Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 29. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie. Ich darf Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen und die Gespräche einzustellen.
Meine Damen und Herren, heute hat Herr Kollege Dr. Bullinger Geburtstag. Im Namen des ganzen Hauses darf ich Ihnen sehr herzlich gratulieren und wünsche ich Ihnen alles Gute.
Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen vervielfältigt vor. Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württemberg mit Bemerkungen zur Haushaltsrechnung 2005 – Drucksache 14/1459
2. Mitteilung des Innenministeriums vom 28. Juni 2007 – Vierter Tätigkeitsbericht des Innenministeriums zum Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich – Drucksache 14/1475
Staatsvertragsentwürfe; hier: Entwurf eines Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland – Drucksache 14/1493
4. Mitteilung der Landesregierung vom 25. Juli 2007 – Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) ; hier: Anmeldung des Landes zum Rahmenplan 2008 bis 2011 – Drucksache 14/1579
Überweisung an den Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft und federführend an den Finanzausschuss
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mobilität, das heißt die Möglichkeit, Menschen, Waren und Güter von einem Ort zu einem anderen Ort zu befördern, ist ein eminent bedeutsamer Standortfaktor für ein Land wie Baden-Württemberg, ein Land, das im Herzen Europas liegt, ein Land, das weltoffen ist und durch Außenhandel geprägt ist, ein Land, das seinen Bürgern Arbeit und Lebensqualität bieten kann und bieten will, ein Land, das dazu beitragen will, dass sich Europa im globalen Wettbewerb mit Amerika und Asien behaupten kann, um damit den heutigen Stand der Lebensqualität auch für unsere Kinder und Kindeskinder halten bzw. noch steigern zu können.
Mobilität benötigt eine gute Verkehrsinfrastruktur. Der Infrastruktur für Straße, Schiene, Wasserstraße und Flugverkehr kommt deswegen entscheidende strategische Bedeutung für die Entwicklung des Lebens-, Wirtschafts- und Arbeitsstandorts Baden-Württemberg zu. Ich behaupte: Wir haben hier schon viel getan, aber wir haben immer noch Nachholbedarf. Diesen Nachholbedarf gehen wir gezielt an. Darin sehe ich eine Kernaufgabe für uns in der Landespolitik. CDU und FDP/ DVP tun alles, damit Baden-Württemberg nicht in den Verkehrswindschatten gerät, sondern zentral in der Mitte Europas Verkehrskapazitäten steigern kann.
Der Schiene kommt historisch, aber auch für Gegenwart und Zukunft eine immense Bedeutung für den Nahverkehr, den Regionalverkehr, den Frachtverkehr, den Fern- und den Schnellverkehr zu. Die Schiene ist sicher, umweltfreundlich und kundenfreundlich.
Nur: Wir haben in Deutschland die Schiene in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt, bewegen uns noch immer zu stark auf den Gleisen früherer Regierungen und früherer Jahrhunderte und haben in unserer Demokratie und Gegenwart in den Haushalten zu wenig für den zeitgemäßen Ausbau und den Neubau von Schienen in Deutschland getan.
Kritik an mir, an Ihnen. Übrigens: Der Bundeshaushalt wird auch von Ihnen verantwortet und stellt nicht genügend Mittel für den Schienenverkehr bereit. Das wissen Sie.
Ich glaube, dass eine kritische Beleuchtung der Ausgangspunkt für wichtige Entscheidungen ist. Wir haben in Deutschland die Schiene vernachlässigt, haben auf entscheidenden Strecken keinen Ausbau an Kapazitäten mehr und haben im Grunde genommen Schienengleise, die für den Schnellverkehr nicht europatauglich sind.
In Frankreich wurde mehr getan. Das Neubaustück von Paris über Metz nach Saarbrücken und nach Strasbourg ist der Beweis dafür. Wir nehmen in Deutschland moderne Schienenverkehre nicht modern ab.
Deswegen ist es meiner Regierung ein Anliegen, im Rahmen der Möglichkeiten alles dafür zu tun, dass die Schiene an Bedeutung für Wirtschaft und Arbeitswelt, für die Menschen in Baden-Württemberg gewinnt.
Drei Gründe haben mich bewogen, Ende 2005 mit aller Entschiedenheit an das Projekt Stuttgart–Ulm heranzugehen, ein Projekt, das in Planung war, ein Projekt, das in der Schublade lag, ein Projekt, dessen Schicksal politisch und wirtschaftlich offen war.
Der erste Grund: Im Dezember 2005 haben die Europäische Kommission und der Ministerrat beschlossen, dass für die Jahre 2007 bis 2013 erstmals ein Programm für europäische Magistralen, für die Mitfinanzierung von Schiene in Europa aufgelegt wird. Mir war es wichtig, dass unser Projekt darin enthalten ist, damit es in diesen Jahren dafür Mittel von der Europäischen Union geben kann. Deswegen war Eile geboten. Am 19. Juli haben wir in Berlin die Vereinbarung unterschrieben, am 20. Juli war der Brief von Tiefensee in Brüssel, und die Förderung für die Strecke Stuttgart–Ulm ist mit beantragt. Das heißt, wir haben unser Projekt „just in time“ noch europaförderwürdig gemacht.
Der zweite Grund: Vor knapp zwei Jahren gab es Widerstand gegen eine Konkurrenzschiene. Die Stecke Lyon–Turin–Mailand–Verona–Venedig–Triest–Ljubljana–Budapest war die strategische Wettbewerbsstrecke von West- nach Osteuropa, die in Konkurrenz zu uns stand. Sie war in Planung und wurde wegen erheblicher Bedenken im Piemont und in der Lombardei gestoppt. Indem wir beschleunigen, haben wir also eine Chance, früher als diese konkurrierende Strecke von Paris bis Budapest europatauglich zu sein. Indem die anderen zögern und zaudern und wir beschleunigen, holen wir Chancen für uns nach Baden-Württemberg.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie des Abg. Wolfgang Drexler SPD – Zuruf von der CDU: Hört, hört!)
Der dritte Grund hat mit der Gefahr einer Umfahrung BadenWürttembergs zu tun. Die Strecke von Paris bis Baudrecourt ist gebaut. Derzeit wird eine Strecke von Baudrecourt über Saarbrücken nach Mannheim geplant. Die Baudurchführung ist ab dem Jahr 2013 vorgesehen. Von Mannheim geht es dann
nach Frankfurt – darauf komme ich nachher zurück; diese Strecke ist ein Anliegen auch und gerade von uns. Die Strecke von Frankfurt über Würzburg, Nürnberg und Ingolstadt nach München ist bereits fertiggestellt. Das heißt, 2013 tritt wahrscheinlich – wenn wir Druck machen und die Strecke Mannheim–Frankfurt gebaut ist und wenn, wie der Bund es will, die Strecke von Saarbrücken bis Mannheim gebaut sein wird – eine perfekte Umfahrung Baden-Württembergs auf der europäischen Magistrale Paris–Bratislava ein.
Wir lägen dann im Windschatten. Die Gefahr droht schon jetzt. Wenn diese Strecke fertig ist und über unsere noch gestritten würde, dann würde bei uns garantiert eine Taktverdünnung drohen, wenn die großen Verkehre um Baden-Württemberg herumfahren. Diesen Windschatten wollte ich nicht in Kauf nehmen. Deswegen haben wir Druck gemacht, und jetzt haben wir auch Erfolg gehabt.
Dabei mussten wir akzeptieren – das kann man beklagen –, dass der Bund in seiner Haushaltsplanung alle für den Schienenneubau verfügbaren Mittel für die Jahre 2007 bis 2017 praktisch vergeben hat.
Die Mittel für die nächsten zehn Jahre sind für Maßnahmen, die derzeit gebaut werden oder zumindest rechtskräftig beschlossen sind, längst belegt. In dieser Warteschlange wären wir also – wenn überhaupt – 2017 oder 2018 mit einer ersten Baurate zum Zuge gekommen. Damit wären wir im Jahr 2027 – und somit 14 Jahre nach der anderen Strecke – fertig geworden. 14 Jahre im Windschatten waren und sind uns zu lang.
Innerhalb von 14 Jahren wird über die Zukunft entschieden. In einem Zeitraum von 14 Jahren drohen Arbeitsplatzverlagerungen und entscheiden Unternehmen über andere Standorte, die dann möglicherweise jenseits von Baden-Württemberg liegen. Deswegen haben wir mit unserem Konzept Zeit und damit auch Zukunft gekauft.
Wir werden im Jahre 2019 fertig sein, das heißt nicht 14 Jahre, sondern maximal sechs Jahre nach den anderen. Doch indem jetzt grünes Licht gegeben wird, wissen Wirtschaft und Öffentlichkeit, dass Baden-Württemberg europatauglich wird. Es besteht kein Grund, das Land zu verlassen. Wir kommen etwas später, aber es war entscheidend wichtig, diese Entscheidung getroffen zu haben, damit Baden-Württemberg als 1-a-Standort für Arbeitsplätze und Investitionen Zukunft behält.
Da der Baubeginn bei uns deutlich früher sein wird als in Lyon, Turin, Ljubljana und Budapest – dort wird frühestens 2013 Baubeginn sein; der Bau des Mont-Cenis-Tunnels wird frühestens 2022 möglich sein –, kommen wir Jahre früher als die Konkurrenz. Wir werden also als Zweite ins Ziel einlaufen. Die Wirtschaft sieht, dass es vorangeht, und die anderen kom