Bärbl Mielich

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Sehr geehrter Herr Präsident! Das Regierungspräsidium Freiburg hat vor zwei Wochen das Planfeststellungsverfahren für das dritte und vierte Gleis für den Abschnitt Offenburg gestoppt und die Antragsunterlagen mit der Begründung an die Bahn zurückgegeben, die Planung sei nicht genehmigungsfähig.
Die Landesregierung hatte kurz vorher deutlich verkündet, dass sie bereit wäre, zusätzlich 500 Millionen € in zusätzliche Maßnahmen zum Bau des dritten und vierten Gleises zu ste cken. Sie hat dann, nachdem diese Stellungnahme vom Re gierungspräsidium veröffentlich worden ist, sehr schnell kund getan, dass sie dies nun nicht mehr tue. Das war Frau Minis terin Gönner, soweit ich es weiß. Sie hat sehr deutlich gesagt, dass damit die Zusage des Landes hinfällig sei, was diesen Abschnitt betreffe, und dass sich dadurch auch die Gelder deutlich reduzierten.
Meine Frage: Wie wird sich die Landesregierung bei den an deren Bauabschnitten verhalten, und wird sie an ihren ur sprünglich gemachten Zusagen festhalten, dass sie sich an den Mehrkosten einer bürger- und umweltfreundlicheren Trasse beteiligt? Wenn ja: Wie erklärt sie das unterschiedliche Vor gehen, dass sie in Offenburg sagt, sie tue es nicht mehr, dass sie es aber bei anderen Trassenabschnitten dann womöglich doch macht? Das ist die erste Frage.
Die zweite Frage stelle ich in Verbindung mit der Stellung nahme, die Herr Ministerpräsident Mappus in diesem Zusam menhang abgegeben hat. Er hat gesagt, er befürchte, dass es zu einer weiteren Verzögerung des Baus und der Fertigstel lung des dritten und vierten Gleises komme. Meine Frage be zieht sich darauf: Wird die Landesregierung die Bundesregie rung bei den Planungen der weiteren Bauabschnitte im Be reich südlich von Freiburg davon überzeugen, dass ein sofor tiges Zurückziehen der Antragstrasse im Genehmigungsver fahren und eine umgehende Neuplanung ein erneutes Pla nungsfiasko à la Offenburg verhindert und damit Zeit spart? Wenn sie das nicht tut, warum nicht?
Das ist wunderbar. Dann kann ich doch noch ein paar Klarstellungen vornehmen.
Ich fange einmal damit an, dass es diese Mär gibt, dass wir dem Beschlussantrag aller anderen drei Fraktionen hier im Haus, den Schienenbonus aufzuheben, nicht zugestimmt hät ten.
Doch. Es ist insofern eine Mär, als Sie damals verhindert haben, dass es eine getrennte Abstimmung gegeben hat, und wir keine Chance hatten,
der Abschaffung des Schienenbonusses als einzelnem Punkt auch zuzustimmen. Nur so viel dazu.
Ich möchte noch einmal deutlich sagen: Es sind in keiner Wei se Krokodilstränen,
die wir ob dieses Urteils bzw. ob dieser Begutachtung des Re gierungspräsidiums vergießen,
sondern ganz im Gegenteil: Wir unterstützen die Position des Regierungspräsidiums deutlich. Aber es ist doch auch klar, dass wir am Ende einer Planung sind, die bereits 20 Jahre an dauert. Wenn das in diesem Tempo so weitergeht, dann wer den wir niemals dazu kommen, dass es das dritte und vierte Gleis überhaupt gibt. Das heißt, es sind alle politischen Kräf te gefragt.
Das ist auch die Frage, die ich an Sie habe: Was unternehmen Sie, damit diese Planungen tatsächlich massiv vorangetrieben werden?
Es ist völlig klar, dass Sie von den Bürgerinitiativen der Re gion, von den politisch Verantwortlichen in der Region poli tisch überhaupt nicht unterstützt werden,
weil die Planung, die jetzt auch für den Abschnitt südlich von Freiburg vorliegt, eben nicht umwelt- und menschenfreund lich ist. Es muss doch von allen politisch Verantwortlichen die Initiative ergriffen werden, dass die Planung verändert wird. Herr Grube hat das auch zugesagt
und hat ganz klar gesagt, ein zweites Stuttgart 21 könne er sich nicht leisten, könne sich auch dieses Land nicht leisten. Diese Haltung unterstützen wir sehr.
Meine Frage an Sie ist erneut: Treten Sie dafür ein, dass der Schienenbonus auch für dieses Projekt fällt?
Denn die Koalitionsvereinbarung sagt genau das nicht. Da geht es nämlich um die Planung für neue Trassen. Das betrifft ausdrücklich die Planung für das dritte und vierte Gleis nicht. Deshalb ist meine Frage: Treten Sie dafür ein, dass der Schie nenbonus für diese Planung fällt? Dann würde das bedeuten, dass die Bahn und auch der Bund deutlich mehr in eine ent sprechende Menschen- und Lärmschutztrassenführung inves tieren müssen.
Damit könnten wir auch gemeinsam gehen.
Frau Ministerin Gönner, ist Ih nen bekannt, warum die Grünen diese Planung der Bürgerin itiativen bis 2005 abgelehnt haben?
Das hing damit zusammen, dass es Maximalforderungen gab, u. a. die Untertunnelung der Maisfelder südlich von Freiburg. Dabei waren wir in der Tat der Meinung, dass eine Untertun nelung von Maisfeldern nicht unbedingt sinnvoll ist.
Wir haben das als ein Projekt betrachtet, das eher das dritte und vierte Gleis verhindern sollte, als dass es tatsächlich rea listisch gewesen wäre.
Ist Ihnen auch bekannt, dass wir, als diese Maximalforderung auch von der CDU nicht mehr unterstützt worden ist, sondern stattdessen die „Bürgermeistertrasse“ kreiert worden ist,
sehr stark dafür plädiert haben, diese Trasse, die jetzt in der Diskussion ist, ergebnisoffen in das Planfeststellungsverfah ren aufzunehmen?
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Damen und Her ren! Die UN-Behindertenrechtskonvention ist eines der be deutendsten Dokumente in der Geschichte der Entwicklung der Menschenrechte. Die formulierten Ansprüche auf Selbst bestimmung, Diskriminierungsfreiheit und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen werden die Gesellschaften, auch unsere, verändern.
Die UN-Konvention stellt nichts weniger als die Akzeptanz von Behinderung als Bestandteil der Vielfalt menschlichen Lebens dar. Damit ist die UN-Behindertenrechtskonvention ein großer Meilenstein in der Behindertenpolitik. Ausgehend vom Menschenrechtsansatz formuliert sie das Recht auf Selbstbestimmung, Partizipation und umfassenden Diskrimi nierungsschutz für Menschen mit Behinderungen. Zusätzlich fordert sie eine barrierefreie und inklusive Gesellschaft. So viel zum Gesetz, und so viel zum Grundsatz.
Jetzt kommt es darauf an – das war die Intention für unseren umfangreichen Antrag –: Was macht das Land daraus? Wie stellt sich das Land zu diesen grundsätzlichen Zielen? Welche Vorschläge macht das Land, wenn es darum geht, diese Ziele in geltendes Recht umzusetzen? Dazu kann man sagen: Un ter dem Strich – das gilt sowohl für die Stellungnahme zum Antrag der SPD als auch für die vielen Antworten auf die in unserem Antrag gestellten Fragen – ist das Land offenbar sehr zufrieden mit dem, was es tut, und ist der Meinung, man brau che überhaupt kein bisschen zu verändern. Ich muss wirklich sagen: Das ist ein völlig falsches Verständnis und widerspricht dem, was die UN-Behindertenrechtskonvention zum Aus druck bringen will, dem Geist, den sie ausstrahlt.
Ich gebe einmal ein Beispiel: In der Anlage der Stellungnah me der Landesregierung zu dem Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/4477, in der es um die Forderung geht, das Wunsch- und Wahlrecht für Eltern von Menschen mit Behin derungen einzuführen, ist die Bewertung der Landesregierung die Folgende:
Statt der Sollregelung eine verpflichtende Formulierung zu wählen,...
damit wird diese Forderung sozusagen abgelehnt –,
... ändert im Ergebnis annähernd nichts. Soll heißt muss, wenn kann.
Das ist wirklich eine ganz besondere Formulierung. Das heißt mit anderen Worten: Diese Sollvorschrift soll beibehalten wer den und soll eben keine Verpflichtung beinhalten. Genau dies ist der falsche Ansatz, wenn es darum geht, endlich dafür zu sorgen, dass das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern von Men schen mit Behinderungen umgesetzt wird. Das Wunsch- und Wahlrecht für die Kinder gibt es sowohl im Kindergarten als auch in der Schule nach wie vor überhaupt nicht.
Es gibt einen individuellen Förderbedarf. Wenn er festgestellt wird, muss die Förderung beantragt werden. Dann muss die entsprechende Einrichtung gefunden werden: ein Kindergar ten, der auch bereit ist, ein Kind mit Behinderung aufzuneh men. Dann muss festgestellt werden, wie hoch der Förderbe darf bei dem betreffenden Kind ist.
Schließlich kann das Kind nur dann in den Kindergarten – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen –, wenn eine Integrationsfachkraft vorhanden ist. Das heißt in der Re gel: Ein Kind mit schweren Behinderungen kann nur acht Stunden in der Woche in den Kindergarten gehen. Mehr wird nicht bezahlt. Eigentlich sind es nur sieben Stunden, da eine Stunde Vorbereitungszeit für die Integrationsfachkraft einge schlossen ist.
Das ist keine Integration, das ist keine inklusive Betreuung. Damit ist es für Kinder mit Behinderungen nach wie vor un glaublich schwierig, in Regeleinrichtungen betreut zu werden.
Das ist ein ganz deutliches Zeichen dafür, dass dies überhaupt nicht gelingt.
Noch viel schlimmer wird es, wenn es um die Integration in der Regelschule geht. Die Sonderschulpflicht ist nun – aller dings erst zum Schuljahr 2013/2014, also deutlich später als ursprünglich geplant – abgeschafft worden. Auch hierbei wur de weder das Elternwahlrecht gestärkt noch das uneinge schränkte Elternwahlrecht gesichert. Es soll nach wie vor ei ne Kommission geben, die darüber entscheidet, in welcher Art Schule ein Kind am besten gefördert werden kann. Das El ternwahlrecht wird auf diese Weise eingeschränkt und kann eben nicht uneingeschränkt wahrgenommen werden. Das ist das eine.
Das andere ist: Das Kultusministerium sagt: „Es soll kosten neutral passieren.“ Das heißt, die Sonderschulstrukturen blei ben bestehen, die Regelschulstrukturen bleiben bestehen, es soll auch noch der individuelle Förderbedarf umgesetzt wer den, und das Ganze soll kostenneutral passieren. Die Konse quenz dessen, was da passiert, ist, dass es jetzt einen Vertei lungskampf zwischen den Sonderschulen und den Regelschu len gibt. Denn keine Schule will die entsprechenden Schul stunden abgeben. Das alles wird auf dem Rücken der Kinder ausgetragen, sodass auch hier im Ergebnis völlig klar ist: Das Wunsch- und Wahlrecht wird nicht umgesetzt, und nach wie vor ist es für Kinder mit Behinderungen unglaublich schwie rig, auch in Regelschulen unterrichtet zu werden.
Alles Weitere kommt gleich.
Sie müssen noch ein kleines Momentchen auf den Eintritt in die Mittagspause warten.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Es liegt mir wirklich sehr am Herzen, noch auf den Bei trag des Kollegen Raab, aber vor allem auf den Beitrag von Staatssekretär Hillebrand deutlich einzugehen.
Ich finde, Herr Raab, in Ihrem Beitrag ist sehr deutlich gewor den, dass Sie überhaupt nicht verstanden haben, was die UNKonvention bedeutet. Es geht überhaupt nicht darum, die Hil fen für Menschen mit Behinderungen bereitzustellen, damit sie in die bestehenden Strukturen integriert werden,
sondern es geht darum – das ist der Unterschied zwischen ei nem Defizitansatz und einem Menschenrechtsansatz –, die Strukturen so zu verändern, dass sie von Menschen mit Be hinderungen auch beansprucht werden können. Das heißt eben nicht, dass wir die Menschen mit Behinderungen in Werkstät ten für behinderte Menschen arbeiten lassen,
sondern das heißt, dass wir Integration betreiben, damit Men schen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt arbei ten können.
Das ist das eine.
Punkt 2 ist: Es muss die Regel und darf nicht die Ausnahme sein, dass Kinder mit Behinderungen in Regelkindergärten be treut werden können.
Es muss die Regel und darf nicht die Ausnahme sein, dass Kinder mit Behinderungen an Regelschulen unterrichtet wer den. Es darf nicht sein, dass das von der Bewertung von Fach leuten abhängt. Nein, der Anspruch eines jeden Kindes ist, dass es in einer Regelschule unterrichtet wird.
Es ist eben nicht so, dass Fachleute entscheiden können, ob die Kinder besser in irgendwelchen Sondereinrichtungen un tergebracht werden können.
Aber dazu müssen die Strukturen verändert werden. Jedes Kind mit einem besonderen Förderbedarf muss diesen auch beanspruchen können – als eigenen Förderbedarf –,
damit es unterstützt wird, in einer Regelschule unterrichtet zu werden. Das ist der große Unterschied.
Das heißt, wir brauchen die Überwindung dieser selektiven Strukturen. Wir brauchen völlig andere Strukturen, damit Kin der mit Behinderungen auch diese unterschiedlichen Schul strukturen beanspruchen können.
Dabei geht es eben nicht darum, Herr Raab, dass man sagt: „Wir brauchen keine Änderung, nur weil sich der Zeitgeist ändert.“ Das ist kein Zeitgeist, der sich ändert.
Es ist ein Anspruch, der sich verändert hat.
Es geht darum, dass sich der Menschenrechtsansatz verändert hat, dass Menschen mit Behinderungen diesen Menschen rechtsansatz endlich auch für sich beanspruchen können. Das ist ein Riesenunterschied.
Damit komme ich zu Herrn Hillebrand. Das persönliche Bud get finde ich sehr wichtig. Das ist wirklich eine Fortentwick lung der Sozialgesetzgebung. Aber die Praxis sieht doch so aus, dass das persönliche Budget fast überhaupt nicht bean sprucht wird.
Z. B. beanspruchen in meinem Landkreis Breisgau-Hoch schwarzwald ganze fünf Menschen mit Behinderungen die ses persönliche Budget.
Das hängt damit zusammen, dass die Beantragung schwierig ist, dass die Hürden hoch sind, dass es möglicherweise auch für die Kommunen deutlich teurer wird und dass die Hilfe strukturen überhaupt nicht vorhanden sind.
Das bedeutet, dass letztendlich die Menschen mit Behinde rungen das Ganze durchkämpfen müssen und dies wirklich nur schaffen, wenn sie eine enorm große Unterstützung ha ben.
Ich bin der Meinung, dass es stattdessen richtig ist, in Rich tung Bundesteilhabegeld zu gehen.
Herr Fleischer, seien Sie bitte einfach einmal still.
Es geht darum, dass klar geregelt werden muss, wie groß das Finanzbudget ist, das den Menschen mitgegeben werden kann, damit sie auch tatsächlich das persönliche Budget beanspru chen können.
Nun komme ich zu einem letzten Punkt, nämlich dem Lan des-Behindertenbeirat. Ich muss sagen: Das, was ich von den Behindertenorganisationen höre, hört sich nicht so großartig an. Das hört sich so an, als ob der Behindertenbeirat nur sehr selten tagt und als ob sein Mitspracherecht nicht wirklich groß ist.
Ich glaube, dass da noch eine ganze Menge Verbesserungs möglichkeiten bestehen. Auf jeden Fall sind wir gerade erst am Anfang, insgesamt dafür zu sorgen, dass wir eine inklusi ve Gesellschaft haben.
Sie haben gerade ganz viele Baustellen genannt. Das Ziel muss sein, die Barrieren in allen Bereichen abzubauen, damit sich Menschen mit Behinderungen in dieser Gesellschaft „un behindert“ bewegen können.
Damit bin ich bei dem ersten Satz, den Herr Kollege Noll ge sagt hat: Menschen mit Behinderungen sind nicht behindert; sie werden behindert. Genau darum geht es: Barrieren müs sen abgebaut werden.
Schönen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Viele Akteure am Ober rhein sind all die Jahre mit der „Kies-Politik“ und mit der „Kies-Affäre“ befasst gewesen. Viele Leute, die politische Verantwortung vor Ort tragen, waren damit beschäftigt.
Viele Jahre lang lief diese kontroverse Debatte über das Für und Wider des Integrierten Rheinprogramms. Dabei spielte natürlich jedes Mal die Verwertung des anfallenden Kieses ei ne zentrale Rolle. Das alles wurde öffentlich diskutiert.
Alle zuständigen Minister waren am Oberrhein, haben Ge spräche immer mit demselben Ergebnis geführt: Wir nehmen die Sorgen der Bevölkerung zur Kenntnis, wir werden sie in unserem Herzen bewegen und anschließend entscheiden.
Dabei wurde vonseiten des ehemaligen Staatssekretärs Flei scher deutlich formuliert, dass es nur unter ganz bestimmten Bedingungen zur Auskiesung kommen würde, nämlich dass der 90-m-Streifen nur als Gesamtlos, das heißt als Ganzes, an die Kiesunternehmen verteilt werden kann und dass etwaige Nachteile für die Gemeinden durch andere Ausschreibungs modalitäten durch das Land ausgeglichen werden müssen. Das bedeutet unterm Strich eine exklusive Behandlung der gesam ten regionalen Kiesindustrie.
Herr Fleischer hat diese Forderung, die er aus politischen Zu sagen von den früheren Umweltministern Schaufler und Mül ler ableitete, auch mündlich öffentlich und immer massiv und mit Nachdruck vertreten, nie heimlich. Alle Umweltminister kannten Fleischers Forderung. Alle wussten, dass die Zusa gen nicht rechtsverbindlich waren. Alle wiesen darauf hin, dass eine Umsetzung der Zusagen 1 : 1, wie dies von Fleischer gewünscht wurde, rechtlich nicht möglich war. Minister Mül ler machte dazu Randbemerkungen auf Vermerken, Herr Map pus ließ eine Wirtschaftlichkeitsanalyse erstellen, und Frau Gönner ließ sich briefen, wie man die Forderung Fleischers argumentativ kontern konnte.
Aber alle ließen Fleischer gewähren. Frau Gönner duldete so gar, dass er ihre Kabinettsvorlage blockierte,
und lotete mit dem ehemaligen Staatssekretär Fleischer Ver ständigungsversuche aus, obwohl die Geschäftsordnung der Landesregierung in § 5 vorschreibt, dass dies Aufgabe des Mi nisters ist.
Es gab über all die Jahre hinweg einen lebhaften Briefverkehr und viele Treffen. All das brachte kein Ergebnis. Alle Treffen wurden mit vorläufigen Absprachen und Zwischenschritten, die dann wieder zurückgeführt wurden, beendet. Drei Minis terien waren beteiligt: das Innen-, das Umwelt- und das Fi nanzministerium. Von den Briefverkehren aus dem Innen- und dem Umweltministerium sind zahlreiche Vermerke in den Ak ten, die wir eingesehen haben, dokumentiert.
Einzig das Finanzministerium schweigt. Kein einziger Brief findet sich in den Unterlagen, keine Mail und keine Telefon notiz. Die beiden anderen Ministerien kommunizieren auf Mi nisterebene mit dem Finanzstaatssekretär. Der Finanzminis ter weiß von nichts – und dies vor dem Hintergrund der öf fentlich immer wieder dokumentierten Zusammenarbeit der Herren Fleischer und Stächele, eng verbunden auch durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur Region.
Es gab viele gemeinsam besuchte Ortstermine und viele ge meinsam besuchte Weinfeste.
Niemals ist dabei über die Initiative des Staatssekretärs ge sprochen worden. Nie wurde über die kontroverse Einschät zung mit den anderen Ministern gesprochen. Das kann ich kaum glauben.
Dennoch – das steht fest – sind keine schriftlichen Belege vor handen. Was heißt das aber? Ist jemand nicht verantwortlich – obwohl er an höchster Stelle Verantwortung trägt –, weil er etwas nicht gewusst hat? Nein, natürlich nicht. Zur Verant wortung gehört an erster Stelle, informiert zu sein. Informa tionen begründen das notwendige Handeln. Finanzminister Stächele hat sich nicht gekümmert. Er hat den Kopf in den Sand gesteckt und seinen Staatssekretär gewähren lassen.
Herr Minister, Sie haben zugelassen, dass Ihr Staatssekretär das Heft des Handelns in die eigenen Hände nahm und sich über Jahre hinweg mit seiner Hinhaltepolitik durchsetzen
konnte. Sie haben zugelassen, dass Ihr Staatssekretär den Bun desverkehrsminister in die Warteschleife schickte.
Sie haben zugelassen, dass er unverfroren die örtlichen Kies unternehmen protegiert hat.
Sie haben zugelassen, dass dem Land durch Verschleppung und Verzögerung der längst fälligen Entscheidung ein finan zieller Schaden von 750 000 € entstanden ist.
Damit sind Sie weder Ihrer Ressortverantwortung gerecht ge worden noch Ihrer Führungsaufgabe als Vorgesetzter des zu rückgetretenen Staatssekretärs Fleischer. Sie haben schlicht und einfach Ihren Job nicht gemacht.
Wir müssen Ihre Entlassung fordern, weil Sie keine Verant wortung übernehmen wollten, weil Sie offensichtlich einfach nicht regieren wollen. Die Entlassung aus dem Amt zeichnet diese Wahrnehmung der Ressortverantwortung nach. Wir hof fen, damit ein Zeichen zu setzen, damit sich derartige Vorgän ge nicht wiederholen.
Ich will es dabei aber nicht belassen. Denn so verheerend das Nichtwirken des Finanzministers in dieser Affäre gewesen ist und so berechtigt seine Entlassung aus dem Amt ist: Die „Kies-Affäre“ und das Handeln der unterschiedlichen Akteu re der Regierung Mappus ist auch ein Lehrstück über das Sys tem CDU in Baden-Württemberg.
Längst sind für Sie die Grenzen zwischen Land und Partei ver schwommen. Nach 50 Jahren Regierungstätigkeit glauben Sie wirklich daran, dass CDU und Baden-Württemberg ein und dasselbe sind.
Transparenz, klare Kompetenzen, Zuständigkeiten und Ver antwortlichkeiten,
selbst die Grundsätze eines geordneten Regierungshandelns sind Ihnen komplett abhandengekommen.
Diese Partei versteht sich als „Regierung auf immer“ und ist zu einem eigenen System innerhalb des Landes geworden, zu einer Regierungspartei, die nach eigenen Regeln agiert.
Nur deshalb konnten sowohl Fleischer als auch Stächele so agieren. Sie haben nichts anderes getan, als sich im System CDU zu bewegen. Sie sind Ausdruck einer CDU, die sich durch viel zu langes Regieren verselbstständigt hat und sich gewissermaßen als Staat im Staate versteht.
Herr Fleischer ist nicht mehr in der Regierung. Wir beantra gen die Entlassung von Finanzminister Stächele. Vor allem aber wird es höchste Zeit, dass diese Regierung nach viel zu langer Zeit abgelöst wird. Wir werden alles dafür tun, dass dies am 27. März 2011 passiert.
Ja.
Herr Kollege Hauk, sind Sie mit mir einer Meinung, dass es einigermaßen befremdlich ist, dass Herr Fleischer es hinbe kommen hat – nachdem klar war, dass es die Geschiebezuga be in Iffezheim geben würde und Umwelt- und Verkehrsmi nisterium gleichermaßen politisch Druck in Baden-Württem berg gemacht haben, um dem Kabinett eine entsprechende Entscheidung vorzulegen –, diese Entscheidung im Kabinett zu blockieren?
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Hauk, Sie haben bei dieser Debatte gerade grandios am Thema vorbei gesprochen. Wenn Sie sagen, ich hätte einen Besinnungsauf satz gehalten, so muss ich sagen: „Sechs, setzen!“
Denn Sie haben sich sozusagen an den lokalen Interessen des Kollegen Fleischer abgearbeitet. Sie haben das wunderbar blu mig dargestellt. Ich glaube, dass sich niemand von uns hier hinstellt und nicht gleichzeitig auch die lokalen Interessen sei nes Wahlkreises vertritt.
Ich habe einen Wahlkreis, im Übrigen denselben Wahlkreis wie Herr Fleischer. – Aber das Ganze muss in das Bemühen um das Wohl des Landes eingebettet sein. Darum muss es letztlich gehen; denn wir sind Landtagsabgeordnete, und wir sind hier nicht in einem Gemeinderat oder im Kreistag. Das ist der große Unterschied. Das sollte man auch wirklich deut lich machen.
Heute geht es nicht um das Fehlverhalten des ehemaligen Staatssekretärs Fleischer.
Heute geht es um die Verantwortung des Finanzministers Stä chele. Nach wie vor ist überhaupt nicht erklärbar, wieso, wenn drei Ministerien beteiligt sind – das Innenministerium, das Verkehrsministerium und das Finanzministerium –, beim In nen- und Verkehrsministerium jeweils auf Ministerebene kom muniziert worden ist und der Finanzminister dabei überhaupt nicht vorkam. Es gibt keinen einzigen Briefvermerk, Herr Stä chele.
Das ist doch genau das Problem: Sie sagen nicht nur, Sie kä men darin nicht vor, sondern Sie sagen auch, Sie hätten von all dem nichts gewusst. Das kann nicht sein. Sie tragen die po litische Verantwortung für das Handeln Ihres Staatssekretärs. Letztendlich sind Sie der Chef. Als Chef haben Sie den Hut auf. Deswegen müssen Sie die Verantwortung für diesen Vor gang übernehmen, und darum fordern wir Ihre Entlassung.
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Damen und Her ren! Wir sind in der Tat der Meinung, dass der vorliegende Gesetzentwurf im Grundsatz ein sehr guter Gesetzentwurf ist.
Zum ersten Mal ist ein Gesamtkonzept auf den Weg gebracht worden. Es ist gelungen, eine sinnvolle Ausdifferenzierung der Pflegeberufe vorzunehmen. Es ist auch gelungen, heraus zuarbeiten, auf welcher Grundlage, auch auf Grundlage wel ches schulischen Abschlusses unterschiedliche Qualifikatio nen in diesem Bereich erworben werden können. Das ist ein positiver Aspekt und ein positiver Grundduktus, den wir sehr unterstützen.
Ich finde es allerdings sehr schade, dass das Gesetz deutlich zu kurz springt, wenn es darum geht, die Pflegeberufe insge samt aufzuwerten. Es geht doch darum – Herr Kollege Rom bach, Sie haben dies eben noch einmal deutlich formuliert –, dass wir dem Pflegenotstand, den wir aktuell haben, mit wirk samen Mitteln begegnen müssen. Das können wir doch nicht schaffen, indem wir jetzt nur diese ausdifferenzierten Berufs möglichkeiten weiter fortschreiben.
Wir müssen doch schauen, was die Gründe dafür sind, dass Pflegeberufe nicht besonders häufig wahrgenommen werden. Das hängt doch damit zusammen, dass sie in unserer Gesell schaft keine ausreichend hohe Wertschätzung genießen. Das heißt doch, dass wir insgesamt eine Aufwertung dieser Beru fe brauchen, die eine deutliche Wertsteigerung beinhaltet. Ei ne Wertsteigerung wird es nur geben, wenn die Berufsfelder und die Kompetenzen erweitert werden, wenn Pflege nicht nur ein Feld ausführender Tätigkeit ist, sondern auch ein selbst gestaltendes Feld, in dem auch Verantwortung übernommen werden kann. Das wäre eine tatsächliche Aufwertung.
In unseren europäischen Nachbarländern – ich spreche jetzt von den Niederlanden, aber auch von der Schweiz – passiert genau das. Da gibt es keinen Pflegenotstand. Da werden die Leute nicht nur besser bezahlt, sondern haben auch sehr viel mehr Tätigkeitsfelder, in denen sie eigenständig arbeiten kön nen. Da erfahren sie eine sehr viel höhere Wertschätzung. Der Gesetzentwurf wäre eine sehr gute Möglichkeit gewesen, die Pflegeberufe bei uns entsprechend aufzuwerten und damit auch dem Pflegenotstand entgegenzutreten. Das ist der eine Punkt.
Der andere Punkt ist: Wir brauchen in der Tat gerade in der Fläche Pflegekräfte, die auch dazu befähigt sind, selbststän dig Tätigkeiten auszuführen und als gleichberechtigter Teil ei nes Teams z. B. in der medizinischen Versorgung zu agieren.
In der letzten Woche fand eine große Pressekonferenz des Landkreistags statt. Dabei wurde deutlich gemacht, dass es ei nen Ärztenotstand gibt und dass es in der Zukunft schwierig sein wird, die ärztliche Versorgung in der Fläche sicherzustel len. Ein Ansatz ist sicherlich, dass man neue Versorgungs strukturen bei den Ärzten braucht. Aber wir brauchen auch neue Versorgungsstrukturen in einem Pflegemix und in einem medizinischen Mix, in dem auch Pflegekräfte deutlicher da für qualifiziert werden, auch eigenständige Berufstätigkeiten ausüben zu können. Da springt dieser Gesetzentwurf leider viel zu kurz.
Wir meinen auch: Sie betreiben eine falsche Weichenstellung, indem Sie den Arztassistenten installieren. Er arbeitet nur nach dem Delegationsprinzip und bekommt letztlich keine eigen ständige Berufsqualifikation.
Ich finde es schade, dass es nicht zu einer Anhörung gekom men ist. Es wäre sinnvoll gewesen, diesen Punkt noch einmal
deutlich unter die Lupe zu nehmen und zu prüfen, ob man nicht tatsächlich eine Veränderung im Sinne einer fortschritt lichen und zukunftweisenden Berufsqualifikation für Pflege berufe hätte erreichen können. In meinen Augen ist auch über haupt nicht verständlich, warum Sie die Stellungnahmen der entsprechenden Fachverbände, die sich sehr deutlich und sehr klar dazu positioniert haben und genau das kritisiert haben, nicht stärker berücksichtigt haben und bei diesem Ansatz ge blieben sind.
Ich habe auch nicht verstanden, warum es einen solch großen Zeitdruck gegeben hat und dies der einzige Grund dafür war, dass unser Antrag, den wir gemeinsam mit der SPD gestellt haben, im Sozialausschuss abgelehnt wurde.
Darum bitte ich jetzt, dem Entschließungsantrag, den wir heu te eingebracht haben, zuzustimmen. Denn er geht genau in die Richtung: Wir brauchen eine Höherbewertung und eine bes sere gesellschaftliche Anerkennung, und wir brauchen die Möglichkeit, dass sich Pflege weiterentwickelt, aber auch ei ne höhere Wertschätzung erreicht.
Schönen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Wir haben eben schon einmal über den Länderfinanzausgleich gesprochen. Wir haben auch schon einmal kurz darüber gesprochen, dass es die Föderalis musreform II gab. Der Sinn der Föderalismusreform II ist ge wesen, Kompetenzen des Bundes auf die Länder zu übertra gen mit dem Ziel, den individuellen, landestypischen Beson derheiten eines Bundeslands Rechnung zu tragen und gerade dann, wenn es um bestimmte gesetzliche Regelungen geht, passgenaue Strukturen zu schaffen, um die regionalen Beson derheiten berücksichtigen zu können.
Das ist ein Ansatz, den wir für sehr wichtig halten und auch sehr engagiert mitgetragen haben. Das ist ein guter Ausgangs punkt gewesen.
Jetzt muss man aber fragen – meine Kollegin Frau Altpeter hat das eben schon angesprochen –: Was ist daraus geworden? Wir haben im Jahr 2008 als eines der ersten Bundesländer ein neues Landesheimgesetz auf den Weg gebracht, und dieses neue Landesheimgesetz unterscheidet sich von dem, was vor her auf Bundesebene Recht und Gesetz war, fast gar nicht. Das heißt, den regionalen Spielraum, den wir gehabt hätten, haben wir überhaupt nicht ausgeschöpft. Das ist überaus är gerlich. Denn wir haben hier in der Tat große Besonderheiten; wir haben Strukturen, die sich von anderen Strukturen in Deutschland völlig unterscheiden.
Ich nenne beispielsweise nur die Möglichkeit, bürgerschaftli ches Engagement in stationäre Einrichtungen hineinzubrin gen. Das ist das eine. Das Zweite ist z. B., dass es im ländli chen Raum zunehmend die Möglichkeit und auch die Forde rung gibt, kleine Wohneinheiten zu schaffen. Es gibt gerade hier im Südwesten ein großes Engagement von Gruppen, die Wohnmöglichkeiten für Menschen mit Demenz schaffen wol len, die außerhalb großer Einrichtungen sind. All das sind An reize und Impulse, die hier bereits gegeben sind. Denen hätte viel stärker Rechnung getragen werden müssen, indem ein Gesetz hätte auf den Weg gebracht werden müssen, das auf
genau diese Besonderheiten Rücksicht nimmt und sie entspre chend stärkt.
Herr Raab, Sie sagen, es sei ein Gesetz, das Qualitätssiche rung und Verbraucherschutz garantiere. Ich muss Ihnen sagen: Ich habe ein völlig anderes Verständnis von Qualitätssiche rung und Verbraucherschutz. Es ist doch kein Zeichen von Transparenz, und es bringt auch den Verbraucherschutz nicht wirklich voran, wie Sie es darstellen, wenn die Qualitäts- und Prüfberichte nur mit Einverständnis der Heimleitung veröf fentlicht werden sollen.
Dazu haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, der ganz deutlich sagt: Es darf keine Sollbestimmung sein, sondern es muss tatsächlich eine Verpflichtung hierzu geben. Denn nur dann macht es wirklich Sinn und ist es tatsächlich ein Signal für mehr Transparenz. Das ist das eine.
Zum Zweiten geht es um die Wohnqualität. Sie sagen, es ge be keine Standardformulierung, und lehnen deswegen unse ren Änderungsantrag ab.
Es mag ja sein, dass es keine Standardformulierung gibt.
Dann muss man eben eine konkrete Formulierung ins Gesetz selbst hineinschreiben, die genau diesen Qualitätsbegriff um schreibt, damit dieses Ziel, nämlich die Qualitätssicherung von kleinen Wohneinheiten und die passgenaue Förderung kleiner Einheiten in ländlichen Strukturen unter Berücksich tigung von Qualitätsgesichtspunkten, auch umzusetzen ist.
Genau das schafft dieses Gesetz nicht. Der Status quo wird festgeschrieben. Es wird sozusagen eine Regelung für große Einrichtungen gemacht. Es wird in keiner Weise den neuen Anforderungen Rechnung getragen. Es wird vor allem – ge rade dann, wenn es um die Versorgung von Menschen mit Be hinderungen geht – überhaupt keine Rücksicht darauf genom men, dass wir die Verpflichtung haben, die UN-Behinderten rechtskonvention umzusetzen. Diese UN-Konvention bein haltet, dass jeder Mensch mit Behinderungen ein Recht dar auf hat, selbst zu entscheiden, wo und wie er leben will. All dies wird nicht berücksichtigt.
Wir haben versucht, an zwei zentralen Punkten Änderungs vorschläge zu machen. Wir werden diese Änderungsanträge erneut einbringen, weil wir glauben, dass dieses Gesetz damit deutlich besser würde.
Danke schön.
Zustimmung, Herr Kluck, zu meinem Redebeitrag, oder wie?
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol legen, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in BadenWürttemberg seit Jahren in allen Einrichtungen – in Kranken häusern und auch in Altenpflegeeinrichtungen – einen aktuel len Pflegenotstand.
Dieser Pflegenotstand wird immer gravierender, weil immer mehr Menschen zu versorgen sind und die Arbeitsbedingun gen schlecht sind. Das heißt, es muss dringend etwas passie ren. Wir haben nicht nur einen Pflegenotstand, sondern wir haben in den letzten Jahren zunehmend – das zeigen die vie len Gespräche, die wir mit dem Landespflegerat führen, auch unter Beteiligung Ihres Ministeriums, Herr Staatssekretär – immer wieder gehört, dass es offensichtlich ein riesiges Imageproblem bei der Pflege gibt.
Ich stelle jetzt einmal die Frage an die vielen jungen Leute, die auf der Zuhörertribüne sitzen,
wer Lust hat, den Pflegeberuf zu ergreifen. Es gibt offensicht lich immer weniger Menschen, die bereit sind, das zu tun. Die sem Problem müssen wir in der Tat mit einem Gesetz begeg nen. Das können wir nur tun, indem wir der Pflegeausbildung und der Pflegetätigkeit insgesamt eine viel größere Wertschät zung entgegenbringen, als dies bisher der Fall ist.
In diesem Sinn machen Sie nun einen Versuch, der wirklich ehrenwert ist. Ich teile die Einschätzung meiner Kollegin Alt peter, dass insgesamt viele Fragestellungen aufgegriffen wer den, dass es wirklich auch gute Ansätze gibt, dass Sie insge samt auch dem Anspruch Rechnung tragen, dass Pflege ins gesamt ausdifferenzierter sein muss und dass es damit eine größere Spreizung geben muss, dass es auch eine Möglichkeit für Menschen mit geringerer Qualifikation geben muss, einen Beruf im Bereich der Pflege zu erlernen und begrenzte Tätig keiten auszuführen. Es muss aber auch möglich sein, im Pfle gebereich Karriere zu machen.
Wir glauben, dass es im Gesetz durchaus gute Ansätze gibt und dass es wichtig ist, neue Berufsfelder zu erschließen.
Ich will auf zwei Punkte deutlich eingehen. Der eine ist der Begriff der Alltagshelferin. Es ist in der Tat so, dass wir in all den Jahren einen Strauß zusätzlicher Ausbildungsgänge ge habt haben. Die müssen natürlich jetzt in irgendeiner Weise zusammengefasst werden. Wir haben, gerade was z. B. die Betreuung von Menschen mit Demenz angeht, Alltagsbeglei ter, die speziell ausgebildet werden, um im häuslichen Bereich die Menschen, die demenzkrank sind, zu betreuen, damit sie so lange wie möglich in ihrem häuslichen Bereich bleiben können.
Wie unterscheiden sich diese Alltagsbegleiter aber von den Alltagshelferinnen? Unterscheiden sie sich überhaupt? War
um müssen die einen eine einjährige Ausbildung absolvieren, während die anderen nur eine Ausbildung von 160 Stunden durchlaufen müssen? Warum bekommen die einen 8 € auf die Hand, während die anderen sozialversicherungspflichtig ein gestellt werden? Das alles sind Fragen, die dringend noch ge klärt werden müssen. Es ist wichtig, deutlich zu machen, wo rin die Unterschiede liegen und welche Chancen es jeweils gibt.
Wir sind auch der Meinung, dass es sinnvoll ist, dass die Fra ge der Umlage bei der Altenpflegeausbildung geklärt wird. Das sind durchaus gute Ansätze.
Ein großer Kritikpunkt ist für uns allerdings in der Tat – hie rauf möchte ich noch einmal deutlich hinweisen – die Ausbil dung zum „Mediziner light“. Wir bezeichnen es als „Medizi ner light“, Sie nennen es in Ihrem Gesetzentwurf „Arztassis tent“. Es kann nicht sein, dass wir jetzt noch einmal eine neue Struktur schaffen, die ein Zwischenstadium zwischen einem ausgebildeten Mediziner und einer ausgebildeten Pflegefach kraft darstellt.
Wenn wir wollen, dass Pflege wirklich attraktiv ist und dass es für Pflegefachkräfte die Möglichkeit gibt, Karriere zu ma chen, wenn wir wollen, dass es für Pflegefachkräfte eine hö here Wertschätzung gibt, dann ist es doch wichtig, dass die Menschen, die von ihrer Ausbildung her sowie auch durch ih re praktische Tätigkeit den entsprechenden Hintergrund ha ben, die Chance bekommen, z. B. durch ein anschließendes Studium in ein anspruchsvolleres Aufgabenfeld hineinzukom men und danach, nach dem Erwerb einer gewissen Berufser fahrung, vielleicht noch einmal eine andere Tätigkeit auszu üben. Dies würde dazu beitragen, den Beruf insgesamt attrak tiver zu gestalten, und das wäre sehr viel wichtiger.
Wir sind also entschieden dagegen, das Berufsbild des Arzt assistenten, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, einzuführen. Wir meinen, dass wir stattdessen eine deutliche Aufwertung des Pflegeberufs insgesamt brauchen. Dabei sind wir uns mit dem Landespflegerat durchaus einig, mit dem es im Vorfeld bereits diverse Diskussionen über dieses Thema gab.
Als letzten Punkt möchte ich auf Folgendes hinweisen: Wir brauchen nur einmal in die Schweiz zu schauen, um festzu stellen, dass deutsche Pflegekräfte dort seit Jahren schon sehr gern eingestellt werden. Deutsche Pflegekräfte gehen gern in die Schweiz, weil die Arbeitsbedingungen dort gut sind, weil die Menschen dort eine hohe Wertschätzung erfahren und gu tes Geld verdienen. Zudem gibt es dort flache Hierarchien.
All diese Punkte müssen wir deshalb auch bei uns aufgreifen. Es geht nicht nur darum, Geld zu verdienen, sondern auch da rum, dass Pflegekräfte in der Schweiz eine enorm hohe Wert schätzung genießen, dass sie im Team zusammenarbeiten und in dem, was sie tun, viel höhere Kompetenzen zugestanden bekommen. Bei diesen Punkten haben wir einen enorm ho hen Nachholbedarf, und dem müssen wir uns stellen.
In diesem Sinn erwarte ich eine konstruktive Diskussion im Ausschuss.
Schönen Dank.
Sehr geehrter Herr Minister Köberle, Sie haben eben von der demografischen Entwick lung gesprochen und dies auch ausgeführt. Ich möchte gern ein paar konkrete Antworten haben, z. B. auf die Frage, wel che Initiativen Sie unternehmen werden, um den öffentlichen Nahverkehr auf dem Land, der bekanntermaßen grotten schlecht ist, voranzubringen.
Viele Gemeinden sind wirklich schlecht angebunden, und es ist gerade im Zusammenhang mit der demografischen Ent wicklung enorm wichtig, dass der ÖPNV dort besser ausge baut wird. Planen Sie da etwas?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben schon von der Frau Ministerin, aber auch von meiner Vorrednerin und meinem Vorredner gehört, dass es darum geht, das Lan desheimgesetz an das bundesweit geltende Wohn- und Betreu ungsvertragsgesetz anzupassen. Ebenso ist schon deutlich ge worden, dass Baden-Württemberg zu einem Zeitpunkt vorge prescht ist, als noch kein anderes Bundesland die neu gewon nene Zuständigkeit aus der Föderalismusreform genutzt hat
und ein Landesheimgesetz auf den Weg gebracht hat. Das Land Baden-Württemberg wollte das erste sein. Sie haben überhaupt nicht bedacht, dass es überhaupt keinen Sinn macht, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, solange man nicht genau weiß, was letztlich die Rechtsvoraussetzungen sind.
Es wäre in dem Fall wirklich besser gewesen, Gründlichkeit vor Schnelligkeit walten zu lassen. Das sieht man daran, dass dieses Gesetz jetzt, nicht einmal zwei Jahre später, überarbei
tet werden muss. Eine solche Überarbeitung böte eigentlich die Chance, zu sagen: Das Landesheimgesetz birgt in der Um setzung bestimmte Schwachstellen und möglicherweise auch Stärken. Die Schwachstellen sollten dann auch beseitigt wer den.
Frau Ministerin, Sie haben eben deutlich gesagt, dass das Lan desheimgesetz auch für psychisch Kranke und für Menschen mit Behinderungen gelte. Vor einem Jahr wurde die UN-Be hindertenrechtskonvention ratifiziert, die festlegt, dass wir das individuelle Recht des Einzelnen umsetzen müssen, indem z. B. der Wohnort von jedem selbst festgelegt wird. Das heißt, dass wir z. B. darauf achten müssen, dass wir gerade auch bei kleinen Einrichtungen Qualitätssicherung und Qualitätskont rolle festschreiben.
Vor zwei Jahren wollten wir Grünen ein Einrichtungs- und Dienstrecht – und kein Landesheimgesetz –, das ganz andere Kriterien anlegt und Qualitätskontrolle, Qualitätssicherung und damit Transparenz und Verbraucherschutz auch wirklich festschreibt. In unserem Sinn wäre das ein neuer Weg gewe sen und ein Weg, der den neuen Gesetzen entspricht.
Bayern und Nordrhein-Westfalen sind diesen Weg gegangen. Sie sind viel weiter gegangen und haben eine den aktuellen Gesetzmäßigkeiten entsprechende Verordnung geschaffen, die es Menschen möglich macht, nicht nur den ambulanten oder den stationären Weg, sondern tatsächlich auch Zwischenlö sungen zu wählen, und die dennoch eine klare Qualitätssiche rung und Qualitätskontrolle gewährleistet.
Für Baden-Württemberg böte sich eine sehr gute Möglichkeit, die Änderung des Landesheimgesetzes jetzt zu nutzen, um auch da deutliche Veränderungen vorzunehmen.
Auf zwei weitere Punkte möchte ich noch eingehen. Wenn Sie sagen, dass es bei den Qualitätsberichten darum gehe, die Ver öffentlichungspflicht ein wenig bis zum Jahr 2011 hinauszu zögern, dann glaube ich, dass das nicht der wesentliche Punkt ist. Der wesentliche Punkt bei den Qualitätsberichten ist doch, dass von den Heimen selbst und auch von den Verbrauchern immer wieder deutlich gemacht wird, dass die Kriterien nicht wirklich transparent sind. Demnach ist das, was letztlich in diesen Prüfberichten oder diesen Qualitätsberichten steht, für den Endverbraucher nicht wirklich nachvollziehbar.
Hinzu kommen noch die merkwürdigen Verfahrensweisen, dass man Kriterien gegeneinander abwägen und in der Bewer tung sozusagen ausgleichen kann. Das macht die ganze Sache nicht einfacher. Auch dabei wäre es wichtig gewesen, einen Schritt hin zu mehr Transparenz und zu mehr Verbraucher schutz zu gehen. Dieser ist leider nicht gegangen worden.
Außerdem halte ich den Ausdruck „angemessene Qualität des Wohnens“ für überaus flexibel. Dazu schreiben Sie im Geset zestext, dass es für eine Definition von angemessener Quali tät des Wohnens keine allgemeingültigen Kriterien gebe. Das halte ich für zu schwach, das halte ich für zu wenig. Entschei dend ist doch, dass man eine angemessene Qualität des Woh nens definiert und dass dann auch z. B. Qualitätssiegel bei der stationären Unterbringung vergeben werden können.
Insgesamt finde ich, dass der Gesetzentwurf, wie er nun vor liegt, eine vertane Chance ist. Er geht nicht wirklich so weit,
wie wir es uns gewünscht hätten. Er geht nicht wirklich einen neuen Weg. Er ist weder innovativ noch modern. Das ist scha de.
Schönen Dank. – Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung:
a) Welche Gründe haben die Landesregierung bewogen, bei
der Formulierung des Alkoholverkaufsverbots an Tankstellen ab 1. März 2010 Tankstellen mit Gaststättenkonzession aus der Regelung auszunehmen?
b) Hat die Landesregierung die Absicht, diese Regelung rückgängig zu machen? Dies bitte mit Angabe, nach welchen Kriterien die Regelung neu gefasst werden soll, bzw. mit Angabe, welche Gründe es dafür gibt, dies nicht zu tun.
Herr Präsident, das haben Sie wirklich gut erkannt.
Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, dass Gaststättenkonzessionen an Verkaufsstellen gegeben werden, die Speisen und Getränke zum alsbaldigen Verzehr vorsehen. Das ist ja nun bei ganz vielen der Fall. Es gibt eine ganze Menge Tankstellen, die aufgrund dieser Regelung jetzt den Antrag gestellt haben, eine Gaststättenkonzession zu bekommen. Ich frage Sie: Wie viele sind es insgesamt, die das beantragt haben?
Meine zweite Zusatzfrage: Welche Möglichkeiten haben Sie denn, eine Gaststättenkonzession nicht auszusprechen? Soweit ich weiß, gibt es überhaupt keine Möglichkeiten, einem Antrag nicht stattzugeben, wenn die entsprechenden Bedingungen geschaffen sind.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Damen und Her ren! Wenn die Aussage in dem Titel der Aktuellen Debatte „Steigende Lebenserwartung in Baden-Württemberg – Chance für Generationen“ stimmt, dann kann ich nur sagen: Prima! Wir leben in Baden-Württemberg länger und fühlen uns wohl. Das ist wunderbar. Menschen im Alter jenseits des Erwerbslebens ziehen nach Baden-Württemberg, weil es ihnen hier so gut gefällt. Auch das ist wunderbar.
Doch was folgt daraus für das politische Handeln? Das ist die wichtige Frage. Wir sind hier schließlich nicht auf einer Wellnessveranstaltung.
Wichtig ist doch, die Frage zu beantworten: Was machen wir daraus? Was bedeutet diese Bevölkerungsentwicklung für unser Land, und was bedeutet sie letztendlich für das politische
Handeln? Die Zahlen sind doch seit Jahren klar: Der Anteil der Menschen unter 18 Jahren, die hier in diesem Land leben, wird immer geringer. Gleichzeitig steigt der Anteil der Menschen, die über 60 Jahre alt sind, immer weiter. Bis zum Jahr 2030 wird sich die Zahl der hochbetagten Menschen, die 85 Jahre und älter sind, verdoppeln. Auch daraus ergeben sich doch Notwendigkeiten für das politische Handeln. Das habe ich gerade in Ihrem Statement, Herr Kollege Raab, komplett vermisst.
Bis zum Jahr 2050 werden wir eine Umkehrung der Alterspyramide haben. Dann werden weniger als 50 % der Menschen, die hier leben, in der Erwerbsphase sein, also sozusagen die Arbeit leisten. Der Anteil der Menschen, die 60 Jahre und älter sind, wird dann mindestens 50 % betragen.
Was bedeutet das für uns, und was bedeutet das für das politische Handeln? Wir haben zwei große Aufgaben. Die eine Aufgabe ist, die sozialen Sicherungssysteme armutsfest zu machen und so zu gestalten, dass sie jenseits dieser Ankopplung an die Erwerbsarbeit funktionieren, damit die Menschen im Alter nicht in Armut leben.
Wir haben gleichzeitig die Aufgabe, eine Finanzpolitik zu machen, die nachhaltig ist und dafür sorgt, dass wir auch in Zukunft Haushalte haben, mit denen wir handlungsfähig sind und noch investieren können. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Sehen Sie sich dazu nur die aktuelle schwarz-gelbe Politik im Bund und im Land an.
Mit den Steuersenkungen, die das Wachstumsbeschleunigungs gesetz für das Land und auch für die Kommunen bedeutet, fah ren Sie letztendlich den Landeshaushalt total an die Wand, und Sie statten auch die Kommunen deutlich schlechter mit Finanzmitteln aus. Für das Land bedeutet das im Doppelhaushalt insgesamt Mindereinnahmen von 750 Millionen €, für die Kommunen bedeutet es 620 Millionen € weniger. Das ist Geld, das den Kommunen, aber auch dem Land fehlt, um tatsächlich handlungsfähig zu sein, um z. B. angemessen auf die se Bevölkerungsentwicklung zu reagieren. Sie machen stattdessen eine reine Klientelpolitik, von der ganz wenige Berufsgruppen tatsächlich profitieren.
Frau Staatsministerin Hübner, Sie haben in ihrem Demografiebericht und auch in sämtlichen Veranstaltungen, die anschließend durchgeführt worden sind, immer wieder deutlich formuliert, dass es wichtig ist, eine nachhaltige Finanzpolitik zu machen, wenn wir eine generationengerechte Gesellschaft haben wollen, die auch einigermaßen handlungsfähig ist. Das heißt, es ist wichtig, Investitionen in die Zukunft zu tätigen; es ist wichtig, keine neuen Schulden zu machen. Sie haben zudem gesagt, dass es wichtig ist, eine verlässliche Politik zu machen und Vertrauen zu schaffen, damit es lohnenswert ist, hier zu leben. Mit der Politik, die Sie machen, machen Sie für die nächsten Jahre genau das Gegenteil.
Wir müssen in der Zukunft mit den sozialen Sicherungssystemen in die Richtung gehen, Armut im Alter zu verhindern. Denn wir werden immer mehr Armut im Alter haben, weil wir immer mehr unterbrochene Verläufe des Erwerbslebens vorfinden. Diese Verbindung, den Rentenanspruch an eine Erwerbstätigkeit zu knüpfen, funktioniert in Zukunft immer we
niger. Das heißt, wir werden immer weniger Menschen haben, die ihren Lebensunterhalt tatsächlich noch von der Rente, die sie bekommen, bestreiten können.
Wir haben die Grundsicherung im Alter eingeführt. Doch die Grundsicherung im Alter ist nur zur Deckung der Mindestbedürfnisse da. Wir haben aber – darauf werde ich in der zweiten Runde noch deutlich eingehen – ganz andere Herausforderungen im Land zu bewältigen, wenn es darum geht, dem Wandel in den Familien, dem Wandel in den Erwerbsverläufen zu begegnen, indem wir als Land deutlich handlungsfähig werden.
Schönen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Staatsrätin, mein Einstieg in der ersten Runde war ironisch.
Ich muss sagen, dass ich einigermaßen entsetzt bin – es ist offensichtlich nicht verstanden worden –, dass Sie meinen Einstieg als bare Münze nehmen, dass hier alles prima und wunderbar sei.
Das ist doch eine so leichte Bewertung, die mit der Realität nicht besonders viel zu tun hat.
Ihr Beitrag, den Sie eben geleistet haben, hat noch einmal deutlich gemacht: Sie sehen eigentlich überhaupt keinen Hand
lungsbedarf. Für Sie ist alles ganz prima und wunderbar. Wir alle könnten eigentlich schon wieder nach Hause gehen.
Das hört sich so an, als ob wir in einer Wohlfühlveranstaltung wären
und nicht im Landtag von Baden-Württemberg sitzen und darüber diskutieren und darum ringen, welche politische Aktionen wir durchführen müssen, damit unser Leben hier wirklich verbessert wird.
Auf der einen Seite sagen Sie, dass die Menschen in BadenWürttemberg immer älter werden. Das ist wahrlich nicht das Verdienst der CDU in der Landesregierung.
Sie verschweigen aber, dass nirgendwo sonst in der Republik so wenige Kinder geboren werden wie in Baden-Württemberg. Es sind nämlich nur 1,3 Kinder pro Frau. Das ist schon seit 30 Jahren so.
Ja.
Genau, Herr Raab. Da lautet die Frage: Was sind die wahren Gründe? Offensichtlich ist Baden-Württemberg für die Menschen im Alter durchaus lebenswert. Aber das Leben mit Kindern ist in Baden-Württemberg in keinster Weise lebenswert.
Da muss deutlich nachgebessert werden. Es gibt sehr gute Vorschläge dafür, dass wir ein „Kinderland“ werden, das diesen Namen und dieses Etikett auch verdient. Davon sind wir noch weit entfernt.
Frau Staatsrätin Hübner, Sie haben vorhin gesagt, dass Sie jetzt eine Studie in Auftrag geben, die die Fixierung in der Pflege untersuchen soll. Dies wollen Sie gemeinsam mit Bay ern machen. Da kann ich nur sagen: Schönen guten Morgen! Die Fraktion GRÜNE hat bereits im Jahr 2006 eine Große Anfrage zu diesem Thema eingebracht. Damals hat die Landesregierung null Handlungsbedarf gesehen und gesagt: Es gibt in Baden-Württemberg keine Fixierung in der Pflege. Dass Sie jetzt nach drei Jahren auf die Idee kommen, eine solche Studie auf den Weg zu bringen,
zeigt, dass Sie nach all den Jahren zumindest bereit sind, einmal darüber nachzudenken. Das ist schon einmal etwas.
Auf eines möchte ich noch einen Schwerpunkt legen. Wir sehen, dass die Sozialräume, in denen die Menschen leben, die Kommunen sind. Das heißt, dort haben wir einen deutlichen Handlungsbedarf. Die Kommunen müssen so gut ausgestattet werden, dass sie dieser Aufgabe tatsächlich auch gewachsen sind. Das passiert mit diesem Steuererleichterungsgesetz, das Sie im Bund verabschiedet haben, gerade nicht.
Herr Dr. Noll, wenn Sie sagen, dass Familien entlastet werden, dann ist das nur die halbe Wahrheit. Auf der anderen Seite werden nämlich die Kommunen gezwungen
nein –, die Gebühren zu erhöhen, weil sie deutlich weniger Geld bekommen. Das machen alle Kommunen landauf, landab. Überall heißt es: Die Kindergartenbeiträge werden erhöht. Die Gebühren für den öffentlichen Nahverkehr werden erhöht, weil die Kommunen nicht mehr in der Lage sind, diese zusätzlichen Kosten zu stemmen.
Das heißt: linke Tasche, rechte Tasche. Dies bedeutet letztlich, dass es für die Familien überhaupt keine Verbesserungen gibt.
Aber für das Leben in der Kommune wird es deutlich schwieriger, weil der Handlungsspielraum enger wird. Genau da ist aber das Geld gefragt, wenn es darum geht, Sozialräume zu schaffen. Die Kommunen sollen dafür sorgen, dass das Leben lebendig bleibt. Wie wollen Sie denn erreichen, dass Leute auf dem Land überhaupt noch leben können?
Sie müssen erreichen, dass die Infrastruktur gefördert wird.
Das Vereinsleben allein schafft auch keine Einkaufsmöglichkeiten und keine medizinische Versorgung.
Sie brauchen Strukturen, die geschaffen werden müssen. Sie brauchen Rahmenbedingungen, die das Land schafft, und einen Handlungsspielraum, den die Kommunen schaffen. Das alles würden die Kommunen gern machen, wenn sie entsprechend ausgestattet wären.