Günther Oettinger
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben das Thema „Integriertes Rheinprogramm“ angesprochen und eine umfassende und unverzügliche Antwort der Landesregierung auf alle Fragen dazu gefordert.
Es gibt einen Antrag der Fraktion der SPD und einen Brief des Kollegen Schmiedel, den ich gestern Abend beantwortete. Es gibt außerdem einen Antrag der Fraktion GRÜNE, der gestern um 16:38 Uhr im Staatsministerium einging. Das liegt jetzt ungefähr 18 Stunden zurück. Sie können davon ausgehen, dass wir unverzüglich und gründlich antworten. Wir antworten so schnell wie möglich, aber sachgerecht auf die Fragen der Antragsteller. Dies sage ich zu. An der Antwort arbeiten das Umweltministerium, das Innenministerium und das Finanzminis terium. Die Antworten werden dem Landtag und damit den antragstellenden Fraktionen in umfassender Form und unter Beifügung von Anlagen, die Sie benötigen, zugehen, sobald dies objektiv möglich ist.
In der Sache ist mir durch Zeitungswissen seit vielen Jahren bekannt, dass es in Anliegergemeinden parteiübergreifend und unter den Bürgern erhebliche Einwendungen gegen das Integrierte Rheinprogramm gibt. Z. B. ist die Gemeinde Breisach davon seit Jahren nicht überzeugt gewesen.
Das heißt, der Kollege Fleischer hat als Abgeordneter und auch als Staatssekretär Einwendungen, Fragen aufgegriffen, die vor Ort vorhanden sind. Diese Fragen zu beantworten und dabei Kosten und Nutzen abzuwägen ist meines Erachtens sehr wohl vertretbar und auch angebracht.
Der Rechnungshof ist im Spätherbst vergangenen Jahres eingeschaltet worden, lange bevor die Angelegenheit in Ihrem Sinn skandalisierungsfähig gemacht werden konnte. Wer den Rechnungshof einschaltet, hat mit dem, was Sie unterstellen, mit Sicherheit nichts im Sinn.
Am Samstagmorgen hieß es bei „Spiegel Online“: „Oettinger verletzt EU-Vergaberecht.“ Heute ist keine Rede mehr davon. Das Thema scheint ausgeräumt zu sein. Das Vergaberecht der EU war im Übrigen gar nicht berührt. Auch dies sollte nachdenklich stimmen.
Worum geht es dabei? Es geht darum, ein Zeitfenster zu erwischen, in das die Angelegenheit passt, sodass man mit einem Thema, bei dem Fragen zu beantworten sind, zwei Feuerchen entfachen kann. Das eine Feuer betrifft die Regierungsneubildung in Baden-Württemberg, das andere Feuer betrifft Brüssel. Ich erwarte nicht vom „Spiegel“ und auch nicht von der „Stuttgarter Zeitung“, dass geschrieben wird, das Vergaberecht werde eingehalten. Vergaberecht kann jedoch nur dann
eingehalten oder nicht eingehalten werden, wenn ausgeschrieben, wenn vergeben worden ist. So weit ist dieser Sachverhalt aber gar nicht.
Die Behauptung, das Vergaberecht sei nicht eingehalten worden, und damit verletze die Regierung Oettinger EU-Recht, ist damit gegenstandslos.
Ich gehe davon aus, dass auch die anderen Fragen beantwortet werden und sämtliche Vorhaltungen wie „Skandal“ als gegenstandslos entkräftet werden können.
Übrigens: Wir kommen alle aus einer Welt. Man muss erst einmal auf die Idee kommen, gerade einmal etwas über 10 000 € im Einzelfall zu spenden, sodass diese Spende gerade noch im Rechenschaftsbericht aufgeführt wird. So blöd muss man erst einmal sein.
Herr Kollege Schmiedel, Sie sind doch ein alter Hase.
Sie sind jedenfalls älter als ich und ein Schlitzohr obendrein.
So blöd muss man erst einmal sein, dass man die Wasserkante von 10 000 € knapp überschreitet, sodass man sichtbar wird, und damit scheinbar etwas erreichen will, was nicht sichtbar werden soll.
Deshalb rate ich uns allen: Bitte trauen Sie uns zu, dass die Fragen der Grünen und die Fragen der SPD beantwortet werden. Dann wird diese Angelegenheit gern in jedem Gremium, auch hier im Landtag, öffentlich diskutiert.
Dass Herr Kollege Schaufler den Rat gegeben haben soll, eine Arbeitsgemeinschaft zu bilden, schließe ich nicht aus. Im Gegenteil, ich halte dies sogar für einen richtigen Rat. Ich sage ganz offen: Wenn auf europäischer Ebene ausgeschrieben wird, ist es mir lieber, wenn eine Arbeitsgemeinschaft badenwürttembergischer Familienbetriebe den Auftrag bekommt als irgendein rheinischer Bau- oder Baustoffkonzern.
Der Begriff „Kies-Barone“ passt in Ihr Klischee. So wird man SPD-Spitzenkandidat.
Das sind keine Barone, sondern Unternehmer bzw. Arbeitgeber mit Sitz in Baden-Württemberg, die Arbeitnehmer haben. Ich finde, der Begriff passt nicht. Deshalb sollte er auch nicht wiederholt werden. Nennen Sie Vornamen und Namen! Der Begriff „Kies-Barone“ ist der Sache nicht dienlich.
Ein weiterer Punkt ist ebenfalls nicht der Sache dienlich. Wenn Sie sagen, es entstünden Schäden für Leib und Leben in Mannheim und Karlsruhe, dann ist das Zynismus pur.
Die Logik, dass allein durch die Prüfung eines großen Bauvorhabens Leib und Leben von Mitbürgern gefährdet seien,
ist nach meiner Einschätzung Zynismus, der dem Streit, den man hinsichtlich dieser Frage führen kann, überhaupt nicht angemessen ist.
Herr Kollege Kretschmann sprach das Schienenprojekt Stuttgart–Ulm an und hat mir meine Aussage, Stuttgart–Ulm sei alternativlos, vorgehalten. Diese Aussage wiederhole ich auch heute hier: Dieses Projekt ist alternativlos.
Er warf mir vor, dass diese Aussage – dann kam der folgende Spruch bzw. die Parole – nicht zu einer freiheitlichen Demokratie passe. Wo sind wir eigentlich?
Wo sind wir eigentlich, Herr Kretschmann? So einen Scheiß habe ich von Ihnen noch nie gehört.
So, wie Winfried Kretschmann für die Grünen in BadenWürttemberg noch immer alternativlos ist, wenn ich mir die zweite, dritte und vierte Reihe anschaue, so ist Stuttgart–Ulm für Baden-Württemberg alternativlos. Dazu stehe ich auch jetzt.
Ich blicke kurz zurück. Kollege Kretschmann ist hier einer der dienstältesten Abgeordneten. Die erste Neubaustrecke für den Hochgeschwindigkeitsverkehr, die es in Deutschland gab, war Stuttgart–Mannheim.
Stuttgart–Mannheim ist ein Glücksfall für die Metropolregion Rhein-Neckar und die Metropolregion Stuttgart und damit für die beiden größten Wirtschaftsräume Baden-Württembergs.
Ich habe noch eine dunkle Erinnerung, wie die Grünen – die damals Geborenen und schon aktiv Tätigen – dagegen gewesen sind, vor Ort und landesweit.
Ich behaupte: Heute gehören Mandatsträger, Funktionsträger und Wähler der Grünen zu den eifrigsten Schnellbahnfahrern zwischen Mannheim und Stuttgart. Zu Recht! Sie haben damals mit allen Möglichkeiten – mit Sitzblockaden, Demonstrationen, verbal und emotional – gegen die Neubaustrecke gekämpft. Das ist längst ausgeräumt, die Strecke ist längst akzeptiert. Ich behaupte einmal, Kollege Kretschmann: Wir werden, wenn Sie 80 sind – ich bin dann noch etwas jünger –, einmal zusammensitzen und gelassen und souverän darüber reden, dass das Projekt Stuttgart–Ulm genauso richtig gewesen ist, wie die Neubaustrecke Mannheim–Stuttgart richtig war.
Ich habe mir am Dienstag die Veranstaltung zum offiziellen Baustart von Stuttgart 21 und auch die Demonstration dagegen genau angeschaut. Glauben Sie es mir: Ich habe mit Interesse auf Plakate und auf Menschen geschaut. Ich kann nur eines sagen: Jeder sucht sich seine Partner oder sieht, wer Partner sein kann und von wem man sich besser distanziert. An diesem Nachmittag stand nur ein Wort im Vordergrund, nämlich „Lügenpack“. Ich halte es für eine Gemeinheit gegenüber jedem, von „Pack“ zu sprechen. „Pack“ ist ein Begriff, der mit Menschenwürde und normalem Umgang nicht verbunden werden kann.
Das Wort „Lüge“ oder das Wort „Unwahrheit“ mag noch zum Sprachgebrauch im öffentlichen Raum oder in der politischen Debatte gehören. Aber der Begriff „Pack“ – „P-a-c-k“; hundertmal von Hunderten geäußert, und viele, die die Grünen in Stuttgart zur stärksten Fraktion gemacht haben, waren dabei – gehört sich nicht.
Deswegen würde ich von den Grünen schon erwarten – vom Fraktionsvorsitzenden, von den Stuttgarter Abgeordneten, von den Tübinger Bürgermeistern –, dass man hier die Frage ausräumt, ob Drexler, Oettinger, Grube, Schuster und andere „Pack“ sind oder nicht. Ich finde diesen Begriff ungehörig, unmöglich.
Wer sich davon nicht distanziert, nimmt im Grunde genommen eine Verschlechterung der Sitten in Kauf, nur damit er kurzfristig Chancen bei Wahlen nutzen kann.
Bei den Kollegen Schmiedel und Kretschmann haben die Themen Bildung und Lehrerstellen sowie die Offensive für Bildung und auch die Information hierüber kurz eine Rolle gespielt. Ich gehe kurz darauf ein.
Dem Kollegen Kretschmann rate ich in dieser Zeit einen Blick nach Hamburg. Hamburg ist um 180 Grad konvers zu BadenWürttemberg. In Hamburg haben die Grünen die Regierung mitgebildet. Nicht die Kernkraft und nicht die Elbvertiefung, sondern das Thema Bildung stand bei den Koalitionsverhandlungen im Mittelpunkt. Da in Hamburg mit Willen und Wollen der Grünen das Thema Volksentscheid eine große Rolle spielt, holt es euch jetzt ein.
Kollege Walter, die Grünen haben Ole von Beust etwas abgenötigt, was ihm in meiner Partei bundesweit breite Kritik einbrachte – ich sage es wertfrei –, nämlich dass die Grundschulzeit auf sechs Jahre verlängert wird
und das weiterführende Schulsystem dann nicht mehr drei gliedrig, sondern zweigliedrig ist.
Genau dazu steht die Stadt jetzt auf und kündigt ein Volksbegehren und einen Volksentscheid an. Genau dazu wird dort jetzt ein Moderator eingesetzt, ein Moderator zwischen Bürgerschaft und Politik.
Das heißt, dort stehen die Bürger genau gegen das auf, was von Sozialdemokraten und Grünen in Baden-Württemberg gefordert wird.
Was ich damit sagen will, ist Folgendes: In Zeiten sinkender Schülerzahlen, in Zeiten, in denen Schulstandorte letztendlich nicht auf Dauer garantiert sind, in Zeiten, in denen nach der Schulzeit mit einem harten Arbeitsmarkt gerechnet werden muss, ist Schule immer umstritten. Aber wer behauptet, er wisse, wie der allein selig machende Weg aussieht, kann in Hamburg erleben, dass dort, wo SPD und Grüne regieren, Eltern, Bürger, Schüler und Lehrer plötzlich das Gegenteil wollen.
Warten wir in Ruhe die Entwicklung in Hamburg ab. Ich behaupte, der baden-württembergische Weg ist weit solider,
sachgerechter und kindgerechter als jeder andere Weg in einem anderen deutschen Bundesland.
Kollege Schmiedel sprach anhand seines wirren Zettelkastens, den er heute Morgen aus dem Auto mitgenommen hat, zunächst von der CDU in Ditzingen.
Dann sprach er von der CDU-Gemeinderatsfraktion und einem CDU-Vorsitzenden. Was kam heraus? „Vordenker“.
Aber Sie meinen nicht den Vorsitzenden. Der Vorsitzende heißt Rolf Feil, und Sie meinten Ulrich Kicherer. Er ist Stadtrat – nicht mehr und nicht weniger.
Er hat eine abweichende Meinung für sich erklärt.
Lieber Herr Kollege Schmiedel, ich kenne Ditzingen hinreichend gut. Ich weiß, dass es in Ditzingen um die Frage geht, ob man aus zwei Standorten – Konrad-Kocher-Schule und die angestammte Schule – einen Standort macht. Es geht nicht um die Werkrealschule, sondern es geht um die Frage, ob in Ditzingen auf Dauer zwei Standorte zu halten sind. Diese Frage ist wichtig. Sie hat mit dem Land nichts zu tun, sondern allein damit, dass in Ditzingen die Zahl der Kinder auf Dauer möglicherweise nicht groß genug für zwei Standorte ist.
Nun zum Thema Marketing. Wir haben 110 000 Lehrer in Baden-Württemberg; das ist die wichtigste Ressource im Land. Wenn man dann einmal 2,5 Millionen € – das entspricht umgerechnet 40 Lehrerstellen –
für Informationen an Eltern, Öffentlichkeit und Arbeitswelt bereitstellt,
dann behaupte ich, dass dies gegenüber dem Produkt Bildung und den laufenden Ausgaben sehr wohl angemessen ist. Deswegen stehe ich voll und ganz hinter dieser Marketingmaßnahme. Auf Bundesebene geben Regierungen, gab Ulla Schmidt und gaben andere Ihrer Partei für schlechtere Produkte weit mehr Geld aus. Diese Kampagne ist angemessen, sachlich und genügt auch dem Maßstab der Preisgünstigkeit.
Zum Haushalt und damit zum Kern: In diesem Jahr macht Baden-Württemberg mehr Schulden als jemals zuvor; das stimmt.
Aber uns muss doch klar sein, dass wir in einer Lage sind, die erstmalig so besteht und die hoffentlich einmalig ist. Die Wirtschaft Baden-Württembergs ist um 8 % geschrumpft. Wir haben in diesem Jahr – in diesem Jahr! – 1,7 Milliarden € weniger an Steuereinnahmen als im Jahr 2008. Wir haben in diesem Jahr nominal 1,7 Milliarden € weniger als zwei Jahre zuvor, obwohl die Löhne durch zwei Gehaltsrunden nennenswert gestiegen sind. Wer jetzt – egal, von woher – behauptet, dass dieser Einbruch der Wirtschaft und der Steuereinnahmen ausgleichbar sei, dass man diese weggebrochenen Einnahmen durch Ausgabekürzungen ausgleichen könne, spricht nicht die Wahrheit.
Deswegen ist unser Haushalt auch im Vergleich zu Haushalten anderer Länder meines Erachtens sehr wohl solide und genügt unserem Ziel der Sparsamkeit.
Vergleiche dazu: In diesem Jahr machen die Kommunen in Deutschland 12 Milliarden € Schulden.
Rheinland-Pfalz – SPD pur –
verfügt mit vier Millionen Einwohnern gerade einmal über gut ein Drittel der Einwohnerzahl von Baden-Württemberg, macht in diesem Jahr aber fast gleich viel Schulden wie wir.
Berlin, mit 3,4 Millionen Einwohnern
eine große Stadt und ein kleines Land, macht mit 2,8 Milliarden € Schulden weit mehr neue Schulden als Baden-Würt temberg.
Hessen – ich will es einmal parteineutral sehen –, das viel kleiner ist als Baden-Württemberg, macht deutlich mehr Schulden als unser Land. Bei sechs Millionen Einwohnern nimmt Hessen in diesem Jahr 3,4 Milliarden € an Schulden auf.
Deswegen kann ich nur sagen: Die Tabelle zeigt auf, dass Baden-Württemberg gerade auch in diesem Jahr, obwohl die Wirtschaft bei uns stärker als in jedem anderen Land eingebrochen ist, mit einer maßvollen Verschuldung, mit weniger Schulden pro Kopf, als dies in den meisten anderen Ländern der Fall ist,
durch das Jahr gehen wird.
Deswegen ist meine Bitte: Reden wir den Haushalt nicht schlechter, als er ist. Es ist ein dem Umfeld angemessener, wirklich guter und solider Haushalt 2010.
Was sind die Gründe dafür? Damit komme ich zu dem, was Baden-Württemberg wirklich beschäftigen muss. Wir haben unseren sozialen Wohlstand in den letzten Jahrzehnten auf langlebige Wirtschaftsgüter, auf Industriegüter und auf deren Verkauf ins Ausland aufgebaut. Die beiden Faktoren sind: Werkzeugmaschinen, Pressen, Lkws und Pkws auf der einen Seite, mehr Export als Import auf der anderen Seite.
Ich bin der festen Überzeugung, dass dies der richtige Weg war und dass dieser Weg auch bleiben muss und bleiben wird. Ich glaube, dass das Wirtschaftswachstum in der Welt insgesamt in den nächsten Jahrzehnten stärker sein wird als das im eigenen Land. Also baue ich darauf, dass unsere Wirtschaft und dass unsere Arbeitnehmer, Tüftler, Denker und Unternehmer weiter auf stark wachsenden Weltmärkten wie China, Indien, Asien generell und Osteuropa erfolgreich sind. Deswegen sind Forschung und Bildung, Köpfe, Herz, Verstand von Klein und Groß, von Arbeitnehmern und Unternehmern, von Wissenschaftlern und Verkäufern die wichtigste Form der Standortsicherung.
Zweitens glaube ich, dass ein Land, dessen Bevölkerung immer älter wird und dessen Einwohnerzahl zudem schrumpfen wird, mit Inlandskonsum nicht so viel an Arbeitsplätzen sichern kann, wie mit dem Verkauf ins Ausland möglich ist. Man könnte auch sagen: Wenn man wie ich Optimist ist und glaubt, dass es auch in Zukunft mehr gute als schlechte Jahre gibt, dann bleibt unser Kurs richtig. Wer anders denkt, muss sich korrigieren.
Aber klar ist, dass der Zyklus von Wachstum und Schrumpfung in Baden-Württemberg stärker als in Brandenburg ist – wegen der Abhängigkeit vom Weltmarkt und auch deswegen, weil man für langlebige Wirtschaftsgüter die Ersatzbeschaffung auch einmal ein Jahr, zwei oder drei Jahre zurückstellen kann.
Kollege Schmiedel spricht jetzt als Wunderwaffe sein Mittelstandsprogramm, den Mittelstandsfonds, an.
Liebe Frau Kollegin Haußmann, kein Land hat derart viele Programme in diesem Bereich wie Baden-Württemberg schon jetzt.
„Oje!“ – Der Deutschlandfonds – von Steinmeier, Steinbrück und Merkel aufgelegt; 100 Milliarden € sind abrufbar – ist bisher nur zu 16 % belegt. Das ist die erste Tür, die offen steht.
Weiter haben wir im Land bei der L-Bank den Mittelstandsfonds, wir haben L-MezzaFin, wir haben den Garantiefonds, wir haben die Venture Capital GmbH, wir haben bei der Bürgschaftsbank und der L-Bank auch Darlehens- und Bürgschaftsprogramme in ausreichendem Umfang und werden die se erhöhen, falls notwendig. Wir haben die MBG mit dem Ge
nussrechtsprogramm, dem Risikokapitalfonds, dem Programm „Expansion und Unternehmenssicherung“, und die KfW kommt ergänzend mit ihrem ERP-Programm und ihrem eigenen Genussrechtsprogramm hinzu. Ich behaupte also: Dort, wo ein Unternehmen zukunftsfähig ist und Perspektiven hat, gibt es unverändert genügend Eigen- und Fremdkapital.
Aber beschäftigen muss uns, dass trotz aller Qualität der Arbeit in Forschung und Entwicklung von Arbeitnehmern und Unternehmen nicht jeder Betrieb in Baden-Württemberg zukunftsfest und zukunftsfähig ist. Das ist der eigentliche Punkt: Wir müssen besser werden. Wir müssen mit dem, was wir bauen, produzieren oder an Dienstleistung erbringen, besser werden. Nicht die Banken sind entscheidend, sondern die Menschen, und deshalb müssen in Baden-Württemberg Qualifikationen in der Erstausbildung und in der Weiterbildung vermittelt werden.
Sie sprachen die Autowaschanlage am Pragsattel an, Thema Mindestlöhne. Klar ist doch schon jetzt, dass sittenwidrige Löhne bei uns verboten sind. Deswegen mein Rat: Gehen Sie mit Ihrer Information, dass 4 € Lohn gezahlt werden, zu einer Behörde und zeigen Sie diesen Arbeitgeber gegebenenfalls an.
Gut. Ich bitte meine Kollegin Dr. Stolz, dem Sachverhalt nachzugehen und zu prüfen, ob dort, wie Sie es behaupten, unanständige und damit sittenwidrige Löhne gezahlt werden. Wenn dies der Fall sein sollte, wird das schnellstmöglich abgestellt.
Aber zu glauben, dass die Festsetzung von Mindestlöhnen Vollbeschäftigung sichert und Löhne garantiert, ist abwegig.
Denn die Autos, die dort gewaschen werden, kommen eben zum Teil aus Ländern, in denen Löhne gezahlt werden, die aus Ihrer Sicht sittenwidrig sind. In Korea werden unanständige Löhne für Autobauer gezahlt, und die Autos werden bei uns gekauft. Oder wir könnten hier auch einmal einen Vergleich anstellen und fragen, wo Ihre Krawatte und wo meine Krawatte gefertigt worden sind. Möglicherweise tragen wir beide Textilien, die in Ländern hergestellt wurden, die die Färbstoffe ins Meer einleiten, in denen Kinderarbeit und eine sittenwidrige Lohnhöhe herrschen – möglicherweise.
Zu glauben, dass ein Mindestlohn den Standort Deutschland sichert – in einem globalen Markt mit offenem Handel –, ist schlichtweg abwegig.
Deswegen müssen wir erreichen, dass die Menschen, die dort arbeiten, durch gute Bildung und Weiterbildung so qualifiziert
werden, dass sie aus eigener Kraft für 10 €, 12 €, 14 € gut sind. Mir ist es lieber, jemand verdient nur 7 € und bekommt 3 € vom Staat hinzu, als dass er, wenn es einen Mindestlohn gibt, daraufhin arbeitslos wird und die 10 € vollständig vom Staat bezahlt bekommt.
Abschließend glaube ich, dass wir bezüglich unserer Haushaltsstruktur vor einer gesamtstaatlichen Aufgabe stehen. Kein Land und keine Kommune packt es aus eigener Kraft. Es geht um die Frage, ob ein regelmäßiges Wirtschaftswachstum von jährlich 2 bis 3 % zurückkehrt. Wenn dies der Fall ist, kommt Baden-Württemberg garantiert wieder in die Nullneuverschuldung hinein. Wenn ein Wirtschaftswachstum in dieser Höhe nicht mehr erreichbar sein sollte, etwa wegen der demografischen Altersstruktur, aufgrund des weltweiten Wettbewerbs oder aus anderen Gründen, werden wir gesamtstaatlich die Frage besprechen müssen, was wir uns noch leisten können und was wir uns nicht mehr leisten können.
Manche Kommunen sind derzeit, weil ihre Verschuldungsrechte restriktiver sind, weiter als jedes Land und viel weiter als der Bund. Deswegen glaube ich, dass die Situation bezüglich dessen, was in der jetzigen Lage an Schulden gemacht wird, für alle öffentlichen Haushalte nur bundesweit, gesamtstaatlich verändert werden kann. Meine Erwartung ist, dass dies bundesweit von allen demokratischen Parteien und von allen Ländern – noch regieren in der Mehrzahl der Länder Sozialdemokraten, Grüne, FDP und CDU; vier demokratische Parteien – angegangen wird. Ich glaube, dass die Haushaltspolitik nicht allein in diesem Haus, sondern bundesweit nun von allen gemeinsam angegangen werden muss. Einer allein wird nicht die Kraft haben, dort hinzukommen, wo man hinkommen muss.
Herzlichen Dank.
Mit meiner Rede löse ich sicherlich Erwiderungen der Kollegen Schmiedel und Kretschmann aus. Ich glaube aber nicht, dass sie in der Lage sein werden, mich ausreichend zu provozieren. Ich werde also im Anschluss daran nicht mehr reden.
Deswegen darf ich Ihnen allen nun Dank sagen. Ich finde, wir hatten – auch im Vergleich zu anderen Parlamenten – bei allem Streit doch eine ordentliche, kameradschaftliche Umgangsform und Kollegialität. Ich habe mich in diesem Kreis – das gilt natürlich am stärksten für meine Fraktion, aber auch für die drei anderen Fraktionen – immer sehr wohlgefühlt.
Alles Gute. Brüssel steht offen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Interesse habe ich den grundsätzlichen Reden der vier Fraktionsvorsitzenden zugehört. Mein Dank gilt zunächst einmal dem Kollegen Mappus und der CDU-Fraktion sowie dem Kollegen Rülke und der Fraktion der FDP/DVP für die Mitwirkung an der Haushaltsaufstellung und für die Unterstützung bei den parlamentarischen Beratungen heute und in den nächsten Tagen über einen Doppelhaushalt für die Jahre 2010 und 2011. Ich danke aber auch dem Kollegen Schmiedel und dem Kollegen Kretschmann für eine sachlich orientierte Kritik an meiner Arbeit und für Gedanken, die sich mit der aktuellen Tagesordnung der Landes- und Bundespolitik befassen. Ich glaube, dass die Aussprache heute Morgen durchaus dem Anspruch einer Grundsatzaussprache gerecht geworden ist.
Zwei entscheidende Faktoren prägen erstmalig die politische Situation. Ich gehöre dem Landtag von Baden-Württemberg jetzt bald 26 Jahre an. Ich habe beide Faktoren bisher nicht annähernd in dieser Ausprägung erlebt.
Der erste Faktor ist: Die Wirtschaft in Baden-Württemberg ist im letzten Jahr um sage und schreibe 8 % geschrumpft. Wir haben in den letzten Jahrzehnten zweimal, dreimal eine Stagnation der wirtschaftlichen Entwicklung gehabt. Ansonsten hatten wir Wirtschaftswachstum, und der Streit ging maximal um die Frage, wie ein Wachstum der Wirtschaft gerecht an die Bürger weitergegeben werden kann. Im letzten Jahr gab es ein Minus um 8 %.
Ich sage ganz offen: Darauf sind wir als Verantwortliche für die Aufgaben und Ausgaben der öffentlichen Hand mit unseren Instrumenten und Mitteln schlecht vorbereitet. Dies gilt für die Bundesebene, dies gilt für die sozialen Systeme, dies gilt für die Länderebene, und es gilt auch für die kommunale Selbstverwaltung.
Man könnte auch sagen: Unsere Aufgaben sind unverändert, und die Ausgaben sind sauber im Plan. Alle Diäten werden gezahlt, mein Gehalt wird gezahlt, die Klassen bleiben gleich klein oder werden kleiner, die innere Sicherheit hat dieselbe Priorität. Kurzum: Nichts schrumpft. Weder Ihr Gehalt noch mein Gehalt
schrumpft um 8 % noch das, was wir an Dienstleistungen erbringen, noch das, was an Erwartungen der Bürger uns gegenüber besteht. Das heißt, die eine Seite unseres Budgets – Aufgaben und Ausgaben – wird 1 : 1 erfüllt.
Die Einnahmen hingegen brechen weg. Wenn die Wirtschaft um 8 % schrumpft, dann schrumpfen die Steuereinnahmen eher stärker, weil die Steuereinnahmen nicht nur auf Umsatz – 8 % Rückgang –, sondern auch auf Gewinnen aufgebaut sind und die Gewinne der Firmen bei 8 % Schrumpfung der Wirtschaft oftmals um 100 % wegbrechen.
Der zweite Faktor, der erstmalig und einmalig ist, ist die Entwicklung der Steuereinnahmen. Im Jahr 2010, also in dem Haushalt, den wir jetzt zu verantworten haben, werden wir 1,76 Milliarden € weniger an Steuern einnehmen, als es im Jahr 2008 der Fall war. Das heißt, im Jahr 2008, das längst abgerechnet ist, aber noch nicht lange zurückliegt, hatten wir sage und schreibe – nach dem Finanzausgleich, also netto – 1,76 Milliarden € mehr Einnahmen, als für dieses Jahr vorhergesagt worden sind.
Parallel dazu haben wir Ausgabesteigerungen. Herr Kollege Kretschmann hat das Thema „Öffentlicher Dienst, Angestellte, Arbeiter und Beamte sowie Pensionäre“ erwähnt. Aber so einfach ist die Sache nicht. Natürlich hatten wir im letzten Jahr und haben wir in diesem Jahr nennenswerte Gehaltssteigerungen. Aber wir hatten auch nennenswerten Nachholbedarf im öffentlichen Dienst. Der öffentliche Dienst hat in den Jahren von 2005 bis 2007 praktisch keine Gehaltssteigerungen gehabt, und darauf haben wir dann mit einer maßvollen zweistufigen Tarifsteigerung reagiert.
Übrigens steht Herr Bsirske Ihnen vermutlich näher als uns. Herr Salomon ist federführend bei den Tarifverhandlungen für den Bund und die Kommunen. Sie glauben doch nicht, dass bei 5 % Forderung von Bsirske am Ende 0 % herauskommen.
Das heißt, ich halte diese Tarifsteigerungen zum einen für legitim, für angezeigt, und ich glaube, dass uns andererseits bewusst gewesen sein muss: Bei über 40 % direkten und weiteren 10 % indirekten Personalausgaben im Landeshaushalt kann eine Entwicklung, in der die Wirtschaft um 8 % schrumpft und die Steuereinnahmen um mehr als 8 % zurückgehen, nicht von jetzt auf nachher über die Personalausgaben ausgeglichen werden. Das heißt, im Grunde genommen sind wir von einer Entwicklung betroffen, auf die wir alle nicht vorbereitet gewesen sind – in keinem Land, in keinem Rathaus, nicht in Baden-Württemberg und nicht im Bund.
Jetzt haben wir in diesem Jahr eine leichte Erholung. Kollege Mappus hat sie erwähnt. 1,5 % oder auch 2 % Wirtschaftswachstum sind wahrscheinlich erreichbar. Aber bei minus 8 % im letzten Jahr holen wir selbst mit 2 % Wachstum nur ein Viertel auf. Also werden wir erleben, dass es drei bis fünf Jahre dauern wird, bis wir wieder dort sind, wo wir vor der Krise gewesen sind. Aber auch vor dieser Annahme warne ich. Ich behaupte: Es wird nach der Krise nie mehr so sein, wie es vor der Krise war.
Wir – wir alle! – haben in der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung in den Jahren 2006 und 2007 goldene, gute Jahre ge
habt, Jahre mit starkem Wirtschaftswachstum, mit bestem Arbeitsmarkt, mit hohen Sozialeinnahmen durch Beiträge aufgrund dieser hohen Beschäftigung. Auch die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes um drei Prozentpunkte – eine Zumutung für die Bürger – hat entsprechende Mehreinnahmen für Bund und Länder gebracht.
In diesem Jahr haben wir 2,6 Milliarden € neue Schulden im Haushaltsentwurf. Das ist ein unglaublich hoher Verschuldungswert. Aber trotzdem ist die Frage, wie viel das ist, relativ zu sehen. Ich behaupte – ich sage dies auch unseren Bürgern im Land –: Diese 2,6 Milliarden € zeichnen sich im Vergleich zu anderen öffentlichen Haushalten, z. B. den Haushalten anderer Länder und des Bundes, als sehr, sehr maßvolle Verschuldung aus.
Nochmals: Wir haben in diesem Jahr 1,76 Milliarden € Steuereinnahmen weniger als im Jahr 2008, und der Differenzbetrag auf 2,6 Milliarden € kommt durch die Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst zustande. Das heißt, unsere Haushaltsstruktur ist in guten Jahren für die schwarze Null gut. Aber in schlechten Jahren gleichen wir dies nicht durch Kürzungen oder andere Maßnahmen aus.
In diesem Jahr haben wir eine Nettoneuverschuldung von 2,6 Milliarden €. Zeitgleich sieht Hessen, ein Geberland, ein wirtschaftsstarkes Land, bei nur sechs Millionen Einwohnern 3,4 Milliarden € neue Schulden vor. Das heißt, bei weit weniger Einwohnern werden weit mehr neue Schulden aufgenommen. Zum gleichen Zeitpunkt sieht Niedersachsen mit weit weniger Einwohnern 2,4 Milliarden € neue Schulden vor, und Rheinland-Pfalz mit nur vier Millionen Einwohnern, ein kleines Nachbarland, macht in diesem Jahr ebenfalls 2,4 Milliarden € neue Schulden. Bundesweit gehen wir in diesem Jahr von 150 Milliarden € neuen Schulden aller öffentlichen Hände aus. Unsere 2,6 Milliarden € sind dabei ein durchaus vertretbarer geringer Wert.
Das Nachbarland Bayern, das ich ebenfalls ansprechen will, macht in diesem Jahr vermutlich keine neuen Schulden, aber nur deswegen, weil Bayern durch Aktienverkäufe – Aktien vom Bayernwerk, von Viag und anderen – milliardenhohe Rücklagen aufgebaut hat. In diesem Jahr entnimmt Bayern 2,9 Milliarden € aus den Rücklagen. Nur dadurch wird dort vielleicht der Ausgleich des Haushalts möglich sein.
Ich bekenne mich zu diesem Etat, und ich glaube, dass das, was wir Ihnen hier an Strukturen vorlegen, im Vergleich zu anderen Ländern beachtlich und sehenswert ist.
Was haben wir in den letzten Jahren strukturell für den Haushalt getan? Das heißt: Was haben wir erreicht, damit die Verschuldung langjährig nicht mehr notwendig bleibt? Ich darf erwähnen, dass das 13. Gehalt, das Weihnachtsgeld der Beamten, das noch vor wenigen Jahren bei 90 % eines Monatsgehalts lag, für aktive Beamte auf 50 % und für Pensionäre auf 30 % gekürzt und in das Gehalt integriert worden ist.
Kollege Kretschmann sagt: Ihr hättet mehr kürzen können. Das mag sein. Aber eine Reduzierung auf 30 % für Pensionäre und 50 % für aktive Beamte ist eine nennenswerte Leis tung, ein nennenswerter Beitrag des öffentlichen Dienstes.
Ein zweiter Punkt: Wir haben die Arbeitszeit unserer Beamten auf 41 Stunden erhöht. Die Bayern hatten 42 Stunden; da ging es auf 40 Stunden zurück. Mir ist nicht ganz erklärbar, warum die Regierung in München dies macht. Wir behalten die 41 Stunden bei und haben die Mehrarbeit in Stellenstreichungen umgemünzt, damit die Arbeitsstunden gleich bleiben und dies dem Haushalt strukturell zugutekommt.
Wir haben mit den Gruppen der Gesellschaft, den Kirchen, dem Sport, der Kultur und anderen über vier Jahre hinweg Solidarpakte eingeführt. Beim Sport sind die Mittel, die wir in diesem Jahr ausgeben, genauso hoch wie im Jahr 2006. Ich glaube daher, dass diese Regierung viel zur Ordnung der Haushaltsstruktur getan hat; es war wohl nicht genügend – auf eine Schrumpfung um 8 % waren und sind wir nicht vorbereitet –, aber mehr als die Mehrzahl der Nachbarländer zur gleichen Zeit gemacht haben.
Jetzt kam der Vorwurf des Kollegen Schmiedel, wir hätten die Haushaltsberatungen verzögert. Diesen Vorwurf weise ich in aller sportlichen Freundschaft zurück. Solange ich mich erinnern kann, tagte der Finanzausschuss zu den Haushaltsberatungen – auch in der Großen Koalition – immer im Januar. Noch unter Beerstecher, noch unter Puchta und anderen war das so. Mit Verlaub: Noch bestimmt das Präsidium des Landtags von Baden-Württemberg, wann der Haushalt beraten wird
Entschuldigung –, aber nicht die Regierung.
Lieber Kollege Schmiedel, Haushaltsberatungen gab es noch nie im Dezember, sondern immer im Januar,
und die Verabschiedung des Haushalts war immer Anfang Februar. Dieser Doppelhaushalt wird genauso spät, genauso rechtzeitig beraten und verabschiedet, wie es dieses Haus seit Jahren und Jahrzehnten kennt. Deswegen nochmals: Der Vorwurf der Verzögerung ist eine falsche Kritik, die meines Erachtens nicht angezeigt ist.
Der Finanzausschussvorsitzende weiß sehr wohl, dass im Januar hier gearbeitet wird und dies noch nie im Dezember aufgerufen worden ist.
Noch ein Satz zur Haushaltsstruktur. Mit den 150 Milliarden € neuen Schulden der öffentlichen Hand in diesem Jahr erreichen wir, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, einen Schuldenrekord, eine Defizitquote von 6 %. Das heißt, von etwa 2 500 Milliarden € Wertschöpfung – Händearbeit, Kopfarbeit und anderes mehr – gehen wir in diesem Jahr mit 6 % in die Verschuldung hinein: 150 Milliarden € bundesweit, in BadenWürttemberg 2,6 Milliarden €.
Wenn wir jetzt die 150 Milliarden €, die 6 %, auf das übertragen, was gesamtstaatlich dem Bund an Schuldenrechten zusteht, was den Ländern zusteht, was Baden-Württemberg zusteht, was uns und was den Kommunen zusteht, und dann einen Anteil für das Land herausrechnen, dann entspricht das, was wir an neuen Schulden machen, gerade einmal einer Quote von 3,1 %. Das heißt, wir tragen zu den 6 %, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, gerade einmal die Hälfte dessen bei, was uns eigentlich zusteht. Daher kann gesagt werden: Baden-Württemberg hält die strengen Währungskriterien auch in ökonomisch denkbar schlechter Zeit ein.
Was sind die Schwerpunkte, die uns und mir wichtig sind? Der entscheidende Schwerpunkt heißt Bildung, Forschung und Wissenschaft, Betreuung und Erziehung.
Meine Damen und Herren, dass wir mit diesem Haushalt ernst machen und der Klassenteiler im Einvernehmen mit den beiden Regierungsfraktionen von maximal 33 Kindern auf 28 Kinder abgesenkt wird, ist eine historische Entwicklung.
Die pädagogische Bedeutung vor Ort kann man nicht genügend hoch einschätzen.
Genau daran macht sich auch das „Kinderland“ Baden-Würt temberg fest. Was Sie, Kollege Schmiedel, hier vorgetragen haben, war Spiegelfechterei. Mit diesen Titeln für Personalaufwand, Dienstleistungen und sonstige Ausgaben – unterm Strich 170 000 € – werden nicht mehr und nicht weniger als Regionalkonferenzen, der Weltkindertag 2010 und ein Kongress „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ finanziert. Das heißt, mit Ihren Nullen haben Sie im Grunde genommen das Parlament zu täuschen versucht, aber die Täuschung nicht erreicht.
Ich darf eine zweite historische Veränderung ansprechen: Wir senken die Zahl der Kinder in den Kindergartengruppen deutlich ab und stocken das Personal pro Gruppe in Stufen gemeinsam mit den kommunalen Trägern, den Kirchen und den freien Trägern deutlich auf.
Ganz konkret geben wir in Stufen für die Betreuung, Erziehung und Bildung unserer Drei- bis Sechsjährigen im Endausbau 200 Millionen € mehr aus, und das Land Baden-Würt temberg trägt mit 133 Millionen € den Löwenanteil daran. Gaben wir bisher zu den Personalkosten der Kindergärten nur knapp 30 % dazu, so geben wir jetzt hier über 60 % hinzu. Das heißt: kleinere Klassen, kleinere Gruppen im Kindergarten, mehr Personal, bessere Qualifikation und Weiterbildung. Dies ist für die Drei- bis 18-Jährigen der Beitrag Baden-Würt
tembergs für beste Erziehung und Bildung unserer Kinder im „Kinderland“ Baden-Württemberg.
Die Hochschulen kommen hinzu. Wir schaffen 20 000 zusätzliche Studienplätze und haben dafür seit 2006 in Stufen die Mittel in den Haushalt eingestellt. Unser Solidarpakt mit den Hochschulen ist die entsprechende Vertrauensgrundlage dafür. Das heißt, in wirtschaftlich schwieriger Zeit sparen wir nicht an der Bildung. Sprechen Sie einmal mit Lehrern und Gewerkschaftsvertretern. Dass die Zahl der Schulkinder sinkt, aber die Zahl der Lehrer steigt, ist im Bundesvergleich einmalig. Das ist die Politik von CDU und FDP/DVP in BadenWürttemberg.
Ich will ansprechen, dass zu unserer Haushaltspolitik auch Vorsorge gehört. Ich spreche einige Punkte an.
Wir haben in meiner Amtszeit den Versorgungsfonds gegründet und haben ihm mit 500 Millionen € aus Steuereinnahmen ein hohes Kapital gegeben: 500 Millionen €, die die Regierung Oettinger nicht in irgendwelche Projekte gesteckt hat, sondern für die nächste Generation, für die Haushaltslagen 2020 ff., für künftige Pensionsjahre bereithält. Seitdem zahlen wir für jeden neuen Beamten pro Monat 500 € ein. Das Geld wird verzinst. Ende 2011, das heißt, am Ende unseres Doppelhaushalts werden schon 685 Millionen € in diesem Pensionsfonds enthalten sein.
Ein zweites Beispiel: Man kann über das Projekt Stuttgart– Ulm streiten, wobei unstrittig ist, dass man nach Stuttgart und Ulm kommen muss, jedoch nicht auf der Geislinger Steige. Aber das Geld dafür haben wir auch zurückgelegt. Wir haben für das Projekt und den Landesbeitrag im Jahr 2007 mit 345 Millionen € eine Rücklage gebildet; Zinsen kommen hinzu. Wir zahlen in den beiden Haushaltsjahren je 65 Millionen € ein. Das heißt, Ende 2011 haben wir zur Finanzierung der Auslagen des Landes für dieses historische Schieneninfrastrukturprojekt 600 Millionen € in der Rücklage. Damit haben wir auch einen nennenswerten Beitrag dafür geschaffen, dass dies die Haushaltsstruktur des nächsten Jahrzehnts nicht stärker belastet, als dies zumutbar ist.
Ich glaube, es gab noch nie eine Regierung, die Rücklagen in Milliardenhöhe für absehbare künftige Ausgaben gebildet hat. Bei den Maßnahmen – andere kommen hinzu – war mir wichtig, dass die Haushaltsstruktur der nächsten Jahre nicht durch Maßnahmen, die absehbar sind, vorbelastet ist.
All dies haben wir erreicht, ohne dass es zulasten der Kommunen ging. Meine Damen und Herren, die Gesamtverschuldung der Kommunen in Baden-Württemberg war noch nie so gering wie in der Gegenwart. Mir ist die Verschlechterung der Kommunalfinanzen sehr wohl bewusst. Aber die Gesamtverschuldung lag noch vor drei Jahren um 1,5 Milliarden € hö
her als heute. Die Zahl der schuldenfreien Gemeinden ist gestiegen, die Kreisumlage ist gesunken. Wir haben in BadenWürttemberg im Gegensatz zu anderen deutschen Bundesländern unsere Haushaltspolitik nicht auf dem Rücken der Kommunen realisiert.
Wie sieht die Entwicklung der nächsten Jahre aus? Ich will das ansprechen, was mir Sorge macht. Mir macht große Sorge, dass der Bund im Hinblick auf wichtige Aufgaben chronisch unterfinanziert ist.
Ich spreche zuallererst einmal die Aufgabenfelder an, bei denen man mehr ausgeben muss, mehr investieren muss. Ich nenne auf Bundesebene das Thema Bundesfernstraßenbau, bei dem in der mittelfristigen Finanzplanung ab dem Jahr 2011 all das wegbricht, was drei Jahre lang gut dotiert gewesen ist.
Ich spreche die Schieneninfrastruktur an, bei der im nächsten Jahrzehnt für neue Maßnahmen praktisch gar nichts vorgesehen ist.
Die Bahn und der Bund sind bei der Schiene in Deutschland hoffnungslos unterfinanziert.
Frau Kollegin, die Konsequenz heißt für mich, dass jeder, der in der Politik Verantwortung trägt – dies sage ich auch gegenüber der neuen Regierung in Berlin –, zunächst einmal die mittelfristige Stärkung dieser investiven Bereiche in alle Pläne einbeziehen muss.
Hinzu kommt ein dritter Punkt. Derzeit haben wir Beitragsstabilität. Die staatlich bedingten Sozialversicherungsbeiträge auf den Faktor Lohn liegen bei knapp unter 40 %. Wenn aber der Bund den Krankenkassen, der Arbeitsverwaltung, der Pflegeversicherung nicht mehr Mittel gibt, dann steigen die Beiträge in diesen Bereichen in den nächsten Jahren zumindest rechnerisch dramatisch an.
In diesem Jahr gibt der Bund für Gesundheit erstmals 16 Milliarden € aus dem Bundeshaushalt aus. Niemand wird davon ausgehen können, dass dieser Betrag jemals wieder sinken wird. Im Gegenteil, die Gesundheitspolitik geht schon eher von dauerhaft 20 Milliarden € als von nur 16 Milliarden € aus.
Die Pflegeversicherung braucht mehr Mittel aus dem Haushalt, wenn der Beitragssatz entlang der Demografie stabil bleiben soll. Die Arbeitsverwaltung bekommt in diesem Jahr 15 Milliarden € vom Bund, weil die 2,8 % zur Finanzierung
der Aufgaben – Weiterbildung, Kurzarbeit und anderes mehr – nicht mehr ausreichend sind.
Mein Ziel auf Bundesebene wäre es, den Beitrag stabil zu halten,
weil er für den Erhalt von Arbeitsplätzen, für bezahlbare Löhne und für mehr Netto vom Brutto entscheidend ist. Deswegen muss der Bund davon ausgehen, dass er in den nächsten Jahren, in denen er 81 Milliarden € für Renten bezahlt, tendenziell weitere 40 Milliarden € benötigt, damit die Beitragssätze halbwegs stabil bleiben. Dies ist Politik für die Arbeitswelt, für Arbeitgeber und für Arbeitnehmer.
Ich will darauf hinweisen, dass die investiven Aufgaben des Bundes wachsen. Die Stabilisierung der Beiträge ist von einer beachtlichen, herausragenden Dimension.
Ich glaube, dass die Themen Bildung, Erziehung und Betreuung auf Landesebene und auf kommunaler Ebene trotz sinkender Kinderzahlen eine weiter wachsende Bedeutung für den Haushalt haben werden.
Klar ist doch: Der Anspruch, die Erwartung im Hinblick auf die Betreuung der Kinder – von morgens 7:00 Uhr bis abends 18:00 Uhr, an möglichst wenigen Tagen geschlossen – und auf die Qualifizierung des Personals nimmt in der Gesellschaft weiter zu. Das heißt, die Bereitstellung der Infrastruktur und stabile Beitragssätze auf Bundesebene und Bildung und Betreuung auf Landesebene, auf kommunaler Ebene, werden weiter wachsende Aufgaben zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und der Qualität unserer Gesellschaft in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sein.
Es kommen zwei entscheidende Leitplanken hinzu, und zwar im Jahr 2011. Der ECOFIN-Rat und die Kommission in Brüssel erwarten, dass Deutschland von einer Defizitquote von 6 % in diesem Jahr innerhalb von drei Jahren auf 3 % kommt. Die bindende Vorgabe ist, dass Deutschland im Jahr 2013 wieder die von Kohl, Waigel und Kinkel geschaffenen Währungskriterien einhält. Das kann man ganz einfach durchdeklinieren: Das ist pro Jahr 1 % vom Bruttoinlandsprodukt weniger an neuen Schulden.
Das sind sage und schreibe 25 Milliarden € weniger
pro Jahr. Da wünsche ich viel Glück.
Klar ist: Wir haben das stärkste Interesse daran, dass die Währungskriterien bestehen. Warum? Ich mache mir Sorgen um die Stabilität der Währung Euro,
die nur als starke Währung akzeptiert ist. Die Situation in Griechenland ist ein Skandal.
Die griechische Regierung hat Zahlen und Fakten schlichtweg gefälscht. Das ist Betrug an der europäischen Familie.
Aber mit seinem Haushaltsdefizit wird Griechenland vermutlich kein Einzelfall sein. Auch Spanien, Portugal und Großbritannien haben bedrohliche Defizitquoten. Lettland weist ebenfalls eine prekäre Haushaltssituation auf.
Wenn die Währungsgemeinschaft mit ihren 16, 17 Mitgliedern in den nächsten Jahren Autorität behalten soll, ist kein Umweg um die Haushaltskonsolidierung herum vorstellbar.
Die Schuldenbremse kommt hinzu. Ich erinnere mich gut an die Zeit, Kollege Drexler, Kollege Kretschmann, als wir sie im März letzten Jahres erarbeitet haben. Damals hat man uns vorgehalten, das Ganze sei eher zu schwach, eher „lendenlahm“. Heute gibt es keinen Leitartikel mehr auf Bundesebene, in dem das Wort „Schuldenbremse“ nicht vorkommt.
Wolfgang Schäuble hat sogar gesagt, er hätte das Amt des Finanzministers gar nicht angetreten, gäbe es im Grundgesetz nicht die Schuldenbremse als entscheidendes Instrument, als bindende Vorgabe. Der Bund muss die Verschuldung bis zum Jahr 2016 auf 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts, das heißt auf knapp 10 Milliarden €, zurückführen.
Der Krise sind vielleicht 50 % der neuen Schulden geschuldet.
Aber bei 40 bis 50 Milliarden € hat der Bund derzeit strukturell ein Problem. Er muss im ersten Jahr 10, im zweiten Jahr 20, im dritten Jahr 30 Milliarden € einsparen. Auch dies ist eine Vorgabe, die ab 1. Januar 2011 greift.
Ich glaube, dass Steuersenkungen dann möglich sind, wenn man vorher die Kürzungen beschließt.
Deswegen werden Themen wie die Sozialausgaben aufzurufen sein. Ich rate aber zur Sensibilität. Auch Themen wie die Pendlerpauschale sowie steuerfreie Nacht- und Wochenend
zuschläge müssen dann diskutiert werden. Ich wünsche dabei viel Glück.
Deswegen glaube ich, dass das Thema Haushalt das Megathema der nächsten Jahre bleibt. Ich behaupte, dass unser Haushalt ein Zwischenschritt ist und dass die beiden Haushaltsjahre 2008 und 2009 wichtig gewesen sind.
Wir haben die Zinsquote, das heißt das, was Baden-Würt temberg für aufgelaufene Altschulden bezahlt, in diesen beiden Jahren verringert. Wir kommen aus guten Jahren, wir haben die Zeit genutzt, wir haben Rücklagen aufgebaut und kommen jetzt nicht um neue Schulden herum. Ich gestehe aber zu, dass mit diesem Haushalt im Grunde schon die Aufgabe ansteht, zu überlegen, wie man nach der Krise landesweit und bundesweit wieder an das anknüpft, was in guten Jahren ohne neue Schulden möglich gewesen war.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dem Hohen Haus dankbar, dass Sie bereit sind, abweichend von der geplanten Tagesordnung diesen Punkt zu behandeln. Ich glaube, es ist angezeigt, nachdem der Lenkungskreis heute Vormittag getagt hat und nachdem gestern der Aufsichtsrat der Bahn AG getagt hat und beide Gremien zu Entscheidungen gekommen sind und gerade auch der Presse Informationen gaben, dass jetzt die Landesregierung den Landtag umfassend informiert und in der Debatte auf die Positionen der Fraktionen und der Kolleginnen und Kollegen eingeht.
Ausgangspunkt dieser Entscheidung ist die Lage BadenWürttembergs – geografisch, topografisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Wir liegen im Herzen Europas und sind deshalb von Mehrverkehren mehr als nahezu jedes andere Land Europas berührt, egal, ob Nord-Süd oder West-Ost. Wir sind exportorientiert, das heißt, die Beförderung von Waren, Gütern und Menschen ist ein Anliegen für den Wirtschaftsstandort und seine Attraktivität. Wir sind ein Land hoher Mobilität und haben im Bereich der Infrastruktur und der Kapazitäten eindeutig Nachholbedarf.
Nehmen wir die vier Verkehrsmedien. Beim Luftverkehr sind wir mit unseren regionalen Flughäfen und dem Landesflughafen gut aufgestellt, aber in die europäische Liga – Frankfurt, München, Zürich – kommen wir nicht. Das heißt, wir genügen einer nationalen und eingeschränkt einer europäischen Dimension; aber der Flugverkehr ist für ein Land, das mit der Welt verbunden ist, direkt in Baden-Württemberg nicht hervorragend aufgestellt. Dies ändert sich auch nicht mehr.
Bei den Wasserstraßen, einer ökologisch sehr positiven Infrastruktur, haben wir nennenswerte Binnenhäfen. Aber auch hier gilt, dass andere Häfen an Rhein und Ruhr und im Norden und Osten Deutschlands leistungsstärker sind als Mannheim, Karlsruhe, Offenburg, Heilbronn, Stuttgart und Plochingen.
Man könnte auch sagen: Mit der Berta Epple kommt man nicht in die Welt.
Bei den Fernstraßen, den Autobahnen und Bundesstraßen, holen wir auf.
Nie wurde mehr in die Bundesfernstraßen investiert als in diesem Jahr.
Aber auch hier gilt, dass durch die dichte Besiedlung BadenWürttembergs und die Lage im Herzen Europas der Ausbau der Kapazitäten im Zweifel immer an finanzielle Grenzen des Bundes und auch an ökologische Grenzen stößt. Deswegen gilt auch hier, dass die Ausbaumaßnahmen innerhalb unserer schönen Landschaft – Rheintal, Neckartal, Schwarzwald, Schwäbische Alb – nur begrenzt europatauglich sind.
Es bleibt die Bahn. Ich meine, dass Baden-Württemberg nur mit der Schiene eine Chance hat, im Standard bei Qualität und Kapazität in der europäischen Spitze zu sein. Dies gilt für Nord-Süd, und dies gilt für West-Ost.
Es gibt von Norden nach Süden und von Westen nach Osten mehrere bestehende Linien. Aber unstrittig ist Folgendes: Die wichtigste Nord-Süd-Verbindung Europas und die wichtigste West-Ost-Verbindung Europas kann durch Baden-Württemberg führen, wenn wir die Entscheidungen treffen und bereit sind, alles dafür zu tun.
Nord-Süd heißt von Rotterdam, Amsterdam über Rhein-Ruhr, Rhein-Main, Rhein-Neckar, den Mittleren Oberrhein, dann den Abzweig nach Lyon, Rhônes-Alpes, dann über Basel, Weil am Rhein, durch den Gotthardtunnel, Richtung Turin in Piemont, Mailand in der Lombardei, Genua und bis Sizilien.
Deswegen werden wir alles dafür tun, dass die Rheintalbahn kommt.
Gleichzeitig werden wir alles tun, damit der Bund die Rheintalbahn
mit dem notwendigen Lärmschutz und mit den vereinbarten Trassenführungen
den Bürgern in Baden-Württemberg gerade im badischen Landesteil möglich macht.
Die Verbindung West-Ost ist die andere große Magistrale, die Europa prägen wird: von Paris bis nach Wien
und weiter Richtung Slowakei, Rumänien, Bulgarien.
Ich glaube schon, dass die Frage, ob der europäische Verkehr von Paris beginnend über München, Salzburg, Linz, Wien und weiterführend – –
Ich habe eine Bitte. Ich höre nachher dem Kollegen Kretschmann oder dem Kollegen Wölfle gern zu, wenn er irgendwann einmal kommt.
Ernsthaft. Ich habe ihn gerade mit dem Fahrrad in den Parkanlagen gesehen, wo man das Fahrrad eigentlich schieben sollte.
Er ist hier. Es ist sein zentrales Thema. Die jetzige Behandlung dieses Themas war angekündigt.
Ich würde ihm nachher gern aufmerksam zuhören. Meine Bitte wäre: Hören Sie mir jetzt bitte eine begrenzte Zeit lang zu.
Aber Ihr Hühnerstall nicht.
Im Augenblick sind Sie das Problem. Ich beziehe sowohl die Hühner als auch die Hähne und die Küken mit ein.
Ich meine das ganz geschlechtsneutral.
Jedenfalls geht es um eine West-Ost-Verbindung. Jetzt haben wir auf der Achse München–Wien und teilweise darüber hinaus die Mehrzahl der Strecken in Bezug auf die Sicherheit und in der Frage der Geschwindigkeit in einem europatauglichen Zustand.
Es geht in Paris los. Da ist ein Kopfbahnhof, der Gare de l’Est, generalsaniert. Es wendet mancher ein: Warum bleibt dort ein Kopfbahnhof, während in Baden-Württemberg der Kopfbahnhof überwunden werden soll? Der Grund ist klar: Westlich
von Paris sind keine Ballungsräume mehr. Daher ist kein Durchgangsbahnhof notwendig, sondern dort endet die Magistrale Europas. Deswegen bleibt dort der Kopfbahnhof.
Stuttgart aber ist mittendrin, weswegen bei uns der Durchgangsbahnhof naheliegt.
Die Münchner wären froh, sie hätten die Chance, die Baden-Württemberg und Stuttgart bekommen.
Der Zug beginnt in Paris – egal, ob deutsche Technik mit dem ICE der Deutschen Bahn AG oder französische Technik mit dem TGV der französischen Bahn –,
fährt über dieses Netz auf sicherem neuem Gleis mit 320 km/h bis nach Metz, dann kommt der Abzweig. Die Verbindung Metz–Saarbrücken ist fertiggestellt, die Verbindung Saarbrücken–Mannheim ist fertiggestellt, die Verbindung Mannheim– Frankfurt kommt.
Das heißt, Mannheim und Baden-Württemberg werden am Rande tangiert. Über Frankfurt geht es weiter nach Nürnberg, Ingoldstadt und München.
Die „perfekte Umfahrung“ Baden-Württembergs, die in den nächsten Jahren der europäische Standard wird – eine längere Strecke, aber eine deutlich schnellere Strecke –, geht in Betrieb.
Parallel bauen die Franzosen derzeit die Strecke Metz–Straßburg aus. Die Rheinbrücke wird gebaut. Das betrifft die Strecke Kehl–Appenweier–Karlsruhe.
Mir ist das Thema ernsthaft wichtig; ich hoffe, Ihnen auch.
Die Strecke Karlsruhe–Bruchsal–Stuttgart ist fertig. Wir haben die kürzere Strecke, aber die zeitlich schlechtere Strecke, weil der Streckenabschnitt Stuttgart–Ulm derzeit – ich glaube, das ist unstrittig – ein Industriedenkmal ist. Von Ulm nach München, nach Salzburg, Linz, Wien und in die neuen Bei
trittsländer ist die Infrastruktur weitgehend europatauglich ausgebaut. Es bleibt Stuttgart–Ulm.