen das!)

Die Antragstellerin

eine Eckkneipenwirtin –

hat insoweit unwidersprochen und nachvollziehbar vorgetragen, dass es sich bei den Besuchern ihrer Gaststätte überwiegend um Raucher handelt. Vor diesem Hintergrund müsse sie bei einer konsequenten Durchsetzung des Rauchverbots mit Umsatzeinbrüchen von mehr als 50 % rechnen.

Jetzt kommt es:

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts

des Verwaltungsgerichts Schleswig –

überwiegt in diesem Fall das private Aussetzungsinteresse

an der Aussetzung des Rauchverbots –

der Antragstellerin das öffentliche Interesse am Vollzug der (möglicherweise teilweise verfassungswidrigen) Regelungen des Nichtraucherschutzgesetzes.

Also jetzt bitte ich doch um ein bisschen Respekt, wenn uns schon drei Gerichtshöfe – in Schleswig-Holstein, RheinlandPfalz und Sachsen – in dieser Debatte tatsächlich anraten, noch einmal abzuwägen:

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist doch völlig überzogen! Was soll das?)

Ist tatsächlich der Nichtraucherschutz an dieser Stelle so wichtig, dass wir eine Existenzgefährdung und einen Eingriff in die Berufsfreiheit und übrigens auch in das Freizeitverhalten von Menschen damit verbinden? Diese Abwägung lasst uns jetzt doch ganz sachlich und nüchtern vornehmen. Das heißt nicht, dass wir nicht zu allen anderen Teilen dieses Nichtraucherschutzgesetzes stünden. Wir stehen dazu. Im Kompromiss hätten wir gern die spanische Lösung gehabt.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Diese war nicht durchsetzbar. Wir wollten den Nichtraucherschutz nicht daran scheitern lassen. Es ist doch gute parlamentarische Übung, auch Kompromissgesetzen zuzustimmen und dann hinter ihnen zu stehen.